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Wie geht Ihr mit der Trauer um?

Pluhme
Meine Beziehung dauerte nur 5,5 Jahre; wir haben nicht zusammen gelebt, es lagen 73,7 km dazwischen. Ich habe nie leidenschaftlicher geliebt und bin nie leidenschaftlicher geliebt worden. Wir haben so viel aneinander kennengelernt. Aber er kann keine Konflikte ertragen und sich mir nicht völlig öffnen; das setzte mich sehr unter Druck: ich mußte unter allen Umständen versuchen, die Harmonie für ihn zu erhalten; ich schlug in den letzten zwei Jahren immer wieder Gespräche, Übungen und Paartherapie vor; aber er weigerte sich. Er entzog sich mir mehr, je mehr Raum ich ihm gab. Dann begann die Phase der Trennungen: jedesmal, wenn wir wegen irgendetwas aneinander gerieten, machte er mit mir Schluß. Ich wartete einfach ab, und er überlegte es sich zuverlässig nach einer Stunde wieder anders.
Das tat jedesmal unglaublich weh.
Als die Intervalle immer kürzer wurden, zog ich die Konsequenzen und nahm seine letzte Trennung an. Nach kurzen Kampf, in dem er wieder versuchte, mich zurückzugewinnen, respektierte er meinen Wunsch nach Kontaktsperre.
Ich liebe ihn. Und ich weiß, daß diese Beziehung schlußendlich selbstzerstörerische Züge in mir auslöste.

Ich bin von der Richtigkeit der Trennung überzeugt. Ich empfinde keine Wut. Mein Selbstwertgefühl hat einen Schlag bekommen, und ich fühle mich zutiefst verletzt: Liebe hat nicht genügt. Etwas in mir ist zerbrochen - gestorben.

Nun bin ich in Trauer. Ich weine und schreibe. Manchmal fühle ich nichts. Manchmal bin ich paralysiert.
Ich bin für meinen Sohn (8) da, gehe zur Arbeit, einkaufen... meine Trauerarbeit packe ich in die Stunden, die ich nicht arbeite und er nicht da ist (Schule/Papa).
Ich arbeite sehr konsequent meinen Trennungs-Ratgeber durch, lasse mich von meiner besten Freundin reflektieren, versuche, sehr diszipliniert zu sein... aber es kostet unfaßbar viel Kraft.
Mir ist bewußt, daß die meisten Menschen hier schlimmer dran sind.

Aber ich fühle mich sehr allein.

Ich habe nur ein sehr kleines soziales Umfeld. Leider habe ich meine Eltern und Geschwister vor vielen Jahren verloren.

Wie geht Ihr mit Eurer Trauer um? Habt Ihr Rituale?

Manchmal fühle ich mich ganz wohl; durch das Lesen alter Tagebücher konnte ich feststellen, daß ich in den letzten 20 Jahren sehr gewachsen bin; das macht mir freilich Mut für die Zukunft. Dann kann ich sogar manchmal herzhaft über Dinge lachen.
Und im nächsten Augenblick versinke ich in tiefe Trauer. Welch ein Verlust! Was hätte aus uns werden können, wenn er eine Entwicklung zugelassen hätte - da WAR doch schon so viel Verbindung.

In welcher Phase bin ich?
Ist das noch nicht wahrhaben wollen?
Aber es sind nicht viele Gefühle, die aufbrechen:
Nur immer wieder die Trauer.

Selbstmitleid?

Habt Ihr mir hier, Ihr Lieben und Leidenden vielleicht eine Inspiration für mich?

13.04.2015 19:20 • x 2 #1


Pluhme
das Sonnenbrillen-Smiley sollte eine acht in Klammern sein: mein Sohn ist acht Jahre alt...
ööhm.

13.04.2015 19:23 • #2


A


Wie geht Ihr mit der Trauer um?

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Marichen
Hallo Pluhme,

ich denke du machst alles richtig. Aber sei nicht so streng mit dir. Jeder trauert anders, jedem tut etwas anderes gut. Ich glaube ein Patentrezpt gibt es leider in dieser Situation nicht.
Wie geht dein Sohn mit der Situation um?
Ganz wichtig, mach dass, was dir guttut. Was du vielleicht lange Zeit nicht mehr gemacht hast. Wo du dich spührst, wo du duselber bist.

Ich wünsche dir viel Kraft

17.04.2015 19:29 • #3


Pluhme
Liebes Marichen,

danke für Deine tröstlichen Zeilen. Mein Sohn pflegt einen intensiven Kontakt zu seinem Vater (die Scheidung war kurz nach der Geburt, aber wir konnten uns einigen), und so scheint die Trennung von meinem Freund ihn relativ unberührt zu lassen; auch ihm konnte sich mein Expartner schwer öffnen; er verhielt sich freundlich aber sehr kühl. Eigentlich hofft mein Sohn nur, daß es mir schnell wieder gut geht. Und ich bin auf einem ganz guten Weg; gestern kam mal wieder ein neuer Anlauf von meinem Ex per SMS (ich habe mich ohnehin gewundert, wie lange er still bleiben kann); ich konnte die Nachricht tapfer unbeantwortet lassen, aber das hat meinen inneren sich gerade beruhigenden See schon wieder ganz schön aufgewirbelt. Ich nahm sofort mein Tagebuch und las alles durch, was ich inzwischen über mich rausgefunden habe. Ein stilles Gefühl der Melancholie begleitet mich immer, aber die starken Anfälle von trostloser Trauer haben jetzt schon merklich nachgelassen... am nächsten Wochenende ist mein Sohn wieder bei seinem Vater, und ich werde sehen, wieviel von der Ruhe nur Disziplin war, wenn ich die Freiheit habe, meine Gefühle wieder hochkommen zu lassen.

Marichen, vielen Dank, daß Du mir das Gefühl gibst, gehört und verstanden zu werden. Es ist ja oft nicht so einfach, Selbstkritik zu üben, ohne in Selbstzerfleischung zu verfallen.

Sei lieb gegrüßt.

18.04.2015 08:51 • #4


L
Auch ich, obgleich ich die Trennung verarbeitet habe und frei im Herzen bin, habe hin und wieder Tage, wo ich es mir schlecht geht und ich vor Einsamkeit und Selbsleid weinen muss. Auch ich verstehe, dass die Trennung eine richtige Entscheidung war, für ihn hat sie sich sogar als allerrichtigste erwiesen: er führt bereits eine neue glückliche Beziehung.
Ich habe auch keine Geschwister und mein einziger Elternteil ist milenweit weg von mir (ich sehe meinen Papa nur 1 Mal/Jahr). Sei froh, dass Du wenigstens ein Kind hast und nicht komplett alleine bist.

Wie ich mit der Trauer umgehe? Ich lasse sie zu, halte sie aus, nach einigen Stunden, manchmal Tagen, ist sie weg. Bis zum nächsten Mal. Sie kommt wieder und wieder hoch. Aber was kann man dagegen machen? Ich bin in solchen Momenten sehr schwach und kann mich zu nichts aufraffen. Muss die Phase einfach aushalten. Dann geht es wieder bergauf. Das ist Leben.

18.04.2015 10:13 • #5


Pluhme
Frei im Herzen? Ich fürchte, davon bin ich noch weit entfernt.
Immer wenn mir wieder so richtig auffällt, daß es vorbei ist, habe ich sämtliche schönen Bilder von ihm vor Augen... dann schnappe ich mir schnell mein Tagebuch und lese alles, was ich mir von der Seele schreiben mußte. Dann gehts auch wieder. Und stimmt: heulen hilft auch.
Meine Psycho-Bücher hab ich erstmal wieder weggelegt: meine Freundin hat gemeint, ich zerfleische mich mit Selbstvorwürfen und -Zweifeln.
Geduldig bleiben und innerlich erst mal zur Ruhe kommen, fällt mir noch sehr schwer. Letzthin hat er zudem wieder mal eine SMS geschrieben. Ich habe sie nicht beantwortet. Aber dafür haben meine Hände noch stundenlang gezittert. Ich sehne mich so sehr nach Erlösung, aber ich weiß, daß ich die bei ihm einfach wieder nur für ein paar Wochen finde, bis er wieder mal Drama braucht, um die Langeweile seines Lebens erträglicher zu gestalten.
Ja. Das ist wohl das Leben... zumindest ein Aspekt davon. Mich tröstet, daß in den letzten 46 Jahren auf so eine traurige Zeit immer irgendeine ganz tolle Belohnung folgte... nur daß mein Herz das jetzt gerade noch gar nicht glauben will.

21.04.2015 07:40 • #6


redsunny28
Hallo liebe Pluhme, ich lese Deine Geschichte gerade zufällig und mich würde einfach mal brennend interessieren, wie es Dir heute geht? Wie Du die Trennung verarbeitet hast und den brutalen Schmerz, vor dem ich persönlich so unendlich große Angst habe und mich deshalb vor einer Trennung von meiner langjährigen Beziehung sträube, obwohl auch in mir etwas zerbrochen ist.. Bist Du wieder glücklich inszwischen oder wie hat sich Dein Leben entwickelt? Das wäre toll zu hören und vielen anderen hier bestimmt Mut machen, weil doch so viele andere sich mit den gleichen Ängsten und Gefühlen herumplagen.. Alles Liebe für Dich.

16.01.2018 19:33 • #7


Pluhme
Keine Ahnung, ob Du Dich hier noch herumtreibst, liebe Redsunny... ich habe Deine Nachricht jedenfalls erst gerade gelesen.
Meine Beziehung, um die ich so lange getrauert habe, ist nur sechs Jahre lang gewesen (dafür sehr intensiv... Lebenslunten quasi von hinten und vorne angezündet). Ich habe inzwischen meinen Frieden wiedergefunden. Allerdings habe ich mich von Beziehungen völlig abgewandt. Vielleicht hat es ja auch hormonelle Gründe, aber mich erfüllen mein Freundeskreis, mein Garten und meine Hobbies so sehr, dass mir nichts weiter fehlt.
Wie hast Du Dich denn damals entschieden?

Grüßel,
Pluhme

10.09.2020 06:40 • x 1 #8




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