Wie lernt man sich selbst zu lieben?

K
Hallo!

Ich habe in meiner Küche einen Kalender, der jeden Tag einen neuen Spruch für mich parat hat.
Spruch des Tages: Wenn wir nicht an uns selbst glauben, können wir nicht erwarten, dass es andere tun.
Nun, dieser Spruch passt bei mir wie die Faust auf´s Auge. Noch besser wäre wohl Wer sich selbst nicht liebt, kann nicht erwarten, dass es andere tun.

Der Grund warum ich das hier in dieses Forum schreibe, ist dass meine Beziehung auf Grund dessen zu Bruch ging.
Aber vielleicht sollte ich doch erstmal etwas weiter ausholen...

Mein Freund hat sich letzten Sommer von mir getrennt. Wie genau das alles passiert ist, kann ich garnicht so richtig in Worte fassen. Wir waren bis dahin bereits 3 1/2 Jahre zusammen und hatten wirklich eine wunderschöne Beziehung. Leicht hatten wir es zwar nie, da wir immer nur eine Wochenendbeziehung hatten und er beruflich auch immer wieder über längere Zeit im Ausland war, aber im Grunde kamen wir mit der Situation sehr gut zurecht. Darauf dass wir uns einmal sogar über 8 Monate überhaupt nicht gesehen haben und das auch wirklich großartig gemeistert haben, bin ich bis heute noch sehr stolz.
Wir hatten einfach gelernt uns auf unsere gemeinsamen Wochenenden zu freuen.

Irgendwann jedoch hat sich das Blatt gewendet. Ich wurde immer unsicherer. Suchte Bestätigungen seiner Liebe. Fragte danach, bettelte sogar. Um so mehr ich dies praktizierte, umso weiter stieß ich ihn von mir weg.
Heute weiß ich, dass ich die Verantwortung für mich und mein Leben ihm immer mehr überlassen habe. Ich hatte das Gefühl, nichts mehr alleine zustande zu bringen.

Um es abzukürzen: Ich began eine Therapie, die ich bis heute noch durchführe.
Für unsere Beziehung schien es jedoch zu spät. Er war am Ende mit seinen Kräften. Konnte nicht mehr für sich und für mich sorgen, auch wenn es ihm weh tat.

Wir haben uns dann 2 Monate lang garnicht mehr gesehen. Und diese Zeit war wirklich sehr hart für mich. Schließlich habe ich versucht mir wieder etwas aufzubauen. Habe mich wieder mehr um mich selbst gekümmert.
Als wir uns dann endlich wiedersahen, hat es kräftigst zwischen uns beiden geknistert. Wir haben uns Zeit genommen und kamen uns wieder Stück für Stück näher. Erst über Email und Telefon (er war wieder 3 Monate im Ausland), dann mit gelegentlichen Treffen. Schließlich haben wir wieder die Wochenenden miteinander verbracht.
Die Zeit miteinander war unbeschreiblich schön!

Doch viel zu schnell setzte wieder meine Angst ein. Ich wollte hören, dass wir wieder ein Paar sind. Und zwar wortwörtlich! Dabei habe ich vollkommen überhört, was er mir für andere schöne Dinge anvertraute! Nein, ich wollte es unbedingt hören, dass wir wieder fest zusammen sind.
Kurz bevor er nun erneut ins Ausland mußte, habe ich das Ganze wieder auf die Spitze getrieben. Wir haben gestritten, wir haben geheult und er sagte mir erneut, dass er so nicht mit mir zusammen sein kann. Er liebt mich und es verletzt ihn unendlich, dass ich diese Liebe nicht annehmen kann.
Nun haben wir also einen erneuten brake oder ist das vielleicht diesmal der Entgültige?
Ich weiß es nicht, denn er hat sich die letzten 4 Wochen nicht bei mir gemeldet. Ich habe ihm eine Email und eine Sms geschickt, aber er hat nicht weiter darauf reagiert.
Am Wochenende kam er wieder nach Deutschland zurück und hat mir immerhin eine kurze Email geschickt, die aber auch nicht viel aussagt, ausser dass ich mich weiter gedulden soll. Er braucht Zeit und verspricht mir sich zu melden, wenn er wieder ganz zu Hause ist.

Nun zu meiner Einleitung. Durch viele Gespräche mit Freunden und auch in der Therapie, weiß ich, dass ich ein massives Problem damit habe, mich selbst anzunehmen. Wenn man mich frägt, was ich an mir mag, kann ich nicht wirklich viel dazu sagen. Ich bin besser darin, zu sagen was ich nicht mag. Es fällt mir wahnsinnig schwer, auf mich selbst zu vertrauen. Mich überhaupt etwas zu trauen. Ich suche mir immer Hilfe von Aussen und bemerke denn Appell an mein Umfeld schon garnicht mehr. Ich weiß auch nicht, wie ich das noch besser beschreiben soll, aber vielleicht kann der ein oder andere von Euch es ja nachempfinden...?
Mir wird Dank der Therapie und der intensiven Auseinandersetzung mit mir selbst, immer mehr bewußt was ich so alles falsch mache, bzw. dass ich so garnicht sein will. Mein Problem ist aber noch immer, wie ich es lernen soll mich anders zu verhalten, anders zu empfinden?
WIE LERNT MAN SICH SELBST ZU LIEBEN??
Und solange ich das nicht kann, hat da eine Beziehung mit meinem Ex oder vielleicht in der Zukunft mit einem anderen Partner überhaupt eine Chance?

Über Denkanstösse, Erfahrungen anderer oder einfach einer kleinen Aufmunterung würde ich mich wirklich sehr freuen!
Vielen Dank schon mal!
Kay

06.05.2004 15:05 • #1


E
Tja Kay,

man sollte annehmen, daß jeder in der Lage ist, sich selbst zu lieben...

Leider ist oft die Meinung Anderer, das Gefühl anderer für Einen selbst, wichtiger als das eigene Empfinden.

Ich denke, der erste Schritt ist die Erkenntnis dieser Tatsache. Basiert Dein Handeln, Deine Motive auf der Anerkennung anderer oder hast Du konkret eigene Ziele, die mit anderen Menschen nichts zu tun haben?

Bist Du in der Lage selbst-ständig Deinen Weg zu gehen (selber stehen können) oder bist Du an-gestellt. Dies meine ich nicht nur beruflich...

Wie wichtig ist es Dir, in Deinem Umfeld (bei Deinem Partner) zu glänzen - und/oder wie wichtig ist es Dir, Dir selbst ein Ziel zu setzen und es zu erreichen.

Und - wie groß ist bei Dir die Abhängigkeit von der Anerkennung Anderer und die Angst vor der Ablehnung Anderer (z.B. Deines Freundes)!

Ohne eigene Stabilität, ohne Vertrauen in die Stabilität des Partners kann ein Miteinander auf gleicher Ebene nicht funktionieren. Du erdrückst ihn mit Deiner Abhängigkeit.

Gehe Deinen eigenen Weg, ohne Partner. Werde erwachsen, stabil, kritikfähig, selbst-bewußt. Dann bist Du für einen Partner eher attraktiv. Gruß, Gerd

06.05.2004 17:56 • #2


A


Wie lernt man sich selbst zu lieben?

x 3


E
Du schreibst, Du suchst Dir Hilfe von Aussen.
Meinst Du damit, Du suchst Dir Bestätigung bei anderen Menschen?
.
Vertraust Du anderen Menschen?
Wobei vertraust Du anderen Menschen?
Magst Du andere Menschen?
Was magst Du an anderen Menschen?
Akzeptierst Du andere Menschen, so wie sie sind, auch wenn sie anders sind als Du oder anders als Du es für gut hältst?
.
.
Glaubst Du, dass andere Menschen sich darüber freuen, wenn Du sie magst?
Glaubst Du, dass andere Menschen sich über das Vertrauen freuen, das Du ihnen ggf. entgegenbringst?
Glaubst Du, dass andere Menschen sich darüber freuen, wenn Du sie akzeptierst, so wie sie sind?
.
.
.
Denkst Du, Menschen haben ein Recht darauf, akzeptiert zu werden wie sie sind?
Denkst Du, Menschen haben ein Recht darauf, dass ihnen vertraut wird?
Denkst Du, Menschen haben ein Recht darauf, gemocht / geliebt zu werden?
.
.
.
.
Hast DU ein Recht darauf, akzeptiert zu werden wie Du bist?
Hast DU ein Recht darauf, dass Dir vertraut wird?
Hast DU ein Recht darauf, dass Du gemocht / geliebt wirst?
.
.
.
.
.
Ja, ja, ja!
- ODER ?? -

Michael

06.05.2004 19:11 • #3


E
Hi Kay !
du weisst jetzt was du nicht magst, dann wäre an die Zeit zu entdecken was du magst. Auch zu entdecken was du alles kannst (deine Fertigkeiten-einfach mal alle aufschreiben), was du gerne tust, was dich interessiert.
Wenn du dich mit Dingen und Menschen beschäftigst die du magst und die dir Spass machen, DAS macht dich stark.
Wenn du deine Interessen vertiefst, weiter lernst, wenn du dich achtest (körperlich und seelig- am Anfang kannst du ja so machen als ob und dich dabei beobachten, später wird dir das immer leichter fallen und irgendwann wird es selbstverständlich werden)

z.b schau dich im Spiegel an, was siehst du? Was gefällt dir an dir? Wie ist deine Haltung? Stehst du grade? Wie riechst du?
Machst du Sport? Wäre doch schön. Es gibt bestimmt eine Sportart, die dich begeistert, finde es heraus.
Liest du gerne? Welche Schriftsteller am liebsten?
Was isst du gerne? Hast du Freunde? Koche dein Lieblingsgericht und lade sie ein z.B.
Welche Filme schaust du dir gerne an?
Welchen Beruf hast du? Machst du das gerne? Wenn nicht, warum versuchst du nicht was anderes? Wenn ja, kannst du dich vielelicht noch weiter bilden?
Usw.usw.

Mir ging es genau so wie dir und heute komme ich prima mit mir aus, nicht immer aber fast ;)

06.05.2004 20:35 • #4


E
Liebe Kay,

es ist in der Tat nicht einfach sich selbst zu lieben. Du schreibst, durch die Therapie hast du zwar gemerkt, was du falsch machst, und dass du gar nicht so sein möchtest, aber du tust dich schwer damit, eine Veränderung herbeizuführen.

Weisst du, manchmal muss man auch einfach für sich akzeptieren, dass man in bestimmten Dingen einfach so gestrickt ist, dass es ein Grundzug unseres Charakters ist, so oder so zu sein. Eine Veränderung oder Wendung um 180 Grad ist doch in vielen Bereichen unseres Wesens kaum möglich.

Du kannst zwar einige Muster erkennen, und versuchen sie soweit zu verändern, dass sie dich in in deinem Leben nicht mehr so arg behindern, aber du wirst sie nie ganz ausmerzen können.

Sei also geduldig mit dir selbst, und arbeite in kleinen Schritten, erkenne deine Stärken, und stehe zu deinen Schwächen, deine Schwächen machen dich liebenswert!

Und denke immer daran, du bist du, und du bist auch okay so wie du bist. Was einem Partner an dir nicht gefällt, wertschätzt ein anderer Partner eventuell an dir.

Wenn du dich annimmst wie du bist, und nicht versuchst, so zu sein, wie andere dich gerne haben möchten, dann hast du den ersten Schritt dahin getan, dich selbst zu lieben und in dir zu ruhen.....denk immer daran, man kann es nicht allen Recht machen!


Gruß

Thilde

07.05.2004 18:14 • #5


E
Liebe Kay,

ich habe vielleicht dein gleiches Problem gehabt, früher. Nur nicht ganz so massiv dass ich zu Therapie gehen musste. Oder bin ich einfach nicht zu der Idee gekommen. Das war vor ungefähr 20 Jahren, also war ich 20 und habe noch zu Hause gelebt. Von meiner Familie bin ich mehr oder weniger immer als Dummerchen eingestuft worden, was mein Selbstbewusstein nicht unbedingt gefordert hat, als ich geheiratet habe war meine Mutter froh dass mein Mann um einiges älter ist als ich, weil jemand kann so auf dich aufpassen.. ich werde diese Worte nie vergessen! Mein Mann hat mich unterstützt in meine Entscheidungen, aber er hat mich behandelt wie eine Frau!!! nie wie ein Kind. Das war der erste Schritt. Und dann habe ich angefangen mir selber etwas zuzutrauen, immer kleine Schritte, und wenn etwas schief gelaufen ist hat er mir aus der Patsche geholfen, aber wieder probiert habe ich es selber, ohne seine Hilfe.Und es ist ein schönes Gefühl, wenn man etwas selber geschafft hat!!!! Ich möchte es nicht mehr vermissen. Jetzt mache ich das als Training, mich immer wieder vor Herausforderungen zu stellen, und ich habe Herzklopfen, aber ich schaffe es immer wieder. Und dann bin ich wirklich stolz auf mich!!! Ich mag mich auch nicht besonders, ich wüsste auch so gut wie keine gute Eingenschaften von mir zu erzählen, aber ich habe jede Menge Zustimmung bekommen als ich ehrenamtlich im Krankenhaus gearbeitet habe, als ich gesehen habe wie die Patienten mich angestrahlt haben, als ich im Zimmer kam, und ich hab erstaunt, immer wieder, als sich ein Patient an meinen Namen erinnern konnte. Ich habe damals gefragt wieso er (oder sie) sich an mich erinnern konnte, nach eine Woche Abwesenheit, und die Antwort kam: weil sie so nett waren. Mir kommen die Tränen noch jetzt, wenn ich darüber denke.
Immer wieder kleine Schritte machen, und irgendwann hast du es gepackt. Ich weiss nicht wie alt du bist, aber ich würde dir gerne sagen, suche dir ein kreatives Hobby aus, etwas einfaches was du mit den Händen machen kannst, für den Anfang. Du wirst sehen wie Spass es dir macht, und wie schnell du zu den schwierigeren Teilen rübergehen wirst Ich hab´s mit nähen probiert. Und mittlerweile bin ich stolz darauf, was ich da alles so hinkriege )) Und wenn etwas schief geht... was soll´s! Es ist nur ein Stück Stoff!
Alles Gute dir

Paula

08.05.2004 08:48 • #6


K
Hallo Ihr Lieben!

Vielen herzlichen Dank für Eure Antworten!
Ich kann garnicht beschreiben, wie es sich anfühlt, so verstanden zu werden. Ich konnte in jeder Eurer Antworten ein Stück von mir wiedererkennen und das hat mir zum einen Mut gemacht und auch neuen Stoff zum darüber nachdenken geliefert. Dafür möchte ich Euch danken.

Auf all die vielen Fragen, kann ich hier überhaupt nicht antworten, aber so waren sie wohl auch nicht gemeint... Jedenfalls habe ich sie für mich beantwortet und kann Euch sagen, daß die Message bei mir angekommen ist.

Vielen Dank nochmal,
Kay

10.05.2004 00:13 • #7




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