Hallo zusammen,
ich lese hier seit einiger Zeit interessiert mit und habe mich nun dazu entschlossen, mein eigenes Thema zu erzählen.
Ich hoffe, ich kann es einigermaßen verständlich rüberbringen und es wird nicht zu lang.
Ich (34) bin seit Mai 2018 mit einem Amerikaner verheiratet, insgesamt sind wir seit 6 Jahren zusammen und haben eine fast 4jährige Tochter. Es war von Anfang an klar, dass wir sehr unterschiedlich sind. Am Anfang war ich vor allem körperlich von ihm sehr fasziniert. Er ist zur Hälfte Latino und sieht unheimlich gut aus, hat diesen exotischen Touch (genau das Gegenteil von meinem Exfreund, Jurist und war unheimlich loyal, eine ehrliche Haut gepaart mit Cowboyverhalten (dazu später mehr).
Nun war die Situation von Anfang an so, dass mein Mann damals schon in den Niederlanden arbeitete seit 2 Jahren und seinen Beruf in Deutschland nicht ausüben kann. Wir sind relativ schnell zusammen gezogen und für ihn war das (bis heute) immer mit viel Pendeln (130km eine Strecke zur Arbeit) verbunden. Wir wohnen an der niederländischen Grenze, ich arbeite in D. und mein Mann nachwievor in den NL. Er hat dort nun 3 Praxen und ist fast nur am Arbeiten und auch oft unter der Woche weg oder an den Wochenenden. Ich denke, diese Lebenssituation ist schon ein Riesenthema des Problems. Mein Mann wollte eigentlich immer in den NL wohnen, fühlt sich dort heimischer, kann die Sprache und hat dort Freunde und eben seinen Job. Das hält er mir auch immer vor, dass er nur wegen mir hier ist und immer so weit pendlen muss. Er ist also weder in den NL noch hier in D. richtig integriert, spricht auch kaum Deutsch, was ein Zugehörigkeitsgefühl sehr erschwert. Wir sprechen zuhause nur Englisch und er ist nie richtig hier.
Als wir damals jedenfalls zusammengezogen sind und keine WE-Beziehung mehr hatten, ging es eigentlich schon schnell los mit den Streitereien: mein Mann ist unglaublich unordentlich, unstrukturiert, hat keinen Vertrag mit Pünktlichkeit oder Verbindlichkeiten. Ständig verliert er etwas (seine Bankkarte musste er teilweise monatlich neu beantragen, Arzttermin werden vergessen und wenn er da einen Einlauf bekam von den Sprechstundenhilfen waren da null Einsicht, sondern immer die anderen Schuld.Eine Physiptherapeutin aus unserem Ort bei der er ist, nur um mal ein Beispiel zu nennen sagte neulich, nachdem er wieder mehrmals nicht erschienen war: keine Ahnung wie es Ihr Mann schafft, selbstständig zu sein und seine Praxen am Laufen zu halten. E rkommt hier mehrmals an, lässt sich die Termine nochmal neu ausdrucken und hält sie dann doch nicht ein. Der lebt in seiner eigenen Welt und ist verpeilt ohne Ende. Das fand ich schon krass. Ständig muss ich mich hier um alles kümmern, auch beim Haus. Er würde von sich aus nie auf die Idee kommen, mal etwas zu reparieren. Die Toilette hinterlässt er in einem Zustand. richtige Männer machen nunmal im Stehen und wenn was daneben geht, was es immer tut, ist das halt so. Andere Frauen könnten damit leben.
Was aber noch gravierend hinzu kommt: er hat extreme Probleme im zwischenmenschlichen Bereich, kann ganz schlecht auf Leute zugehen und wirkt nach außen immer sehr arrogant. Alle meine Freunde finden ihn komisch. Und es nicht nur ein sprachliches Problem. Lade ich Freunde ein, gejht er nach 10 Minuten einfach hoch und kommt nicht wieder oder redet mit niemanden. Grüßt die Nachbarn nicht, guckt immer ganz böse. Da er aber sehr muskulös ist und durch das südländische Aussehen, kommt niemand darauf, dass er in Wirklichkeit sehr schüchtern ist und auf soziale Situationen mit Flucht reagiert. Dadurch haben wir hier auch kaum Freunde zusammen. Auch in den NL hat er wenn nur amerikanische Freunde. Er weiß nicht, was er mit anderen reden soll. Jedenfalls haben diese Punkte (seine Unordnung und dieses Sozialverhalten) immer schon zu Streit geführt. Kommt er mal mit zu meinen Eltern, sagt er nur kurz hallo und verschwindet bis zur Abreise im Gästezimmer und hängt vorm Handy oder TV. Gehen wir mal alle zusammen spazieren oder essen, redet er von sich aus gar nicht. Angeblich weil er sich unwohl fühlt und nicht weiß, was er reden soll. Das ist für mich immer ein ganz blödes Gefühl. Er ist immer außen vor und ich muss mich immer für ihn rechtfertigen, fühle mich sozial total isoliert und treffe mich nur noch ohne ihn mit Freunden.
Jedenfalls ist es über die letzten Jahre zu sehr verletzenden Auseinandersetzungen gekommen. Ich bin leider jemand, der sehr schnell ausfallend und impulsiv wird und sehr verletzende Sachen sagt.
Er hat überhaupt keinen Selbstwert (das ist mir erst in der Paartherapie bewusst geworden) und braucht ganz viel Bestätigung. Er kompenisert dies durch ganz viel Sport und eine akribische und schon teilweise krankes Essverhalten. Jeden Tag will er wissen, ob er zugenommen hätte, er zu dick aussehe etc. Das ist schon wie ein Zwang. Noch dazu hat er hypochondrische Züge. Jeden Tag klagt er, was er alles hätte und spricht nur über Gewicht und Krankheiten.
Ich habe ihn immer wieder gebeten, sozialer zu werden und an sich zu arbeiten bzgl Ordnung und Unterstützung hier zuhause. Als dies nicht erfolgte wurde ich immer verbitterter und wir haben uns nur noch gestritten. Ein S. existiert eigentlich seit einigen Jahren nicht mehr richtig. Er sagt, für ihn ist S. ein Akt der Liebe und so wie ich ihn behandle, kann er das nicht mehr. Und er hätte irgendwelche Probleme da unten. Immer öfter sagte er auch, dass wir S. auch einfach nicht kompatibel wären. Dies hat mich immer mehr abstumpfen lassen. Ich habe mich von ihm überhaupt nicht mehr begehrt gefühlt. Nie mal ein Kompliment, ich könnte *beep* vor ihm rumtanzen und nichts passiert. Auch habe ich immer wieder das Gespräch gesucht, mal daran zu arbeiten, über unsere Vorlieben zu sprechen. Da meinte er, über sowas rede man nicht und geändert wurde nichts.
Insgesamt habe ich immer mehr Druck ausgeübt. 2015 wurde dann unsere Tochter geboren. Mir fehlte schon in der Schwangerschaft Empathie und Vorfreude, Begeisterung, Unterstützung. Jedenfalls ist er ein toller Vater und liebt die Kleine über alles. Er stand nachts immer mit auf und tut alles für sie.
Aber auch in Punkto Erziehung haben wir total unterschiedliche Vorstellungen. Er hängt ständig mit ihr vorm TV oder Ipad und sieht darin nichts schlimmes. Er gibt ihr immer ihren Willen und überschüttet sie mit Materiellem, setzt keine Grenzen. Er unternimmt zwar auch öfters mit ihr, aber dieser exzessive TV Konsum nervt total. Wenn er mal nen Tag frei hat, hängt er nur vorm TV und isst auch dort. Es gibt kein richties Familienleben, keine Absprachen, er lebt so vor sich hin.
Streit entstand immer, weil er sich eben nicht um Dinge gekümmert hat und die Kommunikation fast nur von mir ausging.
Nun haben wir trotz allem letztes Jahr geheiratet. Danach hatten wir probiert, ein 2. Kind zu bekommen. Im Januar kam dann die Diagnose, dass er zeugungsunfähig ist. Darauf habe ich total schlimm und wenig empathisch reagiert und Sachen gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen, ihn quasi verbal kastriert. Und das war wohl der Tropfen auf den heißen Stein. Er hat alles in Frage gestellt, kann so nicht mehr weitermachen. Hat sich schon einen Therapeuten gesucht, der ihm wohl gesagt hat, mein Verhalten klinge stark nach Borderliner. Dies hat mich tief getroffen, da ich bereits therapieerfahren (wegen narzistischer Mutter bin) und meine Baustellen habe, aber kein BL bin. Aber er hat dies wohl geglaubt. Er hat mir dann vorgeworfen, ich hätte seine Persönlichkeit zerstört und ich wäre an allem Schuld. Ich wäre streitsüchtig und bräuchte das Drama. Entweder mein Weg oder keiner. Es wäre die Art und Weise wie ich mit ihm umgehe. Da hat er auch recht, das war nicht mehr respektvoll. Aber andersherum sehe ich auch keinen Respekt, wenn man z.B. 10x pro Tag sagen muss, hinterlass das Klo sauber, röum die Küche auf etc. Er meinte, es wäre schon seit Monaten so, dass er schon mit Magenschmerzen nach hause führe nach der Arbeit, weil ich ihm dann schon wieder mit so einem bösen Gesichtsausdruck auflauere und ihn direkt wieder runtermache.
Jedenfalls gab es dann im Mai ganz böse Streits und ich habe ihm im Wutanfall an den Kopf geworfen, er solle doch abhauen. Das hat er so wörtlich genommen, dass er sich in den NL ein Penthouse gekauft hat, in das er dann im August gezogen ist. Er wollte eh eine Kapitalanlage fürs Alter haben und hat es nicht nur wegen mir gemacht, trotzdem war das heftig. Damit hatter er uns nämlich die Chance auf ein Eigenheim genommen. Wir haben dann Ende Mai direkt eine Paartherapie angefangen und haben beide gesagtm wir wollen an uns arbeiten. Ich habe mich mehrmals und aufrichtig bei ihm entschuldigt für mein Verhalten, aber es kommt nicht an. Er hängt imner noch in der Vergangenheit fest und fängt immer wieder damit an. Er sagt, er bräuchte Zeit. Scheidung oder Trennung will er erstmal nicht. Er müsse zu sich selbst finden. Er hätte sein ganzes Leben vermasselt. Er fühle sich wie ein Loser. Gleichzeitig betont er aber immer wieder, dass ich zu 99% am Scheitern unserer Beziehung Schuld bin.
Er wohnt nun auch in den NL, fühlt sich dort wohl, weil er es näher zur Arbeit hat, hat sich auch endlich ein Hobby (Rugby, fehlte ihm hier immer) gesucht und hat unsere Tochter jedes 2. WE bei sich. Zusätzlich kommt er aber noch 2-3 Tage unter der woche in unser altes Haus und schläft dort, um den Kontakt zu unserer Tochter zu halten.
Ich kann mit dieser Situation nicht umgehen. Seit Mai bin ich im Ausnahmezustand, weiß nicht wie es weitergeht. Ich habe mit einem Coaching begonnen, arbeite und reflektiere sehr viel mit mir. Und nun komme ich immer mehr zu dem Schluß, dass wir vielleicht einfach nicht mehr zusammen sein können? Das wir evtl sogar eine toxische Beziehung hatten? Das ich nur so ausgetickt bin, weil ich mit seinen Eigenarten nicht klar kam? Und ich ihn vielleicht nie richtig oder genug geliebt habe? Sonst müsste ich doch da drüber stehen? Mittlerweile wird mir schon übel, wenn ich weiß, dass er wieder kommt zur Übernachtung. Ich brauche Abstand und möchte momentan nur alleine sein. Ich kann und will (er zahlt hier auch noch die Hälfte der Miete und kommt ja für unsere Tochter) dies nicht verbieten.
Aktuell haben wir die Paartherapie auf Eis gelegt. Die Therapeutin meinte, wir sollen erstmal herausfinden, was wir wollen.
Es gibt null Kommunikation zwischen uns. Ich habe immer wieder versucht zu reden und er meinte, dass dieses ständige Reden nur alles kaputt mache. Man solle einfach eine schöne Zeit zusammen haben. Das geht von meiner Seite nicht. Ich halte diesen Schwebezustand nicht aus. Laut ihm könne er noch ganz lange so getrennt leben. Er sähe zwar noch eine Zukunft, aber würde defintiv nivht mehr in unser Haus zurückkommen. Ich solle mir doch auch erstmal was eigenes suchen.
De facto führen wir keine Paarbeziehung mehr. Ich habe es seit 2 Wochen aufgegeben zu rden oder ihm (außer SMS über die Betreuung unserer Tochter) zu schreiben.
Er tut aber immer so, wenn er nach Hause kommt, als wenn nichts wöre. Sucht immer Körperkontakt, versucht mich zu umarmen oder zu küssen, aber in einer ganz albernen und kindlichen Art. Da ist nichts leidenschaftliches oder emotionales. Wenn ich ihm sage, dass ich das nicht möchte, wird er pampig und versucht es wieder. Wie ambivalent ist das denn?
Ich habe mir die Mühe gemacht und ihm eine lange Nachricht über die Dynamiken und Muster in unserer Beziehung geschrieben, er hat bis heute nicht drauf geantwortet. Es geht wenn immer nur um ihn. Wie einsam er doch wäre. Und keinen hätte hier. Und er nicht mit Mitte 30 schon geschieden sein möchte. Und das er seine Tochter nicht verlieren will. Vielleicht will oder kann er das nicht wahrhaben. Aber er muss doch ehrlich zu sich sein: er meint wir sind S. nicht kompatibel, ich bin in seinen Augen eine schlechte Ehefrau (hat er so gesagt) und zwischen uns gibt es aktuell nichts mehr an Gefühlen. Und er macht einfach so weiter wie bisher? Mich macht das krank. Ich habe das Gefühl, er ist so mit sich beschäftigt, dass der Fokus bei ihm gar nicht auf der Rettung unserer Beziehung liegt. Ich lasse ihn (aus Selbstschutz?!) emotional immer mehr los, weil ich mich so ausgeliefert fühle und merke, dass es auch mit mir viel macht. Ich sehe meine Fehler und bin bereit daran zu arbeiten, aber von ihm kommt nichts außer Anschuldigungen und alles an mir ist negativ. Geliebt oder respektiert fühle ich mich von ihm null mehr. Und wenn ihm doch noch wirklich was an mir als Person läge, würde er doch kämpfen?! Aber vielleicht erwartet er das auch von mir.
Selbst wenn wir uns trennen: er wohnt 100km entfernt und würde immer noch hier ein und ausgehen wegen unserer Tochter. Meine komplette Familie wohnt 150km entfernt, wir wohnen hier auf dem Land und ich habe niemanden zur Unterstützung. Am liebsten würde ich im Fall einer Trennung dann zurückziehen, aber das würde mein Mann natürlich nie zulassen, was ich auch verstehen kann, da er dann unsere Tochter kaum noch sehen könnte. Gleichzeitig heißt das dennoch, dass ich an diesen Ort hier gefesselt bin. Ich habe zwar soziale Kontakte und einen guten Job hier, aber null familiäre Unterstützung. Und ich fühle mich so schon meiner Tochter gegenüber so schuldig. Bin aber selbst in einem Elternhaus aufgewachsen, wo die Eltern sich tagein tagaus an die Gurgel gingen und wir Kinder gebettelt haben, dass sie sich doch bitte scheiden lassen. Dennoch hätte ich zumindest gerne Großeltern vor Ort. Fühle mich trotz Freunden hier total einsam.
Tja und eine Zukunft gäbe es wenn nur in Holland für ihn.
Es ist alles so verfahren. Traurig ist, dass wir beide eigentlich die gleichen Vorstellungen von Familie und Beziehung haben und auch ähnliche Themen (mit unseren Eltern) haben, eine gewisse Selbstwertproblematik. Er hält sich halt für einen Loser und muss ständig Anerkennung haben und fasst wirklich ALLES was ich sage, als Kritik gegen ihn auf. Ich kann schlecht alleine sein und brauche auch viel Liebe und Anerkennung aufgrund meiner narzistischen Mutter. Wir sind beide nicht mit uns im Reinen und haben wohl immer genau in unsere Wunden gehauen gegenseitig. Zu hohe Erwartungen. Beide haben wir wohl unsere eigene Bedürfigkeit höher gehängt als eine Beziehung auf Augenhöhe. Nähe-Distanz ein ständiges Thema. Wollten vom Partner mit Liebe aufgefüllt werden. Es müsste sich so viel ändern zwischen uns. Und die Liebe zurückkommen, dass der Austausch auf Augenhöhe stattfindet und kein Monolog bleibt. Bei mir müsste sich ändern, dass ich nicht immer alles auf die Goldwaage lege und toleranter mit ihm bin und ihn nicht ständig ändern will oder ihm direkt gemeine Dinge an den Kopf werfe, die in mir rumschwirren.
So oder so arbeite ich nun erstmal weiter an mir selbst und versuche nun, auf mich allein gestellt erstmal wieder klarzukommen. Hoffe schnell, eine Wohnung zu finden, da ich das Haus ohne ihn nicht halten kann und nicht auf ihn angewiesen sein will.
28.09.2019 22:13 •
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