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1001 Folge er hat sich getrennt, ich bin am Boden

Klio
Zitat von ImSturzflug:
Und dabei nicht relativieren! Weil er hatte ja gute Seiten, mehr als schlechte


Zitat von ImSturzflug:
Viel Schuld, ja. Und ich komme davon auch nicht los. Weil verschiedenes. Unter anderem wegen all seiner Trennungsgründe die zwar zu großen Teilen tatsächlich nichts mit mir zu tun haben, die er mir aber zunächst vorgeworfen hat. Und eben weil ich das viel viel viel früher hätte sehen können.

Wie war dein Selbstbild bevor du ihn kanntest? Wie hast du über dich gedacht? Konnte dich jemand leicht aus deiner Mitte befördern, an deinen Gedanken, Einstellungen zweifeln lassen? Denkst du andere sind besser als du? Mehr wert? Hattest du vertrauen in dir, in deine Selbstwirksamkeit? Oder sind manche der genannten Punkte erst innerhalb der Beziehung so aufgetaucht oder erst nach der Trennung? Welche kannst du darüber hinaus bei dir erkennen?
Wenn wir jemanden überwiegend als tollen Menschen wahrnehmen, er sich auch so verhält, ist es auf einer Art auch natürlich das Schlechte zu relativieren. Du hast dir eine Zukunft mit ihm gewünscht, manchmal ist man blind vor Liebe. Es ist einfacher den Fehler bei sich selbst zu suchen, da man diese vermeintlich mehr unter Kontrolle hat.
Du bist extrem hart zu dir; kannst du daraus einen Nutzen für dich erkennen?
Ich kenne das ja ebenso mit der Schuld innerhalb der Beziehung und auch mit den genannten Trennungsgründen. Ich war fasziniert von ein paar Freundinnen, die meinten, sie würden sich diesen Schuh niemals anziehen. Diese Freundinnen haben, so wie ich sie empfinde, ein sehr gutes Selbstwertgefühl. Wie war deins vor der Beziehung? Meins war nicht das Beste. Die Dynamik war eine leichte, dass er der immer Gute ist und ich die Böse, auch wenn ich innerlich gerochen habe, da stimmt irgendwas nicht. Ich habe letztes Jahr aufgehört mit ihm in Konfrontation zu gehen, weil ich wegen anderem Drumherum zu erschöpft war. Worte bei ihm während der Trennung waren u.a. - mein Verhalten habe sich ja schon gebessert, aber es reicht nicht. Lass uns bitte lachen darüber! Ja stimmt, ich bin emotional nicht mehr zum Rumpelstilzchen geworden, aber ich habe auch gegen nichts mehr aufgemuckt, was er hätte umdrehen müssen oder als unwichtig oder übertrieben abzuwerten. Ich war einfach sehr ruhig und habe sehr leise gesprochen zu ihm, dabei weggeschaut, wenn ich was wollte; darüber hat er sich dann auch aufgeregt, aber immerhin hat er was dazu gesagt... Was ich meine, sei froh, sei bitte bitte froh, dass er nicht mehr neben dir ist. Ich bin am Ende verstummt und ich weiß gar nicht mehr wer ich letztes Jahr war. Es war auch der viele Stress, aber auch das mit ihm. Ich hatte mich entfremdet. Vielleicht hast du das über die Jahre auch ein wenig getan? Fühlst dich fremd deinem eigentlich gedachten Sein gegenüber? Sei nicht enttäuscht von dir; es ist natürlich, dass du wieder zu dir selbst finden wirst, und es wird Momente geben, in denen du dies merkst und dann gibt es ein Gefühl - frei.
Die Entscheidung Hoffnung in deinem Herzen zu tragen, die Entscheidung zu dir selbst zu finden, bedeutet frei zu sein, frei mit dir zu sein. Ein Lichtblick liebe ImSturzflug

Zitat von ImSturzflug:
gerade zwingend notwendig ist.
Wenn sonst die Kontrolle verloren gegangen ist, versuche ich scheinbar wenigstens meinen Körper zusammen zu halten

Du meinst dein Körper ist sehr angespannt, quasi in Dauerstarre? Meiner ist es; gestern hatte ich starke Schmerzen in der Brust und im Arm. Natürlich habe ich Panik bekommen, es ist alles okay; es kommt vom Rücken, von der Daueranspannung, Muskelverhärtung. Das ist jetzt natürlich ein sehr unangenehmes Beispiel von mir, aber vielleicht stupst es dich an die Körperarbeit tatsächlich anzugehen

29.10.2022 23:14 • #151


C
Liebe @ImSturzflug

Ich will Dir eigentlich schon seit einer ganzen Weile antworten, kann es aber zur Zeit nicht. Ich würde zu Dir gern so vieles sagen, auf so viele Dinge eingehen, die Du gesagt hast. Mir fehlt dazu momentan leider die Energie, aber eins will ich Dir jetzt mal kurz hier reinschreiben, auch wenn ich mich damit jetzt nicht auf etwas Konkretees beziehe, das Du geschrieben hast, sondern eher auf Deine Grundstimmung.

Es gibt manchmal so Knotenlöser, finde ich. Hier im Forum schnappt man manchmal Aussagen auf, die einem selbst total weiterhelfen, die die Augen öffnen und die im Gedächtnis bleiben. Und diese gebe ich so oft wie möglich an Menschen weiter, die sie brauchen könnten.

Ein solcher Knotenlöser, wenn auch nicht hier im Forum gelesen (was nicht heißt, dass das hier nicht schon mal jemand gesagt hat... ), der mir selbst in letzter Zeit immer wieder in den Blickpunkt rückt, ist:

Wenn Du Dir kurz mal vor Augen hältst, wie es Dir momentan geht, in welcher Verfassung Du bist, was Du fühlst und was Du hier beklagst, was an Belastung Du mit Dir herumträgst, dann mach Dir mal gleichzeitig bewusst, dass Du in dieser Situation bist, weil dieser Mensch in Deinem Leben war und dort eben auch etwas anrichten konnte.

Ich bin ein großer Freund davon, die Anteile (sagt man hier immer so schön, finde ich aber auch echt passender als den Schuld-Begriff, zumal es eben nicht immer Schuld ist, sondern einfach unterschiedliche Werte, Normen, Gewohnheiten, die nicht zusammenpassen oder wat auch immer) auch bei sich selbst zu sehen, aber in Eurer Beziehung gab es doch eine Menge Probleme, die Dein Ex verursacht hat, die sich auf Dich ausgewirkt haben - nicht zuletzt ja schon im ersten Teil, nach dem Du hart zu kämpfen hattest.

Mir hilft das sehr, wenn ich mir das bewusst mache, dass es mir so doch ehrlich nicht gehen sollte, wenn es das gewesen wäre, was es sein sollte. Und es gibt Beziehungen, in denen endet die Liebe eben einfach und man löst sich daraus mit Respekt und Wertschätzung. Aber es gibt eben auch Beziehungen, in denen macht einer sein Ding und der andere kommt unter die Räder. Diese Beziehungen scheinen häufiger zu sein.

Das Sichverdeutlichen der Tatsache, dass man sich so doch eben nicht fühlen sollte, wenn es die Liebe gewesen sein sollte, die für einen bestimmt war, hilft mir enorm.

Ich würde mich jedenfalls jetzt nicht mehr entscheiden, das nochmal mitmachen zu wollen. Ich weiß nicht, ob es Dir anders geht. Wenn Du die Zeit zurückspulen könntest: Würdest Du das nochmal auf Dich nehmen?

Liebe Grüße von mir an Dich.

29.10.2022 23:23 • x 4 #152


A


1001 Folge er hat sich getrennt, ich bin am Boden

x 3


Scheol
Wie gehts dir ?

02.11.2022 13:32 • x 1 #153


ImBlindflug
Zitat von Scheol:
Wie gehts dir ?


Keine Ahnung. Keine Konzentration, keine Motivation, viele Tränen.
Fühlt sich alles sehr sehr haltlos an.
War mit Bruder und Papa campen, kann mich aber kaum unterhalten, bin ständig traurig. Auf dem Rückweg ist dann der VW Bus liegen geblieben. Nervig.
Merke, dass ich mir sogar die Kraft und der Elan fehlt, mir etwas gutes zu essen zu machen. Zum Laub rechen oder im Garten rum graben reicht es immerhin.
Heute Besuch von einer Freundin gehabt. Tun mir sehr schwer, über mich zu sprechen. Hatte ihr Kind dabei, auf dem Spielplatz sein geht aber gut.
Morgen früh immerhin zum Kaffee trinken verabredet, danach Termin bei einer Psychiaterin.
Grundsätzlich stelle ich fest, dass ich sehr schnell in Grübelspiralen verfalle. In mich hinein horchen, schauen was mir gut täte, geht nicht. Bin sofort wieder bei irgendwelchen Beziehungssituationen, Sachen die ich anders hätte machen sollen, ... Also sehr viel in der Vergangenheit, sehr wenig Ausblick nach vorne möglich. Sehr wenig konstruktiv, sehr viel Schuld, Scham, Trauer, Einsamkeit, Verletzung, Wertlosigkeit.
Viel Vermissen der vergangenen Zeit, der Zukunftspläne, meines Ex (vielleicht so wie ich ihn mir hinprojeziert habe), meiner Mama.
Alles in allem ein fieses Chaos im Kopf.

02.11.2022 19:28 • x 2 #154


L
Liebe @ImSturzflug,

du hast eine großartige Gabe, deine Gefühle auszudrücken. Auch wenn die im Moment nicht gut sind.
Du bist eine Kämpferin.

Schreibst du Tagebuch?

Hast du einen Plan für die langen Herbst/Wintertage?

Puzzeln. ausmalen ( es gibt gute Mandalas für große), oder freies zeichnen ( ich beneide jeden um dieses Talent), stricken, Suduko...... Sachen halt, wo man sich konzentrieren muss?

Du, ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute und gib dir Zeit.

02.11.2022 20:54 • #155


Scheol
Zitat von ImSturzflug:
Keine Ahnung. Keine Konzentration, keine Motivation, viele Tränen. Fühlt sich alles sehr sehr haltlos an. War mit Bruder und Papa campen, kann mich ...

Man vegetiert eigentlich nur rum.

alles leider ganz normal was du beschreibst.

Geduld , ist das was man in der Situation nicht hat. Aber es ist wichtig.

02.11.2022 21:02 • x 1 #156


Klio
Zitat von ImSturzflug:


Hallo liebe im Sturzflug,

Zitat von ImSturzflug:
Zum Laub rechen oder im Garten rum graben reicht es immerhin.
Heute Besuch von einer Freundin gehabt. Tun mir sehr schwer, über mich zu sprechen. Hatte ihr Kind dabei, auf dem Spielplatz sein geht aber gut.
Morgen früh immerhin zum Kaffee trinken verabredet, danach Termin bei einer Psychiaterin.

Reicht es immerhin. Nein, so würde ich das nicht formulieren. Du erledigst regelmäßig etwas. Garten, Freunde, Spielplatz, Campen und bestimmt noch mehr. Auch wenn es nur eine Sache am Tag ist, ist das zur Zeit genügend; es ist gut. Du vollbringst etwas - das ist super. Du hast sozialen Kontakt - sehr gut. Ruhst du dich aus? Manchmal ist man nach einer Erledigung bereits ziemlich erschöpft und fragt sich warum; früher war das doch auch nicht so. Es ist völlig normal, völlig legitim, dass dies gerade so ist. Du hast viel mitgemacht, du machst viel mit und wahrscheinlich auch die Jahre zuvor unbewusst, in verdrängter Weise. Es wird einem auferlegt zu leisten, dass es einem gut gehen soll, Hedonismus wird gefröhnt. Selbst das kann erschöpfen. Körper und Geist rebellieren, schlafen ein. Das Wort Geduld ist bereits gefallen. Stillstand wird oft quälend empfunden, sollen wir doch immerzu uns weiter optimieren. Depression, Liebeskummer, Sorgen, Kummer sind damit noch viel schwerer zu akzeptieren, wohlwollend mit sich sein zu können. Stillstand ist auch Reinigung, Heilung, Verarbeitung. Somit ist kein Stillstand wirklich ein Stehenbleiben. Stillstand ist Werden im Inneren.

Du bekommst hier viele Ratschläge was du alles tun kannst, manchmal fühlt man sich dadurch eventuell beschwingt, hoffnungsvoll und dann erscheint es doch zu viel, man setzt am Ende gar nichts davon um und wird ärgerlich auf sich selbst. Schon wieder fühlt man sich falsch.
Ich glaube ich vermeide manchmal etwas zu erschaffen, weil ich Angst vor meiner eigenen Stärke, meinen Ressourcen habe. Selbst da will etwas in mir meine eigene Selbstwirksamkeit verhauen.
Auch wenn es sich nicht so anfühlt, du machst sehr viel richtig (wie anfangs beschrieben).
Wie sieht es mit dem Aufraffen auf zu spazieren? Ist der Anfang geschafft, tragen einen die Beine von ganz alleine. Einfach immer weiter laufen. Durch den Park, durch den Wald. Die Blätter liegen so schön bunt und voll auf dem Boden. Vielleicht kannst du dir gedanklich Assoziationen schaffen - wie verloren die Blätter auf dem Boden liegen, ihre Zeit ist bald vorbei, sie werden verschwinden, sie werden eins mit der Erde. Bin ich auch so? Verloren und gefallen? Wie mag sich der Baum fühlen, der nun eine Zeit erlebt, so einsam ohne seine vielen verschiedenen Blätter, um sich herum? Er verbringt seine Zeit im Stillstand, im Werden, in sich sich selbst, verbunden durch seine Wurzeln mit der Erde und seinen verlorenen Blättern. Zuweilen ist er etwas traurig. Aber diese Traurigkeit hat nichts mit Unglück zu tun. Er ist in Verbindung mit sich selbst und es schmerzt. Legt sich der Schnee auf seine Äste spürt er ihn umso mehr, aber er weiß um dieses kommende Gefühl - freisein. Wind und Sturm beunruhigen. Aber er hat Zuversicht. Er weiß - alles geht vorbei. Er wird immer verwurzelt bleiben, diese Tatsache bedingt einen ständigen Wachstum. Nach einer Zeit sind seine Knospen sichtbar, sie brechen auf und veränderte Blätter erscheinen, umhüllen ihn. Er erfreut sich seiner vielen verschiedenen Blätter, er weiß auch dieses Mal hat er die Zeit überstanden. Er weiß - alles geht vorbei. Jedes Blatt steht für ein Erlebnis, ein Gefühl, einen Gedanken. Er mag sie so lange halten, wie möglich und erinnern. Versuchen jeden Augenblick mit Achtsamkeit zu füllen, Liebe und Wärme. Sie werden fallen die Blätter, aber niemals unsichtbar werden. Manche Blätter haben Schmerz gebracht, Angst, Dunkelheit, Enttäuschung und Einsamkeit. Sie werden zu Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken. Sie werden verschwinden, sich auflösen, eins mit der Erde werden, an Farbe verlieren. Nach einer Zeit entstehen neue Blätter, der Baum weiß von dem Vergangenen, aber er kann dieses Wissen nutzen. Wie wirst du deins einmal Nutzen?

04.11.2022 18:30 • x 2 #157


ImBlindflug
Eigentlich wollte ich am Sonntag hier endlich mal Antworten. In Ruhe und ausführlich. Aber wie es halt so ist... Die Zeit rinnt, auch wenn man nur versucht, klar zu kommen und sonst kaum Termine hat.

Zitat von Klio:
Wie war dein Selbstbild bevor du ihn kanntest? Wie hast du über dich gedacht? Konnte dich jemand leicht aus deiner Mitte befördern, an deinen Gedanken, Einstellungen zweifeln lassen? Denkst du andere sind besser als du? Mehr wert? Hattest du vertrauen in dir, in deine Selbstwirksamkeit? Oder sind manche der genannten Punkte erst innerhalb der Beziehung so aufgetaucht oder erst nach der Trennung?


Bevor ich ihn kannte war ich jung, haben uns 2008/2009 kennen gelernt... Ich war sehr viel mehr in meiner Mitte als jetzt, wenn auch trotzdem eher desorientiert, was ich so mit meinem Leben anfangen soll. Aber da konnte man mich nicht so leicht raus befördern, ich habe auch nicht in Erinnerung, dass ich in irgendeiner Form an mir, meiner Einstellung oder ähnlichem hätte Zweifeln müssen. Vielleicht hatte ich zu diesem Zeitpunkt aber auch einfach ein sehr sehr sehr gutes Umfeld. Einige der genannten Punkte sind während der Beziehung aufgetaucht, so Stück für Stück. Als ich mich mehrfach habe überrumpeln lassen, mir eben ganz komisch Gefühle oder Wünsche abgesprochen wurden etc. Als mir erklärt wurde, dass meine Art mich da in Griechenland einzubringen nicht richtig sei und andere ja viel bessere Ansätze hätten (mir ging es mit vielem eigentlich ja ganz gut, bis mir eben mehrfach gesagt wurde dass das falsch war, was ich falsch mache, von Leuten, die da genau so wenig zu sagen haben wie ich und eben von ihm, meinem Ex)
Und seit der Trennung ist jetzt leider irgendwie alles kaputt.

Zitat von Klio:
Welche kannst du darüber hinaus bei dir erkennen?


Dass ich mich, überangepasst, in der Beziehung verloren habe, mir Aufgaben habe aufbürden lassen, die ich gar nicht haben wollte. Ich habe das Gefühl, irgendwie nur in meinem Kopf zu existieren und ich kann mich garnicht verständlich machen (Grenzen, Emotionen, Bedürfnisse), mein Selbstvertrauen ist weg, ein Selbstbild habe ich nicht mehr, ich habe die Verbindung zu mir verloren.

Zitat von Klio:
Es ist einfacher den Fehler bei sich selbst zu suchen, da man diese vermeintlich mehr unter Kontrolle hat.


Ja, in meiner Situation greife ich nach jedem Kontroll-Stohhalm. Aber ist halt alles eine Illusion und macht alles nur noch schlimmer. Aber das mit der Schuldfreien Akzeptanz klappt gerade nicht.

Zitat von Klio:
Du bist extrem hart zu dir; kannst du daraus einen Nutzen für dich erkennen?


Nein. Ich komm da aber nicht von weg gerade, ist wie so eine Achterbahn, manchmal hab ich das Gefühl davon weg zu kommen, im Moment zu sein, den Blick so ganz ganz langsam nach vorne richten zu können aber zack, führen die Schienen zurück zum Gedankenstrudel, den Selbstvorwürfen, der Selbstzerfleischung, der Trauer etc.

Zitat von Klio:
Was ich meine, sei froh, sei bitte bitte froh, dass er nicht mehr neben dir ist.


Ja. Rational sehe ich das ganz genau so. Emotional bräuchte ich ihn, seine Pläne, unsere Pläne, auch um irgendwas für nach meiner Mama zu haben. Emotional trauere ich darum, jetzt wohl sehr sicher keine Familie mehr gründen zu können. Vermisse ich seine unbedachte Art einfach mal was anzugehen (ja, ich weis, blieb ja nur beim was angehen, das fertig machen war dann oft meine Aufgabe), die vielen vielen Themen mit den er sich beschäftigt hat und den Input dadurch, ... Mein Herz weint einfach noch und mein Suchtsystem ist mit dem Entzug noch nicht ansatzweise durch.

Zitat von Klio:
ch bin am Ende verstummt und ich weiß gar nicht mehr wer ich letztes Jahr war.


Verstummt bin ich auch, zumindest in Bezug auf meine Themen, und ja, verloren habe ich mich auch. Lag aber auch an der Pflege meiner Mama, die da noch dazu kam.

Zitat von Klio:
Ich hatte mich entfremdet. Vielleicht hast du das über die Jahre auch ein wenig getan? Fühlst dich fremd deinem eigentlich gedachten Sein gegenüber?


Ich habe kein gedachtes Sein mehr. Immerhin stolper ich seit der Klinik nicht mehr so wild durch die Gegend... Ist zwar noch kein echtes Körpergefühl aber irgendwas in die Richtung.

Zitat von Klio:
Du meinst dein Körper ist sehr angespannt, quasi in Dauerstarre?


Auch wieder Ja. Leichenstarrenmäßig überwiegend von Kiefer und Nacken ausgehen, aber ich erwische mich ganz oft mit an den Körper gepressten Armen, Hände zur Faust geballt oder vor dem Körper zusammen, dass ich mich möglichst klein mache, Schulten hoch ziehe etc.

Eigentlich müsste das alles halt doch mal besser werden.

Zitat von clumsy:
Wenn Du die Zeit zurückspulen könntest: Würdest Du das nochmal auf Dich nehmen?


Kopf: pf! Niemals!
Herz: na klar! und dann wird alles besser! jetzt wissen wir ja was nicht funktioniert hat!

Zitat von LH4:
Schreibst du Tagebuch?


Nein, viel zu inkonsequent. Hier halt ab und zu, aber vor allem weil da Resonanz kommt, die mir gut tut und so wertvoll für mich ist, dass ich da auch antworten, weiter schreiben etc. möchte, um wenigstens ein bissen Wertschätzung da zu lassen.

Zitat von LH4:
Sachen halt, wo man sich konzentrieren muss?


Zählt Laubrechen? Nein, tatsächlich habe ich sowas im Moment nicht. Wenn ich draussen mit der kleinen Kettensäge rum hüpfe, da sollte ich mich konzentrieren. Und ich habe ein paar Bau- und Bastelideen, da ist zumindest ein bisschen Konzentration ganz förderlich.

Zitat von LH4:
Hast du einen Plan für die langen Herbst/Wintertage?

Puzzeln. ausmalen ( es gibt gute Mandalas für große), oder freies zeichnen ( ich beneide jeden um dieses Talent), stricken, Suduko...... Sachen halt, wo man sich konzentrieren muss?


Noch nicht... Ich schau gerade jeden Tag meine seit ca 8 Jahren nicht mehr genutzte Gitarre an und vielleicht sollte ich die reaktivieren... Und eben Bau- und Bastelprojekte im Keller umsetzen.

Zitat von Scheol:
Geduld , ist das was man in der Situation nicht hat. Aber es ist wichtig.


Muss man mir scheinbar noch sehr sehr sehr oft sagen. (Und danke für den Tipp mit der Klopftechnik! Bringt im Moment noch wenig ausser kribbelnde Fußssohlen und Tränen, tut aber gut, ist wie eine Art Achtsamkeitsskill. Okay, die Sätze verändern sich.)

Zitat von Klio:
Ruhst du dich aus? Manchmal ist man nach einer Erledigung bereits ziemlich erschöpft und fragt sich warum; früher war das doch auch nicht so.


Ich versuche es. Aber irgendwie habe ich Ausruhen auch nie gelernt...

Zitat von Klio:
Stillstand ist auch Reinigung, Heilung, Verarbeitung. Somit ist kein Stillstand wirklich ein Stehenbleiben. Stillstand ist Werden im Inneren.


Ich komme aber (gefühlt?) nicht ran, an mein Inneres.

Zitat von Klio:
Wie sieht es mit dem Aufraffen auf zu spazieren? Ist der Anfang geschafft, tragen einen die Beine von ganz alleine. Einfach immer weiter laufen.


Ich scheitere am anziehen... Im Garten kann ich rumgruschteln wie ich will. Aber vielleicht sollte ich aufhören, mir über sowas Gedanken zu machen und einfach trotzdem raus gehen.

Zitat von Klio:
ielleicht kannst du dir gedanklich Assoziationen schaffen - wie verloren die Blätter auf dem Boden liegen, ihre Zeit ist bald vorbei, sie werden verschwinden, sie werden eins mit der Erde. Bin ich auch so? Verloren und gefallen? Wie mag sich der Baum fühlen, der nun eine Zeit erlebt, so einsam ohne seine vielen verschiedenen Blätter, um sich herum? Er verbringt seine Zeit im Stillstand, im Werden, in sich sich selbst, verbunden durch seine Wurzeln mit der Erde und seinen verlorenen Blättern. Zuweilen ist er etwas traurig. Aber diese Traurigkeit hat nichts mit Unglück zu tun. Er ist in Verbindung mit sich selbst und es schmerzt. Legt sich der Schnee auf seine Äste spürt er ihn umso mehr, aber er weiß um dieses kommende Gefühl - freisein. Wind und Sturm beunruhigen. Aber er hat Zuversicht. Er weiß - alles geht vorbei. Er wird immer verwurzelt bleiben, diese Tatsache bedingt einen ständigen Wachstum. Nach einer Zeit sind seine Knospen sichtbar, sie brechen auf und veränderte Blätter erscheinen, umhüllen ihn. Er erfreut sich seiner vielen verschiedenen Blätter, er weiß auch dieses Mal hat er die Zeit überstanden. Er weiß - alles geht vorbei. Jedes Blatt steht für ein Erlebnis, ein Gefühl, einen Gedanken. Er mag sie so lange halten, wie möglich und erinnern. Versuchen jeden Augenblick mit Achtsamkeit zu füllen, Liebe und Wärme. Sie werden fallen die Blätter, aber niemals unsichtbar werden. Manche Blätter haben Schmerz gebracht, Angst, Dunkelheit, Enttäuschung und Einsamkeit. Sie werden zu Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken. Sie werden verschwinden, sich auflösen, eins mit der Erde werden, an Farbe verlieren. Nach einer Zeit entstehen neue Blätter, der Baum weiß von dem Vergangenen, aber er kann dieses Wissen nutzen.


Das ist so schön!

Zitat von Klio:
Wie wirst du deins einmal Nutzen?


Hoffentlich... Ich berichte dann hier. Auch darüber, welches Wissen da überhaupt entstanden ist.


Danke euch allen, für Denkanstöße, Kommentare, schöne Texte, zeigen dass ich nicht alleine bin und es (leider) mehr Menschen da draussen so geht, Hilfe und gutes zureden und noch viel mehr.

10.11.2022 20:53 • x 3 #158


DieSeherin
Ich knuddel dich einfach mal nur

10.11.2022 20:58 • x 2 #159


Scheol
Zitat von ImSturzflug:
Eigentlich wollte ich am Sonntag hier endlich mal Antworten. In Ruhe und ausführlich. Aber wie es halt so ist... Die Zeit rinnt, auch wenn man nur ...

Dann kannst du dich noch erden .

das kann der Therapeut mit dir mal machen.

bewusst die Fußsohlen aufsetzen auf die Erde , beim sitzen , und die Fußsohlen ganz bewusst spüren.

10.11.2022 21:00 • #160


Klio
Hey du,

Zitat von ImSturzflug:
Ich habe das Gefühl, irgendwie nur in meinem Kopf zu existieren und ich kann mich garnicht verständlich machen (Grenzen, Emotionen, Bedürfnisse), mein Selbstvertrauen ist weg, ein Selbstbild habe ich nicht mehr, ich habe die Verbindung zu mir verloren.

Du kannst dich deiner derzeitigen Mitmenschen nicht verständlich machen? Schriftlich kannst du das sehr gut. Manchmal haben wir einen recht hohen Anspruch an uns selbst, einen den ein anderer gar nicht an uns stellt.
Oder meinst du innerhalb deiner Beziehung? Er hat sich an dir abgearbeitet, er denkt nur an sich selbst, die Anpassung hat leider dazu beigetragen, dass du auch viel zu sehr bei ihm warst und immer weiter von dir selbst weg bist. Das weißt du. Du schreibst selbst, dass du noch im Entzug bist, bei mir hat er auch eine Weile gedauert. Irgendwann sehnt sich dein selbst nicht mehr nach ihm. Du wirst freier sein, dich nicht mehr so verloren fühlen. Sich verloren fühlen ist so ein unsagbar trauriges, kaum zu beschreibendes Gefühl. Keine Worte, kein Raum, kein Empfinden, man hängt in der Luft und dennoch schlägt man dauernd unten auf. Die Übung sich zu erden und zu atmen, versuchen sich zu spüren halte ich auch für hilfreich. Du meinst für dich selbst zu schreiben sei nicht so effektiv. Habe nicht den Anspruch an dich dies jeden Tag tun zu müssen oder das es besonders gehaltvoll sein muss. Überfluten dich die Gedanken und du kannst dich dazu bewegen, schreibe ohne Anspruch. Auch wenn dort hundert Mal Sätze stehen wie - was ist mit meinem Selbstbild? Wie siehst du aus? Hallo du da drinnen, wo steckst du? Wo versteckt du dich? Wie siehst du aus, wenn du wieder bei mir bist?


Zitat von ImSturzflug:
Aber das mit der Schuldfreien Akzeptanz klappt gerade nicht.

Vielleicht betrachten wir die Schuld einmal etwas anders. Theoretisch mag man um Verzeihung bitten und erfragen was man tun könne, um wieder etwas gut zu machen. Was möchtest du wieder gut machen? Kannst du dich um Verzeihung bitten? Wie fühlt sich das an?
Glaubst du, du hast es verdient so mit dir zu sein?

Zitat von ImSturzflug:
die vielen vielen Themen mit den er sich beschäftigt hat und den Input dadurch, ... Mein Herz weint einfach noch und mein Suchtsystem ist mit dem Entzug noch nicht ansatzweise durch.

Du brauchst seinen Input nicht, um etwas zu erschaffen, um zu sein. Was bringt dir bzw. brachte dir sein Input? Wieso glaubst du, dass dein eigener nicht genügt? Wieso meinst du, du bräuchtest direkt neue Pläne? Was versprichst du dir davon? Wir wollen, sollen immer wieder schnellstmöglich funktionieren und etwas Sinnvolles schaffen, ansonsten fühlen wir uns falsch, unbrauchbar. Was ist sinnvoll? Kommen diese Erwartungen an dich aus dir selbst heraus oder sind sie auferlegt?
Wie fühlt sich der Gedanke an, wenn die Zeit da war, in eine Reha zu gehen?

Zitat von ImSturzflug:
Auch wieder Ja. Leichenstarrenmäßig überwiegend von Kiefer und Nacken ausgehen, aber ich erwische mich ganz oft mit an den Körper gepressten Armen,

Könntest du dir vorstellen dich massieren zu lassen? Bei mir in der Stadt gibt es dafür speziell ein Angebot für Frauen mit Misshandlungserfahrungen und Ähnlichen. Aber ich denke eine allgemeine Masseuse würde das auch gut bedienen können.

Zitat von ImSturzflug:
Ich scheitere am anziehen... Im Garten kann ich rumgruschteln wie ich will. Aber vielleicht sollte ich aufhören, mir über sowas Gedanken zu machen und einfach trotzdem raus gehen.

Ein guter Gedanke von dir
Du gehst ja nicht im Schlafanzug in den Garten oder?:) Zieh dir einfach direkt etwas irgendwie Passendes für den Garten sowie fürs Spazieren an. Versuch die Arme dabei hin und her zu bewegen, zwing dich nach oben zu schauen.

12.11.2022 22:13 • #161


ImBlindflug
Zitat von Klio:
Du gehst ja nicht im Schlafanzug in den Garten oder?:)

Ähm.... Doch, natürlich.
Also wegen Wetter noch nen Pulli drüber, bald auch noch ne Jacke. Aber doch, Schlappen und Schlafanzug.

Auf den Rest deiner lieben und ausführlichen Antwort reagiere ich morgen oder übermorgen.
Bin gerade sehr sehr platt - meine Mama hatte Geburtstag, die Verwandtschaft aus halb Deutschland ist angereist, war alles etwas viel heute.

12.11.2022 22:58 • x 2 #162


Klio
Zitat von ImSturzflug:
Also wegen Wetter noch nen Pulli drüber, bald auch noch ne Jacke. Aber doch, Schlappen und Schlafanzug.

Du hast auf jeden Fall Klasse

Schlaf gut

12.11.2022 23:47 • #163


Scheol
Zitat von ImSturzflug:
Ähm.... Doch, natürlich. Also wegen Wetter noch nen Pulli drüber, bald auch noch ne Jacke. Aber doch, Schlappen und Schlafanzug. Auf den Rest ...

Wie gehst dir inzwischen ?

27.11.2022 18:12 • #164


ImBlindflug
Gute Frage, wie es mir geht.
Und überhaupt @Scheol , ganz herzlichen Dank dass du nachfragst!

Ich bin seit fast 4 Wochen auf Antidepressiva. Nebenwirkungen gering, aber seltsam, Wirkung zeigt sich langsam.
Ich bin müde und erschöpft, ist halt die Frage ob von den Medis oder weil ich jetzt erst feststelle wie viel zu viel das alles die letzten Jahre war.

Ob mein Ex aus dem Urlaub zurück ist, kann ich nicht sagen. Er hat sich zumindest bisher weder wegen meiner Sachen noch wegen meinem Auto gemeldet.
Langsam kommt immer mehr das Erschrecken darüber, wie viel ich habe mit mir machen lassen, wie sehr ich im Aussen und bei ihm war und wie arg ich darüber mich verloren habe. Das Erschrecken und Erkennen ist aber nicht mehr so schlimm einscheidend wie zuvor, eher so eine gruselige Gewissheit mit einem Drang dass das nicht mehr in dem Ausmaß passiert. Kein tiefes Loch mehr, das mich in einen Strudel saugt und nicht mehr los lässt.
Die Trennung ist heute 6 Monate und ein paar Tage her. Es schmerzt mich immer noch. Langsam bin ich aber zumindest ein bisschen entwöhnt. Der Wunsch, zu verstehen, wird schwächer. Ich bin also relativ konstant bei Akzeptanz angekommen.
Er fehlt mir irgendwie schon noch, das gemeinsame Leben fehlt mir und die Pläne, die wir hatten. Allerdings auch hier, eher sanft, wehmütig, melancholisch, nicht so alles überschattend, einnehmend. Und eben auch mit der Erkenntnis, dass diese Beziehung für mich eine sichere Selbstaufgabe war.

Ich bin gerade an vielen psychischen Baustellen. Allem voran: Pause machen, nicht alles fertig, sofort, aufeinmal wollen. Selbstwert ohne Leistung, für die ich zwar keine Bestätigung aus dem Aussen brauchte, aber ich für mich. Merke ich gerade nach wie vor, ich arbeite noch nicht, mache hier aber wahnsinnig viel am WG Haus und im Garten und mach mir da selbst Leistungsdruck, will etwas schaffen, tue mir schwer angefangenes liegen zu lassen statt das geht schon noch, dann ist es fertig.
Und statt großer Pläne für die Zukunft halte ich mich gerade an kleine Pläne, die mir Hoffnung machen. Statt Tiny House bau in Griechenland steht im März das Pflanzen einer Kaki/Sharon im Vorgarten auf dem Zettel. Und die Vorfreude auf das Frühjahr, wenn sich zeigt ob die mehreren Hundert Blumenzwiebeln hoffentlich nicht von Wühlmäusen, Frost, Feuchtigkeit platt gemacht worden sind sonder sprießen.

Und weil ich ja über den Winter etwas mehr Beschäftigung brauche, als in meinem Kopf kramen, weil dann auch im Garten nicht mehr so viel zu tun ist, möchte ich Vogelhäuschen aus Restholz bauen. Damit das etwas Anspruch hat, gerne in Form architektonischer Meisterwerke. Also Mies van der Rohe - Farnsworth House oder Barcelona Pavillon, Glass House von Philip Johnson, sowas schlichtes, schönes. Die Großen aus dem MidCentury halt. Und wenn die einfachen gut werden, kann ich ja weiter machen mit Falling Waters, und irgendwann dürfen die Vögel aus einem Modell der Oper von Sidney speisen, auch die Architektur von Oscar Niemeyer würde sich anbieten. Na gut, mit etwas Holz werde ich mich eher an den Bauhaus Stil und artverwandtes halten. Sowas wie die Tomba Brion ist noch gut umsetzbar. Okay, ganz langsam, ich fange klein an.
Aber an sowas merke ich, die Tabletten wirken, ich bin begeisterungsfähiger, ich entdecke langsam wieder Dinge, die MICH interessieren. Das fühlt sich gut an.

29.11.2022 11:41 • x 2 #165


A


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