Hallo Slarty,
willkommen im monogamen Dilemma.
Ich will mit deinen se.uellen Bedürfnissen nichts zu tun haben, aber woanders darfst du sie auch nicht ausleben - eine gängige Zwangslage, aus der du ausgebrochen bist mit dem Ergebnis, dich schlecht und schuldig zu fühlen, anstatt stolz und froh darüber zu sein, dass du dir in deinem (vermutlich einzigen und womöglich kurzen) Leben zumindest ein wenig erfüllende Se.ualität verschafft hast. Es ist immens, welche erpresserische Kontrolle in klassischen Beziehungen über den Entzug körperlicher Zuwendung ausgeübt wird. Selbst eure Therapie hat das nicht ändern können.
Du leidest, weil du der festen Überzeugung bist, ein A-loch zu sein. Tatsächlich habt ihr aber ein systemisches Problem. Deine Frau braucht vielleicht noch ein paar Tage in der Opferrolle, um den ersten Schreck zu verarbeiten - belogen zu werden in einer Sache, die man als grundlegend betrachtet, ist tatsächlich eine tiefe Kränkung, die sie jetzt erstmal verdauen muss. Nichtsdestotrotz muss sie sich der Frage stellen, was ihre Anteile an der Lüge sind. Wenn du mit ihr nicht einmal offen über deine se.uellen Wünsche und Bedürfnisse sprechen konntest, wie weit wärst du dann bei ihr mit dem Antrag auf eine offizielle Affäre gekommen? Wäre deine Frau willens und in der Lage gewesen, mit deiner Ehrlichkeit umzugehen, wenn du ehrlich gewesen wärst, hätte sie deine Bedürfnisse ernst genommen und mit dir nach Alternativen gesucht? Sie zu belügen war nicht richtig, aber ich kann mir denken, dass du gute Gründe für die Heimlichkeit hattest.
Du kannst die Krise, in der ihr jetzt steckt, dazu nutzen, grundlegend neue Vereinbarungen für eure gemeinsame Zukunft zu treffen. Es ist dysfunktional und destruktiv, wenn in Beziehungen ein dauerhaftes Ungleichgewicht in der Verteilung der Bedürfnisbefriedigung herrscht. An deiner Stelle würde ich mich nicht darauf einlassen, wieder zu dem vorherigen Modell zurückzukehren, in dem du über lange Zeit unzufrieden warst. Ich würde aber auch davon absehen, an deiner Frau herumzudoktorn - wenn sie kein Interesse an S. hat, ist das nun mal so. Sie hat ein Recht darauf ihre Se.ualität nach ihren Bedürfnissen zu gestalten, das gleiche Recht hast aber auch du. Du hast geschrieben, dass du für deine Affäre in etwa das gleiche bedeutest wie sie für dich - eine nette Gelegenheit für körperliche Freude, keine Beziehungsabsichten. Was spricht dagegen, diese Affäre fortzuführen mit dem Wissen und dem Einverständnis deiner Frau? Es könnte euch beide von dem schwierigen Thema der unterschiedlichen Bedürfnisse entlasten und euch mehr Raum für die Dinge in eurer Ehe lassen, die funktionieren und die euch beide wirklich verbinden.
Warum du der Meinung bist, deinen Kindern etwas angetan zu haben, erschließt sich mir übrigens nicht. Es handelt sich doch um ein Beziehungsproblem unter euch Erwachsenen, nicht um Erziehungsfragen. Du hast niemandem etwas angetan, du hast nur versucht, etwas für dich zu tun, und bist dabei an deinen eigenen Moralvorstellungen gescheitert. Die Verantwortung für die Spielregeln eurer Ehe tragt ihr beide, wenn sie nicht funktionieren, muss man mal über neue Regeln nachdenken. Einen Schuldigen braucht man nur, wenn man kein Interesse an Lösungen hat.
Du schreibst, du kannst dir selbst nicht mehr vertrauen. Ich denke, du vertraust dir viel zu wenig.