Hallo Ueberfragt,
ich finde, in deinen bisherigen Schilderungen spielt eine mögliche Persönlichkeitsstörung deines (Ex)Freundes so gut wie keine sichtbare Rolle.
Es ist eher irritierend, dass du erst mit Borderliner titelst, dann einräumst dass du es eigentlich gar nicht weißt und mal irgendwas von vermuteter bipolarer Störung gelesen hast. Also im Grunde weißt du gar nicht so genau, ob und falls ja, welche psychischen Probleme er denn nun tatsächlich hat.
Deshalb finde ich, man kann das hier auch so betrachten, als hättest du davon gar nichts erwähnt. Dann fällt mir folgendes dazu ein:
Er scheint eher jemand zu sein, der auch mal Zeit für sich braucht und sich zurückzieht, wenn er unter Stress steht. Sonderlich ungewöhnlich finde ich das jetzt erstmal nicht.
Zitat von Ueberfragt: einfach weil ich denke, dass es gerade die Umstände sind, die uns beide gestresst haben
Ehrlich gesagt habe ich bisher den Eindruck, dass es weniger die Umstände waren, die ihn gestresst haben, sonder eher deine Art mit seinem Stress/den Umständen umzugehen (Hervorhebungen in den Zitaten von mir):
Zitat von Ueberfragt: Ich bin natürlich dummerweise nachgerückt weil ich dachte es hätte mit mir zu tun, habe ihn wohl auch bedrängt
Nachrücken, wenn sich jemand zurückzieht, ist meist schon keine gute Idee. Raum geben ist dann angesagt. Bedrängen ist wirklich ganz schlecht.
Zitat von Ueberfragt: Die Stimmung wurde dennoch immer frostiger
Wie kam es dazu, dass die Stimmung frostiger wurde? Geschah das einfach so ohne dein Zutun, oder hast du mit Bedrängen und gekränkten Reaktionen, wenn von ihm nicht kam was du erwartet hast, dafür gesorgt dass er immer weiter abkühlte?
Zitat von Ueberfragt: Er wollte das Wochenende alleine sein, da er sich auch nicht gut fühlte. Ich war beleidigt
Worüber? Dass er sich nicht gut fühlte, oder dass er deswegen allein bleiben wollte?
Weißt du, es liest sich schon alles danach als hättest du wenig Bereitschaft, mit seinem Stress rücksichtsvoll umzugehen und dich auch mal etwas zurückzunehmen, um ihm Raum zu lassen.
Wenn du seinen Wunsch zwar akzeptierst, aber darüber beleidigt bist, wird er das schon gespürt haben. Zwischen den Zeilen kann man auch den Eindruck gewinnen, dass du ihn das auch (indirekt) spüren lassen haben wirst.
Zitat von Ueberfragt: wollte ihm Zeit geben. Montagmittag hat er sich gemeldet und gefragt, wie es mir geht. Nachmittags haben wir eine Weile telefoniert und auch für das folgende Wochenende verabredet. Abends wollte ich nochmal mit ihm telefonieren, woraufhin er mich erst ignoriert, und dann beim zweiten Versuch eine halbe Stunde später weg gedrückt hat. Das dann doch noch erfolgte Telefonat war kurz und hitzig.
Er zieht sich spürbar und deutlich von dir zurück, weil er Stress hat und sich von dir unter Druck gesetzt fühlt, was du weißt. Ihr telefoniert nachmittags und habt eine Verabredung. Wie wichtig konnte dieses weitere Gespräch am Abend nun noch sein, dass du ihm wieder seine Ruhe nicht gönnen konntest? Er hat doch sehr deutlich gemacht - durch zweimaliges Nichtannehmen des Gesprächs - dass es ihm gerade sehr ungelegen kommt. Dass das dann doch noch erfolgte Telefonat (sein Rückruf oder dein dritter Versuch?) hitzig wurde, wundert mich überhaupt nicht. Ich finde dich hier einerseits taktisch sehr unklug - ihn immer weiter in die Ecke zu drängen, wo er schon deutliche Rückzugstendenzen zeigt - und andererseits auch sehr rücksichtslos seinem Bedürfnis nach Ruhe und etwas Abstand gegenüber.
Wenn du ihm wirklich Zeit geben wolltest - warum hast du es denn dann nicht auch getan?
Zitat von Ueberfragt: Er meinte beim Trennungsgespräch, er freut sich einerseits tierisch auf mich, andererseits stresst es ihn auch, wenn ich da bin. Dadurch, dass ich so oft gegängelt habe er könnte doch mal dies und mal das fühlt er sich unter Druck gesetzt und will mir gerecht werden, ist dann aber wie blockiert.
Hier sagt er es dir doch ganz klipp und klar und sehr deutlich.
Liebe Ueberfragt, es mag sein dass dein Freund psychische Probleme hat, aber auch ein normal tickender Mensch hätte vielleicht in dieser Situation für sich die Notbremse gezogen.
Wenn du es versuchen willst, mit ihm wieder anzuknüpfen, solltest du dich SEHR selbstkritisch mit deinen eigenen Anteilen an euren Streits befassen und vor allem auch daran arbeiten, emotional eigenständiger zu werden. Hier liest es sich so, als würdest du ihn ständig in die Haftung dafür nehmen, wie es dir geht. Dies kann auf Dauer sehr erwürgend für einen Partner werden und ich denke mir, dass sein Rückzug auch aus diesen Gründen - und nicht nur aus den von ihm benannten beruflich stressigen Gründen - zu erfolgen begann.