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Der einzige Mensch, den ich je geliebt habe

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Hallo Tingeltangel,

morgen ziehe ich nun endgültig in meinem Zimmer ein. Habe mich bereits über Jahre hinweg auf diesen Moment gefreut, obwohl ich es mir noch nicht so richtig vorstellen kann, so ganz alleine...

Heute habe ich erfahren, dass mein Ex angeblich vor längerer Zeit mit seiner besten Freundin zusammengekommen ist. Diese Freundin war in unserer Beziehung nicht selten ein Streitauslöser, da sie bei ihm unter der Woche regelmäßig übernachtet hat (aufgrund von Platzmangel in seinem Bett...). Er beteuerte natürlich immer, dass das nichts bedeute und sie nur bei ihm schläft, weil sie abends nicht mehr heim kommt.

Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich von seiner so aufrichtigen und ehrlichen Art halten soll.. Nach der Trennung war er immer superlieb und supervorsichtig zu mir, hat (noch bis vor kurzem) in regelmäßigen Abständen nachgefragt, wies mir geht, alle Fragen beantwortet, die ich hatte, und wir haben uns auch ein mal getroffen und mal eine Freundschaft in Aussicht gestellt. Jetzt glaube ich nicht, dass ich das kann, und noch weniger kann ich glauben, dass alles, was wir hatten von ihm nicht ernst gemeint war...
Ich würde ihn so gerne fragen, um Klarheit in die Sache zu bringen, aber das wäre wahrscheinlich das überhaupt dümmste, was ich machen kann, oder?...

In deiner Antwort, Tingeltangel, zeigst du mir viele Denkmöglichkeiten auf, die ich mir noch nie gestattet habe..
Irgendwie schien es mir nie einleuchtend, dass es Gründe dafür geben könnte, dass ich so über mich denke, und Gründe dafür, Hilfe anzunehmen und ihrer wert zu sein.
Meine Freundin hat mir auch zu dieser Option geraten. Vielleicht werde ich erstmal versuchen, den Gedanken daran überhaupt zuzulassen, was im Moment allerdings ziemlich unbequem ist. So wie du und Maus und viele andere hier darüber schreiben, scheint es ja etwas vollkommen normales zu sein.

Ironischerweise, muss ich dazusagen, ist meine Mutter u.a. Psychotherapeutin von Beruf und vielleicht könnte es auch sein, dass ich deswegen demgegenüber so abgeneigt bin.
Ich hatte von Kindheit an irgendwie immer das Bild, dass sich nur wirklich kranke Menschen an einen Therapeuten wenden. Vielleicht ist es aber auch die dauernde Angst, von meiner Mutter auf irgendeine Art und Weise durchschaut zu werden..
(Was jedoch wohl nie passiert ist, sonst wäre ich vermutlich nicht in der Lage, in der ich jetzt bin...)

An einem Draht zu meinem Bruder versuchen ich und er gerade zu arbeiten. Auch er hat eine sehr schlechte Beziehung zu unserer Mutter, und meinte mal, dass er mich bei Gelegenheit besuchen kommen kann, da ich jetzt alleine wohne. Ich weiß allerdings nicht, wie weit ich ihm vertrauen kann. Er weiß ja schließlich überhaupt nichts über mich...

03.10.2014 00:21 • #16


maus0904
@Eichhörnchen


du klingst wirklich sehr erwachsen von deinem Schreibstil her, man spürt , dass du wirklich alles andere als wertlos bist!
Du bist feinfühlig, sensibel und intelligent.......und glaub mir , sich Hilfe zu holen ,i st kein Zeichen von Schwäche....ganz im Gegenteil....die wirklich Kranken sind meist die, die nicht Mal merken, dass sie krank sind und Hilfe bräuchten!

Mir fällt es auch immer noch schwer , heute noch mit fünfzig Jahren, Menschen um Hilfe zu bitten...ich habe auch immer noch das Gefühl, dass ich alles alleine packen muss, alles stemmen muss......das sind Muster die wir haben, an denen es ja gerade gilt zu arbeiten.
Manchmal BRAUCHT man einfach Hilfe.........es wäre sooo schade, wenn du weiter denken würdest, dass du nichts besseres verdient hast und du womöglich der Grund dafür bist...........ich weiß wovon ich rede, auch ich kenne diese Denkmuster .
Tingeltangel hat den Nagel auf den Kopf getroffen........
es fehlt dir wahrscheinlich aus den von ihr genannten Gründen an Selbstliebe, Selbstbewusstsein und Selbstachtung.........und das kommt mir mehr, als bekannt vor.
Dagegen musst du etwas unternehmen.....denn DU bist es wert.....ABSOLUT.......

Glaub an Dich.......

Maus

03.10.2014 11:38 • x 1 #17


A


Der einzige Mensch, den ich je geliebt habe

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Die letzten Tage hatte ich einiges zu tun durch den Umzug, das Einrichten, die Uni usw.. Morgen geht der Mathevorkurs los und ein Gefühl der Hilflosigkeit und die Angst vor Versagen macht sich mal wieder breit...
Heute habe ich erfahren, dass mein Ex mit der besagten Freundin zusammengezogen ist. Eigentlich sollte mich das ja nicht interessieren, aber es verletzt mich so sehr, und ich weiß nicht, warum. Es macht mich richtig fertig.
Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll, ob ich ihn darauf ansprechen soll/ kann, oder ob es vielleicht etwas normales ist, schließlich führt er jetzt ein anderes Leben, andererseits, warum war er dann mit mir zusammen, wenn er ihr so nah war?! Und warum hat er sich die ganze Zeit so ehrlich und mitfühlend gegeben?
Irgendwie drehe ich mich im Kreis.

Danke für die Stärkung, Maus. Woher hast du diese Denkmuster? Was ist deine Geschichte?

Danke euch beiden für die Tips. Ich hoffe, ich kann sie bald umsetzen. Ich muss gestehen, dass ich im Moment wirklich Angst vor diesem Schritt habe.
Meine Freundin, mit der ich vor einigen Tagen das Gespräch hatte, trug mir auf, eine Liste mit konkreten Dingen zu schreiben, von denen ich denke, dass andere sie an mir mögen. Als ich versucht habe, das zu tun, habe ich mich nur noch schlechter, selbstgefälliger und wertloser gefühlt und habe keinen Sinn dahinter gesehen. Ich konnte das einfach nicht, und musste sofort aufhören.

Das mit dem Kranksein habe ich noch nie so gesehen, und diese Ansicht gefällt mir sehr. Doch, warum holen sich dann die Menschen Hilfe, die nicht wirklich krank sind?
Danke für euere Unterstützung; es würde mir jetzt viel schlechter gehen, wenn ich die Antworten von euch nicht hätte.

06.10.2014 00:56 • #18


maus0904
Liebes Eichhörnchen,

wünsche dir heute einen guten Start in die Studium und drücke dir beide Daumen
Du wirst es schon packen....!

Woher meine Denkmuster kommen....tja ....das beginnt bereits in früher Kindheit und zieht sich wie ein roter Faden , durch mein ganzes Leben, ich suche schon immer irgendwie Geborgenheit und Liebe.....
mit Lob und Anerkennung wurde bei mir in der Kindheit auch sehr sparsam umgegangen....
zudem lernte ich sehr früh, dass ich alleine gelassen wurde, wo ich hätte Schutz und Geborgenheit Gehör und Verständnis gebraucht hätte.
Ich habe bis heute diese Verlustängste, obwohl ich eigentlich sehr gut alleine sein und auch wirklich fast alles alleine hinbekomme.....es fehlt mir immer irgendwetwas....der Rückhalt......der eine Mensch, der zu mir steht, zu mir hält, mich liebt und anerkennt, egal, ob ich gerade stark oder schwach bin....
verstehst du was ich meine.....einerseits fehlt mir dieser Rückhalt, andererseits fällt es mir auch unendlich schwer mich wirklich auf jemanden zu verlassen, wirklich zu vertrauen......
Es ist nicht einfach das zu beschreiben, auf alle Fälle sehe ich bei dir ähnliche Denkmuster und empfehle dir dich frühzeitig damit auseinander zu setzen.
Ich habe auch sehr lange gewartet , bis ich mir eingestehen wollte, dass ich Hilfe brauche, das gewisse Dinge aus meiner Kindheit, mir doch mehr geschadet haben , als ich das vor mir selbst zugeben wollte........
Je früher du deine Muster erkennst und daran arbeitest um so besser wirst du damit zurecht kommen, denn du bist ja wirklich noch ganz am Anfang deines Lebensweges und es wäre doch schade, wenn du noch zu lange mit diesem geringen Selbstwertgefühl herum läufst und dadurch unnötig leiden musst.....
ich bin jetzt fünfzig und so langsam komme ich auch dahinter, dass ich mir auch von Menschen , die ich liebe , nicht alles gefallen lassen darf, das ich meine eigenen Wert schätzen muss, dass ich in erster Linie auf mich und meine Gefühle hören muss, mein Bauchgefühl...ganz wichtig........
mir wurde von meine Partnern teilweise sehr weh getan , emotional und ich habe mich selbst nicht geschützt, ich hätte mich selbst an die Hand nehmen müssen, mir selbst Schutz geben, weil ich es mir hätte wert sein müssen......
zum Glück ist es nie zu spät...auch jetzt kann ich noch lernen......und das tue ich gerade...ich versuche vor allem mehr über Mich zu lernen...mich selbst besser kennen zu lernen.......mich zu akzeptieren als der Mensch, der ich bin, mich wert zu schätzen, auch wenn ich nicht immer stark bin und Höchstleistungen bringe........

Ich wünsche dir , dass du dich selbst wertschätzt und akzeptierst als einen liebenswerten, wertvollen Menschen...............

LG Maus

06.10.2014 07:41 • x 1 #19


T
Hallo Eichhörnchen,
ich finde es gut, dass Du un Dein Bruder auf Annäherungskurs seit.
Warum solltest Du ihm nicht Vertrauen können? Ihr scheint die gleichen Erfahrungen mit eurer Mutter zu haben, trotz des Altersunterschieds der fast eine Generation ist, hat eure Mutter nichts dazu gelernt. Vielleicht hätte sie mal zum Therapeuten gehen sollen. Jeder Therapeut braucht einen Therapeuten.
Nicht nur sehr kranke Menschen gehen sich Hilfe holen sondern auch Menschen wie Du und ich. Ich wollte eine Paartherapie also sozusagen eine Schiedsrichter und Vermittler, der uns neue Wege aufzeigt um wieder miteinander klar zu kommen. Da mein Partner das nicht wollte beschloss ich alleine zu gehen, ich wollte etwas lernen und ihm dann beibringen. Der Ansatz war völlig falsch, ich kann nicht weitertherapieren in dem ich meine Erkenntnisse an ihn weiter gebe. So geht das nicht. Also haben wir an mir gearbeitet. Und es hat mir als Frau, als Tochter, als Schwester, als Geschäftsfrau und als Partnerin sehr viel gebracht. Ich finde heute, jeder sollte mal ein paar Stunden beim Therapeuten verbringen, egal ob er ein Problem hat oder nicht. Es ist wie eine Neuausrichtung oder nachjustieren und durch den Blick den ein völlig Fremder Mensch auf Dich wirft erhältst Du selbst einen neuen Blickwinkel auf Dich selbst.

Zum Ex. Ich glaube es ist egal wer die Neue ist. Du wärst über jede gekränkt. Es geht vielmehr darum das er schon weiter ist wie Du, über die Trennung hinweg ist und frisch verliebt und glücklich ist. Und das er sich nun das letzte Stück von Dir entfernt hat. Er kann nicht mehr länger so für Dich da sein. Aber es ist o.k., lass ihn weiter gehen und sein Leben leben. Du kannst, darfst und musst das auch. Völlig normal und o.k..
Kann es sein, dass Du als Kind und Jugendliche oft vor neuen Aufgaben standest und nicht die Rückendeckung und notfalls helfende Hand der Eltern im Rücken hattest? Weißt schon, Du gehst auf unbekanntes Gebiet, willst und kannst das auch, aber falls es schwierig wird kannst Du auf Rat und Unterstützung von hinten hoffen. Anders kann ich mir nicht diese Angst vor dem Studium erklären. Du hast es bis hier her doch schon ganz gut gemacht und die Hürden die man in Deinem Alter zu überwinden hat auch gut gemeistert. Du kannst Dir ruhig mal was darauf einbilden und deine Erfolge feiern. Und Dich loben lassen und die Anerkennung genießen. Wir loben Dich, ich hätte gerne Abi und studiert. Ich war nur so faul. O.k., meine mittlere Reife war nicht schlecht und ich habe meinen Weg im Berufsleben gemacht. Aber einen Uniabschluß hab ich halt nicht und dadurch konnte ich halt auch vieles nicht machen. Es ist deprimierend wenn Du ständig gesagt bekommst, geh noch mal 2 Jahre in die Schule, mach Abi und dann komm wieder, auch für die Berufsausbildung ist ein Abi manchmal ein Muss.
Ich habe vieles ohne Abi erreicht, heute langt mir das was ich tu und ich mache es gern. Aber wenn das Wörtchen wenn nicht wär.
Du hast Dir gute Grundlagen geschaffen um es weiter zu bringen, darauf kannst Du stolz sein.
Und jetzt freu Dich mal aufs Studentenleben. Das wird die beste Zeit deines Lebens werden. Rein ins Getümmel.

06.10.2014 08:23 • x 1 #20




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