@kaempfer
Du kreist um das Problem herum, statt einfach mal direkt hinein zu gehen.
Wie Minna schon andeutete, befindest du dich in deinen Gedanken auf einer sehr kindlichen Ebene. Das bringt dich nicht weiter.
Probieren wir es also nochmal anders:
Unsere Person besteht aus 3 Seiten:
Einem Kind-Ich
Einem Eltern-Ich und
Einem reifen Erwachsenen-Ich.
Im Kind-Ich spiegeln sich alle Erlebnisse wider, die uns mit unseren kindlichen, vielleicht auch Kindheitsängsten in Berührung bringt, mit unseren Unsicherheiten, Fragen und Grundbedürfnissen (Sicherheit, Geborgenheit, Urvertrauen etc.). Als Kind müssen wir uns erstmal zurecht finden in einer Welt, die wir noch nicht kontrollieren können, wir scheitern manchmal, erleben manchmal unsere ersten Erfolge. All diese Erfahrungen werden verinnerlicht. Aber nicht nur diese.
Wir verinnerlichen auch, wie diese Erfahrungen von Anderen, nämlich Autoritätspersonen, von denen wir abhängig sind, bewertet und eingeschätzt werden. Diese Reaktionen, die wir verinnerlichten, spiegeln sich im Eltern-Ich wider, das wir in uns tragen. Es muss sich nicht zwangsläufig um die Eltern handeln, deren Reaktionen und Bewertungen wir uns zu eigen machten, sondern auch die von früheren Lehrern, Großeltern etc. Während man das Kind-Ich an sehr grundlegenden, kindlichen Ängsten erkennt, erkennt man das Eltern-ich in sich selbst als die strafende Stimme:
Du sollst doch nicht....!
Warum hast du nur....?!
Du bist noch zu klein, um das zu verstehen!
Du bist nicht gut genug!
Als Kind registriert man sehr genau, ob Lob nur dann kommt, wenn ich auch nur gute Leistungen erbracht habe, oder ob ich auch dafür gelobt und geliebt werde, weil ich so bin wie ich bin, ohne das mit Leistung untermauern zu müssen. Durch Autoritätspersonen lernen wir, dass Verhalten Strafe nach sich ziehen kann, aber auch Verzeihen (!)
Das reife Erwachsenen-Ich wiederum ist die Instanz in uns, die weitgehend unabhängig von den beiden o.g. Seiten eine eigenständige, reife Haltung vertritt, die daher auch weitgehend unabhängig ist von Angst vor Strafe und dem Gedanken was sollen bloß die Leute denken!. Das reife Erwachsenen-Ich ist quasi unser Anwalt, der uns, als reife, erwachsene Menschen vertritt, für uns einsteht.
In deinem Gedankenkreisen kann man folgende Sätze zwischen den Zeilen sehr deutlich herauslesen:
So, wie ich bin, genüge ich nicht.
Ich muss perfekt sein, sonst verliere ich alles.
Und wenn ich etwas verliere, dann ist es MEINE ALLEINIGE Schuld.
Und wenn ich mich schuldig gemacht habe, dann kann ich es niemals wieder gutmachen - die Schuld werde ich mein Leben lang tragen müssen.
Andere Menschen haben das Recht auf eine eigene Meinung, auf eigene Freiheit - ICH hingegen muss mir diese erst verdienen.
Ich selbst habe keinen Wert - erst, wenn ich einem anderen Menschen geben kann, steigere ich meinen Wert und habe eine Berechtigung, am Leben teilzuhaben.
Es wird nie reichen, was ich gebe, denn es ist zu wenig.
Ich muss im Vorhinein stets vorbereitet sein und wissen, was mein Gegenüber sich von mir wünscht, um gewappnet zu sein, ihm dies zu geben, denn sonst verlässt er mich.
Ich darf mir niemals anmerken lassen, wie schwach ich bin, denn mit meiner Schwäche nehme ich anderen Menschen etwas weg und das ist Unrecht.
Ich darf niemals eigene Ansprüche haben, denn eigene Bedürfnisse zu haben bedeutet auch gleichzeitig immer, die Bedürfnisse des Anderen zu verletzen.
Nur, wenn ich mich selbst verleugne und kritische Unterschiede zum Anderen unterdrücke, habe ich die Chance, auf eine Beziehung, in der meine Partnerin glücklich ist.
Nur, wenn ich so bin, wie sie es wünscht, verlässt sie mich nicht.
Ich kann durch mein Handeln kontrollieren und sicherstellen, dass ich nicht verlassen werde.
Nur allein von MIR ist es abhängig, ob eine Beziehung funktioniert oder nicht.
Wann immer ich einfach so bin, wie ich bin, werde ich nicht gemocht.
Wann immer ich bin wie ich bin, richte ich Schaden an.
......
Ich hätte jetzt noch endlos weiterschreiben können. Schau dir an, was du verinnerlicht hast. Woher kommt das? Was waren Situationen in deinem Leben, in denen du bedeutende Sicherheit verloren hast und wer war damals für dich da? Was hat dir manchmal gefehlt, als du klein warst und welche Person gab es, die du sehr respektiert hast und die dir die Sicherheit gab, die dir heut fehlt? .... Fange an, dich zu wundern, über dich, über dein Denken, über deine Sicht auf die Dinge. Geh an deine Verletzlichkeit ran, an deine Angst. Schau dir an, zu wem die Stimmen gehören, die dich innerlich Maßregeln. In dir sitzt ein solcher Diktator - woher kommt er? Wofür ist er da? Erlangst du mit ihm das Ziel, einer glücklichen, erfüllten Beziehung?
01.09.2015 15:50 •
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