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Esstörungen / Beziehungen - Erfahrungen?

Hallo Ally,

ich hatte es bisher in Beziehungen nie so wirklich thematisiert. Wenn ich darauf angesprochen wurde, habe ich es tendenziell eher mehr vertuscht.

Die Kontrolle durch den Partner halte ich persönlich für keine gute Idee. Wenn mir einer um die Ecke kam und 'kontrollieren' wollte, ob ich auch ja genug esse, hab' ich natürlich in seinem Beisein im Essen rumgestochert und so getan als würde ich was essen und wenn ich dann wieder allein war, die 'Diät' umso mehr durchgezogen. Die Kontrolle von Außen hat bei mir eher dazu geführt, dass ich den Druck, den ich dann verspürt habe, umso mehr durch's Nicht-essen kompensiert habe.

Abgrenzen und Kontrolle ist ja auch so ein Thema bei ES. Wenn jemand sich grenzüberschreitend verhält, ist die Reaktion eines Essgestörten ja absehbar.

Zitat von Ally04:
Sind wir einfach nur egoistisch?


Wie meinst du das?

24.08.2018 08:35 • x 1 #16


L
Zitat von Ally04:
Aaah, damit hatte ich immer meine Probleme. Bei mir gibts und gabs keine tiefen traumatischen Erlebnisse zu überwinden, als ich das erste Mal in Therapie war (muss gut und gern 13 Jahre her sein), wollte mir mein damaliger Therapeut auch irgendwelchen tiefgründigen Erklärungen entlocken, warum ich so eine schlimme Kindheit gehabt haben muss. War zum K* - ich habs gehasst und auch ziemlich schnell abgebrochen. Meine jetzige Th. kommt da mit ihrer Verhaltenstherapie viel besser durch. Ich bin bis heute der Meinung, dass sich das anders entwickelt hat. Mag naiv sein aber ich fahre grundsätzlich ganz gut damit und ich werde mir auf meine alten Tage auch nichts anderes mehr erzählen lassen.


Erfahrungsgemäß haben viele Essstörungen damit zu tun, dass man niemals wirklich gelernt hat sich abzugrenzen und sowas lernt man in der Regel in einer halbwegs funktionierenden Beziehung zu den primären Bezugspersonen, sprich Eltern.

Also die positive Förderung der Eltern in Richtung Selbstständigkeit - das Kind in seinen Stärken und Schwächen, Bedürfnissen wahrnehmen. Und letztendlich das Kind für ein selbständiges Leben vorbereiten.
Geht da was schief, zB emotionale Vernachlässigung aber auch Überbehütung - dann kann so ein Verhalten die Entstehung einer Essstörung begünstigen.

Häufig verschwinden die Essstörungen ja auch im Erwachsenenalter, sprich wenn man einigermaßen auf eigenen Beinen steht.

Dass eine Essstörung aus sich selbst heraus entsteht, bspw. nur aufgrund des in den Medien propagierten Schönheitsideals - glaube ich kaum. Da man sich selbst damit dermaßen schädigt, sprich da gehört schon ein großes Maß an Selbsthass dazu.
Was du dir damit antust ist dir sicherlich bewusst - Zähne gehen kaputt, du schädigst deine inneren Organe vehement - neben dem Verdauungstrakt, auch dein Herz usw.
Soweit mir bekannt ist gehören Essstörungen zum Kreis der Zwangserkrankungen. Da auszusteigen ist natürlich nicht einfach.

Was dir aber klar sein muss: sicher ist es gerade für dich wichtig, dass du einen besonders liebevollen und verständigen Partner findest. Der darf aber nicht Teil deines krankhaften Systems werden, im Rahmen einer therapeutischen Hilfe.

Aber auch das ist recht typisch für Essgestörte, dass sie nicht nur die eigenen Grenzen nicht wahrnehmen und schützen, sondern auch die anderer Menschen. Eben diese Thematik ist ja häufig das Grundproblem der Erkrankung.

24.08.2018 09:03 • x 2 #17


A


Esstörungen / Beziehungen - Erfahrungen?

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Ally04
Joa @091216 , das kenne ich auch noch. Nur, dass ich anschließend losgelegt habe. Furchtbar. Möchte ich nie wieder hin.



Zitat von 091216:

Wie meinst du das?


Ich frage mich manchmal, ob ich das nicht alles doch so kleingeredet habe, wie mein Ex immer propagiert hat. Und am Ende nicht doch nur Aufmerksamkeit wollte. Persönlich denke ich nein, denn so einen großen Stellenwert hat sie bei mir nicht mehr, und ich liege mittlerweile lieber 2-3 kg über meinem persönlichen Gutso-Gewicht als drunter. Dann wirds wieder gefährlich.Aber ich will ihr ihr gar nicht mehr so viel Aufmerksamkeit beimessen und stundenlang darüber diskutieren. Gut, man kann jetzt fragen warum fängt sie dann hier so ein Thema an. Richtig, mir gings eigentlich nur darum, potentiell Erfahrungswerte von anderen abzuklopfen. Dass dies hier nicht das Forum dafür ist, ist mir bewusst, aber ich möchte auch nicht wieder in eins der Einschlägigen, wo nix anderes diskutiert wird. Mein Hauptanliegen ist hier, über meinen Ex hinwegzukommen und ich habe auch in meinem Freundeskreis keine, denen es vielleicht mal ähnlich ging. Von daher kann ich nicht selbstbewusst sagen, nein die ES war nicht Schuld, sondern alles andere.

24.08.2018 20:34 • #18


Ally04
Zitat von leilani1801:

Also die positive Förderung der Eltern in Richtung Selbstständigkeit - das Kind in seinen Stärken und Schwächen, Bedürfnissen wahrnehmen. Und letztendlich das Kind für ein selbständiges Leben vorbereiten.
Geht da was schief, zB emotionale Vernachlässigung aber auch Überbehütung - dann kann so ein Verhalten die Entstehung einer Essstörung begünstigen.


Das ist bei mir kompliziert und möchte ich so pauschal nicht beantworten. Nur so viel - ich hatte eine meistens wundervolle Kindheit und Jugend. Aber ja, ich gebe dir Recht, es gab begünstigende Faktoren, ich war vermutlich auch sehr anfällig dafür.

Zitat von leilani1801:
Häufig verschwinden die Essstörungen ja auch im Erwachsenenalter, sprich wenn man einigermaßen auf eigenen Beinen steht.


Tun sie? Gut bei den ich-möchte-so-aussehen-wie-ein-Model vielleicht. Kann ich leider nicht bestätigen. Ich weiß bis heute nicht, warum mir mein Körper so furchtbar egal ist. Vermutlich, weil ich nie die einschlägigen Probleme (oder nicht so extrem) hatte, die Menschen mit ES zugeschrieben werden.

Zitat von leilani1801:
Was dir aber klar sein muss: sicher ist es gerade für dich wichtig, dass du einen besonders liebevollen und verständigen Partner findest. Der darf aber nicht Teil deines krankhaften Systems werden, im Rahmen einer therapeutischen Hilfe.


Das würde ich wirklich wünschen. Aber da schließt sich wieder der Kreis von den Beziehungsmustern. Ich habe noch kein System gefunden, da auszubrechen. Aber das hat derzeit keine Priorität. Erstmal Altlasten überwinden.

Zitat von leilani1801:
Aber auch das ist recht typisch für Essgestörte, dass sie nicht nur die eigenen Grenzen nicht wahrnehmen und schützen, sondern auch die anderer Menschen. Eben diese Thematik ist ja häufig das Grundproblem der Erkrankung.



Das finde ich an sich nicht schlimm. Ich habe andere Menschen oft genug verletzt, manche bewusst, meine Liebsten oft unbewusst. Aber wenn ich bewusst lernen kann, das nach Möglichkeit nicht zu tun - ist doch gut. Ja, ich möchte nie einen Menschen, den ich liebe, aus meiner eigenen Eitelkeit oder meinen Fehlern heraus verletzen. Vermeiden kann ich das vermutlich nie gänzlich. Ich bin mir meiner Fehler durchaus bewusst.

24.08.2018 20:44 • #19


Zitat:
Ich frage mich manchmal, ob ich das nicht alles doch so kleingeredet habe, wie mein Ex immer propagiert hat.


Oder er hat es 'groß geredet'.

Du schreibst doch selbst, dass es für dich nicht mehr diesen Stellenwert hat. Also hat er die Angelegenheit doch in den Fokus gerückt oder verstehe ich das falsch?

24.08.2018 21:21 • #20


Ally04
Zitat von 091216:

Oder er hat es 'groß geredet'.

Du schreibst doch selbst, dass es für dich nicht mehr diesen Stellenwert hat. Also hat er die Angelegenheit doch in den Fokus gerückt oder verstehe ich das falsch?


Ja das ist richtig. Ich wollte das gar nicht mehr, ich komme beispielsweise wunderbar in Gesellschaft damit klar. Er ist nur immer auf meine Zahlen zurede gekommen, die waren immer noch schlecht (unter der Woche, allein). Ich selbst hätte mir gewünscht, wenn er da nicht so ein Gewese (online) drum gemacht hätte und mich live mal gefragt, wie es mir nun geht.

24.08.2018 21:34 • #21


Zitat von Ally04:
Habe ich so akzeptiert und mitgemacht, glücklich war ich nicht. Ich habe mich immer nur in solche Männer verliebt, die im Grunde wenig Interesse zeigten.


Warum hast du diese Kontrolle und dieses Tagebuch akzeptiert? Wolltest du ihm damit einen Gefallen tun oder hast du gedacht, es könne für dich hilfreich sein?

Ging mir früher auch so. Da hatte ich nur Interesse an Männern, die kein wirkliches Interesse an mir hatten.

25.08.2018 09:15 • #22


Ally04
Zitat von 091216:

Warum hast du diese Kontrolle und dieses Tagebuch akzeptiert? Wolltest du ihm damit einen Gefallen tun oder hast du gedacht, es könne für dich hilfreich sein?

Ging mir früher auch so. Da hatte ich nur Interesse an Männern, die kein wirkliches Interesse an mir hatten.


Ich wollte ihm einen Gefallen tun. Es war ihm offenbar wichtig. Ich habe da teilweise Sinn drin gesehen - für ihn. Mir selbst hat das nichts gebracht. Für mich ist es halt ein Unterschied, ob ich einen Apfel erbr* oder eine ganze Mahlzeit. Das hat er aber nie verstanden.

Wie konntest du dein Verhaltensmuster bei Männern ändern?

25.08.2018 14:32 • #23


Zitat von Ally04:
Wie konntest du dein Verhaltensmuster bei Männern ändern?

Über die Frage habe ich jetzt seit gestern nachgedacht und kann sie dennoch nicht wirklich beantworten.

Erst dachte ich, weil ich meinen Selbstwert jetzt klarer hab'. Aber ich glaube, das ist es nicht. Ich habe ein massives Problem mit Nähe. Früher war es so heftig, dass ich eben niemanden an mich rangelassen habe. Und was mir erst rückblickend klar geworden ist: Ich habe dann nur Kontakte gehabt, die eben kein wirkliches Interesse an mir hatten. So musste ich mich nicht abgrenzen und brauchte keine Angst vor zu viel Nähe haben.

Mittlerweile klappt das Abgrenzen schon besser. Ich denke, das hat zu der Veränderung beigetragen.

26.08.2018 11:41 • #24


Zitat von leilani1801:
Aber auch das ist recht typisch für Essgestörte, dass sie nicht nur die eigenen Grenzen nicht wahrnehmen und schützen, sondern auch die anderer Menschen.


Hallo Leilani,

ich grüble schon die ganze Zeit über diesen Satz nach. Kannst du mir bitte weiterhelfen? Wie meinst du das? In wie weit oder in welcher Form überschreiten die Essgestörten die Grenzen der anderen?

26.08.2018 14:57 • #25


L
Zitat von 091216:

Hallo Leilani,

ich grüble schon die ganze Zeit über diesen Satz nach. Kannst du mir bitte weiterhelfen? Wie meinst du das? In wie weit oder in welcher Form überschreiten die Essgestörten die Grenzen der anderen?


Genau so wie ich es geschrieben habe. In persönlichen nahen Beziehungen habe ich Essgestörte als ungesund fordernd und übergriffig erlebt.

Dafür können die nicht wirklich etwas, entsteht ja auch aus einem erlebten Mangel heraus.

Außerdem zieht man durch diese Erkrankung auch die (negative) Aufmerksamkeit auf sich, da man meistens unnatürlich dünn aussieht (bei den Bulimikern nicht immer).

Ich denke schon, dass diese Erkrankung ein großer indirekter Schrei nach Zuwendung/Aufmerksamkeit sein kann.
Kontrolle ist auch ein ganz großes Thema. Und davon abgesehen ist es natürlich auch irgendwann ein Selbstläufer, da Sucht.

Soweit mir bekannt ist geht es in den diesbezüglichen Therapien auch meist um das Thema Unabhängigkeit/Selbständigkeit - also frei werden von der Erwartung, dass dein Umfeld sich um dich kümmert, sondern, dass du lernst für dich selbst zu sorgen, wie Erwachsene das eben tun.

27.08.2018 07:25 • x 1 #26


@leilani1801
Hm. Das seh' ich anders. Deswegen konnte ich es vermutlich in deiner ersten Aussage auch schon nicht nachvollziehen. Aber danke dir.

27.08.2018 17:21 • #27


A


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