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Eure Lieblingsgedichte

Y
Du gehst noch einen Schritt,
du bist dir noch ganz gleich,
da geht schon jemand mit
aus einem anderen Reich.

Du stehst noch voll im Licht
Und sagst noch ich und du,
da lauscht schon ein Gesicht
Und lächelt still dazu.

Vielleicht, es fällt der Schnee
auf dein erträumtes Haus,
es tut auch gar nicht weh,
da trägt man dich hinaus.

Wer sagt, wie unterdes
dein Herz dir so entkam?
Ob wohl ein Sperling es
im Flug so mit sich nahm?

Martin Kessel

25.03.2018 16:26 • x 2 #76


A
Selige Sehnsucht

Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt die fremde Fühlung
Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsterniß Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt,

Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und Werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Johann Wolfgang von Goethe (1815)

10.04.2018 17:57 • x 2 #77


A


Eure Lieblingsgedichte

x 3


JAJO15
Meine Haare
riechen immer noch nach Dir .
Ich lass es jetzt so , tauche meine Nase in deinen Geruch
der in meinem Haar festhängt
Für den Moment
Ich lass das jetzt so
damit Du noch ein bisschen länger bei mir bist
bevor du wieder verschwindest

11.04.2018 22:11 • x 1 #78


T
Er ist's
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!

Eduard Mörike
(Erstdruck 1828
)

16.04.2018 09:36 • x 2 #79


T
Zitat von Fuulhorn16:
Hallo
Habe nur quergelesen. Hier mal zwei, die ich enorm gut mag:


Trauer ist die heilsame Antwort eines lebendigen Herzens auf Abschied und Trennung

und das andere:

Das Loch in der Straße

Ich gehe eine Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren.
. Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder hinauszukommen.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle schon wieder hinein.
aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine Schuld.
Ich komme auch sofort wieder heraus.
Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich gehe darum herum.
Ich gehe eine andere Straße.


Das kenne ich auch und finde es klasse.

16.04.2018 09:52 • #80


T

12.05.2018 13:52 • #81


Gretel
Erwartung der Liebe

Nicht die vertraute Nähe deiner Stirn, hell wie ein Fest,
noch die Gewohnheit deines Körpers, wiewohl mysteriös und schweigsam und mädchenhaft,
noch die Abfolge deines Lebens, das zu Wörtern oder Schweigen wird,
werden eine so rätselhafte Gunst sein wie die Betrachtung deines Schlafes, verflochten
in die Wacht meiner Arme.

Wie durch ein Wunder wieder Jungfrau durch die freisprechende
Macht des Schlafes,
ruhig und leuchtend wie ein Glück, dass das Gedächnis erwählt hat,
wirst du mir den Saum deines Lebens schenken,
den du selbst nicht besitzt.

Der Ruhe hingegeben,
werde ich diesen letzten Strand deines Seins von fern erblicken,
und dich zum ersten Mal sehen, vielleicht
wie Gott dich sehen muß
aufgehoben die Fiktion der Zeit
ohne die Liebe, ohne mich.



Jorge Luis Borges

13.05.2018 00:37 • #82


thanksfornothing
Funeral Blues

Stop all the clocks, cut off the telephone,
Prevent the dog from barking with a juicy bone,
Silence the pianos and with muffled drum
Bring out the coffin, let the mourners come.

Let aeroplanes circle moaning overhead
Scribbling on the sky the message 'He is Dead'.
Put crepe bows round the white necks of the public doves,
Let the traffic policemen wear black cotton gloves.

He was my North, my South, my East and West,
My working week and my Sunday rest,
My noon, my midnight, my talk, my song;
I thought that love would last forever: I was wrong.

The stars are not wanted now; put out every one,
Pack up the moon and dismantle the sun,
Pour away the ocean and sweep up the wood;
For nothing now can ever come to any good

W H Auden

13.05.2018 00:59 • #83


N
Hey. ihr Zombies, versteckt eure Gesichter,
ihr da alle auf der Strasse.
Ihr da alle auf eurem hohen Ross:
Die Stücke werden auf euch niederprasseln.

Keiner hat jemals mit Noah gesprochen,
stattdessen haben ihn alle nur ausgelacht.
Tag und Nacht hat er ganz alleine an seiner Arche rumgebaut.
....

17.05.2018 18:18 • #84


A
Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

-Joseph von Eichendorff-

19.05.2018 08:16 • #85


H
Über allen Gipfeln ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Text: Goethe ,

19.05.2018 08:39 • x 1 #86


A
Segelschiffe

Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
und über sich Wolken und Sterne.
Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
mit Herrenblick in der Ferne.

(Joachim Ringelnatz)

28.06.2018 06:12 • #87


E
Hänsel sagt zu Gretel es ist recht kalt,
sie gehen beide durch den Wald.
Gretel sagt zu Hänsel du alte Memme,
jetzt sitzt Du wohl arg in der Klemme.
Sie gibt ihm einen Schluck aus der Pulle- Rum,
da fällt Hänsel plötzlich um.
Gretel schlägt ihm ins Gesicht,
Du Gretel, das will ich nicht!
Schnell steht er wieder stramm, am Baumstamm
Gretel sieht ein Hexenhaus und ruft laut:
Ich brauch ne Paus
Hänsel knuspert Lebkuchen fein
und haut sich noch ein Stückerl rein.
Da kommt die alte Hex ums Eck
und nimmt dem Hänsel alles weg.
Sie zieht ihn an den Haaren lang,
dem Hänsel wird ganz arg bang.
Die Gretel läuft schnell um das Haus und zieht die
Pulle wieder raus.
Die Hexe trinkt alles aus
und rennt zum Klo hinein, ins Haus.
Der Hänsel schnelle hinterher,
doch leider ist die Pulle leer.
Die Hexe liegt nun vor dem Klo,
der Hänsel kitzelt sie am Po.
Da schreit die Hexe hau bloß ab,
denn ihre Hose ist recht knapp.
Hänsel und Gretel laufen heim,
sie müssen um 18.00 beim Abendbrot sein.
Nun schlemmen sie Honigschinken,
während die Eltern Rumflaschen trinken.
Danach gehen sie ins Bett,
das war doch heute wieder nett

28.06.2018 18:47 • x 1 #88


A
Du musst das Leben nicht verstehen

Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

Rainer Maria Rilke

29.06.2018 14:04 • #89


Gretel
I shut my eyes and all the world drops dead;
I lift my lids and all is born again.
(I think I made you up inside my head.)

The stars go waltzing out in blue and red,
And arbitrary blackness gallops in:
I shut my eyes and all the world drops dead.

I dreamed that you bewitched me into bed
And sung me moon-struck, kissed me quite insane.
(I think I made you up inside my head.)

God topples from the sky, hell's fires fade:
Exit seraphim and Satan's men:
I shut my eyes and all the world drops dead.

I fancied you'd return the way you said,
But I grow old and I forget your name.
(I think I made you up inside my head.)

I should have loved a thunderbird instead;
At least when spring comes they roar back again.
I shut my eyes and all the world drops dead.
(I think I made you up inside my head.)


Sylvia Plath

01.07.2018 00:17 • x 1 #90


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