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Fernbeziehung mit Missbrauchsopfer - was tun?

A
Zitat von Stefan32:
Ajvar, ich möchte dazu sagen, dass ich vor Allem BEVOR sie mir das gestanden hat, den Körperkontakt gesucht habe, da dachte ich noch, dass sie einfach nur sehr schüchtern ist. Nachdem Sie mir das erzählt hat war ich natürlich wesentlich vorsichtiger und hab respektiert, wo ihre Grenzen liegen - nicht dass du hier einen falschen Eindruck von mir hast.

Und es gab ja sogar immer wieder von ihrer Seite Körperkontakt, wir gingen ständig Hand in Hand spazieren, sie umarmte mich oft, sie massierte sogar mal meinen Rücken, das kam alles von ihr.
Stefan
Ok, dann ist das geklärt ! Du musst ja auch wissen was mit ihr ist, damit du dich auf sie einstellen kannst und es zu keinen Missverständnissen kommt.
Leider fällt es Gewaltopfern meist sehr schwer über ihre Erlebnisse zu sprechen, so kommt es oft zu Missverständnissen.
Ihr natürliches Bedürfnis nach Nähe, Zärtlichkeit und Körperkontakt ist ja nicht ausgelöscht, deshalb kann es manchmal wieder zu Vorschein kommen und wenn es zu nahe bis unter die Haut geht macht sie sofort wieder dicht - aus unbewusster Angst - das geschieht ganz automatisch - weil ihr Hirn das mal als bedrohlich gespeichert hat - sie kann es noch nicht durch positive Erfahrungen überschreiben und dabei kannst und möchtest du ihr ja jetzt helfen ihre Ängste zu überwinden.
Versucht viele schöne Dinge gemeinsam zu machen, alles was euch Spass macht, sie kann zusätzlich auch Entspannungstechniken erlernen.

Ein Schocktrauma hinterläßt im Körper eine Art Erstarrung, Gefühle werden eingefroren, so entsteht eine chronische Muskelverspannung, diese muss man wieder lösen, damit die verdrängten Gefühle gefühlt und somit auch aufgelöst werden, so wandeln sie sich wieder.
Damit sie diese aber zulassen kann brauch sie unbedingt einen geschützen Rahmen und jemanden, der in der Lage ist sie dann aufzufangen, jemanden, dem sie vertrauen kann und der weiss was dann zu tun ist, ihr zeigen kann wie es ihr gelingt sich selbst zu regulieren.
Deshalb halte ich eine Therapie für sinnvoll.

13.10.2017 12:36 • x 1 #16


S
@santosha:

Puh, das sitzt, so viel beinharte Realität vor Augen geführt zu bekommen, aber ich danke dir dafür! Es ist schlimm und tut weh, wenn es wirklich so hoffnungslos ist und wir wohl nie ein glückliches Paar werden können. Was mich aber noch interessieren würde: Was du geschrieben hast, kann man das wirklich so pauschal für alle Missbrauchsopfer sagen? Kommt das nicht darauf an, wie schlimm die Misshandlung war und wie oft/wie lange? Ich meine, ich kenne ja keine Details davon was ihr passiert ist, vielleicht hat ja auch nur jemand etwas versucht und sie konnte entkommen oder so, ich weiß es nicht. Ist es nicht so, dass unterschiedliche Menschen solche Erlebnisse auch individuell schneller/leichter oder langsamer/schwieriger verarbeiten können? In manchen Fällen vielleicht sogar wirklich ohne professionelle Hilfe nur mit einem Partner zu dem sie immer mehr Vertrauen aufbauen und langsam mit der Zeit wieder immer mehr Nähe zulassen können? Oder bist du davon überzeugt, dass ich mir diese Hoffnung wirklich komplett abschminken kann?

@gretchen:

Deine Kommentare bringen mich immer wieder sehr zum Nachdenken, auch über mich selbst, danke dafür erstmal!

Du schätzt das schon richtig ein, dass ich auch das an ihr mag, was ich mir für mich selbst wünschen würde. Im Gegensatz zu ihr fällt es mir schwer meine Komfortzone zu verlassen, neue Herausforderungen zu suchen und Dinge die mich nicht weiterbringen hinter mir zu lassen.

Ich bin mir sicher, dass ich sie mehr brauche als sie mich, sie kommt schon ganz gut klar ohne mich und sehnt sich sicher nicht so sehr nach der großen Liebe wie ich es tue und leider ist es aber genau das was mich immer wieder dazu bringt mich in eine Frau zu verlieben. Es sind immer sehr selbstbewusste, eigenständige, erfolgreiche Powerfrauen mit viel Energie, das ist es was mich anzieht. Wenn mir eine Frau hingegen das Gefühl gibt, dass sie mich braucht und zu sehr klammert, verliere ich schnell das Interesse und die Gefühle...

@ajvar:

Ja, ich möchte viele schöne Dinge mit ihr unternehmen und dass sie sich dann mir immer mehr öffnen kann, nur leider ist es ja eine Fernbeziehung und wir können erst frühestens im Dezember da weitermachen, wo wir letztes Wochenende aufgehört haben, das macht es natürlich sehr schwierig. Und auch das Thema Therapie würde ich gerne zwischendurch mal wieder ansprechen und sie versuchen, dazu zu ermutigen, aber aus der Distanz ist das auch sehr schwierig, hätte ja vielleicht sogar den Effekt, dass sie sich dadurch von mir distanziert obwohl ich nur helfen will...

13.10.2017 12:57 • x 3 #17


A


Fernbeziehung mit Missbrauchsopfer - was tun?

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Gretchen
Mein erklärungsansatz wäre so:
da sie das Trauma momentan nicht versprachlichen kann, lässt sie dich spüren (natürlich nicht absichtlich) wie sie sich fühlte, nämlich hilflos und machtlos.

Sie bringt dich (unbewusst) in eine Position in der du im Grunde wenig tun kannst sondern in Ansätzen erlebst wie es ihr ging/geht.

Zur Behandlung kann ich mir vorstellen, dass es doch sehr stark darauf ankommt, wann sich das ereignet hat, war es ein Schicksalsschlag, war der Täter aus der Familie ...kann man also nicht unbedingt pauschal beantworten denke ich? (Mal sehen was @santosha meint)

Und du weißt ja auch nichts dadrüber.

Dadurch ist sie in einer recht machtvollen Position. Das meine ich gar nicht negativ, ist eben ein psychischer (Abwehr) Mechanismus den man ihr zugestehen darf/sollte.

(Sofern das tatsächlich stimmt, du kennst sie erst kurz, es gibt Menschen die nicht gut Grenzen aufzeigen können)

Ich glaube es bringt aber dich nicht weiter, so viel über sie nachzudenken. Besser bei dir bleiben?

13.10.2017 13:42 • #18


S
Zitat von Stefan32:
Puh, das sitzt, so viel beinharte Realität vor Augen geführt zu bekommen, aber ich danke dir dafür! Es ist schlimm und tut weh, wenn es wirklich so hoffnungslos ist und wir wohl nie ein glückliches Paar werden können. Was mich aber noch interessieren würde: Was du geschrieben hast, kann man das wirklich so pauschal für alle Missbrauchsopfer sagen? Kommt das nicht darauf an, wie schlimm die Misshandlung war und wie oft/wie lange?


Hallo Stefan,

ob man das pauschalisieren kann ist schlecht zu sagen, wenn nicht die genauen Umstände bekannt sind.

Es kommt auf jeden Fall nicht darauf an, wie lange ein Missbrauch her ist.
Wenn der Missbrauch z.B. in der Kindheit stattgefunden hat, dann wird das verletzte Kind wahrscheinlich nie die Möglichkeit haben, die erlebten Traumata zu verarbeiten.
Dieser tiefe Schmerz sitzt dann im Unterbewusstsein, fest verschlossen, wird vielleicht noch abgespalten von den Gefühlen und der Mensch ahnt im späteren Leben nicht, warum er so oder so reagiert.

Ich habe mir deinen Einstiegspost nochmal durchgelesen.
Deine Freundin erzählte, dass sie vor 1 Jahr diesen körperlichen Missbrauch erlebte und dadurch schon eine andere Beziehung kaputt ging.

Wenn es sich z.B. um eine Vergewaltigung handelt, was für mich in diesem Moment als Vermutung nahe liegt (sie war in einer Beziehung, war schon erwachsen, also keinem Schutzbefohlenen ausgeliefert), dann könnte, nach so kurzer Zeit, eine Therapie evtl. Erfolge bringen.
Emotionaler Missbrauch würde eher in einer Partnerschaft stattfinden. Während körperlicher Missbrauch bei Frauen, die sich in einer glücklichen Beziehung befanden, wie deine Freundin, meistens eine Vergewaltigung ist.

Und gerade diese Form von körperlicher Gewalt wird von Frauen sehr oft verschwiegen, aus Scham und dadurch findet auch keine Therapie statt.
Nur ist es dann bei diesen Frauen so, dass sie zwar noch in der Lage sind, eine neue Beziehung einzugehen , weil sie sich danach sehnen, aber nicht mehr dazu fähig sind , ein intaktes und befriedigendes S..ualleben zu erleben.
Was für jede angestrebte harmonische Beziehung sehr schwer zu handeln ist.

Für Frauen, die so eine Gewalt erlebt haben, ist es ohne eine Therapie kaum möglich, dieses Erlebnis zu verarbeiten. Durch eine Gesprächstherapie kann man bestimmt einiges bewirken..........aber vergessen wird das keine Frau.

Da ich keine Therapeutin bin, möchte ich nichts behaupten, was ich nicht genau weiß.

Um nochmal auf das Thema stationäre Traumatherapie einzugehen, kann ich dir aber sagen, dass es genauso abläuft wie beschrieben und auch Opfer einer Vergewaltigung können dadurch ihr Leben positiv verändern. Nur braucht es enorme Kraft, um nochmal mit dem Missbrauch konfrontiert zu werden.

Ja, lieber Stefan, eine schwierige Situation, auch für dich.
Im Moment habe ich keinen Rat, wie ich mich in deiner Lage verhalten würde.
Sollte eure Beziehung weitergeführt werden, könntest du einen psychotherapeutischen Dienst, den es in fast allen Städten gibt (Gesundheitsämter usw.) konsultieren, um dich mal zu informieren, wie du ihr helfen kannst.

Liebe Grüße und alles Gute
Santosha

13.10.2017 15:13 • x 1 #19




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