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Frau mit Bindungsangst nimmt Abstand - wie verhalten?

silberpfeil
Nach langem Überlegen habe ich mich entschlossen auch mal hier meine Geschichte zu erzählen. Vielleicht hilft es mir ja. Ich bin seit Dezember mit einer Dame zusammen, die augenscheinlich an Bindungsangst leidet. Sie hat ihre Eltern schon früh verloren und bald steht ein Geburtstag eines Elternteils an. Es belastet sie wirklich sehr, was ich auch verstehen kann. Sie hatte noch keine längeren Beziehungen in ihrem Leben und hält alles recht oberflächlich. Sie meinte zu mir, dass ich der erste Mann bin, für den sie wirklich etwas empfindet.

Letzte Woche hatten wir 6 und danach hatte sie eine große Panikattacke. Sie sagte, dass sie das alles mit mir nicht mehr kann und dass es sehr schwer ist. Sie möchte sich selbst beweisen, dass sie alles alleine kann und nicht abhängig von mir ist. Sie hat sich dazu entschieden zu gehen, aber sagte auch, dass es kein Abschied oder eine Trennung ist. Ich habe sie seitdem auf keine Weise mehr kontaktiert und lasse ihr auch den Freiraum. Der Geburtstag rückt immer näher und ich weiß nicht genau, was ich nun tun soll. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Sie fehlt mir sehr und ich würde ihr gerne beistehen, aber ich möchte ihr auch nicht auf die Pelle rücken und sie bedrängen.

04.04.2022 13:53 • #1


Charla
Zitat von silberpfeil:
Sie hat sich dazu entschieden zu gehen, aber sagte auch, dass es kein Abschied oder eine Trennung ist.

Was soll ihr Verhalten dann aussagen ?
Wahrscheinlich kann sie keine Nähe zulassen aufgrund von ihren Verlust- und Verlassenheitsängsten. Therapien werden wahrscheinlich langwährig sein und sind wenig erfolgreich, sofern es frühe Entwicklungsstörungen sind.

Statt unbeschwert eure neue Beziehung zu geniessen und langsam wachsen zu lassen, zieht sie sich zurück und will sehen, dass sie ihr Leben allein wuppt und hat Angst vor Abhängigkeit.
Wir sind alle Abhängig, denn wir brauchen einen Spiegel und Geld, damit wir unser Leben finanzieren können.

Überlege dir ob es unter diesen erschwerten, langanhaltenden psychischen Störungen von ihr nicht besser ist die Notbremse zu ziehen, bevor du dich noch mehr einbringst und wertvolle Lebenzeit verlierst.

Weil sie es ist, der Abstand nahm, ist es an ihr wieder deine Nähe zu suchen.
Laufe ihr nicht hinterher und lebe dein Leben.

Zukunftsaussichten sind meiner Einschätzung nach kaum vorhanden..

Viel Glück und alles Gute !

04.04.2022 14:16 • x 3 #2


A


Frau mit Bindungsangst nimmt Abstand - wie verhalten?

x 3


silberpfeil
Zitat von Charla:
Was soll ihr Verhalten dann aussagen ? Wahrscheinlich kann sie keine Nähe zulassen aufgrund von ihren Verlust- und Verlassenheitsängsten. Therapien ...

Ja, sie hat wirklich sehr große Probleme mit Nähe und Distanz. Ich habe sie vorher immer beruhigen können, aber dieses Mal hatte ich absolut keine Chance dazu. Ich habe sie noch nie so panisch erlebt wie zu diesem Zeitpunkt. Sie ist tatsächlich nicht in Therapie und möchte das auch nicht machen, das habe ich schonmal angesprochen. Sie möchte alles verdrängen, was ihr je passiert ist. Ich kann ihr nicht helfen und das muss ich akzeptieren. Ich weiß ja auch gar nicht, ob sie sich irgendwann nochmal melden wird, aber von meiner Seite aus wird da denke ich nichts mehr kommen. Ich habe nicht den Drang mich zu melden, aber ich weiß auch nicht so recht, was ich nun tun soll. Sie braucht einfach den Abstand und den gebe ich ihr auch. Hinterherlaufen werde ich keinem Menschen mehr, auch nicht ihr.

04.04.2022 14:50 • x 2 #3


Charla
Zitat von silberpfeil:
Ich habe sie noch nie so panisch erlebt wie zu diesem Zeitpunkt.

Sie ist tatsächlich nicht in Therapie und möchte das auch nicht machen, das habe ich schonmal angesprochen.
Sie möchte alles verdrängen, was ihr je passiert ist.

Mit soviel Nähe, auch körperlich, fühlt sie sich wohl getriggert und steigt aus.
Verdrängen wirkt nicht, es arbeitet innerlich dennoch weiter und verstärkt sich mit jeder neuen Erfahrung. Und sie nimmt es überall mit hin und irgendwann projiziert sie ihre Ängste möglicherweise auch auf andere Situationen, z.B. die Enge/Nähe im Auto, in der Bahn, beim Discounter, etc.
Du kannst jemandem nur helfen wenn er bereit ist Hilfe anzunehmen, deshalb ist deine Liebesmüh vergeblich.

Vermutlich würde ich wahrscheinlich eine Kurznachricht senden, ihr schreiben, dass ich es bedauerlich finde, dass sie mich ausschliesst aus ihrem Leben und ihr alles Gute für ihre Zukunft wünschen.

Traurig wenn man einen Menschen liebgewonnen hat und dieser nicht in der Lage ist dieses zu erwidern, ihre Angst ist stärker.

Viel Kraft und Glück für dich !

04.04.2022 15:08 • x 3 #4


T
LAUF - um deiner selbst willen. Wenn du hier mal quer liest (und ich hatte auch so eine Verdrängerin, die keine Therapie machen wollte, aber Meisterin des Verdrängens war), dann wirst du sehen, wie bekannt dein Problem hier ist.

04.04.2022 15:08 • x 2 #5


silberpfeil
Zitat von Charla:
Mit soviel Nähe, auch körperlich, fühlt sie sich wohl getriggert und steigt aus. Verdrängen wirkt nicht, es arbeitet innerlich dennoch weiter und ...

Sie fühlt sich auf keinen Fall mit dieser Nähe besonders wohl. Sie hat wirklich richtige Angst davor. Und es ist auch wahr, dass man durch das Verdrängen nichts gewinnt und es sogar noch schlimmer macht, als es ist. Wir haben nie so wirklich über unsere Probleme gesprochen, auch wenn ich es versucht habe, aber sie blockt dann immer richtig ab und sagt, dass sie das jetzt nicht besprechen kann. Es tut mir ehrlich so sehr für sie leid und ich habe immer mein Bestes gegeben. Ich kann mir nichts vorwerfen und ich hatte eine Engelsgeduld. Ich hab sie keine Sekunde schlecht behandelt und auf sie geachtet. Aber irgendwann bin ich auch erschöpft und weiß nicht mehr weiter. Wahrscheinlich ist es wirklich das Beste, wenn man getrennte Wege geht in Zukunft. Es tut zwar unfassbar weh, weil ich sie wirklich lieb gewonnen habe und die Chemie zwischen uns extrem spürbar war, aber was soll ich anderes tun? Ich könnte ja nicht einfach so weitermachen als wäre nichts passiert, falls sie irgendwann wiederkommen würde. Ich müsste das aufarbeiten, wozu sie wahrscheinlich nicht in der Lage ist. Und wie du es auch sagst, ich fühle mich wirklich aus ihrem Leben total ausgeschlossen, ich finde das so unfair und es tut einfach nur weh. Ich würde so gerne daran teilnehmen und darf nicht. Bricht mir einfach das Herz. Wahrscheinlich sollte ich wirklich so eine kurze Nachricht schreiben, auch wenn es mir Angst macht.

04.04.2022 15:36 • x 5 #6


WillyWichtig
Es ist so schade, wenn es irgendwelche Gründe gibt, warum etwas nicht geht.
Aber diese Gründe sind nun mal stärker, als die Zuneigung zu Dir.
Und darüber solltest Du vielleicht nachdenken.
Sie kann oder sie will nicht!
Du bist als ihr Partner niemals ihr Therapeut.
Mein Rat:
Hole Dir kein Drama in Dein Leben!

Ich mutmaße mal, dass Du eher das Gegenteil bist?
Also mehr Verlustangst hast als Probleme mit Bindung.
Ist ja leider der Klassiker, die Kombination.

Alles Gute
Willy

04.04.2022 15:44 • x 2 #7


T
Zitat von WillyWichtig:
Sie kann oder sie will nicht!

WILL nicht. wie gesagt, ich kenne das. Wenn sie WOLLEN würde, würde sie zumindest mal einen Therapeuten für ein, zwei probatorische Stunden aufsuchen, also Invest zeigen.

04.04.2022 15:47 • x 3 #8


Charla
Zitat von silberpfeil:
Ich kann mir nichts vorwerfen und ich hatte eine Engelsgeduld.
Ich hab sie keine Sekunde schlecht behandelt und auf sie geachtet.
Aber irgendwann bin ich auch erschöpft und weiß nicht mehr weiter.

Mehr kannst du nicht tun.
Es kostet dich deine Kraft und Nervenstärke, sie müsste den festen Willen haben um für sich selbst - an sich zu arbeiten und den hat sie nicht. So macht es keinen Sinn.

Mir ist all das aus ehemaligen Klinikalltag bekannt, viele haben es sich in ihrer Kompfortzone nichts ändern zu wollen bequem gemacht, während andere, die sich um sie sorgten und kümmerten all ihre Kräfte einsetzten um zu helfen, bis sie selbst nicht mehr konnten.

Deinen Schmerz musst du annehmen, dich gut um dich kümmern, Verständnis und Geduld mit dir haben, langsam wird er weniger und du kannst wieder Zukunftpläne schmieden.

Bis dahin tue dir gut, suche dir gute Freunde, Familie, die dir zur Seite stehen und etwas Ablenkung bieten können.

04.04.2022 15:51 • x 1 #9


T
Zitat von Charla:
Mir ist all das aus ehemaligen Klinikalltag bekannt, viele haben es sich in ihrer Kompfortzone nichts ändern zu wollen bequem gemacht, während andere, die sich um sie sorgten und kümmerten all ihre Kräfte einsetzen um zu helfen, bis sie selbst nicht mehr konnten.

Ich gehörte zu Letzteren. Darum mein Hinweis aufs Laufen. Mittlerweile kann ich mich da jedoch ganz gut abgrenzen, da ich dort Werkzeuge und Gedanken an die Hand bekommen habe, die tatsächlich helfen.

04.04.2022 15:54 • x 1 #10


T
Ach und eines Noch: Charla hat da unbedingt recht! Es gibt wirklich diese Menschen, die sich hinsetzen und sagen: bringt alles nix, kann nicht, will nicht, geht nicht. Davon habe ich einige erlebt. Da sage ich immer gerne: Dann ist dein Leid noch nicht groß genug.

04.04.2022 15:56 • x 5 #11


B
Zitat von silberpfeil:
Ich habe nicht den Drang mich zu melden, aber ich weiß auch nicht so recht, was ich nun tun soll.

Widerspricht sich das nicht? Du verspürst keinen Wunsch nach Kontaktaufnahme. Ist doch gut, macht das Leben in diesem Fall für Dich leichter.
Und was Du tun sollst?
Freu Dich des Lebens, auf den Sommer, auf eine Grillparty mit Freunden, auf den Urlaub.

Die Frau trägt eine schwere Bürde mit sich und weiß, dass sie sich damit jede Beziehung verbaut. Egal, wie perfekt und zugewandt oder auch unabhängig der jeweillge Partner ist - sie empfindet Beziehung als Einschränkung ihrer Freiheit und Selbstständigkeit und hat wahrscheinlich Angst davor sich zu verlieren, sich sozusagen abhanden zu kommen.

Eine Therapie will sich nicht in Angriff nehmen. Das ist ihre freie Entscheidung, bedeutet aber, dass sie weiter in ihrem Dilemma bleibt. Und bei Kindheitstraumen Bindungsängste aufzulösen, ist ein Ding von Jahren und oft genug ein Ding der Unmöglichkeit.
Wenn sie also ihre Entscheidung getroffen hat, dann triff Du Deine. Du bist nicht für sie zuständig und helfen kannst Du ihr sowieso nicht.

Du wirst Dir sicher irgendwann eine unbelastete Beziehung wünschen. Was suchst Du dann bei einem hochkomplizierten Fall, die die Beziehung zumindest immer wieder in Frage stellen würde?

Du brauchst gar nichts zu tun, als sie in ihr selbst gewähltes Leben zu entlassen und selbst ein gutes Leben führen.
Solche Frauen (oder auch Männer) sind hochstressig und meist Energieräuber, weil sie in Beziehungen immer auf IHRE Befindlichkeiten schauen und meist wenig Einfühlungsvermögen in den Partner haben. An erster Stelle stehen sie und ihre Gefühle, die sie dann auch rigoros ausleben. Mal nach Nähe suchend, dann wieder abtauchend und den Partner im Regen stehen lassen, der dann wieder betroffen und ratlos dasteht. Wenn der das mitmacht, kommt es oft zu On-/Off-Beziehungen, die auch nur einem gut tun, dem Bindungsvermeider.

Ablösen und sich selbst schützen, das ist das, was Du tun solltest.

04.04.2022 16:01 • x 5 #12


silberpfeil
Zitat von WillyWichtig:
Es ist so schade, wenn es irgendwelche Gründe gibt, warum etwas nicht geht. Aber diese Gründe sind nun mal stärker, als die Zuneigung zu Dir. Und ...

Da hast du Recht. Ich bin keine Person, die Bindungsprobleme oder große Verlustängste hat. Ich habe aber bemerkt, dass sie Verlustängste aus mir rausgekitzelt hat, irgendwie triggert mich diese ganze Situation extrem. Ich kenn das von mir auch überhaupt nicht.

04.04.2022 16:10 • x 2 #13


silberpfeil
Zitat von Charla:
Mehr kannst du nicht tun. Es kostet dich deine Kraft und Nervenstärke, sie müsste den festen Willen haben um für sich selbst - an sich zu arbeiten ...

Das kommt mir wirklich bekannt vor, was du da ansprichst. Ich kam mir oft sehr kraftlos vor, weil ich viel investiert habe. Ich hab geholfen wo ich nur konnte und habe mich manchmal zurückgestellt und vergessen. Ich konnte auch nie so wirklich meine Probleme ansprechen, da sie dann gesagt hat, dass sie das triggern würde. Und dann meinte sie immer, dass sie nicht gut genug für mich ist und sie sehen muss, wie wieder ein Mensch aus ihrem Leben verschwindet.

04.04.2022 16:13 • x 1 #14


silberpfeil
Zitat von Tin_:
Ach und eines Noch: Charla hat da unbedingt recht! Es gibt wirklich diese Menschen, die sich hinsetzen und sagen: bringt alles nix, kann nicht, will ...

Dann ist das Leid wirklich noch nicht groß genug. Aber irgendwann werden solche Menschen diesen Punkt auch erreichen. Und dann quält sie die Frage "Warum habe ich nicht früher was unternommen dagegen?"

04.04.2022 16:15 • #15


A


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