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Ich habe mich distanziert

T
Ich lese hier zwei Menschen heraus, die sich lieben, einander wollen aber sich gegenseitig nicht gewertschätzt fühlen. Würde dein Freund hier schreiben, würde auch er dir all das in umgekehrter Sicht schreiben. Jeder sieht, was er für den anderen getan hat, was er aber selbst nicht bekommt. Und schon hängt man in der Sackgasse, in der Endlosschleife, im schwarzen Loch. Ihr seht nicht mehr, was um das schwarze Loch herum ist. Der Sonnenschein, die Helligkeit, die vielen Wege, die sich eröffnen. Nein, ihr konzentriert euch nur auf das Schlechte. Und mit diesen kleinen Verletzungen, mit dem Gefühl nicht verstanden zu werden, mit der Erwartungshaltung an den anderen, mit dem Zurückstellen der eigenen Wünsche kam die Unzufriedenheit. Nun heißt es aber, da herauszukommen, nicht nur das schwarze Loch zu sehen, Schritte aufeinander zugehen, kommunizieren, Verbesserungsvorschläge machen, das gemeinsame Lachen wiederfinden, euch selbst wiederfinden.

21.02.2018 10:47 • x 3 #31


Rinah
Hi @tonja,

vielen lieben Dank für Deine Antwort. Ich gebe Dir Recht, er würde das vermutlich gerade ähnlich beschreiben wie ich und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum er sich nicht mehr meldet. Und ja, man neigt in solchen Situationen auch immer dazu, nur zu sehen, was man selbst nicht bekommt. Es ist aber nicht so, dass ich nicht sehe, was er mir gibt, was ich an ihm habe, was er für mich tut etc. All das war ja immer da, hat mir sehr viel gegeben und mich sehr sehr glücklich gemacht. Ich habe mich immer bemüht, ihm das alles irgendwie zurück zu geben und das hat er auch eigentlich immer bestätigt. Er hat mir vor Kurzem noch gesagt, dass er findet, dass er mehr für mich tut als ich für ihn. Daran habe ich ja schon gesehen, dass es ihm ähnlich geht, dass er die Sachen, die ich tue nicht sieht und ich habe ihn gefragt, woraus er das schließt, was fehlt, was ich anders machen kann, was er sich wünscht. Es ist vor allem meine körperliche Distanz, die ihm fehlt. Und natürlich dass ich so eingeschränkt bin. Er sagte mal, er hätte mich gerne für sich alleine.

Umgekehrt sage ich ihm seit Monaten auch, was mir fehlt, was mir auffällt, was sich verändert hat, was mich stört etc. Ich habe daraus nie Dramen gemacht, sondern diese Dinge in unsere Gespräche integriert, wenn er von seinen Problemen sprach, ich habe ihm keine Vorwürfe gemacht, ihm gesagt dass ich daran glaube, dass das auch wieder anders wird. Ich versuche immer so mit ihm umzugehen, wie ich es mir umgekehrt auch wünsche. Ich versuche, seine Probleme zu verstehen, darauf Rücksicht zu nehmen und ihm zu helfen, Lösungen zu finden.
Ich dachte auch, dass ich ihm zeige, dass er toll ist, dass ich ihn liebe. Dass ich nicht nachtragend bin, dass ich für ihn da bin, ihn unterstütze. Er hat mich in den letzten Monaten so oft so respektlos angegangen im Streit, dass ich mich gefragt habe, was ich ihm getan habe. Er sagt aber nie etwas von sich aus, sondern wartet wieder, bis es zuviel ist, und packt dann quasi alles aus. Und das auf eine sehr unschöne Art und Weise. Im Grunde ist das genau der Punkt, warum ich mich wohl unbewusst etwas distanziert habe, was er nun spürt. Ich habe es ihm erklärt, mehrfach, warum ich glaube, dass das so ist. Ich habe ihm gesagt, dass ich das ändern möchte, dass ich verstehen will, woher das kommt, und dass mir das nicht bewusst passiert.

Es geht mir auch nicht um Schuldzuweisungen und Vorwürfe. Wütend bin ich nur darüber, dass er mich so respektlos behandelt hat, als er sauer war. Und das eben mehr als einmal. Alles andere ist über die Zeit so passiert und für mich kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Seine Streitkultur kombiniert mit vielen Kleinigkeiten hinterlassen aber bei mir das Gefühl der Respektlosigkeit und der Selbstverständlichkeit. Ich fühle mich einfach ersetzbar und nicht wichtig, wenn mir jemand sagt, dass ich ihm wegen seiner Probleme den Abend versaue, ihn runterziehe. Das mal so als Beispiel.
Solche Äußerungen waren bei mir wohl Anlass, dass ich mich unbewusst distanziert und weniger investiert habe. Das kommt nun bei ihm an, er spürt es und sagt, er fühlt sich vernachlässigt. Anstatt mir das aber zu sagen, wenn ich ihn Frage, unterstellt er mir, ich hätte keine Lust auf oder keine Zeit für ihn. Ich habe gefragt als ich gespürt habe, das etwas nicht stimmt. Er hat gesagt es wäre nichts. Wie soll man denn so aufeinander zugehen und kommunizieren?
Alles was Du sagst stimmt, und all das was Du sagst würde ich auch gerne genauso umsetzen. Ich frage mich derzeit nur, ob ich mit diesem Wunsch nicht alleine bin.

21.02.2018 13:52 • x 1 #32


A


Ich habe mich distanziert

x 3


T
Liebe Rinah,
danke für deine Rückmeldung
Weißt du, ich war in einer ähnlichen Situation, wie du. Irgendwann habe ich mich auch distanziert und mich nur noch über die Dinge geärgert, darüber sinniert, was eben schlecht ist, was nicht nach meinen Vorstellungen lief, mit welchen Dingen ich verletzt wurde, welche Dinge mich wütend und richtig sauer gemacht haben. Ich habe dann die guten Dinge gar nicht mehr als das was sie waren, wahrgenommen. Die schönen Seiten des Lebens. Sondern ich habe die Schatten in den Vordergrund gerückt. Geholfen hat dann , dass ich bewusst die schönen Seiten vorgekramt habe, mit Bildern, Mails, etc...
Ihr scheint Beide etwas stur zu sein und einer muss den ersten Schritt machen. Ich denke, was ihr jetzt braucht ist Kommunikation. Macht dies auf neutralem Boden - ein Restaurant z.B. Dort sprecht darüber, was ihr toll an der Beziehung findet, was gut gelaufen ist, erinnert euch an die Momente an denen ihr ausgelassen miteinander gelacht habt, wo ihr viel Spaß hattet und dann ergründet, wo ihr euch allein gelassen fühlt, wo jeder Unterstützung gebraucht hätte, wo Verständnis gefehlt hat, was ihr euch vom anderen wünschen würdet. Schaut darauf, ob ihr wirklich auf den anderen eingehen wollt und seine Ansprüche in gewisser Weise nachvollziehen und auch entgegenkommen könnt. Und dann nehmt euch bewusst Zeit für euch Beide - ohne Kumpels, nur ihr Zwei - damit ihr wieder näher an euch ran kommt, damit ihr wieder Nähe zulassen könnt, damit ihr euch wieder findet.

21.02.2018 14:10 • x 2 #33


Rinah
Liebe Tonja,

Deine Worte gehen mir sehr nah. Ja Du hast Recht, wir sind beides Sturköpfe, meist er sogar noch mehr als ich. Mir fällt es gerade nur so unfassbar schwer auf Ihn zuzugehen, weil ich so verletzt bin. Ich finde Deine Lösung vernünftig, vermutlich ist so eine Bestandsaufnahme auch der einzig sinnvolle Weg um zu schauen, was noch ist. Ich habe halt Angst davor. Wahrscheinlich weil ich in letzter Zeit immer wieder dieses Gefühl hatte, dass es ihm nicht um mich geht sondern nur ums nicht alleine sein. Ich werde versuchen diese Angst beiseite zu schieben und ihm soetwas vorschlagen. Ich sehe ja, wie er dann reagiert.
Hab vielen Dank!

21.02.2018 14:35 • #34


T
Möglich wäre alles. Aber wäre er denn wirklich allein (ohne Freunde....) und war er denn nicht vorher allein? Nur aus deinen Beschreibungen habe ich das Gefühl, dass sich gerade jeder von euch Beiden allein gelassen fühlt, nicht verstanden fühlt und das jeder seine Bedürfnisse hat, die er nicht erfüllt sieht aber im Rückblick denkt, man habe die Bedürfnisse des anderen immer versucht zu erfüllen und man selber sei auf der Strecke geblieben. Und so schleicht sich eben das Gefühl der Unzufriedenheit ein, bei Beiden und keiner kann es durch diese Unzufriedenheit mehr auf den anderen wirklich achten.
Ich denke, ein klärendes Gespräch wäre wichtig. Entweder ihr wollt BEIDE wieder aufeinander zugehen, euch beiden eine Basis schaffen, Pläne schmieden und das wir statt dem ich in den Vordergrund stellen oder ihr stellt fest, es funktioniert nicht. Aber es ist besser, wenn du weißt, woran du bist. Alles andere ist verschenkte Lebenszeit.

21.02.2018 14:44 • x 1 #35


Rinah
Nein, er ist nicht ohne Freunde, aber er sieht sie deutlich weniger, unternimmt kaum noch etwas mit ihnen. Das liegt zum einen ebenfalls am Job, zum anderen aber auch daran, dass sie sich unterschiedlich entwickelt haben. Es ist nicht mehr so, wie vor zwei Jahren. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass er sich da sehr auf mich stützt. Früher hat er eben mehr mit den Freunden gemacht. Das kommt nun viel seltener vor. Ich habe ihn aber nie eingeschränkt oder erwartet, dass er sich nach mir richtet. Eigentlich war sogar das Gegenteil der Fall.
Ich fühle mich eigentlich gar nicht so allein gelassen, wenn das so rüber kam muss ich das etwas gerade rücken. Ich fühle mich eher ungeliebt. Ich komme sehr gut alleine zurecht, ich war auch einige Jahre Single und hab da gelernt, auch alleine zufrieden zu sein. Er war aber noch nie alleine. Weder wohnungs- noch beziehungstechnisch.
Ich habe nun ein Treffen vorgeschlagen, mal sehen wie er reagiert. Bin stolz auf mich, Angst und Schatten überwunden

21.02.2018 15:13 • #36


aquarius2
Zitat von Rinah:
Ich fühle mich eigentlich gar nicht so allein gelassen.Ich fühle mich eher ungeliebt. Ich war auch einige Jahre Single und hab da gelernt, auch alleine zufrieden zu sein. Er war aber noch nie alleine. Weder wohnungs- noch beziehungstechnisch.
Ich habe nun ein Treffen vorgeschlagen, mal sehen wie er reagiert. Bin stolz auf mich, Angst und Schatten überwunden


Ich denke du wirst es gut schaffen, falls ihr euch trennt und wenn nicht, muss er sehr an sich arbeiten. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft was auch immer sie dir und ihm bringt.

21.02.2018 15:16 • x 1 #37


T
Oh, das allein gelassen hast du missverstanden. Alleingelasssen in der Beziehung meine ich. Man ist zwar zu zweit, aber fühlt sich in der Beziehung dennoch einsam und allein gelassen mit seinen Sorgen und Problemen, mit seinen Wünschen und Bedürfnissen.
Ich meinte nicht, dass man sich im kompletten Alltag allein fühlt, verlassen fühlt und allein, mit Freunden, dem Kind und dem Job nicht gut zurecht kommt.
Naja, es ändert sich derzeit anscheinend viel in seinem Leben und er weiß nicht so recht, wo die Reise hin geht und sieht dich als Stütze. Nur kannst du nicht permanent nur seine Stütze sein. In einer Partnerschaft muss man sich gegenseitig stützen und aber auch seine Freiräume lassen. Du weißt viel mit deiner Zeit anzufangen, er weniger. Und deshalb erwartete er von dir, dass du verfügbar bist. Er ist jetzt derjenige, der sich allein im Alltag fühlt und er versucht, diese Lücke zu füllen, zu kompensieren. Aber du kannst es nicht leisten und diese Lücke füllen. Das muss er selbst tun, mit neuen Ideen, mit neuen Dingen, die ihn zufrieden stellen, die ihn glücklich machen. Er muss den Fokus ein wenig von dir nehmen und seine Erwartungshaltung ein wenig zurückschrauben, dafür den Fokus auf sich legen um selbst wieder zufriedener zu werden. Du kannst ihn zwar unterstützen, aber seinen Weg muss er finden.
Bin gespannt, was er zum Treffen sagt.

21.02.2018 15:23 • x 1 #38


Rinah
Liebe @aquarius2, vielen Dank für Deine Zuversicht. Ich denke auch, dass ich eine Trennung gut verkraften würde, weil ich einfach verstehe, dass es nicht passt wenn wir da keinen gemeinsam Weg finden und dass wir dann beide einfach nicht glücklich wären. Da kann ich ihn noch soviel lieben wie ich will, wenn er nicht die selbe Bereitschaft zur Beziehungsarbeit hat, macht es einfach keinen Sinn mehr.

@tonja Ohja, das habe ich wohl wirklich falsch verstanden. Im Augenblick ist mir kaum verständlich, wie er sich allein fühlen kann. Wenn dem so ist, macht er das wahrscheinlich von physischem Kontakt abhängig. Was Probleme und Sorgen betrifft, so bin ich immer da und das hat mich auch nie belastet. Ich glaube, dadurch ist er aber auch in vielerlei Hinsicht weiter gekommen. Einfach, weil wir da irgendwie ein wir waren und nicht er alleine.
Was Wünsche und Bedürfnisse angeht, so war das nun so ziemlich das erste Mal, dass er sich, auf eine sehr unschöne Art und Weise, mitgeteilt hat. Er hat zwar immer wieder mal erwähnt, dass es ihm manchmal schwer fällt, dass wir nicht so frei und spontan sind, aber er sagte dann auch eigentlich immer gleichzeitig, dass er das aber in Kauf nimmt weil er mich für außergewöhnlich hält. Es klang für mich immer so, dass es schon okay ist. Nur im Streit wurde das dramatisiert. Und daraufhin habe ich oft gesagt, dass ich Angst habe, ihn eines Tages deswegen zu verlieren.
Du hast da eine gute Formulierung verwendet, er hat erwartet, dass ich verfügbar bin. Wenn es ihm passt, den Eindruck hatte ich letztes Wochenende. Mag sein, dass das aus seiner gefühlten Einsamkeit herrührte. Ich kann dafür sogar noch irgendwo Verständnis aufbringen. Ich bin allerdings der Meinung, dass man das auch einfach ganz normal sagen kann und nicht ausfallend werden muss. Das nimmt einem jegliche Offenheit.

21.02.2018 16:53 • #39


T
Naja, mit dir läuft es anders als mit den Beziehungen vorher. Du hast ein Kind, du trägst Verantwortung und dein Sonnenschein ist ganz klar auf dich und deine Entscheidungen angewiesen. Du kannst nicht eben mal alles hola di hop über den Haufen werfen, total spontan sein, von jetzt auf gleich zu ihm fahren oder mit ihm zusammenziehen. Du hast Verantwortung, bist geerdet und gefestigt in deinem Leben mit dem Kind. Du musst deine Zeit planen und auch teilen. Deine bodenständige Art, dein Verantwortungsgefühl, deine Prioritäten machen dich für ihn unter anderen eben auch zu einer besonderen Frau, aber auf der anderen Seite wünscht er sich wahrscheinlich, dich nicht teilen zu müssen, wünscht sich, dass du immer verfügbar wärst. Aber das geht eben nicht, weil ein kleines Leben noch eine ganz besonders wichtige Rolle in deinem Leben spielt. Kann es vielleicht sein, dass daher Eifersüchtelein herrühren, dass er sich nicht permanent auf Platz 1 sieht, dass er sich zurückgestellt fühlt, obwohl dem gar nicht so zu sein scheint? Und somit versucht er all seine Probleme bei dir abzuladen, versucht permanent Aufmerksamkeit zu bekommen, will sich in den Mittelpunkt drängen und somit versuchen, deine absolute Nummer eins zu werden. Er sieht dich nicht mehr, deine Bedürfnisse nicht mehr, weil er von dir das Gefühl braucht, du kreist um ihn, du bist immer für ihn da, alles was ihn angeht, ist besonders wichtig. Und wenn du für ihn da bist, wie er es erwartet, fühlt er sich wahrscheinlich geliebt. Bist du es aber nicht, fühlt er sich von seinem Platz verdrängt, in den Hintergrund geschoben, vergessen und das wo er doch gerade eine ach so schwere Zeit hat. Du hast es aber auch nicht leicht, nur erkennt er es nicht. Er sieht das Gute nicht, weil er nur damit beschäftigt ist, seinen Rang zu erhalten, Nummer eins zu sein und merkt gar nicht, wie irrsinnig sinnlos das ist, weil er doch seinen Platz hat, den Platz Nummer eins als Mann und Freund für dich. Er scheint sich immer mehr da hineinzusteigern und kommt aus dieser Spirale des Negativen gar nicht mehr heraus. Und seine Unzufriedenheit sich selbst gegenüber lässt er bei dir ab. Er sieht das Schöne gar nicht mehr, er schaut nicht zurück, er erinnert sich nicht. Ich denke wirklich, ihr müsst reden. Reden was ihn bewegt, was dich bewegt, was die Wünsche sind, wie er es sich vorstellt, was er für sich selbst und für euch tun kann. Oder es gibt keine gemeinsame Basis mehr. Du hast viel gegeben, viel ertragen und viel verziehen. Aber jetzt ist er an der Reihe zurückzugeben, zu vertrauen, zu akzeptieren, die Machtkämpfe zu lassen. Wenn er es nicht will oder kann, wird sicherlich die Trennung erfolgen müssen.

21.02.2018 17:20 • x 1 #40


Rinah
Liebe @tonja
Dein Verständnis tut mir gerade unendlich gut. Danke dafür! Und ja, ich hab auch schonmal gedacht, dass er sich vielleicht in Konkurrenz zu meinem Kind sieht, aber dachte, das ist doch völliger Unsinn. Das sind zwei komplett verschiedene Paar Schuhe, wie Gummistiefel und Pumps. Aber vielleicht ist da was dran. Er sagt zwar immer, dass er das ja weiß, mich nur so kennt, dass es in Ordnung ist, dass er verstehen kann, wenn ich weg muss. Aber im Streit heißt es dann immer: ich mache sooooviele Abstriche für Dich, schränke mich ein, ich wünschte manchmal es wäre anders. Ich hab mich schon gefragt, ob er eine Vorstellung davon hat, wieviele Abstriche ich mache? Vermutlich keine, ich reite darauf aber nicht rum. Ich akzeptiere die Situation, wie sie ist und mache das Beste draus. Manchmal könnte ich Kotzen bei dem Spagat den ich gelegentlich vollführe, weil ich egal, in welche Richtung ich mich bewege, ein schlechtes Gewissen bekomme. Ich bringe mein Kind abends zum Übernachten zur Freundin, fahre umgehend zu ihm, bleibe über Nacht. Oder Kind bleibt bei Omi. Irgendwann muss ich halt auch mal wieder nach Hause. In den letzten Wochen, seitdem er an Veränderung in seinem Leben arbeitet, fragte er dann schonmal, ob wir noch in die Stadt wollen, was bummeln, er bräuchte noch dies und das. Natürlich würde ich gerne mit ihm gehen, aber zuhause vermisst mich auch jemand. Das sage ich auch, er sagt, ja ich weiß ja. Da denke ich mir dann: wieso machst Du es mir dann so schwer?
Ich bin monatelang abends zu ihm, morgens dann 60km zu mir nach Hause, Kind für die Schule fertig gemacht um Oma nicht zu sehr zu beanspruchen, Kind in Schulbus einsteigen lassen und wieder 50km zur Arbeit, die fast wieder bei ihm zuhause liegt. Nach der Arbeit zurück, Kind von der Schule geholt, Hausaufgaben, Wäsche, Küche, Katze, Staubsauger, Bad.
Er hatte immer ein schlechtes Gewissen, dass ich dann morgens so früh raus musste und soviel rumgefahren bin. Ich habe das alles freiwillig und gern gemacht. Ich habe die Autofahrten dann sinnvoll genutzt, hatte dort Zeit für mich und Ruhe, konnte nachdenken, mein Puffer. Ich war glücklich etwas Zeit mit ihm zu haben, aber auch meiner Verantwortung nachzukommen. Ich habe immer Kompromisse für uns erdacht, Lösungen gesucht, Tagesplanungen organisiert. Ich komme dann und dann zu Dir, dann fahren wir zur Massa., dann in die Stadt was Essen und dann noch für die Feier mit Freunden einkaufen. Mir macht es nichts aus, und wenn ich ihm damit etwas Last abnehmen konnte, umso schöner für alle. Ich organisiere die Urlaube, die meisten anderen Aktivitäten ebenfalls. Bis vor einigen Wochenenden hat er am Wochenende bis zwölf oder eins geschlafen, dann haben wir gefrühstückt und dann war es meist schon zu spät um noch irgendwas zu machen je nach Jahreszeit. Das macht er so mittlerweile nicht mehr, allerdings bin ich es immer noch gewohnt, ihn am Wochenende erst ab Mittag zu kontaktieren, weil es Jahre lang so war

Ich könnte vermutlich ewig weiter machen Ich hab mich nur gefragt, wann das alles unsichtbar geworden ist und ob sich bei mir ebenfalls eine Betriebsblindheit eingeschlichen hat.

Er fand den Vorschlag miteinander zu reden übrigens gut und hat auch angeboten, dass wir uns dann irgendwo in der Mitte treffen. Wir haben uns für morgen verabredet. Die eingeschränkte Mom hat sogar spontan Zeit...
Spaß bei Seite, eigentlich habe ich ein sehr mulmiges Gefühl. Ich rechne irgendwie damit, dass er nach den paar kontaktlosen Tagen nur noch das schlechte an mir sieht und froh ist, wenn er mich endlich los ist. Bescheuerter Kopf...

21.02.2018 21:47 • #41


T
Guten Morgen
Wow, auch wenn es dir nichts ausmacht, klingt es dennoch anstrengend. Respekt, wie du das alles regelst. Aber ich würde dir auch ein Stopp empfehlen. Dass du ihn in einigen Dingen unterstützt und hilfst, ist selbstverständlich. Aber du solltest ihm nicht alles abnehmen, nicht immer für seine Probleme parat sein, dich nicht immer um ihn so kümmern, nicht immer die Planung übernehmen - du bist nicht seine Mama und er ist ein erwachsener Mann. Beziehung heißt gegenseitiges Geben und Nehmen.
Und natürlich ist auch klar, dass du mit Kind nicht so spontan sein kannst wie er und du eingeschränkt bist. Aber hee, er ist es auch, durch den Job, der ihn so fordert, durch die Dinge die er nicht allein konnte, sondern nur mit deiner Hilfe. Aber du stehst ihm zur Seite. Das solltest du im Gespräch auch anbringen. Ja, du willst nicht darauf herumreiten, du machst es gern. Gern für euch, gern für ihn. Aber er weiß es nicht zu schätzen, weil er es nicht sieht. Um so dringender solltest du es ihm aufzeigen.
Was beim Gespräch herauskommt, hmmm... Ich kann mir fast vorstellen, dass er abwarten wird, was du sagst, wie deine Entscheidung ist, was deine Vorstellungen sind. Zeige ihm die schönen Seiten auf, sage ihm, was dich verletzt, zeige ihm auf, was du auch für ihn tust und frage ihn, was er glaubt, wie ihr wieder zusammenfinden könnt, Verständnis füreinander aufbringen könnt, wie ihr es besser machen könnt. Das wäre mein Rat für das Gespräch.

22.02.2018 09:12 • #42


Rinah
Guten Morgen Tonja,

Dankeschön! Ja, interessanterweise ist es das für mich gar nicht: stressig und anstrengend. Eventuell nehme ich das aber auch nicht so wahr, ich bin gut darin zu planen und zu organisieren, das mache ich ganz gern. Auf der anderen Seite kann ich aber auch gut Fünfe gerade sein lassen. Aber ich habe mir ab und zu auch mal gewünscht, dass er mal was plant. An einmal kann ich mich erinnern, da hat er nicht verraten wohin es geht und wir haben einen Tagesausflug gemacht. Das ist aber schon lange her.

Ja, das Gespräch, im Augenblick bin ich irgendwie nervös deswegen und weiß rational gar nicht warum. Ich möchte ihm erstmal zuhören und seine Sicht der Dinge sehen. Vielleicht gibt es Dinge, die ich nicht wahrgenommen habe. Außerdem ist es glaube ich ein gutes Signal für Ihn, dass es mir tatsächlich um ihn geht und dass er und seine Bedürfnisse mir wichtig sind. Das war eigentlich noch nie anders, anscheinend hat er das aber irgendwann nicht mehr gemerkt. Gut möglich, dass es auch umgekehrt so ist. Ich möchte ihm als Freundin da auch mehr als Beraterin zur Seite stehen, ein offenes Ohr haben und all das, seine Probleme lösen muss er schon selbst. Auch das ist ein Satz, den ich in den letzten Monaten nur allzu oft gesagt habe. Kennst Du das, wenn man etwas sagt und man hat das Gefühl, es dringt gar nicht so beim anderen durch?

Mein Freund ist, wie Du schon erkannt hast, ein sehr sturer Mensch. Ich bin auch schon stur aber er noch etwas mehr. Ich habe Angst, dass ich da erstmal wieder auf Härte, Kälte und Emotionslosigkeit treffe. Ich weiß, warum er so ist, warum es ihm schwer fällt von sich aus über seine Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Trotzdem ist es für mich sehr schwer mich dabei zu öffnen.
Naja, da muss ich eben nochmal über meinen Schatten springen..
Ich danke Dir auf jeden Fall für Deine Ratschläge, sie haben mich sehr zum nachdenken gebracht und ich werde sie heute Abend beherzigen. Im Prinzip hätte ich diesen Rat auch anderen gegeben vermute ich, allerdings ist man sich selbst ja irgendwie immer ein schlechter Lehrer. Danke Dir

22.02.2018 11:51 • #43


T
@Rinah
Einen Rat möchte ich dir gern noch geben. Bleibe bei diesem Gespräch auf Augenhöhe. Nicht nur seine Wunsche und Bedürfnisse sind wichtig, nicht nur er sollte im Mittelpunkt stehen. Formuliere auch deine Wünsche und Bedürfnisse. Das wir sollte im Vordergrund stehen, wie man es schaffen kann, dass sich Beide in der Beziehung wieder wohlfühlen, dass es ein Geben und Nehmen ist, dass Rücksichtnahme wichtig ist, das unbeschwerte Zeiten ohne Vorwürfe mit nur schönen Momenten wichtig sind. Fokussiert euch auf euch zusammen.
Ich hoffe, du wirst berichten, wie das Gespräch ausgegangen ist?

22.02.2018 12:22 • x 1 #44


Rinah
@tonja Also, ich habe auf jeden Fall ja auch das Bedürfnis mich mitzuteilen und mir ist auch sehr daran gelegen, dass er versteht was ich meine. Es ist zwar so, dass ich das alles schon mehrmals gesagt habe, aber vielleicht habe ich nun Aufmerksamkeit, die vorher gefehlt hatte. Das WIR muss wieder da sein.

Und ja klar, ich werde berichten
Ich werde nur dieses mulmige Gefühl nicht los, weil ich der übergewichtige Pinguin war, der das Eis gebrochen hat. Ich denke, wenn ich das nicht getan hätte, hätte er sich nicht mehr gemeldet. Warum denk ich so?

22.02.2018 14:20 • #45


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