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Ist das noch traurig oder bin ich schon depressiv

A
Wie ich an anderer Stelle schon geschrieben habe, hat mir meine Frau vor zwei Monaten mitgeteilt, dass sie sich von mir trennen will. Das war für mich ein großer Schock, weil nichts darauf hindeutete. Wir sind seit über 17 Jahren verheiratet, aber es gab keine Beschwerden von ihr, es gab keine Vorwarnung, kein Gespräch über Dinge, die wir ändern sollten.

Wir leben immer noch zusammen in unserem Haus mit unserem Sohn, weil noch nicht geklärt ist, wer von uns beiden es sich aus finanziellen Gründen leisten kann, in dem Haus wohnen zu bleiben.
Diese Wohnsituation ist natürlich grenzwertig. Ich als Freiberufler arbeite sowieso zu Hause und meine Frau seit Corona auch im Home-Office. Wir gehen beide anständig miteinander um, aber gehen uns natürlich auch viel aus dem Weg.

Mit dieser Situation komme ich mal mehr und mal weniger gut klar. An manchen Tagen haut es mich gefühlsmäßig total um. Dann bin ich unglaublich traurig. An anderen Tagen geht es von der Gefühlslage her erstaunlich gut; manchmal war es sogar eine Woche oder noch länger gut.

Am vergangenen Sonntag hatte ich aber wieder einen emotionalen Tiefpunkt. Es war so eine tiefe Traurigkeit. Sie fühlte sich an, als würde sie nie wieder weg gehen. Am Montag war es auch noch ein bisschen so, aber schon etwas besser. Am Dienstag ging es ganz gut, aber heute ist sie wieder da diese tiefe Traurigkeit. Es ist so eine Schwermut die wie Blei auf mir liegt, so dass ich mich frage, ob das noch Trennungsschmerz und Trennungstrauer ist oder bereits eine Depression.

30.06.2021 13:13 • x 1 #1


Easy68
@altersack dieses Auf und Ab ist bei mir genauso. Ich hatte Depressionen. Es fühlt sich genauso an. Wie sollte es auch anders sein, wenn man vom Menschen den man liebt in die Hölle geschubst wird. Ich weiß auch immer wieder nicht mehr weiter und auf einmal gehts wieder besser. Es ist ein Prozess. Je mehr Druck ich mir mache, diesen zu beschleunigen, desto schmerzhafte ist das alles.
Bei mir sinds jetzt 10 Wochen nach 24 Jahren. Wir haben immer wieder Kontakt, sie hat gestern erst ihren ganzen Kram abgeholt. Bin heute, bis auf wenige lichte Momente, ziemlich am Boden.
Du bist nicht allein.

30.06.2021 13:24 • x 3 #2


A


Ist das noch traurig oder bin ich schon depressiv

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Ampelmännchen
Na Männers,
ich will Euch mal Respekt zollen und den Hut vor Euch ziehen. Nach solch langen Beziehungen mag ich mir nicht vorstellen wie es um mein Seelenleben bestellt wäre. Meine letzte Beziehung ging nicht mal acht Monate und ist nun seit acht Monaten vorbei und ich bin gerade mal seit zwei Wochen so weit auf dem Damm, dass ich an Madame denken kann ohne dass es sich wie ein Tritt in die...ihr wisst schon anfühlt.
Vor vier Wochen hatte ich den Höchstpunkt meines Tiefpunktes erreicht und hätte mich fast eingewiesen weil ich mich bis vor zwei Wochen mit schöner Regelmäßigkeit in den tiefsten Löchern wieder gefunden hatte und mal froh gewesen bin wenn ich drei Tage hintereinander hatte, die gut verliefen.
13 Jahre ist das Längste was ich mit geschrottet habe. Das war auch nicht ohne damals aber so übelst wie zuletzt hat mir noch nichts mitgespielt und ich habe Monate zu lange gewartet in der mich die Spirale immer weiter runtergezogen hat bis ich einsah, dass es vernünftiger ist den Stolz runterzuschlucken weil ich dort alleine nicht mehr rauskomme. Nun scheint´s schlagartig nur noch aufwärts zu gehen.

Ich habe den größten Respekt vor sich trennenden Eltern und Ex-Partnern, die noch gemeinsam in den vertrauten vier Wänden hocken müssen. Seht nur zu, dass ihr euren Exen gegenüber eure Eier behaltet

Ihr verliert sie definitiv nicht wenn ihr euch bei Bedarf Hilfe von Außen holen solltet. Haltet durch und euch wacker.

30.06.2021 15:03 • x 5 #3


Vicky76
Ich habe hier mal eine wunderschöne Geschichte gelesen.........
Pass mal auf!

Stell dir vor, du stehst auf dem Gipfel eines Berges. Das ist der Höhepunkt, vom Schmerz, schlimmer geht nicht.

Jetzt machst du dich auf den Weg, ins schöne grüne Tal.
Dort gibt es Gasthäuser, mit leckerem Essen, saftige Wiesen, netten Dörfer, mit lustigen Festen.........
Die Straße führt aber nicht geradeaus, vom Berg runter, dafür ist er zu steil.
Sie führt, wie ein Kreisel, immer um den Berg herum. Deshalb ist der Weg, natürlich sehr viel länger.

Am Anfang sind die Kreise noch relativ eng und jedes Mal, wenn du einen Kreis geschafft hast, kommst du an einen Schlagbaum, der dir zeigt, wann eine Runde geschafft ist.
Nun, der Schlagbaum, wirft dich leider, nochmal ordentlich zurück, mit der ganzen Trauer und dem ganzen Schmerz.
Am Anfang, deiner Wanderung, gibt es natürlich noch nix Besonderes, nur die Aussicht, auf die vergangene Liebe, aber je weiter deine Reise geht, desto mehr Dinge erlebst du.
Erst ein bisschen Moos, das wunderschön grün leuchtet, verschiedene Steine........du bekommst langsam Hoffnung, nur diese furchtbaren Schlagbäume nerven ungemein und machen dich mürbe. Aber die Runden werden immer größer und der Abstand der Schlagbäume wird immer geringer.
Irgendwann kommen kleine blühende Pflanzen, Insekten, Schmetterlinge........dann Tiere........und dann
stehst du , in einem wunderbaren Wald, siehst einen Bachlauf, mit Fischen und Fröschen.
Die Luft ist frisch und man kann die Natur riechen.

Trauer, Schmerz, Verlust, ist nicht gradlinig.
Es ist , wie beim Kreisel......lang und mühsam
Warum es diese blöden Schlagbäume gibt?
Nun, wenn es überhaupt nicht wehtut, hat man nicht richtig geliebt. Es muss schmerzen.
Und woher soll man wissen , daß man wieder ne Runde geschafft hat.

Es wird besser, ganz bestimmt.
Eines Tages sitzt du im Gasthaus , im wunderschönen Tal ,schaust einfach noch auf den Gipfel, an dem Du mal standest und bist unendlich stolz auf dich.

Bis dahin, gibt es Runde für Runde, Neues zu entdecken, mit blöden, aber sinnvollen Schlagbäumen....

30.06.2021 16:11 • x 13 #4


Nemaj
Hallo altersack,
wenn man wie in deinem Fall nach einer vollzogenen Trennung dennoch weiterhin mit dem Ex-Partner unter einem Dach leben muss, ist das eine enorme Herausforderung und bedeutet gleichzeitig die Verlängerung des Trennungsprozesses. Das Auf und Ab in deiner Gefühlswelt zeigt dir ja, wie schwierig sich so eine Konstellation gestaltet. Da ihr noch zusammenlebt, ist dein Herz verwirrt und weiß nicht so recht, was es glauben soll. Es malt sich aus, dass alles nur eingebildet war, unwirklich ist und sich alles wieder fügen könnte. Das sind dann die Tage, an denen es läuft. An den anderen Tagen regiert dein Verstand, der dir klipp und klar darlegt, wie es wirklich um euch steht. Eine schwierige Zeit.
Und um deine eingangs gestellte Frage zu beantworten: Du befindest dich in einer depressiven Phase/Episode. Es können daraus Depressionen entstehen, wenn du keinen Weg aus dieser schwierigen Lage herausfindest und in der depressiven Stimmung verbleibst. In den meisten Fällen spricht man erst von Depressionen, wenn die Stimmung über zwei Jahre anhält, muss aber natürlich von einem Arzt diagnostiziert werden.
Ich hoffe, dass sich deine Wohnsituation schnell klärt und du endlich mit dem Trennungsprozess beginnen kannst.
LG

01.07.2021 12:53 • x 3 #5


Ampelmännchen
Zitat von Nemaj:
In den meisten Fällen spricht man erst von Depressionen, wenn die Stimmung über zwei Jahre anhält,

Ich las stets und hörte immer, dass mehr als zwei Wochen ausschlaggebend seien.
Haben du dir verschrieben oder ist meiner Einer auf dem Holzweg?

01.07.2021 13:13 • #6


H
@altersack
Weißt du was, Depression sagt sich so leicht. Wie Narzissmus oder dergleichen.

Ich finde, damit würdest du dich selbst pathologisieren. Ist doch völlig angemessen, nach einer Trennung total traurig zu sein, auch länger, auch tieftraurig - es wäre doch schlimm, wenn dir dieses Ende einer langen Beziehung keine Träne wert wäre.

Therapeutische Hilfe kannst du dir ja trotzdem holen, falls es unaushaltbar ist, aber nicht gleich mit der Depressionskeule anfangen, wenn du bislang gar nicht der Typ dafür warst

01.07.2021 13:23 • x 3 #7


Hansl
Zitat von Nemaj:
In den meisten Fällen spricht man erst von Depressionen, wenn die Stimmung über zwei Jahre anhält,

So ein Quatsch.

Zitat von Nemaj:
Du befindest dich in einer depressiven Phase/Episode. Es können daraus Depressionen entstehen, wenn du keinen Weg aus dieser schwierigen Lage herausfindest und in der depressiven Stimmung verbleibst.

Auch Quatsch.
Gefährliche Ferndiagnose.

Zitat von altersack:
Es war so eine tiefe Traurigkeit. Sie fühlte sich an, als würde sie nie wieder weg gehen.


Sollte sich dieses Gefühl so anfühlen wie noch nie bisher, ist das verdächtig.
Wenn es Dich verängstigt auch.
Ist dies nach frühestens zwei Wochen nicht besser, könnte der Gang zum HA Sinn machen.
Lies Dich selbst ein, was eine Depression ausmacht, bevor Du hier womöglich falsch beraten wirst, kommt oft vor.
Es gibt genug Info im Netz.

Depressionen sind heimtückisch, können Dein Denken und die Wahrnehmung negativ beeinflussen.
Manchmal lösen besondere Ereignisse Depressionen oder andere Phänomene aus, die fachlich abgeklärt werden sollten.

Gerade bei Liebeskummer besteht die Gefahr, eine Depression zu übersehen.

Sei achtsam.

01.07.2021 13:25 • x 3 #8


Hansl
Zitat von Heidemarie:
wenn du bislang gar nicht der Typ dafür warst

Leider ist das überhaupt kein Kriterium.
Es kann jeden treffen.

01.07.2021 13:32 • #9


H
Zitat von Hansl:
Leider ist das überhaupt kein Kriterium. Es kann jeden treffen.

Das ist richtig, doch Sprache schafft Bewusstsein und dann bist du schneller in eine Depressionsmaschinerie drin, als du denkst.
Wie gesagt, mein Ansatz wäre erstmal, mir diese wirklich tiefe Traurigkeit zu erlauben und sie auch als völlig angemessen zu empfinden.

01.07.2021 13:51 • x 3 #10


E
Zitat von altersack:
Es war so eine tiefe Traurigkeit.

Meine Therapeutin hat mal gesagt: das ist eine normale Reaktion auf eine unnormale Situation. Ich habe selbst nach der Trennung von meinem ExMann noch mit ihm in einem Haus gewohnt. Das ist emotional die Hölle und ich würde mir stärkere Sorgen machen, wenn Du schreiben würdest, dass es Dir dabei total supi geht.
Ob Du das Gefühl hast, dass Du das alleine bewältigen kannst, oder ob Du lieber professionelle Hilfe in Anspruch nimmst, ist allein Deine Entscheidung. Ob man Deinen Zustand jetzt als Depression oder Trauer um die Trennung bezeichnet, ist da doch zweitrangig - Hauptsache, Du findest die Unterstützung und den Weg, der zu Dir passt.

01.07.2021 13:53 • x 2 #11


Hansl
Zitat von Heidemarie:
doch Sprache schafft Bewusstsein und dann bist du schneller in eine Depressionsmaschinerie drin, als du denkst.

Ja, in der Tat.
Aber auch heraussen ist man schnell.

Zitat von Heidemarie:
Wie gesagt, mein Ansatz wäre erstmal, mir diese wirklich tiefe Traurigkeit zu erlauben und sie auch als völlig angemessen zu empfinden.


Natürlich kann tiefe Trauer noch zum normalen Reportoir gehören.
Trauer und Depression sind zwei unterschiedliche paar Stiefel.

Die Depression greift stark in das Selbstbild ein, die Wahrnehmung.
Während selbst tiefe Trauer dsbzgl keine Störungen bewirkt.

01.07.2021 14:00 • x 2 #12


Nemaj
Zitat von Ampelmännchen:
Ich las stets und hörte immer, dass mehr als zwei Wochen ausschlaggebend seien. Haben du dir verschrieben oder ist meiner Einer auf dem Holzweg?

Bei zwei Wochen andauernder Traurigkeit spricht man erst einmal von depressiven Episoden.
Ich steckte in einer mittelschweren fest.
Erst wenn man sehr lange darin gesteckt, kann eine Depression diagnostiziert werden. Das aber bezogen auf Trennungsgeschichten bzw. auf die Verarbeitung eines Todesfalles.

01.07.2021 14:05 • x 1 #13


H
Zitat von Hansl:
Ja, in der Tat. Aber auch heraussen ist man schnell. Natürlich kann tiefe Trauer noch zum normalen Reportoir gehören. Trauer und Depression sind zwei unterschiedliche paar Stiefel. Die Depression greift stark in das Selbstbild ein, die Wahrnehmung. Während selbst tiefe Trauer dsbzgl keine Störungen bewirkt. ...

Und das muss er selbst beantworten, was ist noch möglich, was nicht. Geht aufstehen, waschen, essen usw.

Das Zusammenleben im ehemaligen Familienhaus ist sehr zehrend, das darf auch nicht unterschätzt werden.

Also Achtsamkeit, aber noch keine frühzeitige Selbstdiagnose, so würde ich das sehen

01.07.2021 14:07 • x 3 #14


U
Zitat von Vicky76:
Trauer, Schmerz, Verlust, ist nicht gradlinig.
Es ist , wie beim Kreisel......lang und mühsam
Warum es diese blöden Schlagbäume gibt?
Nun, wenn es überhaupt nicht wehtut, hat man nicht richtig geliebt. Es muss schmerzen.
Und woher soll man wissen , daß man wieder ne Runde geschafft hat.

Sehr schön geschrieben Vicky

01.07.2021 14:11 • x 1 #15


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