Ich finde es schon erstaunlich, daß es bei solchen etwas außergewöhnlichen Liebesgeschichten zu moralischen Entrüstungen kommt - und frage mich, ob solche Entrüsteten auch ein gleichermaßen moralisches Empfinden an den Tag legen, wenn sie daran denken, daß auf dieser Welt täglich Kinder verhungern oder sonstwie elendiglich krepieren, wenn sie daran denken, was sich tagtäglich allerorten Menschen gegenseitig antun, wenn sie daran denken, daß schon kleinste Kinder in irgendwelchen staatlichen Einrichtungen deponiert werden wie Lagerware und das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit und Vertrauen niemals erfahren und niemals entwickeln, wenn sie daran denken, wie der Mensch mit Tieren umgeht ...? Ich fürchte, das verursacht ihnen nicht einmal ein moralisches Lidzucken, nicht zuletzt deshalb, weil man sich ansonsten ja selber an den Pranger stellen müßte (und dort will man immer nur die anderen sehen, die Bösen, aber nie sich selber), und soviel an Moral und Anstand kann man ja nun auch wieder nicht gebrauchen.
Aber sobald es um das Schlimmste überhaupt, also um S., geht, schreit die Moral, diese wackere und unentwegte Kämpferin gegen die eigenen Triebe, laut auf.
War Gewalt im Spiel, Zwang, massive Manipulation, sonst eine Bösartigkeit, wurde jemandem geschadet? Ich zumindest habe davon nichts gelesen.
Im übrigen: Bei uns (in Österreich) hat es vor einigen Jahren einen Fall gegeben, bei dem sich eine damals rund 40jährige Frau und ein noch nicht ganz 14jähriger Junge verliebt haben (14 Jahre ist bei uns die Legalitätsgrenze). Die Frau wurde daraufhin verurteilt und landete im Gefängnis. Danach kamen die beiden wieder zusammen (da war der Junge dann schon älter als 14), haben später geheiratet und haben mittlerweile ein Kind zusammen. Also hatten letztlich alle etwas davon, auch der Staat, die Medien und die Entrüsteten.
Allerdings gibt es doch einen beträchtlichen Unterschied, ob es sich hier um eine Frau oder einen Mann handelt. Denn es ist nun einmal so, daß Männer wesentlich mehr dazu neigen, tatsächlich nur S. zu wollen, und sich gleich oder bald wieder verabschieden, wenn sie ihr Ziel erreicht haben, also die Schwärmerei eines Mädchens einfach ausnützen (auch hier gibt es natürlich Ausnahmen). Und das ist doch etwas anderes als wenn sich Menschen deutlich unterschiedlichen Alters ineinander verlieben. Wenn es um Liebe geht, dann sollte die Moral besser schweigen, auch die verkorksteste, weil sie sonst letztlich gegen sich selber argumentiert.
Und würde man schon meinen, man müßte Liebe und S. mit geistig-seelischer Reife verknüpfen und hier eine Grenze zwischen Sein und Nicht-Sein (dürfen) ziehen, dann müßten wohl sehr viele in stiller Enthaltsamkeit leben, weil hier nicht wenige ihr ganzes Leben lang nicht über einen Kindskopflevel hinauskommen.
LG
10.11.2014 05:07 •
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