Kontakte knüpfen im Forum hilfreich oder gefährlich?

Für mich ist das Knüpfen von Kontakten im Forum weder eindeutig hilfreich noch eindeutig gefährlich. Meine Erfahrungen sind unterschiedlich. In der dunkelsten Zeit meines Lebens habe ich hier im Forum meine heutige beste Freundin kennengelernt. Wir verstehen uns bis heute großartig, treffen uns ein paar Mal im Jahr und sind inzwischen seit über zehn Jahren befreundet. Verbunden hat uns damals unser gemeinsames Hobby, das Motorradfahren. Wir haben uns schon nach kurzer Zeit persönlich getroffen und waren zusammen auf einer Messe. Rückblickend war es mutig von ihr, einfach in mein Auto zu steigen, obwohl sie mich nur aus dem Forum kannte. Wahrscheinlich hätte ich das selbst nicht gemacht. Umso mehr schätze ich diese Freundschaft.

Ich bin auch in einem Motorradforum unterwegs, und dort finde ich persönliche Treffen ganz selbstverständlich, weil das gemeinsame Hobby automatisch Nähe schafft. Hier im Forum ist das für mich anders. Ich war zweimal bei einem Treffen und die Menschen waren dort waren jeweils alle toll. Trotzdem habe ich beschlossen, künftig nicht mehr teilzunehmen. Das liegt nicht daran, dass ich jemanden unsympathisch finden würde, sondern daran, dass hier oft sehr persönliche und intime Themen geteilt werden. Ich merke, dass ich offener schreiben kann, wenn ich die Menschen hinter den Nicknamen nicht persönlich kenne.

Gleichzeitig habe ich eine starke innere Ambivalenz. Mit manchen schreibe ich häufiger, und dabei entsteht automatisch bei mir eine emotionale Verbindung. Wenn ich dann höre, dass genau diese Personen an einem Treffen teilnehmen, reizt es mich sehr, hinzugehen. Aber genau dann frage ich mich, wie es danach wäre. Würde ich weiterhin so frei schreiben können wie vorher? Oder würde mich das Wissen um die reale Person im Hintergrund hemmen? Diese Unsicherheit ist für mich entscheidend. Neulich gab es zwei Treffen in Köln, und ich hätte tatsächlich fast nachgegeben. Zum Glück war ich an beiden Tagen schon verplant, sonst wäre es für mich eine echte Versuchung gewesen.

Trotz allem habe ich auch erlebt, dass man – wie im echten Leben – Menschen trifft, die man nur einmal sieht und gut ist. Für mich sind Forumskontakte am Ende genauso vielfältig wie Kontakte im Alltag. Sie können bereichern, enttäuschen oder etwas ganz Besonderes werden. Wichtig ist für mich, dass ich bei mir bleibe und mich so bewege, wie es sich für mich stimmig anfühlt.
Mit den besten Grüßen aus dem Rheinland.

Zitat von Rheinländer:

Für mich ist das Knüpfen von Kontakten im Forum weder eindeutig hilfreich noch eindeutig gefährlich. Meine Erfahrungen sind unterschiedlich. In ...

Hallo nach Kölle,
übrigens die Stadt in Deutschland, die meiner Meinung nach in Sachen Ambivalenz nicht zu schlagen ist. Ich bin dort, obwohl knapp 280 km entfernt, sehr oft. Hat bei mir erst über den Fußball begonnen, dann wurde es Liebe zur Stadt und den Menschen und inzwischen eine Hassliebe. Ambivalenz halt.

Ich kann deine Worte sehr gut nachvollziehen. Danke dafür.

Grüße in die Stadt mit K.!

Zitat von Hagen_Rether:

Hallo nach Kölle,
übrigens die Stadt in Deutschland, die meiner Meinung nach in Sachen Ambivalenz nicht zu schlagen ist.

Würde mich wirklich interessieren, wie du das meinst.

Zitat von Rheinländer:

Würde mich wirklich interessieren, wie du das meinst.

Köln und Kölner differieren wie kaum einanderer Menschenschlag in Deutschland was das Thema Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung betrifft. Auch an sich ist man immer ambivalent. Man liebt sich selbst, das kölsche Jeföhl, die Toleranz, die manchmal aber auch mit Gleichgültigkeit verwechselt werden kann und für den Optimismus. Gleichzeitig hasst man die Kölsche Mentalität, wenn wieder geklüngelt wurde, deshalb Archive einstürzen, die Nord Süd Trasse ewig Probleme macht oder die Oper Milliarden verschlingt, während man für den Effzeh keine Möglichkeiten hat, weil die Grünen oder wahlweise die CDU ihre Fahnen in den Wind halten. Man kokettiert damit, die schönste Stadt Deutschlands zu sein, obwohl man sehr genau weiß, dass Köln fast alles der einstigen Schönheit vor dem 2. WELTKRIEG eingebüßt hat. Man hasst und liebt sich für die eigene Mentalität, denn sie ist Fluch und Segen zugleich. Der 1.FC Köln war kein Publikumsmagnet als er führend war in Deutschland, überhaupt nicht. Die Herzen flogen ihm erst zu und machten ihn zum heute 9.größten Fußballverein der Welt, nachdem der sportliche Abstieg begann. Aus dem ehemals besten Verein Deutschlands wurde ein nun offiziell eingetragener Karnevalsverein, der jedes Jahr zur Saison Punkte liegen lässt, weil, egal wer gerade die Verantwortung hat im Club, auch die Profis feiern und saufen gehen. Das ist der Effzeh, das ist Köln. Eine Hassliebe für mich. Fluch und Segen. Und man kommt nicht davon weg.

Danke, dass hast du sehr schön geschrieben und ich finde mich in einigen Punkten wieder.
Köln ist einfach Spitze. Hier geboren, hier zur Schule gegangen, hier studiert und hier gearbeitet.