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Neuanfang im Nirgendwo

F
Hallo,

ich würde mich gerne hier mit Menschen austauschen, die aufgrund ihrer Vergangenheit und ihres Umfeldes weggezogen sind. Natürlich muss nicht immer eine Trennung der Grund dafür sein.

Mir ist aufgefallen, dass ich Menschen bewundere, die weit von ihrer Heimat weggezogen sind, um woanders ganz neu anzufangen. Meine Kollegin zB kommt aus dem Osten und wohnt jetzt hier in NRW.

Manchmal wünschte ich, ich könnte das auch.
Es birgt einerseits Vorteile, andererseits weiß ich nicht ob es gut ist in einer Gegend neu anzufangen, zu der man keinerlei Bezug hat.
Andererseits, wie wichtig kann das sein, wenn man ja aus genau diesen Gründen (negative Erinnerungen etc) weg will, weil man ja schon sein ganzes Leben fast am gleichen Ort ist.

Gerade lese ich auch einen Roman, in dem die Hauptprotagonistin nach einem traumatischen Erlebnis ebenfalls weit gezogen ist, um alles hinter sich zu lassen. Und ich habe festgestellt, dass diese Figur genau meine Gefühle widerspiegelt.

04.06.2020 12:25 • #1


Kummerkasten007
Umziehen, um wegzulaufen?

Oder umziehen, weil es bessere Alternativen wie Job, Immobilie etc gibt?

04.06.2020 12:29 • #2


A


Neuanfang im Nirgendwo

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F
Hallo Kummerkasten,

Zitat:
Oder umziehen, weil es bessere Alternativen wie Job, Immobilie etc gibt?


Man kann wahrscheinlich überall einen Ort finden, der auf welche Art und Weise besser ist als der, an dem man seit Jahren lebt.
Könnte ich jetzt nach Berlin ziehen, wenn mir jemand dort eine Immobilie schenkt? Nein, weil ich die Stadt schlicht nicht mag.

Ich habe mich immer gefragt wie Leute es schaffen nur aufgrund solcher Voraussetzungen ihren Wohnort zu wechseln, wenn alles Finanzielle stimmt. Das könnte ich nie. Das war ja das was ich eingangs schrieb.
Wo ist der Bezug zu der Umgebung?
Kann ein Mensch überall zu hause sein? Das mag für andere vielleicht so sein.

04.06.2020 12:35 • #3


AD46
Ich bin vor 9 Jahren ebenfalls aus dem Osten nach NRW gezogen, für den den Mann, der mich jetzt vor einem guten halben Jahr für eine andere Frau verlassen hat. Wir hatten zum Zeitpunkt meines Umzuges schon 7 Jahre eine Fernbeziehung und unser erstes Kind war auch schon da. Umgezogen bin ich damals aber erst, nachdem ich hier einen Job gefunden hatte.
Einiges war schwierig, aber ich bereue es nicht, auch jetzt nicht nach der Trennung. Zurück zieht mich gar nichts mehr. Ich fühle mich hier wohl und habe keine Ambitionen wieder wegzuziehen.

04.06.2020 14:17 • x 1 #4


K
Ich hatte eine Phase im Leben, in der ich weg gewollt hätte. Einfach um neue Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, ob ich woanders der gleiche Mensch bin wie hier. Ob ich genauso anerkannt und gewertschätzt werde oder ob es nicht eher hier ein früherer Ruf ist, von dem ich lebe und dem ich lange nicht mehr gerecht werden kann. Das hätte sich vor allem auf das Berufliche bezogen.

Privat hätte ich einfach gern gewusst, wie ich mich schlage, wenn ich gezwungen bin, mir eine neue Infrastruktur aufzubauen.

Meine Kompetenzen und Qualifikationen sind leider nur in der Heimat gefragt, so dass ich woanders als ungelernte hätte arbeiten müssen. Meinen sicheren Job aufzugeben, war es mir dann doch nicht wert. Aber die Frage ist ja auch: wie wichtig ist einem Materielles. In großer materieller Bescheidenheit aufgewachsen, möchte ich auf meinen Wohlstand nicht freiwillig verzichten müssen.

04.06.2020 14:25 • #5


N
Wie heißt denn das Buch? Klingt interessant. Ich stecke genau in solch einer Situation. Ich könnte JETZT alles hinter mir lassen, weiß aber nicht, ob das gut ist...

04.06.2020 21:38 • x 1 #6


A
Zitat von Fragende85:
in dem die Hauptprotagonistin nach einem traumatischen Erlebnis ebenfalls weit gezogen ist, um alles hinter sich zu lassen.

Egal wo du hingehst, du nimmst alles mit!

04.06.2020 21:59 • #7


G
Hallo TE

Vor 17 Jahren hat sich mein Ex Mann, ca 1.5 Jahre nach der Hochzeit, von mir getrennt. Warum? Weiss ich bis heute nicht. Hab auch nie mehr gefragt. 2 Jahre ging es mir hundsmiserabel. Hab gesoffen, Party gemacht usw. als gäbs kein Morgen mehr.

Dann kam irgendwann das Gefühl, ich muss hier weg! Alles hier erdrückt mich.
Also hab ich mich wahllos, überall in D auf Stellen beworben und habe letztendlich eine Stelle am Bodensee gefunden. Am Tag meiner Scheidung bin ich direkt vom Gericht aus an den Bodensee gefahren und hab den Vertrag unterschrieben.

Bei der Wohnungssuche, habe ich mir nicht nur Inserate aus D angeschaut, sondern auch aus der CH. Dort habe ich dann eine schöne Wohnung gefunden.

War erstmal ungewöhnlich, als deutsche in D zu arbeiten und in der CH zu wohnen. Aber es hat funktioniert...nach langem hin und her mit dem Migrationsamt.

Ich bin also am 04.01.2007 in die CH ausgewandert. Hab gearbeitet und mich mit der Umgebung und den Menschen vertraut gemacht. Neuen Partner gefunden und und und...mir ging es gut. Ich habe nichts vermisst.

Mittlerweile lebe ich seit 11 Jahren in Zürich, habe da einen super Job, meine Hobbys und Freunde und bin gut integriert.

Wenn ich meine Heimat und Familie sehen will, muss ich nur 400km fahren. Aber das wird auch immer seltener, weil ich mich hier heimisch fühle.

Ich habe es nie bereut!

Alles Gute

04.06.2020 22:03 • x 5 #8


Catalina
Zitat von Fragende85:
Es birgt einerseits Vorteile, andererseits weiß ich nicht ob es gut ist in einer Gegend neu anzufangen, zu der man keinerlei Bezug hat.

Naja, wenn man wirklich plant, sich anderswo ein neues Leben aufzubauen, sucht man sich ja normalerweise einen Ort oder eine Stadt, die man mag, wo man sich vorstellen kann zu leben. Jetzt nur rein aus sachlichen Gründen irgendwohin zu ziehen, wo man sich nicht wohlfühlt, stelle ich mir schwierig vor. Was bringen mir ein toller Job und Kohle, wenn ich ansonsten das Gefühl habe, am völlig falschen Ort zu sein?

Als ich vor anderthalb Jahren zu meinem LG in seine Stadt gezogen bin, war es für mich wichtig, dass ich die Stadt - auch völlig unabhängig von ihm - mag. Denn bei aller Liebe würde ich nicht dauerhaft an einem Ort leben wollen, der mir so gar nicht zusagt.

Zitat von KBR:
Privat hätte ich einfach gern gewusst, wie ich mich schlage, wenn ich gezwungen bin, mir eine neue Infrastruktur aufzubauen.

Das ist auch für mich momentan eine spannende Erfahrung. Ich wohne zum ersten Mal in meinem Leben weiter als ein paar Kilometer von meiner Heimat entfernt, war und bin dort auch sehr verwurzelt. Trotzdem fühle ich mich hier wohl und fange an, auch hier Wurzeln zu schlagen. Und die Infrastruktur entwickelt sich mit der Zeit von selbst. Klar, die ersten Monate waren schon mal schwierig, aber Heimweh hatte ich trotz allem nie.

05.06.2020 13:40 • x 3 #9


Ayaka
ich bin vor fast 4 Jahren von Österreich nach Niedersachsen gezogen - wegen meines Partners aber ich wollte auch aus der Stadt raus, wollte ein ruhigeres Leben , grün um mich

ich denke wichtig ist es sich mal alles live anzusehen und reinzuspüren ob du dich dort auch wohlfühlen kannst - ich denke eine Flucht bringt nur Frust mich sich - man braucht Kraft und Zuversicht um sich ein neues Leben aufzubauen - das kommt nicht von selbst - da muss schon auch eine positive Motivation dahinter sein damit es klappt mit den neuen Wurzeln.

05.06.2020 23:13 • #10


F
Guten Morgen und danke für eure Antworten,

hier wurde nach dem Buch gefragt, es ist Das Schattenhaus von Tess Gerritsen.

Die Erfahrungen, die hier teilweise beschrieben wurden, finde ich krass.
@ Gast54321: Es wäre für mich ein Schock gewesen, wenn mein Partner mich ohne Erklärung verlassen hätte. Sehr wahrscheinlich hätte ich in dem Fall auch weit weg ziehen müssen.

Es ist nach wie vor eine schwierige Entscheidung.
Ich glaube, dass man es bereuen wird, wenn man es nicht macht. Dass man sich in 10 oder 20 Jahren fragen wird, ja, wieso hast du es damals nicht gemacht, als du noch mehr Kraft hattest?

@ Ayaka: Was du geschrieben finde ich am wichtigsten und ist auch wieder ein gutes Beispiel dafür was ich meine: Wenn ich zu meinem Partner ziehe, soll ich dann auch den Lebensmittelpunkt mit berücksichtigen? Denn was nützt es mir, wenn ich täglich mit dem Partner zusammen bin und mich in der Umgebung nicht wohlfühle.

Ich denke ich bin aktuell einfach noch zu ängstlich um meine Gedanken in die Tat umzusetzen bzw. vielleicht ist der Leidensdruck auch noch nicht hoch genug. Was mich zu der Frage führt, was alles passieren müsste damit so ein Leidensdruck immer größer wird. In meinem Job bin ich seit ca. 13 Jahren und zufrieden über meine finanzielle Situation. Es ist nicht mein Traumjob, aber als ich jünger war, wollte ich den Beruf unbedingt ergreifen. Was ist aber, wenn einem im Laufe des Lebens einfällt, dass man nicht mehr 100% glücklich damit ist. Was nützt mir das Wissen um die Unzufriedenheit, wenn man keinerlei Ahnung hat was man stattdessen machen könnte. Ich verdiene gutes Geld für mich und für mein Auskommen ist gesorgt. Aber ich ertappe ich in den letzten 2 Jahren dabei, dass ich wahrscheinlich eher erleichtert wäre, wenn man uns allen kündigen würde, da ich dann frei wäre und man mir so die Entscheidung abgenommen hat irgendwo anders ein neues Leben zu beginnen.

Sorry für den langen Text, es sind einfach nur meine Gedanken.

06.06.2020 12:51 • x 1 #11


Catalina
Zitat von Fragende85:
Aber ich ertappe ich in den letzten 2 Jahren dabei, dass ich wahrscheinlich eher erleichtert wäre, wenn man uns allen kündigen würde, da ich dann frei wäre und man mir so die Entscheidung abgenommen hat irgendwo anders ein neues Leben zu beginnen.

Klingt ein bisschen, als hättest du Angst, eine Entscheidung zu treffen und die Verantwortung zu übernehmen, falls sich die Entscheidung als Fehler rausstellen sollte. Aber man weiß ja nie vorher, ob eine Entscheidung richtig ist oder nicht, das merkt man erst im Laufe der Zeit.

Ich finde es allerdings gar nicht so schlimm auch mal was Falsches zu entscheiden, denn daraus kann man wieder einiges über sich selbst lernen. Schlimmer ist es, ewig zu verharren und gar nix zu entscheiden, während das Leben an einem vorbeizieht.

06.06.2020 16:00 • x 2 #12


Ayaka
Zitat von Fragende85:
@ Ayaka: Was du geschrieben finde ich am wichtigsten und ist auch wieder ein gutes Beispiel dafür was ich meine: Wenn ich zu meinem Partner ziehe, soll ich dann auch den Lebensmittelpunkt mit berücksichtigen? Denn was nützt es mir, wenn ich täglich mit dem Partner zusammen bin und mich in der Umgebung nicht wohlfühle. ...


Natürlich - du kannst ja nicht NUR wegen des Partners umziehen - dein Leben ist doch mehr als Partnerschaft - und letztendlich muss man auch damit kalkulieren, dass die Beziehung in die Brüche geht - idealerweise zieht man nur an einen Ort an dem man sich auch das Leben ohne den Partner vorstellen kann - wie du hier ja lesen kannst gibt es hier keine Garantie

bin voll bei @Catalina irgendwann muss man eben auch den Mut haben und es versuchen - oder man lässt es - grübeln und nur zögern macht dich auch nicht glücklicher

06.06.2020 17:08 • x 2 #13


E-Claire
Also ich habe das gemacht. Ich bin Ende 2006 gegangen.

Eine Re-bound Beziehung war gerade zu Ende gegangen, um das Ende einer anderen Beziehung trauerte ich noch sehr. Alles, was ich studiumsmäßig zu erreichen gehabt hätte, hatte ich, wenn auch nicht glamourös aber geschafft und die Perspektiven, die ich mir beruflich aufgebaut hatte, fielen eine nach der anderen in sich zusammen.

Selbst die WG, in der ich damals wohnte, löste sich auf.

Alle um mich herum erwarteten Lösungen und einen neuen Plan, der natürlich am besten mit dem übereinsprechend sollte, was die so für ein Bild von mir hatten oder deren Idee von mir.

Zudem Zeitpunkt hatte ich nicht nur ein gutes Abi hingelegt, war selbstverständlich im Ausland gewesen und hatte ein Studium absolviert, was recht anspruchsvoll und für mich ziemlich hart war und mir fiel auf, daß das nie aufhört. In der Schule heißt es, du brauchst dieses oder jenes Abi, dann was macht man vor dem Studium, dann was studiert man und schließlich, tja ne warum promovierst du nicht...

Und bei der Frage und auch der Geschichte, jetzt brauchst du nen Job, war bei mir irgendwie Schluß. Ich glaube, daß ich damals zum ersten Mal wirklich das Konstrukt von Regelkonformität hinterfragt habe.
In dem Haushalt, in dem ich groß geworden bin, galt die Vorstellung, daß es einen richtigen Weg gibt. Schlägt man den ein, stellt sich der gewünschte Erfolg ein. Und wenn dieser sich nicht einstellt, hat man selbst halt nicht hart genug gearbeitet.

Ich war 27/28 Jahre hatte mich durch zwei Staatsexamina gequält und mich an ebenfalls zwei sehr ernsthaften Beziehungen versucht und die Staatsexamina habe ich hinbekommen, die Beziehungen gingen schief. Ich war ausgebrannt.

Ich hatte das Gefühl, daß ich weder wußte, was ich will, noch in irgendeiner Form etwas beizutragen hätte.

Zeit für einen Plottwist:
ich bin nicht ausgewandert mit der Idee, ich wandere aus, sondern ich bin ursprünglich für 3-5 Monate in eine andere Stadt gegangen, weil ich einen Tapetenwechsel brauchte. All das, was danach kam, hat sich mit der Zeit entwickelt.

Du arbeitest schon so lange in dem Unternehmen, gehe doch mal hin und frag, ob die sich vorstellen könnten, mit Dir ein Sabbatical zu vereinbaren. 3-4 Monate reichen ja schon, dann mietest Du Dir ein Mini-Apartment in Paris, Berlin, Stockholm oder machst eine Südostasienreise durch ein paar Länder.


Zitat von Fragende85:
Mir ist aufgefallen, dass ich Menschen bewundere, die weit von ihrer Heimat weggezogen sind, um woanders ganz neu anzufangen. (...)

Manchmal wünschte ich, ich könnte das auch.
Es birgt einerseits Vorteile, andererseits weiß ich nicht ob es gut ist in einer Gegend neu anzufangen, zu der man keinerlei Bezug hat.
Andererseits, wie wichtig kann das sein, wenn man ja aus genau diesen Gründen (negative Erinnerungen etc) weg will, weil man ja schon sein ganzes Leben fast am gleichen Ort ist.


Du übersiehst eins, wenn Du mal woanders hingehst, weißt (!) Du hinterher, ob du jemand bist, der sehr, sehr gerne in der ursprünglichen Region bleibt. Du vergißt auch, wenn man mal etwas anderes macht, dann kostet das zwar Mut, aber man lernt so viel neues kennen.
Ich habe erst durchs weggehen, den Job gefunden, den ich wirklich machen will.

Weißt Du, ich kenne einige, die haben hinterher gesagt, es war nicht die richtige Entscheidung (vielleicht auch würde ich nicht noch mal machen) und ich kenne auch einige, die sagen, es war die beste Entscheidung meines Lebens, ich allerdings kenne niemanden, der den Weggang und das damit verbundene Ausprobieren bereut hätte.

Viel Glück

07.06.2020 17:12 • x 2 #14


Nele92
Ich bin umgezogen, weil ich mich in meinem alten Leben nie akzeptiert gefühlt habe. Meine Familie konnte mich nie akzeptieren, ich gehörte nie irgendwo dazu. Daher habe ich mich schlecht und klein gefühlt. Ich musste für mich neu anfangen und das habe ich getan. Neuer Ort, neue Freunde, neues Leben. Jetzt bin ich ich und mein altes Leben kann mich mal.

07.06.2020 21:54 • x 1 #15


A


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