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Schlechter Mensch

B
Hallo, ich bin neu hier im Forum, weil ich nur eine Freundin habe, der ich die Ohren schon so voll gejammert habe, dass ich mir etwas anderes einfallen lassen muss. Ich hoffe, dass sich hier jemand findet, der vielleicht was ähnliches erlebt hat.
Ich war 8 Jahre mit meinem ersten Freund zusammen, im Dezember habe ich mich getrennt, weil ich erfahren habe, dass er mich immer wieder belogen hat. Vor allem wegen Kleinigkeiten, ich glaube nicht, dass er mich betrogen hat. Die meisten Lügen waren aus Selbstschutz bzw auch aus Schutz um mich nicht zu verletzen.
Jedenfalls war ich durch diese Erkenntnis so verletzt, dass ich in ein tiefes Loch gefallen bin und ihn tagelang nur beschimpft habe, mit Dingen, die über die ich nicht mal mehr nachdenken möchte. Ich hab ihn eingeredet, dass er ein schlechter Mensch ist, was er jetzt auch glaubt und sich daher auch in Therapie befindet. Er ist vor mir auf den Boden gefallen und hat mich angefleht, ihn nicht alleine zu lassen und trotzdem hab ich ihn beschimpft und bin weggegangen.
Die letzten Monate hat er sich trotzdem bemüht mich zurückzuerobern. Er hat sich so oft entschuldigt (was ich ihm nicht glauben konnte) und mir sogar einen Heiratsantrag gemacht, um mich nicht zu verlieren. Bin zu dem Moment als er eine Kollegin kennenlernte, mit der er sich gut versteht.
Jedenfalls wurde mir erst durch das, also durch den endgültigen Verlust klar, was ich ihm im Laufe unserer Beziehung alles angetan habe. Ich habe ihn sehr oft mit Liebesentzug bestraft, ich hab ihm seine Fehler oft unter die Nase gerieben und meine eigenen nie eingesehen. Er war so gutmütig, dass er nicht mal auf die Aufforderung, dass er sagen solle, was ihn an mir stört, etwas sagen wollte. Ich neige dazu, sehr ausfällig zu werden, wenn ich finde, dass mir unrecht getan wird (wo ich jetzt im Nachhinein erkenne, dass es oft nicht der Fall war).
Ich habe oft Dinge, die er gerne gemacht hat schlecht geredet, gar nicht mit Absicht, aber einfach weil ich wollte, dass er mehr Zeit mit mir verbringt.
Mir ist einfach klar geworden, dass ich mich komplett falsch verhalten habe und das über die letzten 5 Jahre hinweg. Ich weiß, dass es zu spät ist die Beziehung zu retten. Ich weiß, dass er jetzt Zeit hat über alles nachzudenken und erkennen wird, dass ich ihn falsch behandelt habe. Ich habe mich auch schon entschuldigt und er hat sich liebevoll um mich gekümmert und mir versichert, dass er weiß, dass ich ein guter Mensch bin. Aber das sehe ich selbst nicht mehr so. Ich habe mich ihm gegenüber nicht wie ein guter Mensch verhalten und das hat er nicht verdient.
Ich gönne ihm von ganzen Herzen, dass er glücklich wird. Aber ich befürchte, dass ich seinen Selbstwert zerstört habe und ich weiß, dass es ihm zurzeit sehr schlecht geht. Ich will alles einfach wieder gut machen, aber er möchte verständlicherweise zurzeit keinen Kontakt zu mir. Meine Schuldgefühle bringen mich um und ich weiß nicht was ich dagegen machen soll. Hat jemand Ideen?

16.02.2021 19:09 • x 1 #1


B
Kennst du denn die Gründe,warum du dich so benimmst?Hast du keine Möglichkeit,dich anders zu regulieren, als über Aggression und Entwertung deines Gegenübers?
Wäre vielleicht für dich an der Zeit,dem auf den Grund zu gehen,zur Not mit therapeutischer Hilfe.
Du kannst jetzt wirklich nur noch daraus lernen.Aber daran wächst du dann auch

16.02.2021 19:30 • x 2 #2


A


Schlechter Mensch

x 3


B
Danke für die Antwort!
Ich beginne demnächst mit einer Therapie und hoffe, dass mir das weiterhelfen kann.
Mir war diese Verhalten bis jetzt einfach nicht bewusst, weil ein etwas aggressiver Umgangston in meiner Familie nichts außergewöhnliches ist. Erst dadurch, dass ich meinen Ex-Freund so stark verletzt habe, habe ich erkannt, dass ich etwas ändern muss.

Aber wie kann ich es für ihn wieder gut machen?

16.02.2021 19:34 • #3


aquarius2
Zitat von BöserMensch:
Ich gönne ihm von ganzen Herzen, dass er glücklich wird.
Das wird er wahrscheinlich nicht mit dir und deinem respektlosen und entwertenden Verhalten ihm gegenüber.
Aber ich befürchte, dass ich seinen Selbstwert zerstört habe und ich weiß, dass es ihm zurzeit sehr schlecht geht.
Das ist wahrscheinlich auch so, aber was mich interessieren würde, warum hat er das so lange mitgemacht?
Ich will alles einfach wieder gut machen, aber er möchte verständlicherweise zurzeit keinen Kontakt zu mir. Meine Schuldgefühle bringen mich um und ich weiß nicht was ich dagegen machen soll. Hat jemand Ideen?



Meine Idee ist, du solltest ihn respektieren, dazu gehört auch zu akzeptieren, wenn er keinen Kontakt mehr haben will. Gehe in dich und lerne aus dem was gelaufen ist. Auch der gutmütigste und friedfertigste Partner hat seine Grenzen, manche brauchen einen neuen Partner manche nicht.
Was hättest du gemacht, wenn er dich genauso behandelt hätte?

16.02.2021 19:40 • x 1 #4


Luto
Gut und schlecht als Urteile über Menschen sind natürlich eher subjektiv.
Ich finde es gut, dass er in Therapie gegangen ist, denn wer so etwas mitmacht, kann nicht wirklich gesund sein.
Zitat von BöserMensch:
Jedenfalls wurde mir erst durch das, also durch den endgültigen Verlust klar, was ich ihm im Laufe unserer Beziehung alles angetan habe

Glaubst Du, Du würdest es in der nächsten Beziehung wieder so tun?

Zitat von BöserMensch:
Ich will alles einfach wieder gut machen

Das ist eher eine schlechte Idee. Eure Beziehung war einfach nicht im Gleichgewicht oder auf Augenhöhe. Er war vermutlich einfach der falsche Partner für Dich.

16.02.2021 19:42 • #5


B
Ich weiß, dass er nicht mit mir glücklich werden wird. Obwohl ich es mir insgeheim natürlich wünschen würde. Aber ich akzeptiere, dass er eine neue Beziehung mit seiner Kollegin startet und wünsche mir für ihn, dass es funktioniert. Ich würde ihm nur gerne klar machen, dass die Gründe für mein Verhalten bei mir liegen und nicht an ihm.

Ich weiß es nicht, warum er es so lange mitgemacht hat. Ich hätte es nötig gehabt, dass er mir aufzeigt, dass es so nicht geht. Ich denke, er ist ein zu gutmütiger Mensch und deshalb tut es mir so leid für ihn.

Also ist es sinnvoller keinen Brief oder ähnliches zu schreiben, in dem ich mich für meine ganzen schrecklichen Verhaltensweisen entschuldige? Ich habe mich für meine verbalen Ausrutscher entschuldigt, aber für vieles noch nicht in dem Ausmaß, wie ich es gerne möchte. Ich will wirklich nicht noch mehr Schaden anrichten.

16.02.2021 19:49 • #6


B
Zitat von Luto:
Gut und schlecht als Urteile über Menschen sind natürlich eher subjektiv. Ich finde es gut, dass er in Therapie gegangen ist, denn wer so etwas mitmacht, kann nicht wirklich gesund sein. Glaubst Du, Du würdest es in der nächsten Beziehung wieder ...


Ich habe mir schon überlegt, dass ich keine Beziehung mehr eingehen werde, da ich Angst davor habe noch mehr Menschen wehzutun. Falls meine Therapie Wirkung zeigen sollte, hoffe ich, dass ich irgendwann nicht mehr so sein werde.

Ich will es auch nicht in Form einer erneuten Beziehung gut machen. Sondern ihn unterstützen, dass es ihn besser geht und er nicht durch meine Fehler seine nächste Beziehung gefährdet oder Angst davor hat überhaupt eine einzugehen.

16.02.2021 19:52 • #7


aquarius2
Zitat von BöserMensch:
Ich will wirklich nicht noch mehr Schaden anrichten.


Dann lass ihn einfach in Ruhe, wenn er auf dich zugeht, kannst du immer noch anfangen, dich zu erklären.

16.02.2021 19:53 • x 2 #8


B
Zitat von aquarius2:
Dann lass ihn einfach in Ruhe, wenn er auf dich zugeht, kannst du immer noch anfangen, dich zu erklären.


Das wird vermutlich das beste sein. Ich hoffe, dass ich noch die Gelegenheit bekomme mich aufrichtig zu entschuldigen. Auch wenn ich mir das nicht mehr erhoffen kann.

16.02.2021 19:56 • #9


B
Zitat von BöserMensch:
Aber wie kann ich es für ihn wieder gut machen?


Kannst du nicht. Es hat ja Gründe, dass er sich von deinem Verhalten nicht klar abgrenzen konnte und die hat er mit in die Beziehung gebracht. Die Beziehung mit dir war ein Symptom für etwas,dem er auf den Grund gehen müsste.

Zitat von BöserMensch:
Ich weiß es nicht, warum er es so lange mitgemacht hat


Wegen Gründen.
Und die werden ihn jetzt auch belasten.Bist du nicht alles alleine gewesen.
Ich hätte dich bei deinem Verhalten vor die Türe gesetzt, weil ich mich nicht so behandeln lassen,warum hat er es nicht getan und lieber gelitten?

16.02.2021 20:00 • x 4 #10


aquarius2
Du sagst, in deiner Familie war der Umgangston, wie du ihn behandelst hast üblich, vielleicht war es ja auch für ihn was, was er kannte...
Später dann hat er erkannt, dass es doch nicht das ist, was er auf Dauer haben will, vielleicht wegen der neuen Frau, vielleicht auch weil seine Selbstliebe größer wurde und er langsam aber sicher stärker.

16.02.2021 20:03 • #11


B
Zitat von aquarius2:
Du sagst, in deiner Familie war der Umgangston, wie du ihn behandelst hast üblich, vielleicht war es ja auch für ihn was, was er kannte... Später dann hat er erkannt, dass es doch nicht das ist, was er auf Dauer haben will, vielleicht wegen der neuen ...


Nein, war es nicht. Seine Familie ist harmoniebedürftig und es wird eher hinter dem Rücken etwas geklärt, als jemanden direkt etwas zu sagen. Ich denke, er war damit überfordert.

16.02.2021 20:06 • #12


B
Zitat von BöserMensch:
Mir war diese Verhalten bis jetzt einfach nicht bewusst, weil ein etwas aggressiver Umgangston in meiner Familie nichts außergewöhnliches ist. Erst dadurch, dass ich meinen Ex-Freund so stark verletzt habe, habe ich erkannt, dass ich etwas ändern muss


Auch wenn es jetzt sehr schwer ist, kannst Du etwas Positives für Dich heraus ziehen. Du bist nicht gut mit ihm umgegangen, hast ihn wahrscheinlich oft geschimpft, gemaßregelt, ihm Vorwürfe gemacht und wurdest wütend. Den eigenen Frust, auch wenn er vom Partner herrüht, am Partner auszulassen, ist ein schlechtes und zerstörerisches Verhaltensmuster.
Oft kommen auch ein dominanter Partner und ein eher zaghafter und unterlegener zusammen, denn Gegensätze ziehen sich oft an. Jeder hat Eigenschaften die dem Anderen fehlen und erhofft sich damit sozusagen ein Auffüllen der Wesensanteile, die er selbst nicht hat.

Das Schlimme daran ist, dass sich solche Verhaltensmuster im Lauf einer längeren Beziehung verselbständigen, weil Regularien, die man in der Verliebtheit leicht einhalten kann, später nicht mehr beachtet werden. Der Alltag kehrt ein und man sieht die vermeintlich negativen Eigenschaften des Anderen.
Ich vermute, dass sich das bei Euch heraus gebildet hat. Du die eher dominante, die ihm zeigte, wo es lang geht und auch mal ausfällig wird und er der nachgebende und friedliebende Typ, der alles tut, um Konflikte zu entschärfen, ihnen aus dem Weg zu gehen und manchmal dann auch vor lauter Angst zu Lügen greift.
Das wird dann zu einem Muster, das sich einschleicht und sich verselbständigt. Der stärkere missachtet oft den schwächeren Part und meint ihn umerziehen zu müssen. Und der schwächere Teil hat eh nichts zu melden und leidet oft genug unter seiner Feigheit und seinem mangelndem Selbstvertrauen.

Was gut ist, dass Du anfängst die Hintergründe Deines Verhaltens zu sehen. Dein Hinweis auf Deinen famililären Background ist sehr interessant. Denn der Mensch lebt meist das nach, was er kennt. Wenn also in Deiner Familie aggressives Verhalten fast der Normalzustand ist und man nicht eben pfleglich und nachsichtig mit dem Anderen umgeht, so übernimmt man das meistens unbewusst. Daher gibt es ja viele Familien, wo auch nachfolgende Generationen ihre Kinder mit Schlägen aufziehen oder es wird sogar Suchtverhalten weiter gegeben. Trinkt der Vater, trinkt nicht selten auch der Sohn. Wächst man mit Gewalt auf, so trägt man diese oft auch später in die eigene Familie, weil man es so gelernt hat. Konflikte werden nun mal mit Gewalt ausgetragen.

Man ist von der eigenen Familie sehr stark geprägt und nicht alles, was man sich abschaut, ist gut.. Die Übernahme solcher Verhaltensweisen erfolgt unbewusst. Man lernt, Konflikte nicht auf friedlichem Weg auszutragen, sondern geht in Extreme.
So viel mal zu Deiner Entlastung. Es wird wohl ein harter Weg werden, sich von erlernten, schädlichen Verhaltensmuster zu befreien und anders mit Konflikten umzugehen bzw. dem Partner auch noch Achtung entgegen zu bringen. Aber es ist sehr gut, wenn Du bereits anfängst, die Ursprünge zu erforschen.

Was nun Deinen armen Lügen-Looser betrifft, der sich ganz zurückgezogen hat, kannst Du im Moment nur seinen Wunsch nach Rückzug akzeptieren. Er will keinen Kontakt mehr, weil er sich denkt, jetzt, wo ich weg bin, säuselt sie mir wieder nette Dinge ins Ohr, die ich eh nicht mehr glaube oder sie macht mir eh nur wieder Vorwürfe.
Bitte habe Respekt vor seiner Entscheidung und lass ihm seinen Rückzug.
Ich weiß, dass Du ihn jetzt gerne um Verzeihung bitten möchtest, die Schuld auf Dich nehmen möchtest, aber er ist derzeit dafür nicht empfänglich. Also respektiere dieses eine Mal seine Entscheidung.

Ich denke auch, es wäre jetzt viel zu früh für Aussprachen, denn beide sind noch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und von Emotionen dirigiert. Das ist meist keine gute Basis für Aussprachen, die eh nur zustande kommen könnten, wenn beide es wollen.
Gehe erst mal in die Therapie und arbeite daran, mit Frust und Gegenwind besser umzugehen. Und er tut dasselbe.
Und später, wenn man dann schon mal klarer sieht, dann könnte man eher miteinander darüber reden. Das läuft Dir also niicht davon, es sei denn, er sperrt sich ganz vor Dir. Dann kannst Du das auch nur akzeptieren und es im späteren Leben besser machen.

Es ist nie zu spät, seine Verhaltensmuster zu erkennen und zu korrigieren, aber je älter man ist, desto schwieriger ist es.

16.02.2021 20:07 • x 5 #13


B
Zitat von Begonie:
Auch wenn es jetzt sehr schwer ist, kannst Du etwas Positives für Dich heraus ziehen. Du bist nicht gut mit ihm umgegangen, hast ihn wahrscheinlich oft geschimpft, gemaßregelt, ihm Vorwürfe gemacht und wurdest wütend. Den eigenen Frust, auch wenn er vom Partner herrüht, ...


Vielen Dank für die treffende Analyse. Es ist mir auch wichtig zu erwähnen, dass ich nicht aus Absicht so gehandelt habe und ihm nicht schaden wollte. Ich hab den Fokus nur viel zu stark auf mich gerichtet und ihn dabei übersehen.
Ich hab von mir auch gedacht, dass ich die schlechten Verhaltensweisen meiner Familie nicht übernommen habe. Aber offenbar habe ich mich dabei selbst belogen.

Ich werde ihm den Abstand geben und hoffe, dass irgendwann die Gelegenheit kommt, bei der ich mich entschuldigen kann. Und dass er mir auch glauben kann, dass ich es ernst meine.

16.02.2021 20:15 • #14


H
Alle Menschen lügen mehrmals am Tag (durchschnittlich bis zu 25x). Auch Kinder beginnen im Alter von drei bis vier Jahren, schon ganz bewusst zu schwindeln.

Die entscheidende Frage ist immer, welches Motiv dahinter steckt und man sollte nicht immer gleich Böses dahinter vermuten. Niemand ist fehlerfrei oder perfekt und alles ist reine Ansichtssache !

VG Holzer60

16.02.2021 20:20 • #15


A


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