Seine Eltern akzeptieren mich nicht / was tun?

K
Hallo Leute,

ich bin irgendwie mit meinem Latein am Ende, daher habe ich mich entschieden, meine Geschichte hier zu posten. Ich versuche mich möglichst kurz zu fassen. Vielen Dank an alle, die sich die Mühe machen, das zu lesen.

Im Juni habe ich (25) mich nach 2,5 Jahren Beziehung von meinem Freund (27) getrennt. Ich hatte das Gefühl, dass meine Gefühle für ihn mehr und mehr platonisch wurden. Außerdem dachte ich, dass meine Wertvorstellungen in vielen Bereichen nicht mit seinen übereinstimmten. Er ist z.B. mit der Annahme aufgewachsen, dass es ok ist, zu lügen, um das zu bekommen was man will oder um etwas zu vermeiden. Das hat mich immer gestört, denn Ehrlichkeit ist sehr wichtig für mich. Er hat mich zwar nie bei wirklich wichtigen Dingen angelogen (er hat sich nie besonders schlau angestellt, ich habe es also immer irgendwann gemerkt, wenn er mal wieder gelogen hatte), aber trotzdem war es ein No-Go für mich. Außerdem war er sehr unselbstständig, im Haushalt hat er nichts gemacht und die Finanzen musste ich auch immer überwachen. Seine Eltern (muslimisch) haben mich nie akzeptiert, da ich weder Moslem noch anderweitig religiös bin. Dafür konnte er natürlich nichts, aber einfacher hat es das Ganze trotzdem nicht gemacht. Insgesamt bin ich jedenfalls zu dem Schluss gekommen, dass ich mir nicht vorstellen kann, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen.

Bis November hatten wir (was wohl im Nachhinein ein Fehler war) noch täglichen Kontakt. Er war mir ja auch immer noch sehr wichtig, von daher hatte ich da absolut nichts gegen. Im November hat er dann plötzlich am Rad gedreht. Er ist verbal sehr aggressiv geworden und hat mich extrem verletzt. Das ging über Wochen. Zwischendurch hat er sich mal halbherzig entschuldigt und mir gesagt, dass er es nicht so gemeint hat. Einige Stunden später kam dann seine nächste Hasstirade. Ich bin aus allen Wolken gefallen und habe mich glaube ich, bis heute noch nicht ganz von dem Schock erholt. Dann hat er mir auf einmal wieder Liebeserklärungen gemacht. Ich habe ihm dann sogar gesagt, dass ich noch einmal darüber nachdenken möchte. Die Geduld hatte er wohl aber nicht mehr. Bis Anfang Dezember hat er mir noch diese Liebeserklärungen geschickt, Heiligabend hat er mir dann eine SMS geschrieben und gesagt, dass er verlobt sei.

Insgesamt war es ein totales Hin und Her von seiner Seite und zwar von einem Extrem zum anderen. Meine Freunde und Familie meinen, ich soll froh sein, ihn loszusein. Ich kann das auch nachvollziehen. Meine o.g. Gründe machen immer noch Sinn für mich. Aber ich habe das Gefühl, dass mein Herz anders denkt. Nun weiß ich nicht, ob ich einfach nur Angst vor dem Alleinesein habe (er war mein 1. Freund) oder ob ich tatsächlich noch mit IHM zusammen sein will. Ich habe totale Angst davor, dass ich es in ein paar Jahren bereue, Schluss gemacht zu haben. Zwischendurch habe ich mal Tage, wo es mir besser geht. Aber ich bin sehr oft traurig und niedergeschlagen und muss nicht selten weinen. Ich weiß, viele von euch wurden verlassen und ich glaube auch, dass das schlimmer ist. Aber ich fühle mich so schlecht, ich habe fast keine Worte dafür.

Ich hoffe, in der Kürze macht das einigermaßen Sinn. Ich würde mich über eure Meinungen freuen.

02.01.2014 20:55 • #1


Fidelis
Liebe Kalliope, wenn ich deinen Text lese, kann ich - auch als ganz weit Außenstehender - nur zu dem Schluss kommen, dass du alles richtig gemacht hast. Du hast auf deinen Verstand gehört (Wertevorstellungen, Finanzen, Elternhaus) und auch dein Herz befragt: Kann ich mir vorstellen, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen?. Stell dir mal vor, du wärst heute mit ihm verlobt? Eine Heirat stünde bevor? Kinder?

Du hast nach der Trennung erleben müssen, wie respektlos und gemein sich dein Freund dir gegenüber verhalten hat. Lass dir von deinem Gewissen nicht einreden, dass es billig und erlaubt sei, dass er seinen Trennungsschmerz wochenlang mit Hasstiraden auf dich herab prasseln lässt. Das ist es nicht! Ich kann nirgends herauslesen, dass du ihn unfair behandelt hättest.
Ich bin auch verlassen worden und im Affekt und meiner Verzweiflung habe ich meiner Ex auch manche Worte gesagt, für die ich mich im Nachhinein schäme. Aber sich über Wochen verbal sehr aggressiv zu gebärden ist nicht in Ordnung, zumal du ihm ja noch eine Chance gegeben hattest. Liebe geht anders!
Dass du jetzt traurig bist, ist allzu verständlich. Die erste Liebe ist etwas ganz besonderes.

Ich versuche es im Allgemeinen zu umschiffen, konkrete Rat-Schläge zu geben. Jetzt tue ich es aber mal ganz bewusst: Bitte ziehe als Lehre aus dieser ersten Beziehung nicht den Schluss, beim nächsten Mal kompromissbereiter zu sein. Wenn alle inneren Instanzen dich warnen und dir sagen, es passt nicht, dann kannst du ruhig darauf vertrauen. Wie gesagt, ich bin mir sicher, du hast alles richtig gemacht.

03.01.2014 16:12 • #2


A


Seine Eltern akzeptieren mich nicht / was tun?

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K
Hallo Fidelis,

erstmal vielen Dank für deine Antwort. Manchmal fühle ich mich hier fast fehl am Platz und denke, dass ich nicht traurig sein darf, immerhin habe ich Schluss gemacht. Genau das hat mir mein Ex auch immer wieder gesagt: es ist meine Schuld, ich wollte es ja nicht anders.
Vielleicht sollte ich das mit der verbalen Aggressivität etwas genauer erklären. Also er hat keine Schimpfwörter benutzt. Aber es kamen immer wieder so Sachen wie ich hasse dich/ich habe dich nie geliebt/ich wollte nur sehen, ob ich dich zurück haben kann, das ist meine Rache/ ich ekel mich vor mich selber, weil ich dich zurück wollte / ich hasse dich nicht mal mehr, ich fühle nichts mehr für dich etc. Und auf meinen Charakter bezogen du bist der egozentristische Mensch, den ich kenne / du willst nur Aufmerksamkeit, usw.
Ich bin ein Mensch, der kaum impulsiv ist und daher immer denkt, bevor er spricht. Ich weiß aber, dass das bei manchen Leuten anders ist. Deswegen will ich ihn auch nicht einfach vorschnell verurteilen, aber dass er diese Dinge nicht nur einmal, sondern wiederholt gesagt hat, hat schon eine Kerbe in mein Herz geschlagen. Oft hat er mich auch so behandelt, als hätte ich ihn betrogen, das habe ich aber nicht.

Rühren meine jetztigen Gefühle dann tatsächlich daher, dass ich Angst vor dem Alleinesein habe? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass da nochmal jemand Neues kommt Das geben meine bisherigen Erfahrungen einfach nicht her.

Menschlich gesehen, macht es mir ja Hoffnung, dass es dir heutzutage leid tut, was du zu deiner Ex gesagt hast. Ob das bei ihm auch passieren wird, weiß ich nicht. In der Zwischenzeit hat er mir noch zweimal geschrieben. Er war nett, aber irgendwie auf eine herablassende Art (á la du findest schon noch deinen Traummann / seh zu, dass an Silvester um Mitternacht jemanden küsst.) Außerdem scheint er immer noch zu verfolgen, wann ich online bin, ob ich meinen Status oder mein Foto verändere, etc. Und es scheint ihn zu interessieren, ob es jemanden Neues in meinem Leben gibt. Wenn er glücklich verlobt ist, dürfte ihn das ja eigentlich nicht interessieren?

03.01.2014 21:09 • #3


Fidelis
Du bist hier ganz sicher nicht fehl am Platz. Es gibt immer zwei Seiten und Trennungsschmerzen gibt es beiderseits. Warum solltest du nicht traurig sein dürfen, wenn sich herausstellt, dass du mit dem Mann, den du geliebt hast, nicht glücklich werden kannst? Auch das ist ein Abschied der schmerzt.

Jede Trennung ist Mist, ein Drama, eine Tragödie, jede auf ihre Art. Du beschreibst für mich absolut nachvollziehbar, dass eure Trennung aus deiner Sicht unausweichlich war. Da greifen moralische Kategorien wie Schuld und Unschuld ganz schlecht, finde ich. Wesentlich an dieser Stelle ist doch, dass die Trennung unterm Strich möglichst fair abläuft - so fair es eben geht, wenn starke Gefühle im Spiel sind. Ich kann nicht erkennen, dass du dich unfair verhalten hast.

Ich habe mich damals unmittelbar nach der Trennung nicht mit Ruhm bekleckert und meine Frau genau dort getroffen, wo es ihr besonders weh tat: ich habe ihr ohnehin schon schlechtes Gewissen mehr oder weniger subtil getriggert. Aber sie hat es mir nachgesehen, weil sie meinen Ausnahmezustand sehen konnte. Es ehrt dich, dass du deinen Ex-Freund wegen seiner Worte nicht verurteilen möchtest, aber es ändert nichts daran, dass er wirklich gemein zu dir war.

Die Frage, Rühren meine jetztigen Gefühle dann tatsächlich daher, dass ich Angst vor dem Alleinesein habe?, sehe ich als rhetorische Frage. So klug und reflektiert du in deinen Zeilen rüberkommst, kennst du die Antwort. Wahrscheinlich ist genau das die Angst, die dich so traurig stimmt. Und da du noch nicht erfahren hast, dass einer Liebe die nächste folgen kann, ist es nur allzu menschlich, dass du Angst davor hast, alleine bleiben zu müssen. Ich kenne diese Angst sehr gut und genau deshalb weiß ich nicht, wie sie aufzulösen ist.

Ich rette mich jetzt in Wahrscheinlichkeitsabwägungen und stelle ebenfalls eine rhetorische Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine kluge, 25-jährige Frau, die im Leben steht und Freunde hat, keinen passenden Mann (oder wahlweise keine passende Frau) findet und als alte Jungfer endet?

04.01.2014 00:48 • #4


K
ich hab tatsächlich versucht, das Schlussmachen so fair wie möglich zu gestalten. Aber den richtigen Zeitpunkt dafür gibt es wohl nie. Es war jedenfalls auf keinen Fall eine spontane Entscheidung, sondern ich habe monatelang darüber nachgedacht. Was man mir vielleicht vorwerfen könnte, ist dass ich, da wir zum Schluss eine Fernbeziehung (Deutschland-England) geführt haben, nicht von Angesicht zu Angesicht Schluss gemacht habe, sondern während eines Skypegesprächs. Ich war so fertig, ich glaube nicht, dass ich in der Lage gewesen wäre, noch großartig zu reisen. Wir haben uns allerdings ein paar Tage danach getroffen, also es ist nicht so, dass ich ihm nie die Gelegenheit gegeben habe, mich persönlich zu treffen.

Mich beschleicht ja auch immer wieder das Gefühl, dass aufgrund von Nostalgie und Angst an meiner Entscheidung zweifle. Ich wünschte nur, diese Erkenntnis würde mein Herz überzeugen. Angst scheint so ein mächtiges Gefühl zu sein.
Ich verstehe total was du sagst, objektiv gesehen spricht auch tatsächlich nichts dagegen, dass ich jemanden Neues finde. Aber ich weiß ja, wie es vor der Zeit mit meinem Ex war. Und da kam es so gut wie nie vor, dass mich jemand angesprochen hat. Viele meiner Freunde meinen, dass sich die meisten Männer einfach nicht trauen, mich anzusprechen. Aber das stärkt mein Selbstbewusstsein trotzdem nicht gerade. Es ist wohl ziemlich armselig, aber ich glaube, mein Problem ist, dass ich eher mit ihm zusammen bleiben würde, als ewig allein zu sein. Ich weiß, so sollte es nicht sein, aber ich bin nur ehrlich.

04.01.2014 01:48 • #5


Fidelis
Du bist authentisch und das ist gut so! In einer Welt von Blendern kann das zur Bürde werden, aber so schnell solltest du deine Werte nicht über Bord werfen, finde ich.
Halten wir fest: die Trennung war richtig. Weiterhin, die Angst, auf ewig allein bleiben zu müssen, ist im Kern irrational. Was bleibt ist die Angst, in der Tat, ein mächtiges Gefühl. Wahrscheinlich ist es auch Angst, die dich davon abhält, von dir aus Männer anzusprechen, die dir gefallen.
Angst ist für sich betrachtet nichts Schlimmes. Problematisch wird es erst dann, wenn dich Angst daran hindert, dein Leben zu leben, oder dich ein Leben leben lässt, das dich unglücklich macht. Aus Angst mit einem Mann zusammen zu sein, den du nicht aufrichtig lieben kannst, wird dich unglücklich machen. Das weißt du, darum hast du dich getrennt.

Ich bin durchaus erfahren, was eigene Ängste angeht. Bei mir sind es soziale Ängste, die mich ein Leben lang begleiten werden. Als Kronzeuge für die Überwindung von Ängsten tauge ich leider nicht.

Vielleicht könnte es dir helfen, dich mehr mit dem Thema Angst auseinanderzusetzen? Ich fand damals Fritz Riemann: Grundformen der Angst sehr erhellend. Müsste ich selbst mal wieder lesen.

04.01.2014 12:55 • #6


K
wie geht es dir denn jetzt so, wieder besser? Und falls ja, wie lange hat das gedauert?

Mit Ängsten kenne ich mich ganz gut aus. Allerdings weiß ich nicht, *warum* diese Angst scheinbar so tief in mir drin sitzt. Generell stelle ich wohl sehr hohe Erwartungen an mich selbst, an andere wiederum eher weniger. Von daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass ich selber immer mal wieder unter Schuldgefühlen leide während ich sein Verhalten eher verzeihe. Kurz gesagt: ich bin zu nett.

Kennst du diese typischen Liebeskomödien, in denen die Hauptperson den Ex zurückgewinnen will, dann im Verlaufe des Films merkt, dass der/die Ex ein Ar. ist und es nicht wert ist und sich dann fröhlich neu verliebt? Manchmal denke ich, in dem Szenario bin ich dann die Ar., die in die Röhre guckt und das verdient hat. Auch die Musik ist voll von solchen Texten. Hab gerade noch Cry me a River von Justin Timberlake im Radio gehört und mir gedacht

04.01.2014 16:09 • #7


Fidelis
Warum tust du dir selbst so weh? Warum? Du bestrafst dich für etwas, was du nicht getan hast. Du hast deinen Ex nicht betrogen. In Cry me a River geht es doch darum. Sie hat ihn betrogen, kommt reumütig zurück und er zeigt ihr die kalte Schulter und wünscht ihr ziemlich gnadenlos einen Fluss von Tränen an den Hals. Ich alter Sack musste erst mal nach Justin Timberlake googlen
Ich weiß, welche Art Film du meinst. Warum identifizierst du dich ausgerechnet mit der Ar...-Ex? Das bist du nicht. Wer redet dir sowas ein?

Meine Frau hat mir mal gesagt man wird sich doch noch trennen dürfen. Ich war perplex, aber sie hatte recht, man darf, und ich musste es akzeptieren. Dass mich die Trennung so aus der Bahn geworfen hat, war nicht ihre Absicht. Es war und ist meine Verantwortung, damit klar zu kommen. Und wenn ich das nicht schaffe, kann ich nicht ihr die Schuld dafür in die Schuhe schieben.

Meine Trennung liegt ja schon über fünf Jahre zurück und bin schon etwas abgeklärter. Es geht mir immer noch ziemlich mies, aber das hat nur mittelbar mit der Trennung zu tun. Die alten Ängste und Unsicherheiten von früher sind wieder spürbar. Und ich habe eine riesen Angst davor, ewig allein zu bleiben. Und im Gegensatz zu dir, liegt bei mir die Wahrscheinlichkeitsquote ziemlich hoch, dass dem so sein wird. Ich bin schon über fünf Jahre allein und habe die Suche längst aufgegeben.

Warum die Angst, allein zu sein, so tief in dir sitzt, wird schwer aufzuklären sein. Oft liegen Ursachen für sowas in vorsprachlicher Zeit und da hast du keinen bewussten Zugriff drauf. Wenn du sehr unter dieser Angst leidest, könntest du über eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder sogar über eine Psychoanalyse nachdenken. Ob du damit der Angst und deiner offenkundigen Selbstabwertung auf die Spur kommst? Vielleicht, vielleicht auch nicht.

04.01.2014 22:06 • #8


K
Ja ok, ich weiß was du meinst. In solchen Situationen ist es wohl auch nicht schlau, traurige Musik zu hören und trotzdem macht man es.

Seit gestern geht es mir irgendwie etwas besser, ich hoffe wirklich, dass das so bleibt... Heute Abend hat er mir sogar wieder eine Predigt gehalten, dieses Mal zwar keine Hasstirade, aber trotzdem nicht nett. Es ist so, als würde er ständig schreien Du bist mir so egal und ich bin jetzt viel glücklicher und damit dann genau das Gegenteil beweisen. In der Lage zu sein, das zu durchschauen, hilft mir wohl, zumindest fühle ich mich stärker.

Was glaubst du denn, woran es liegt, dass du noch alleine bist? Findest du es schwer, Frauen kennenzulernen?

05.01.2014 23:16 • #9


Fidelis
Ihr beide macht es euch aber auch nicht leicht. Wer sucht immer wieder den Kontakt? Du? Er? Ihr beide? Ich habe nach der Trennung noch 18 Monate mit meiner Frau zusammen gewohnt, in einer Art Wohngemeinschaft. Auch wenn wir uns nicht gestritten haben, es kein lautes Wort gab, war das keine Konstellation, um innerlich zur Ruhe zu kommen.

Mir scheint, ihr beide habt beidseitig ein ziemlich paradoxes Kommunikationsmuster. Er sagt, dass du ihm egal bist und er ohne dich viel besser dran ist. Gleichzeitig strahlt er durch die Art wie er es sagt genau das Gegenteil aus. Das hast du sicherlich gut durchschaut. Umgekehrt könnte es ähnlich sein. Einerseits weist du ihn ab, andererseits könntest du ihm durch dein Verhalten signalisieren, dass du doch noch an ihm interessiert bist. Du sagst ja selbst, dass du lieber mit ihm zusammen sein möchtest, als ewig allein zu bleiben. Ihr spielt das Komm-Geh-Spiel. Dieses Durcheinander stelle ich mir ziemlich aufreibend vor.

Es geht in diesem Faden ja eigentlich um dich, aber da du fragst, schreibe ich gerne auch von mir. Ich glaube, der Kasus Fidelis taugt ganz gut als abschreckendes Beispiel.
Ich gehe von Natur aus mit einer eher melancholischen Grundstimmung durchs Leben, habe wenig Antrieb, ein schwaches Selbstwertgefühl und bin eher gehemmt im Ausdruck von Freud und Leid. Das habe ich mir nicht ausgesucht. Als ich dann meine Frau kennengelernt habe, meine erste Liebe, war das Lebensgefühl plötzlich ganz anders. Das war wie eine Initiation ins Leben und ich konnte plötzlich Dinge tun, die ich mir alleine nie zugetraut hätte. Meine Frau war noch schüchterner als ich und wir wollten gemeinsam wachsen und neue Möglichkeiten entdecken. Nun kam es, dass meine Frau viel schneller als ich gewachsen ist und bei der Gelegenheit auch gleich die Ufer gewechselt hat.

Sie hat sich dann getrennt, da ich sie in ihrer Entwicklung gehemmt habe. Unsere Ehe war ein großer Fehler, hieß es, und sie habe leider Liebe mit Bedürftigkeit verwechselt. Da sehe ich eine gewisse Parallele zu dir und darum schreibe ich das Ganze auf. Nur aus Bedürftigkeit oder der Angst, allein zu sein, mit jemanden zusammenzukommen, ist aus meiner Erfahrung nicht dauerhaft tragfähig und sehr verletzungsgefährlich.

Nach der Trennung kam bei mir erst eine Phase der tiefen Verzweiflung. Hab' dann eine Therapie begonnen und war wegen einer schweren depressiven Episode in einer Klinik. Ein paaar Monate nach der Trennung begann dann so eine Art Trotzphase, mit Schaulaufen in Partnerbörsen, vielen Online-Kontakten und zahlreichen Blind-Dates. Ich habe sogar einen Tango-Tanzkurs fortgesetzt, den ich mit meiner Frau begonnen hatte. Als Mann hätte ich in der Szene eine große Auswahl tanzfreudiger Frauen gehabt. Ein Geheimtipp für tanzbegabte Männer übrigens. Ich konnte das aber alles nicht souverän bewältigen und habe gelernt, dass ich mir das besser nicht antun sollte.

Ich finde es schön, dass es dir besser geht. Vielleicht kannst du diese Phase nutzen und dir ein paar Streicheleinheiten für die Seele holen. Irgendetwas, was deine Gedankenschleifen vom Ex ablenkt. Fällt dir dazu was ein?

06.01.2014 22:08 • #10


K
Hallo Fidelis,

der Kontakt kommt definitiv nur von seiner Seite aus. In den letzten 2 Monaten hat er mir so oft theatralisch mitgeteilt, dass wir keinen Kontakt mehr haben sollten / ich ihn in Ruhe lassen soll / ich nun das letzte Mal von ihm höre, dass es mir, ehrlich gesagt, viel zu blöd wäre, mich bei ihm zu melden. Wenn er sich meldet antworte ich aus Höflichkeit, ich versuche aber nicht, das Gespräch durch Fragen o.Ä. im Gang zu halten. Das kommt eher von seiner Seite aus.
Momentan wüsste ich nicht, wie mein Verhalten ihm signalisieren sollte, dass es noch eine Chance gibt. Ich bleibe halt immer ruhig und lasse mich auf seine Streitgespräche nicht ein. Wenn er mit seinen Tiraden loslegt, antworte ich nicht mehr. Solange er freundlich ist, antworte ich freundlich. Ihn einfach komplett zu ignorieren, würde mir schwerfallen. Das würde ich nur bei jemandem machen, der für mich regelrecht gestorben ist. Andernfalls will ich solche schlechten Gefühle nicht in meinem Herzen haben.

Zum Glück kann ich immer noch sagen, dass es mir besser geht. Zumindest im Vergleich zu der Zeit, als ich den Thread gestartet habe. Ich habe das Gefühl, dass diese Nostalgie ein wenig schwindet und ich die Dinge (ihn vor allem!) realistischer sehe. Dadurch wird mir auch wieder bewusst, dass ich genug Gründe hatte, Schluss zu machen. Es ist ja nicht so, als hätte er sich komplett gewandelt, er ist ja immer noch so, wenn nicht sogar schlimmer. Er ist sicherlich nicht ganz aus meinem Herzen verschwunden, aber ich muss gestehen, dass sich mittlerweile auch viel Mitleid (und das meine ich nicht böse/abwertend) in meine Gefühle mischt. Sein Verhalten zeugt einfach immer noch von einer gewissen Verzweiflung und das tut mir leid. Manchmal glaube ich schon, dass er sich nach der Verkündigung seiner Verlobung eine ganz andere Reaktion von mir erhofft hatte.

Was meinst du denn, woran es liegt, dass dich diese Trennung bis heute noch begleitet? Findest du es auch schwer, loszulassen? Ich glaube, das ist eins meiner großen Probleme. Kannst du dir inzwischen zumindest vorstellen, eine neue Partnerin zu haben?

07.01.2014 16:45 • #11


Fidelis
Loslassen fällt wahrscheinlich relativ leichter, wenn man sich anderweitig wieder festhalten kann. Das dürfte eine Erklärung für die vielen warmen Wechsel sein, die hier oft Thema sind. Im Umkehrschluss wäre es schwer, loszulassen, wenn die Sicherheit fehlt, sich wieder fangen zu können oder von jemand anderen aufgefangen zu werden.

Als selbstunsicherer Typus sollte ich schwer loslassen können. Meine Selbstwirksamkeitserwartung, insbesondere im sozialen Kontext, ist dazu ausreichend unterentwickelt. Ich neige aber überhaupt nicht dazu, zu klammern oder einen aussichtslosen Kampf zu kämpfen. Ich resigniere sehr früh. Nicht loslassen zu können, ist mir als Problem bisher nicht bewusst geworden. Dass mich die Trennung auch nach so langer Zeit vom Leben abhält, kann ich mir schwer erklären. Da hat sich etwas verselbständigt. Keine Ahnung.

Macht sich dieses Nicht-loslassen-können bei dir auch in anderen Zusammenhängen bemerkbar? Hast du schon mal etwas schmerzhaft verloren?
Ich schätze dein Selbstvertrauen, also das Vertrauen in deine Fähigkeiten, eher höher ein. Ich schließe das aus deinem Auslandsaufenthalt. Dass du schwer loslassen kannst, liegt also bestimmt nicht daran, dass du unselbständig wärst. Naja, ich bin kein Psychologe und sollte nicht spekulieren. Wahrscheinlich hast du sogar schon eine Ahnung, woher dieses Problem bei dir kommen könnte.

Ich kann mir übrigens gut vorstellen, wieder eine Partnerin zu haben. Ich habe meine Beziehung bis zum Schluss als sehr wohltuend empfunden und ich halte mich im Prinzip für beziehungsfähig. Meine Erfahrungen haben aber gezeigt, dass ich als Partner unakzeptabel bin.

07.01.2014 22:57 • #12


K
mein Vater ist relativ plötzlich gestorben, da war ich 16. Von daher habe ich schon einen sehr schmerzhaften Verlust erlebt. Ob das Problem des Loslassens darauf zurück geht, weiß ich allerdings nicht. Generell glaube ich, dass ich ein ziemliches Gewohnheitstier bin, d.h. neue Situationen oder große Veränderungen fallen mir nicht gerade leicht. Und Veränderung hat ja auch immer was mit Loslassen zu tun.

Du hast schon Recht, ich würde mich auch als sehr selbstständig beschreiben. Es ist sogar so, dass ich wohl mehr Zeit alleine brauche, als die meisten anderen. Zum Thema Selbstvertrauen fällt mir aber auch ein, dass ich da wohl sehr starken Wert auf die Meinungen anderer wertlege. Unbewusst. Durch die Trennung habe ich natürlich eine äußerst positive Quelle, die mein Selbstbewusstsein sehr gestärkt hat, verloren. Das wird wohl auch eine Rolle spielen.

Er macht jetzt übrigens wieder einen auf freundlich und hat betont, dass er gerne mit mir befreundet sein will. Das hat er schon mal gesagt, ich weiß nicht, ob ich das glauben kann.

08.01.2014 22:56 • #13


Fidelis
In so jungen Jahren ein Elternteil zu verlieren ist schlimm. Das hat dich bestimmt lange Zeit beschäftigt und dir ein gutes Stück der Unbeschwertheit deiner Jugend genommen. Das ganze Familiensystem dürfte durcheinander geraten sein. Deine Mutter hatte sicher auch schwer zu leiden, was du natürlich auch mitbekommen haben wirst. Das könnte deinen Umgang mit dem Loslassen, dem Alleinsein, der Einsamkeit, dem Autonomiestreben usw. auch geprägt haben. Vielleicht könntest du dir einmal im stillen Kämmerlein bewusst machen, wie zum Beispiel deine Mutter mit Verlust und Alleinsein umgegangen ist. Eventuell hast du auch von ihr so manches unbewusst übernommen?
Keine Ahnung, ich spekuliere mal wieder wild ins Blaue hinein und ich bin mir sehr unsicher, ob solche Überlegungen in einem öffentlichen Forum überhaupt gut platziert sind.
Andererseits habe ich in dem weiter oben genannten Buch von Fritz Riemann kürzlich einen Aphorismus wiedergefunden, der mir sehr einleuchtet:

Zitat:
Wenn jeder alles von dem andern wüßte,
Es würde jeder gern und leicht verzeihen,
Es gäbe keinen Stolz mehr, keinen Hochmut.
HAFIS


Apropos - wenn jeder alles von dem andern wüsste - diese Verlobte, die er plötzlich aus dem Hut gezaubert hat, gibt es die wirklich oder ist das ein Manipulationsversuch?

09.01.2014 19:44 • #14


M
Hey, ich kann dich gut verstehen. Auch ich habe meinen Partner verlassen. Man findet jedoch überall nur trauernde Verlassene. Aber ich denke das in einem großen Teil der Fälle der der die Beziehung beendet hat ebenfalls leidet. Der Verlassene ist der Arme der trauernd darf. Die Enttäuschung Schluss machen zu müssen, weil man einfach keinen anderen Ausweg sieht ist aber auch ein wirklicher Schlag ins Gesicht. Ich fühle mit dir.

10.01.2014 00:09 • #15


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