Hallo!
Also zum einen muß ich sagen, daß es natürlich für ein Kind eine ganz schlimme und prägende Erfahrung ist, wenn ein Elternteil stirbt, und das noch durch Selbsttötung.
Dadurch entstehen nicht nur starke Verlustängste (diese auch, natürlich), sondern auch noch jede Menge anderer Gefühle (Schuldgefühle, Wut, Haß, existenzielle Ängste, alles mögliche).
Zum anderen möchte ich auch sagen, daß eine Gesprächstherapie nicht von heute auf morgen wirkt, sondern daß es viel Zeit braucht, um die Dinge zu realisieren. Irgendeine Erkenntnis führt nicht umgehend zu einer Entemotionalisierung der prägenden Erfahrungen - und das Problem sind immer die Emotionen, die daran gebunden sind, nicht die Erfahrungen an sich. Die Erkenntnis ist also lediglich der erste Schritt (ein ganz wichtiger natürlich, damit man überhaupt erst einmal auf die richtige Spur kommt), die Verarbeitung jedoch braucht seine Zeit.
Dann möchte ich Dich noch auf etwas hinweisen. Leider ist es oft so, daß alles Augenmerk auf eine offenkundig dramatische Erfahrung gelegt wird und manches andere dadurch übersehen, erst gar nicht beachtet wird.
Bei Dir etwa wäre auch die Frage, wie Du Deinen Vater vor seinem Freitod erlebt hast (immerhin waren das ja vier Jahre). Auch das ist ganz Entscheidend, nicht allein sein Freitod.
Du schreibst ja auch, daß Du Dir wünschst, einer von beiden wäre tot. Das ist - ohne moralisch zu bewerten! - ein Wunsch, der sehr stark auf kindliche Reaktionsmuster hinweist (Kleinkinder wünschen sich des öfteren, wenn sie sich verletzt fühlen, dieser oder jener solle tot sein, ohne natürlich noch zu verstehen, was das eigentlich bedeutet ...).
Wie auch immer: Du solltest mit Deiner Therapeutin vielleicht auch das Verhältnis zu Deinem Vater vor seinem Tod durchleuchten, so weit dies möglich ist. Es kann nämlich bei einem so dramatischen Vorfall auch zu einer gleichsam rückwirkenden Verherrlichung oder auch Verteufelung (bei Dir des Vaters) kommen. Und dann kann es eben auch passieren, daß Du einen Partner verherrlichst (oder verteufelst), und Du ihn einerseits zu lieben glaubst, ihn fast lebensnotwendig zu brauchen glaubst (und das auch so empfindest), ihm andererseits den Tod wünschst.
Aber das alles zu erklären, würde zu weit führen und wäre auch gar nicht möglich.
Jedenfalls wünsche ich Dir, daß Du die Hintergründe in der Therapie noch weiter aufdecken und dann auch verarbeiten kannst. Geduld wirst Du aber brauchen - zumal Du das Drama derzeit ja wieder durchlebst.
Liebe Grüße