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Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

Umbra_
Zitat von Brightness2:
Stell dir vor, du hast eine Tochter. Erwachsen. Was glaubst du, welches Feedback sie dir zu deinem Sorgenpaket um die Omi geben würde

Ich habe einen erwachsenen Sohn. Er sagt etwas ähnliches wie du, nämlich, dass meine Mutter zum Teil selbst Schuld ist an ihrer Misere, weil sie es genauso will, wie sie es tut und nichts ändern will.

Er ist auch der Meinung, dass wir seit jeher falsch mit unserer Mutter umgegangen sind. Wir haben stets vor ihr gekuscht. Ja, er hat Recht.

Mein Sohn hat gut reden. Er kümmert sich so gut wie gar nicht. Er war in dem letzten Jahr weniger als 10 mal im Heim, meine Schwiegertochter überhaupt nicht. Die beiden hatten in der Vergangenheit auch viel Gutes von meiner Mutter.

Das hat so sehr an mir genagt, dass ich vor 3 Wochen das Gespräch gesucht habe. Es hat mich sehr viel Mut gekostet. Ich hatte vorgeschlagen, dass mein Sohn vielleicht alle 3 Wochen mal für ein Stündchen hinfährt und meine Mutter dann anschließend nach Hause bringt. Die Schwiegertochter fragte ich, warum sie nicht ein einziges Mal dort war.

Mein Sohn fand es sehr gut, dass ich das angesprochen habe, hat sich sogar dafür bedankt und will auch etwas ändern. Er war letzte Woche im Heim. Meine Schwiegertochter kann keine Kritik vertragen (wie meine Mutter ) und hat wütend den Raum verlassen. Sie hat mich quasi stehen lassen und kam auch nicht mehr zurück.

Keine Ahnung, wie das jetzt weitergeht. Mit meinem Sohn telefoniere ich regelmäßig. Ich fragte ihn, ob seine Frau nochmal über unser Gespräch nachgedacht hat, aber er hat sich da rausgeredet.

Es gibt auch noch einen erwachsenen Enkel, der ebenfalls den Mann meiner Mutter noch nie im Heim besucht hat.

Obwohl man jetzt nicht weiß, wie es mit meiner Schwiegertochter weitergeht, fand meine Therapeutin es auch sehr gut, dass ich versucht habe, mit den beiden darüber zu sprechen. Und sie sagte noch zu mir Sie erwarten so wenig.

Ach, diese Krankheit ist einfach scheixxe. Die ganze Familie leidet darunter.


Zitat von Brightness2:
Das Leben ist endlich. Ihres. Eures auch.

Das ist ständig in meinen Gedanken.

03.07.2025 12:08 • x 1 #1396


Fenjal
@Umbra_ eine 90 jährige, die es gewohnt ist Ordnung zu halten, wirst du niemals überzeugen können, den ein oder anderen Krümel zu übersehen und statt sofort Staub zu saugen, sich lieber mit der Zeitung in den Sessel zu setzen.
Wenn sie das eines Tages tun wird, dann macht sie sich selbst auf den Weg sich für immer zu verabschieden.

Schade, dass dein Sohn und deine Schwiegertochter nicht die Zeit finden ihre Oma zu unterstützen, wie leicht könnte er ihr das Gras mähen, sie wird keine 15ar Fläche haben. Allerdings ist es natürlich deren Sache wie sie oder ob sie überhaupt einen älteren Menschen unterstützen.
Wie werden sie sich eines Tages dir, Umbra, ihrer Mutter gegenüber zeigen, wenn du vielleicht etwas Hilfe benötigst?
Ich für meinen Teil denke oft viele glauben, dass ihre eigenen Kinder ihnen im Alter eine Stütze wären und sie nicht allein sind, ist das wirklich zutreffend?
Meine Oma z,b, war eine wunderbare Frau, ich habe viel von ihr gelernt, allerdings kannte sie ebenfalls nur Arbeit, z,T. sehr schwere Arbeit, Urlaub kannte sie nicht. Ähnlich wie deine Mutter hat sie mit 93 immer noch geackert, nichts hielt sie davon ab, es war Programm. Irgendwann legte sie die Hände in den Schoß und ich wusste sofort, dass sie jetzt auf wiedersehen sagen wird. Kein Drama für sie, einfach das Leben.
Ich hoffe, dass du gut durch die Zeit mit der Mutter kommst, ihr trotz allem, liebevolle Stunden miteinander haben werdet, denn wenn sie irgendwann sich auf den Weg macht, wird sie nicht mehr wiederkommen.

03.07.2025 12:42 • x 5 #1397


A


Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

x 3


P
Zitat von Brightness2:
was soll eine 90-Jährige denn mit Gesundheit wenn sie als Preis Sinnlosigkeit und Langeweile zahlen muss?


Genau - d a n n wird sie eingehen.
Jeder hat einen anderen Sinn im Leben. Wenn sie diese Struktur und Aufgaben braucht für sich, dann ist das doch ok.
Nicht alle können sich entspannen beim sogenannten 'entspannen', was andere darunter verstehen. Ich übrigens auch nicht. Urlaub am Strand mit rumliegen ist für mich ne schreckliche Vorstellung.

Und für mich ist es wichtig, daß ich akzeptiert werde, wie ich bin und nicht das tun muss, was andere Tun würden, nur weil s i e es für mich gut fänden, ohne Rücksicht auf meine Person.

@umbra - ist diese Sorge um ihre Gesundheit nicht auch ein wenig mit der Sorge gekoppelt, was dann wieder auf Euch zukommen könnte?

03.07.2025 14:43 • x 1 #1398


B
Zitat von Umbra_:
Ach, diese Krankheit ist einfach scheixxe. Die ganze Familie leidet darunter.

Jep. Das ist so. Allerdings hat sich deine Mutter wohl auf die für sie beste Art damit arrangiert. Was in dir Sorge auslöst. Die gehört aber zu dir. Die Sorge.

Was mich ein wenig irritiert ist dein Anspruch an die anderen Familienmitglieder. Dass dein Sohn sich auch mal um die Omi kümmern kann und sollte, ja, das sehe ich durchaus ein. Auch wenn das mit einem Besuch bei dem hochdementen Lebensgefährten der Omi einhergeht, um sie zu fahren. Welchen Bezug aber hat deine Schwiegertochter zu dem hochdementen Mann, was soll sie da? Auch dein Enkel, welchen Bezug hat der zum Lebensgefährten deiner Mutter, was soll er bei dem Mann sitzen, welchen Sinn hat das? Selbst deine Schwester und du, ihr quält euch nur dahin, weil ihr es als eure Pflicht seht. Müssen alle anderen das jetzt auch tun, weil ihr Töchter eurer Mutter ihr zuliebe auf euch nehmt? Haben die dem Mann in irgendeiner Form nahe gestanden, hatten die einen liebevollen Umgang miteinander oder soll das euch Schwestern entlasten? Das verstehe ich nicht so recht, auch deinen Anspruch nicht.

03.07.2025 15:06 • x 2 #1399


Umbra_
Zitat von Perzet:
Und für mich ist es wichtig, daß ich akzeptiert werde, wie ich bin und nicht das tun muss, was andere Tun würden, nur weil s i e es für mich gut fänden, ohne Rücksicht auf meine Person.

Sie ist in vielen Bereichen auf unsere Hilfe angewiesen. Wo ist Ihre Rücksicht auf uns? Wir machen so viel für sie. Kann sie nicht auch mal etwas uns zuliebe tun?

Sie weiß, dass wir uns große Sorgen machen, wenn sie bei 37° mit dem Bus in der größten Hitze zum Heim fährt. Warum kann sie uns zuliebe nicht mal zu Hause bleiben oder zumindest vormittags fahren? Der Mann kriegt es doch gar nicht mehr mit, ob sie vormittags oder nachmittags da ist.

Ich halte dieses Verhalten sogar für egoistisch. Das ist in vielen Bereichen so.

Zitat von Perzet:
@umbra - ist diese Sorge um ihre Gesundheit nicht auch ein wenig mit der Sorge gekoppelt, was dann wieder auf Euch zukommen könnte?

Diese Sorge haben wir schon allein aufgrund ihres Alters.

03.07.2025 15:07 • x 1 #1400


DieSeherin
Zitat von Umbra_:
Ich halte dieses Verhalten sogar für egoistisch.


und sie darf nicht egoistisch sein?

03.07.2025 15:09 • #1401


B
Zitat von Umbra_:
Sie weiß, dass wir uns große Sorgen machen, wenn sie bei 37° mit dem Bus in der größten Hitze zum Heim fährt. Warum kann sie uns zuliebe nicht mal zu Hause bleiben oder zumindest vormittags fahren? Der Mann kriegt es doch gar nicht mehr mit, ob sie vormittags oder nachmittags da ist.

Und wenn sie dann zu Hause im Badezimmer über den Teppich stürzt und sich den Oberschenkel oder schlimmeres bricht, weil sie euch zuliebe zu Hause geblieben ist, was passiert dann mit euch, mit euren Schuldgefühlen? Und wie passen deine Ansprüche an Schwiegertochter und Enkel mit der Aussage zusammen, der Mann kriegt es doch eh nicht mit?
Zitat von Umbra_:
Diese Sorge haben wir schon allein aufgrund ihres Alters.

Eure Mutter wird irgendwann sterben. Früher oder später. Mit 90 soll sie das auch dürfen. Auch selbst bestimmen, wie sie ihren Lebensabend gestaltet ohne dass ihre Töchter ihr aus lauter Sorge den Sauerstoff filtern wollen. Nein, sie muss dahingehend wirklich keine Rücksicht auf euch nehmen. Nein, das ist nicht egoistisch sondern selbstbestimmt. Was ist, wenn dein Sohn irgendwann ankommt und bittet dich, nicht mehr zu deiner Mutter zu fahren, weil er Sorge hat, du könntest noch stärker belastet werden und verkraftest das nicht. Ihr kommt ja alle nicht mehr aus dem Sorgenkreislauf raus. Auch wenn es schwer ist. Deine Mutter darf ein selbstbestimmtes Leben führen, sie ist mit ihren 90 Jahren noch beneidenswert fit, das kommt sicher auch daher, dass sie noch aktiv ist und das Gefühl hat, gebraucht zu werden. Und eins ist unabänderlich. Das Leben endet irgendwann mit dem Tod. Auch bei deiner Mutter. Und nein, ihr seid nicht die einzigen, die mit solchen Themen umgehen -lernen- müssen. Unsere größte Angst ist, dass unser 89-jähriger Opi irgendwann nicht mehr fit ist, keine Heldentaten mehr leisten möchten, sich selbst nicht mehr überschätzt, hochgradig pflegebedürftig wird. Das wäre nämlich ein für ihn grausamer Abschied. Soll er lieber irgendwann einfach umfallen. Das ist unser Wunsch für ihn. Steuern und bestimmen können wir da leider nix. Und mit unserer Angst, unseren Sorgen müssen wir umgehen. Ihn damit belasten auf keinen Fall.

03.07.2025 15:21 • x 2 #1402


Umbra_
Zitat von Brightness2:
Haben die dem Mann in irgendeiner Form nahe gestanden

Nicht unbedingt.
Zitat von Brightness2:
Welchen Bezug aber hat deine Schwiegertochter zu dem hochdementen Mann, was soll sie da?

Na ja, meine Mutter wäre dann ja auch anwesend. Wie gesagt, sie haben auch viel Gutes von meiner Mutter (und ihrem Mann). Einfach durch einen gelegentlichen Besuch Anteilnahme zeigen.

Als meine Mutter noch konnte hat sie oft Grillabende für die ganze Familie veranstaltet. Wir alle haben uns immer zu Famimienfeiern gesehen. Immer waren natürlich auch mein Sohn und Frau dabei.
Es gab eine Zeit, da musste mein Sohn regelmäßig zum Krankenhaus und konnte nicht selbst fahren. Das haben die beiden übernommen, haben dort gewartet und ihn wieder nach Hause gebracht. Da hätte der Mann meiner Mutter aufgrund der Demenz schon gar nicht mehr fahren dürfen. Aber sie haben es gemacht, weil sie meinem Sohn helfen wollten. Jetzt brauchen sie Hilfe!
Vor ein paar Jahren haben sie meinem Sohn und Schwiegertochter ein größeres, nein großes Geldgeschenk gemacht.

Da kann man doch ein bisschen zurück geben. Auch meine Schwiegertochter finde ich.

Zitat von Brightness2:
Müssen alle anderen das jetzt auch tun,

Nicht in dem Maße, wie meine Schwester und ich es tun. Aber ja, ab und zu.

03.07.2025 15:27 • x 1 #1403


Umbra_
Zitat von DieSeherin:
und sie darf nicht egoistisch sein?

Wenn wir das auch wären, sähe es schlecht für sie aus.

03.07.2025 15:29 • x 1 #1404


DieSeherin
Zitat von Umbra_:
Wenn wir das auch wären, sähe es schlecht für sie aus.


wäre es denn in ihren augen auch schlecht, oder nur in deinen?

03.07.2025 15:43 • #1405


Umbra_
Zitat von DieSeherin:
wäre es denn in ihren augen auch schlecht, oder nur in deinen?

Sie hat nur meine Schwester und mich und sie braucht Hilfe. Sie fährt kein Auto mehr und wenn Formalitäten zu erledigen sind, ist sie hilflos.

Ja ich denke, auch in ihren Augen wäre das schlecht.

03.07.2025 15:50 • #1406


B
Als pflegende oder kümmernde Angehörige finde ich es für mich sehr hilfreich, mir immer vor Augen zu halten, dass meine Hilfsleistungen freiwillig sind, von mir so gewollt. Ich kann keine Recht daraus ableiten, Verhaltensänderungen der zu unterstützenden Person einzufordern. Sonst ist es nicht mehr freiwillig sondern entmündigend. Alte Menschen sind keine kleinen Kinder, die bevormundet und erzogen werden wollen.

03.07.2025 15:55 • x 5 #1407


P
@Umbra_ ich habe gerade ein wenig Sorge, daß sich verschiedene Themen vermischen, weil sie auch bei Dir in einem einzigen Gefühlskompott vereint sind.

Da ist eine bestimmende Mutter, viel fordernd, viel gebend.

Du fühlst Dich zu Dingen genötigt, ohne Chance, daß ein Nein problemlos akzeptiert wird.

Willst Du nicht da mal ansetzen?

Aus meiner Perspektive und eigener Erfahrung ist das ein mieses Gefühl, das einem gefühlt alle Optionen nimmt.
Es wäre aber zu schauen, wieweit das tatsächlich stimmt und wo Du Dich abgrenzen lernen darfst.

Wenn Du Dich besser abgrenzen kannst, kannst Du auch eher andere akzeptieren, wie sie sind.

Hier vermischt sich soo viel - so viel altes als auch aktuelles.

Nur ein Gedanke.

03.07.2025 16:00 • x 4 #1408


P
Zitat von Brightness2:
Als pflegende oder kümmernde Angehörige finde ich es für mich sehr hilfreich, mir immer vor Augen zu halten, dass meine Hilfsleistungen freiwillig ...

So bin ich auch ran gegangen.
Sonst wäre ich total eingegangen.

03.07.2025 16:03 • x 3 #1409


_Nane_
Zitat von Perzet:
Gefühlskompott

Schönes Wort, danke dafür.
Zitat von Perzet:
Hier vermischt sich soo viel - so viel altes als auch aktuelles.

Das passiert mir leider auch viel zu oft.
Vor allem diese dummen Erwartungen .. oder Dankbarkeit.
Kannste auf beides warten, bis du schwarz wirst.

03.07.2025 16:20 • x 2 #1410


A


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