Neun Monate und ein tieferer Sinn?
Heute ist es neun Monate her. Fast hätte ich es vergessen, wenn ich nicht gedanklich die Termine der Woche durchgegangen wäre.
Für mich hat es mit uns mehr als funktioniert. Für mich war es alles, was ich mir gewünscht habe. Für mich war es das Leben und die Zukunft. Die Trennung hat mich so in meinem Grundfesten erschüttert, dass ich auch heute noch keine angemessenen Worte dafür finden kann. Und doch verlierst Du Deine Bedeutung.
Während es unmittelbar danach für Wochen und Monate gar nicht voran zu gehen schien, spüre ich mich jetzt wieder - nicht nur in endlosen Schmerzen und Trauer sondern auch im Guten.
Manchmal greift die Traurigkeit noch nach meinem Herz und hält es mit ihren langen knochigen Fingern so fest umklammert, dass es kaum schlagen kann. Dann fühle ich einen unglaublichen Druck auf meinen Körper wegen des Verlustes und es formieren sich alle quälenden und unbeantworteten Fragen meiner Welt in mir. In diesen Momenten falle ich zurück in die Starre der ersten Zeit nach Dir.
Doch es geht voran. Die Abstände werden größer, Du bist Vergangenheit - nicht nur im Kopf sondern zunehmend auch im Gefühlsleben.
Ich habe einiges geschafft und ausprobiert, seit Du weg bist. Die OP und die Folgen, aber allem voran den Jobwechsel. Ich frage mich manchmal, ob es zwischen uns anders gelaufen wäre, falls ich einen anderen Job gehabt hätte und wenn ich nicht seit Herbst letzten Jahres erst langsam und schleichend und dann immer massiver die große dunkle Wolke Depression auf mich hätte zu rollen sehen. Es ist müßig. Denn ich werde es nicht erfahren. Wie sehr meine Unzufriedenheit im Job und meine unglückliche Situation sich wohl doch auf das Privatleben ausgewirkt haben müssen, kann ich erst ermessen, seit ich diese nicht mehr habe. Doch hätte das etwas für uns geändert? War ich Dir nicht eine fröhliche und ausgeglichene Partnerin. Ja, oft müde, oft erschöpft, aber immer zugewandt, offen und unternehmungslustig.
Als Du Dich trenntest, hatte ich meine eigene Fassungslosigkeit darüber, dass ich trotz unseres Glücks von dieser schweren dunklen Wolke erfasst wurde und meine Schlussfolgerungen daraus, noch nicht mit Dir geteilt. Du wusstest also nichts davon; konntest es allenfalls ahnen.
Wie viel von all dem habe ich unbewusst und ungewollt in unsere Beziehung getragen? Es ist müßig, darüber nachzudenken. Denn es ist vorbei. Und dennoch. manchmal bleiben diese Fragen nicht aus. Im Ergebnis hätte ich es nicht anders machen können, als ich es getan habe. Ich habe nach Lösungen gesucht und mein Bestes gegeben. Mehr ging nicht.
Aus heutiger Sich ist ganz und gar erstaunlich, dass ich trotz der belastenden Entwicklungen um die Trennung und der monatelangen Einschränkungen wegen der OP sowie dem anschließenden Mobbing bei der Arbeit im letzten 3/4 Jahr doch von der Krankheit verschont geblieben bin. So waberte die Wolke doch bereits zuvor raumgreifend und bedrohlich auf mich zu und flutete dabei langsam und beharrlich jede meiner Zellen. Ich konnte sie visualisieren, ihre Anwesenheit spüren und ich wusste, ich würde erneut Hilfe suchen müssen, denn das hätten wir zwei allein nicht lösen können und das wäre auch nicht Deine Aufgabe gewesen.
In der akuten Trennungsphase war ich nicht in der Lage, mich ihr entgegen zu stellen. Im Grunde wäre ich das perfekte Opfer für ihre Einnistung und Entfaltung gewesen, denn ich hatte nichts entgegen zu setzen. Sie hätte jede Chance gehabt, sich mit ihren Widerhaken in mich zu krallen. Und doch hat sie vorher, wie beim Stop-Tanzen, Halt gemacht und sich - von kleinen Übergriffen abgesehen - selber eingefroren. Nur an wenigen Tagen hatte ich das Gefühl, diesbezüglich wirklich gefährlich auf der Kippe zu stehen. Wenn Körper und Seele an ihre Grenzen stoßen und keinen Umgang mit dem Erlebten finden, geraten sie in einen Schockzustand. Doch auch nach dem Lösen der wochenlangen Schockstarre blieb ich von ihr verschont.
Mittlerweile hat die Wolke sich sogar recht weit wieder zurück gezogen. Das ist rundum erstaunlich. Es ist ein Grund zur Freude, dass ich ihr angesichts ihrer starken und steigenden Präsenz um den Jahreswechsel und der anschließenden Entwicklungen in meinem Leben für dieses Mal entkommen zu sein scheine.
Vielleicht war das der Showdown und tiefere Sinn hinter allem.
17.10.2017 05:24 •
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