Was tun mit meiner unglücklichen Ehe?

Gefühlsschwankungen:
Ach Mensch! Zunächst mal, ich weiß wie anstrengend das ist. Für alle um einen herum, aber eben auch für einen selbst! Das mit der Amplitude hast Du gut beschrieben, ist auch mein Wort dafür. Es ist schon krass, wie sehr es nach oben und eben auch nach unten gehen kann.

Ich weiß nicht, inwieweit dir das bewußt ist, aber Gefühlsschwankungen hat jeder. Nur eben nicht 128 Mal pro Tag und schon gar nicht in der Amplitude. Das bedeutet eben auch, daß die meisten Menschen deutlich weniger Kraft im Alltag aufbringen müssen, sich selbst zu meistern, damit bleibt ihnen mehr Kraft für andere Dinge.

Persönlich, das ist aber Vermutung, glaube ich auch, daß ein Teil Deiner Isolation genau aus dieser Wahrnehmung herausresultiert. Es ist halt gemein, anderen dabei zuzuschauen, wie sie das Leben vermeintlich schneller, besser und einfacher meistern. Dann wird man recht schnell zum Zuschauenden statt mittendrin und voll dabei zu sein. Einerseits hat man das Gefühl, man wäre die einzige, der es so geht. Andererseits ist das halt sche**e und wenn etwas eben braun ist, dann, dann kommt früher oder später die Wut.

Womit wir ja schon ein bißchen bei unserem Lieblingsthema wäre: Wut und Aggression.

Jetzt wirst Du natürlich sagen, maaaaah, mein Vater hat mich nie wirklich geliebt, für meinen Mann war ich nicht mal so richtig gefühlt die erste Wahl, mein Sohn bevorzugt seinen Vater, mit meiner Schwester ist Zank und der AM war ein kompletter Vollidiot vorm Herrn. Ich habe jedes RECHT der Welt wütend zu sein.

Ja, das hast Du.

Total.

Und jetzt?

Ach du hattest erwartet, daß ich jetzt sage, daß es anderen auch schlecht geht? Daß ich selbst ne ziemlich sagen wir komplizierte Kindheit hatte und es ja dann auch den Welthunger, Kriege und die Klimakatastrophe gibt.

Ach, macht nicht, das du weniger wütend bist?
RICHTIG.
Du hast völlig recht, daß es anderen auch schlecht geht, hilft einem nicht selbst!
Das aber ist Lektion eins: Das heißt nämlich, daß es Dir nicht davon besser geht, daß es anderen schlecht geht. Deswegen ist es so völlig sinnlos, irgend jemandem die Pest und sei es dem AM an den Hals zu wünschen.
Ich verstehe allerdings, daß das schon ne mühsame Lektion ist . Nur man könnte ja versuchen, sich das immer mal ein bißchen vor Augen zu führen.

Wie geht es weiter?

Hier ist das Problem:

Zitat von Allaina2:

Eine längere stabile Phase hatte ich zuletzt in der Kindheit. Mit 19 lernte ich meinen Mann kennen. Da der von meiner Familie nicht akzeptiert wurde, gerieten wir beide ins Kreuzfeuer. Ihm war das egal, er hatte ja seine Familie. Ich wurde zunehmen hinaus gedrängt. Auch von meiner Schwester, die nun endlich die uneingeschränkte Nummer 1 sein durfte. Es gipfelte am Sterbebett meines Vaters. Er verstieß mich endgültig und enterbte mich. Meine Schwester vollstreckte seinen Wunsch. Seitdem bin ich ohne Wurzeln.

Wenn ich das lese, dann lese ich eben nicht nur Wut, sondern ich lese die Isolation von der ich eben gesprochen habe.

Weißt Du, man könnte jetzt denken, ich bin wütend darüber, daß ich so isoliert bin. Man könnte aber auch sagen, die Wut ist, was mich weiter in die Isolation treibt.
Verstehst Du das?
Wut, Ärger und manchmal auch Schmerz sind isolierend. Sie lassen uns Mauern errichten und mach Dir nix vor, aber andere merken so was natürlich auch und mal ehrlich, wenn du die Wahl hättest, würdest Du auch lieber mit jemandem rumhängen, der fröhlich ist, als bei jeder Kleinigkeit sofort annimmt, man wolle ihn persönlich angreifen.

Das ist das Problem: Ja, du hast jedes Recht der Welt wütend zu sein. Letztlich aber, führt es dich nur weiter in die Wurzellosigkeit, Isolation und eben das Gefühl, daß es alle leichter haben als Du selbst.
Das Problem an Aggression und Wut ist, daß, wenn man sie zu lange mit sich herumträgt, richtet sie sich immer gegen einen selbst.

Das ist fürchterlich traurig.

So und jetzt irst Du natürlich hingehen, dir denken, das klingt alles super logisch, also Shedia-typisch beschließen, ab Morgen bin ich nimma wütend, Problem gelöst, Danke für alles
Sorry Liebes, aber das hat vor einem Jahr nicht funktioniert und vermutlich auch vor 5 und wird morgen auch nicht funktionieren. Warum nicht? Weil man nicht beschließen kann, sich anders zu fühlen!
Man kann schauen, daß man Dinge anders sieht, aber die wenigsten bzw keiner von uns, kann beschließen ein bestimmtes Gefühl zu haben oder nicht zu haben.

Was also tun mit dieser Wut?
Tja, das ist ne sehr, sehr lange Geschichte und ich schreibe schon wieder Romane. Deswegen wäre es ja auch so schön, wenn wir wirklich mal in einem thread bleiben, damit wir ein Gespräch über das Thema führen können, ich wiederhole mich.

Die Kurzform der Geschichte in einem Wort: Tränen.
Wut ist die sehr, sehr laute Schwester des Schmerz. Schmerz will gesehen und gelebt werden, daher Tränen.

Vielleicht ist ne Klinik das richtige für dich, vielleicht ließe sich mit der Thera für den Moment einfach engmaschiger arbeiten. Vielleicht sind Medis doch keine schlechte Idee.
Das Forum kann dich sicher in den Anregungen und Themen unterstützen, es kann Dir auch Hilfe dabei sein, zu lernen Dinge zu formulieren, Du brauchst aber ganz gewiss auch das, was ich Heulen unter Aufsicht nenne.

Der ganze Schmerz über all die Jahre, hat ganz, ganz viele Tränen verursacht und die wollen geweint werden. Und zwar von Dir!

Bleib doch einfach mal ne Runde!

Ich bewundere dich @E-Claire . Toll, dass es dich gibt und das du so hilfst.

Die Angst vor der Entscheidung blockiert.
Die Krankheit würde einem die Entscheidung abnehmen.
Innerlich ist die Entscheidung wahrscheinlich schon gefallen. Du brauchst die Kraft, den Weg zu gehen.

Danke, das war voraus zu sehen. Ich entschuldige mich bei der Forenleitung für den entstandenen Schaden.

... und Tschüss