Soll ich loslassen?
Ihr Lieben, ich bin neu hier. Und ich hätte gerne ein paar Meinungen zu meinem Problem. Vielleicht sehe ich etwas nicht, oder betrachte es falsch...
Ich leben derzeit in einer Beziehungspause, allerdings wollen wir es beide hinkriegen und gehen zur Paartherapie. Ich versuche den Hintergrund mal zu erklären, was sicherlich schwer wird.
Wir sind 37 + 40, seit 11 Jahren zusammen, nicht verheiratet und haben zwei wirklich tolle Kinder (Junge und Mädchen, 6+9). Er hat schon eine fast erwachsene Tochter, die aber bei ihrer Mutter lebt.
Mein - ich nenne ich jetzt trotzdem einfach Partner - hat schon seit Beginn der Beziehung ein Nähe-Distanz-Problem. So würde ich es ausdrücken. Als wir uns kennenlernten, war er aufmerksam, lieb, hilfsbereit und sehr charmant, viel und vor allem tollen S.. Wenn ich jetzt zurückdenke, habe wir aber nie viel über ihn gesprochen, mehr über mich. Schon nach kurzer Zeit - vielleicht nach 3 Monaten - hat er sich plötzlich nicht mehr gemeldet. Über zwei Wochen war er wie spurlos verschwunden. Dann stand er plötzlich wieder vor meiner Tür, sagte, er hätte manchmal so etwas wie Depressionen und ich solle das nicht persönlich nehmen, jetzt wäre alles wieder gut. Ich habe es geglaubt und es auch nicht mehr weiter hinterfragt. Nach und nach kamen kleckerhaft seine Probleme zu tage. Er war selbstständig, hatte fast nie Geld, konnte manchmal am Ende des Monats kein Essen mehr bezahlen, weil die Konten gesperrt waren. Zu diesem Zeitpunkt lebten wir schon zusammen. Die Wohnung die wir gemietet hatten, hat er wirklich super mit mir zusammen renoviert. Er hat viel gemacht, geschufftet bis in die Nacht (ich habe gezahlt und tagsüber gearbeitet - blind, was?).
Kurze Zeit später hat sich der 1. Nachwuchs angemeldet. Ungeplant. Bis dahin wusste ich, dass es bei ihm beruflich schlecht läuft, dass meiste aber hausgemachte Probleme sind (gehe ich nicht zum Termin, kann ich logischerweise auch keinen Umsatz machen). Er hat versprochen das zu ändern, jetzt Gas zu geben, damit ich auch etwas zurückfahren konnte (ich bin beruflich ganz engagiert, manchmal ab es auch 50 oder 60 Stundenwochen). Manchmal, wenn ich ehr als geplant nach Hause kam, sass er am Schreibtisch oder sonst wo und tat nichts. Er hat etwas Haushalt gemacht, aber das meiste ist zusätzlich an mir hängen geblieben. Ich habe wieder das Gespräch gesucht, er meinte, er hätte so etwas wie eine Depression, wäre schon in Therapie gewesen, aber würde sich derzeit keine leisten können (Private Versicherung). Zu diesem Zeitpunkt wurde mir das erste Mal klar dass ich faktisch nichts von meinem Partner wusste, er sämtliche Dinge einfach von mir fern hält. Den Löwenanteil am Finanziellen habe ich getragen - es viel mir nicht auf, ich verdiene ganz gut, muss allerdings dafür auch viel arbeiten.
Es hat sich auch nach dem zweiten Kind nichts geändert. Dieser Zustand zog sich über mehrere Jahre, ich habe ihn immer gebeten, mit mir zu sprechen, sich mir anzuvertrauen. Ich habe ihm angeboten, dass er eine Umschulung machen kann, eine Ausbildung, oder einfach den Haushalt übernimmt, wenn er sich seelisch derzeit nicht in der Lage fühlt, dem Arbeitsdruck stand zu halten. Nichts, ich habe keine Antwort bekommen. Dann kam der Hoffnungsschimmer. Er hatte ein wirklich gutes Jobangebot. Auch in der Selbstständigkeit, aber wirklich gut. Er hat hoch und heilig versprochen, dass es sich jetzt ändert, dass er jetzt weiterkommt.
Wir haben ein Haus gemietet, damit wir mehr Platz für uns und die Kinder hatten, ich war endlich angekommen. Dachte, jetzt geht es vorwärts. Irgendwann stand ich im Supermarkt und konnte nicht zahlen, weil das Gemeinschaftskonto gesperrt war. Er hatte nicht nur seit Monaten seinen Anteil nicht überwiesen, es war auch wegen nicht gezahlter Rechnungen gepfändet und dann gesperrt worden. Aber auch hier keine Reaktion. Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen, ihn wirklich innigste zu bitten etwas zu tun. Und wenn es nur mit mir reden wäre. Das ich weiss was los ist, ich vielleicht helfen kann. Nix. Der Job ist in die Hose gegangen. Er hat etwas neues gefunden und das Spiel ging von vorne los. Zu diesem Zeitpunkt habe ich aber bereits definitiv gesagt, dass ich das so nicht mehr kann, dass ich vor die Hunde gehe. Das ich viel und hart arbeiten kann, aber auch mir der Rücken gestärkt werden muss. Das ich ihn brauche. Und dass ich nicht mehr weiss, wie lange ich diesen Zustand noch aushalte. Nichts. Irgendwann bin ich in meiner Hilflosigkeit in den Vorwurf verfallen. Ich weiss, dass das falsch war, aber ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Dazu kommt, dass mein Partner recht cholerisch und wirklich miesepetrig ist (was ich in seiner Situation mit dem Druck nachvollziehen kann). passt im was nicht, wird er schnell aufbrausend und brüllt. Das war zusätzlich eine Belastungsprobe. Auch für die Kinder.
Ich habe dann noch fast 2 Jahre gekämpft, ihn immer wieder um Gespräche gebeten (nicht täglich, sondern immer so, dass er ausreichend Zeit zum Nachdenken und für Antworten gehabt hätte). In der Zeit habe ich angefangen mich zu distanzieren, S. wurde zur Tauschware (wobei der S. nicht ausblieb, aber es reduzierte sich auf 5-6 mal im Monat), hatten wir S., war er gut gelaunt, für 1 - 2 Tage, dann ging es von vorne los. Das war nicht so mein Ding, ich habe es angesprochen, aber er fand ich sehe Einhörner oder was auch immer...
Dann kam der Supergau. Der neue Job lief nicht, und ich bin aufgewacht und war nicht mehr wütend, ich wollte einfach nicht mehr. Und ich habe ihm gesagt, wenn ihm etwas an uns liegt, soll er lernen Verantwortung zu übernehmen. Er soll sein Seelenheil in Ordnung bringen und vielleicht haben wir dann noch einmal eine Chance. So kann ich nicht mehr und gehe vor die Hunde. Ich wollte auch eine räumliche Trennung, damit ich mir selbst meiner Gefühle bewusst werden kann. Es dauerte drei Monate, bevor er auszog. Kurz vorher suchte er das Gespräch. Er hätte Depressionen, Existenzängste, Verlustängste und Selbstzweifel. Ich habe ihn gebeten, sich Hilfe zu holen, auch auf meine kann er bauen, aber unseren Zustand müsste ich so in der Form beenden.
Er ist dann ausgezogen und hat sehr stark auf mir rumgehakt, ich hätte ihn ausgenutzt etc pp. Ich habe diese verbalen Attacken auf seine verletzten Gefühle geschoben. Wir haben nach 6 Wochen mit einer Paartherapie begonnen. Er wollte zurück, er wolle sich ändern. Aber auch ich müsse mich ändern. Was ihm fehlt, was er erwartet, was er für Bedürfnisse hat - Fehlanzeige. Aber irgendwie habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wenn er sich Hilfe holt, wir es schaffen könnten. Aber dazu müsste er es einsehen.
Nun gehen wir seit acht Wochen regelmässig zur Paartherapie. Und dann kam der große Schock. Eine Freundin hat mir erzählt, dass er schon 3 Wochen nach seinem Auszug eine wesentlich jüngere Frau kennen gelernt hat. Aber mehr wisse sie nicht. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber es kamen immer mehr Ungereimtheiten auf den Tisch. Dann habe ich letzet Woche im Anrufprotokoll 1000 Anrufe an ein und die selbe Frau gesehen (ich habe nicht geschnüffelt, ich musste telefonieren und hatte mein Handy nicht dabei, er gab mir seins). Und jetzt weiss ich es. Er hat eine Affäre / Beziehung was auch immer, zu dieser Frau. Seit über acht Wochen. Man könnte jetzt sagen, wieso, er ist doch ausgezogen. Aber auf der andern Seite, haben wir beide bei der Paartherapie gesagt, wir wollen es versuchen. Und ein ganz großes Thema meinerseits ist Ehrlichkeit und Vertrauen. Ich weiss gerade nicht, was ich machen soll. Schlage ich denn eine Paartherapie vor und sage, ich will es mit Dir schaffen und habe parallel eine Affäre? Wie will ich mich denn dann tatsächlich auf die alte Beziehung konzentrieren. Er ist total ahnungslos. Weiss nicht, dass ich es weiss. Ich werde es in der kommenden Sitzung ansprechen. Aber was tue ich? Lasse ich ihn ziehen? Zeigt er mir nicht damit, wie wenig ihm an unserer Beziehung liegt? Oder kann er einfach nicht alleine sein? Ich habe sowas wie Schmetterlinge im Kopf, die surren da rum, ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was meint Ihr dazu? Bin ich naiv? Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich auch Fehler gemacht habe, dass ich auch Dinge an mir ändern muss. Aber ich weiss im Moment nicht weiter. Vielleicht macht es auch einfach keinen Sinn mehr, weiter an dieser Beziehung festzuhalten. Er fehlt mir und ich würde es wirklich gerne wieder hinbekommen. Aber das aller letzte bisschen Vertrauen, was noch da war, ist jetzt endgültig zertreten.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich ein paar objektive Antworten kriege. Ich weiss einfach nicht mehr weiter. Da ist gar kein rankommen, auch nicht während der Therapiestunden.
Ich danke Euch fürs Lesen, ist etwas lang geworden, aber 11 Jahre handelt man wohl nicht in zwei Sätzen ab.
LG Miss Verwirrt