Hallo,
ich finde die Beiträge von ExMitschreiberin sehr sehr hilfreich beim Verarbeiten dessen, was einem passiert ist - und woran fast jeder, dem es passiert ist, noch sehr lange zu knabbern hat.
Seinerzeit war ich dem großen Thread der Ex-Partner von Menschen, deren Verhalten soviele Rätsel aufgibt. Dort stieg ich dann wieder aus, weil ich nicht mit der Wucht umgehen konnte, mit der dort auf eben diese Ex-Partner sozusagen eingedroschen wurde - im Nachhinein eingedroschen wurde. Ich konnte einfach nicht so denken und fühlen. Es fühlte sich so unfair an für mich...
Ja, ich war sehr verzweifelt, als sich damals der Mensch, dem ich zutiefst geglaubt hatte, was er sagte und wie er mir seine Zuneigung zeigte, von heut auf morgen von mir abwendete - als wäre da nie etwas an Gefühlen für mich von seiner Seite aus echt gewesen. Noch niemals hat mir etwas dermaßen die Kraft genommen wie diese Trennung. Und ich suchte wie besessen nach Antworten, was da geschehen war... wollte verstehen, ihn, mich, uns.
Mittlerweile weiß ich, auch aus meinem Umfeld, dass jeder seine Art hat, mit etwas umzugehen, dass ihn in tiefster Seele verletzt hat.
Da gibt es die Menschen, denen es gegeben ist, sich darauf zu konzentrieren, dass sie selbst nichts dafür können. Denen es relativ leicht fällt, mit dem Finger auf die Person zu zeigen, die Schuld daran ist, dass eine Beziehung nicht gut war, einen selbst eigentlich oft unglücklich gemacht hat, und letztendlich gescheitert ist. Meistens sogar von dieser gestörten Person beendet wurde... nicht von einem selbst. Denn man selbst hat ja geliebt...
Und dann gibt es Menschen, die das nicht können. Denen es einfach nicht hilft, mit den Schmerzen und der Trauer fertig zu werden, die das Scheitern dieser unglückseligen Beziehung in einem hinterlassen hat, indem sie nur anklagend auf den anderen schauen, der Teil dieser Beziehung war.
Und sicher gibt es dann noch wieder Menschen, die irgendwo dazwischen denken und fühlen.
Mir ist es wie ExMitschreiberin und einigen anderen hier, nicht gegeben, nicht auch bei mir, in meinem Verhalten, nach Antworten zu suchen.
Meine Trennungsgeschichte ist nun einige Jahre her. Die offizielle Trennung, meine ich. Die innere Trennung hat für mich noch Jahre gedauert. Es war schwer, unsagbar schwer. Und ich weiß nicht, wie oft ich mir gewünscht habe, ich könnte diesen Menschen einfach nur verachten für seine Unfähigkeit, Zugang zu seinen Gefühlen zu haben, oder wenigstens seinen Gefühlen die richtige Bezeichnung zu geben. Oder sich wenigstens bemühen, an den Kern seines Verhaltens zu kommen...
Ich konnte es nicht. Konnte ihn nicht verachten für etwas, was er einfach nicht kann. Aus Bequemlichkeit, oder aus Angst vor dem, was da zu sehen wäre, oder aus was für Gründen auch immer er es nicht konnte.
Denn sofort tauchte dann bei mir auf, dass auch ich vieles nicht kann. Dass auch ich nicht in der Lage bin, mein Wesen einfach zu ändern.
Wir haben noch heute Kontakt. Ist das gut, ist das schlecht? Vielleicht beides. Gut war es zumindest für mich in der Hinsicht, dass ich im Nachhinein sovieles sehen konnte, was ich während unserer Beziehung nicht gesehen habe (nicht sehen wollte?) - ohne nur spekulieren zu müssen.
Ob er tatsächlich eine starke narzisstische Persönlichkeitsstörung hat, kann ich nicht sagen. Es weist vieles darauf hin, wenn ich danach gehe, was einen solchen Menschen ausmacht lt. wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Aber das ist nur die eine Seite, die beim Verstehenwollen des Ganzen hilft. Wenn auch eine für mich fast unfassbare Seite. Aber es gibt sie...
Die andere ist die, warum ich ausgerechnet diesen Menschen so sehr in mein Leben aufgenommen habe. Ich, die immer darauf bedacht war, möglichst unabhängig von anderen Menschen zu sein. Der es kaum gegeben ist, tiefe Bindungen zu anderen Menschen einzugehen, sich auf sie zu verlassen. Deren einzige wirklich tiefe Bindung bis dahin nur zu ihren Kindern bestand (die nicht seine waren) - eine Liebe ohne wenn und aber zu ihnen empfand und empfindet.
Dieser Mensch hat mir dann etwas gegeben, was mir fehlte - es war nur eine Illusion, aber sie hat mir geholfen. Über Jahre geholfen. Trotz allem, was ich dafür hingenommen habe.
Auch ich habe ihm wohl etwas gegeben, was ihm fehlte - und ich war eine permanente Herausforderung für ihn, denn ich habe ihn nicht angehimmelt. Wahrscheinlich ist er nur deshalb auch solange in meinem Leben geblieben... immer in der Hoffnung, dass dieser Tag kommt.
In meinem Leben... das schreibe ich bewusst so. Denn er ist einsam in seinem eigenen; sehr einsam. Und er hat sich schon seit frühester Jugend immer jemanden gesucht, dessen Leben er mitleben kann. Es waren nicht immer nur Frauen. Ich lernte ihn dadurch kennen, dass er sich in das Leben meines Bruders hängte... auf eine sonderliche Art, sozusagen wie in einer Partnerschaft. Aber ihm half das, und er konnte so dem Bild entsprechen, was er von sich hatte - in seiner Vorstellung. Einem -denke ich- verzerrten Bild. Der coole Typ, der gut aussieht, der in der Clique meines Bruders oft der Star war mit seiner Art, die Leute zum Lachen zu bringen...
Aber dem Bild von sich zu entsprechen, gelang ihm halt nur, wenn er sich an jemandem festhalten konnte.
Das habe ich übrigens damals nicht so sehen können.
Denn als ich ihm das 1. Mal begegnete, unsere Augen sich trafen, da sah ich etwas ganz anderes... vielleicht die Einsamkeit, ich weiß es nicht genau.
Ich war sofort angezogen von ihm. Er war volltrunken, sah furchtbar aus in seinen Klamotten, tanzte angeberisch, als wäre er ein John Travolta auf der Bühne - und doch, für mich waren diese Dinge, die ich eigentlich nicht mochte, wie ausgeblendet. Ich wusste auch, dass er jünger ist als ich (die ganze Clique meines Bruder war jünger, da auch mein Bruder jünger war als ich). Ich sah nur diese Augen...
Und nichts zählte mehr für mich. Nichts von alldem, was dagegen sprach, mit diesem Menschen eine Beziehung einzugehen (es sprach sehr viel dagegen). Und ich zog ihn in mein Leben - ja, so muss ich das heute sagen. Die Initiative übernahm ich. Ob wir je zusammengekommen wären, wenn ich still gehalten und abgewartet hätte, ob von ihm da etwas kommt, er sich bemüht... wahrscheinlich nicht. Denn was Frauen betrifft lässt er sich suchen und in eine Beziehung ziehen. Er ist diesbezüglich in gewisser Weise sehr phlegmatisch. Auch das ist mir erst hinterher bewusst geworden...
Aber ich möchte hier nun nicht unsere ganze Geschichte aufschreiben. Das würde ein Buch werden, ein sehr dickes.
Für mich war es rückblickend nur wichtig, auch darüber nachzudenken, wie es überhaupt zu einer Beziehung zwischen ihm und mir gekommen ist. Warum er, warum ich?
Wir haben wie gesagt nie den Kontakt zueinander ganz verloren. Für mich war das eine schmerzhafte Gratwanderung, da ich noch soviel empfand für ihn. Er wiederum hatte jemand Neues gefunden, in deren Leben er sich hängen konnte. Eine ansich tolle Frau für ihn. Von den äußeren Umständen her ideal (anders, als es bei uns beiden war). Viele gemeinsame Interessen (im Gegensatz zu ihm und mir). Und sie vergötterte ihn (anders, als ich es je getan hatte). Die Menschen in ihrer Welt nahmen ihn als Star auf. Sie bestätigten ihm sein tolles (exzessiv antrainiertes) Aussehen in Bezug auf seinen Körper. Und er sorgte für Unterhaltung...
Er war lieb und fürsorglich im Umgang mit seiner neuen Frau (das war er davor übrigens auch mir gegenüber meistens; das war die Seite an ihm, die mir so verdammt fremd bis dahin war, und die mir doch so unfassbar gut getan hatte). Er passte sich unglaublich ihrem Leben an. Lernte viel Neues kennen. Er war nicht nur ein Star, er fühlte sich auch wie einer.
Nur... er schrieb mir nach einer gewissen Zeit öfter. Dass er nicht wisse, was er da tue. Dass er irgendwie über allem schwebe. Dass er sich nicht angekommen fühle. Dass er gar nicht wisse, was er überhaupt fühle - für sie, für alles um ihn herum. Er wisse, dass das alles gut ist, vom Kopf her - aber er fühle sich nicht gut.
Und doch machte er weiter. Nahm sogar ihre Sprache an - Worte, die ihre waren, wurden zu seiner Art, sich auszudrücken. Ich merkte das ganz deutlich, wenn er mir wieder einmal schrieb.
Und dann machte er Schluss mit ihr (wollte sich dabei aber an mir festhalten, aus Angst vor dem Alleinsein, das merkte ich). Kaum war Schluss, fehlte sie ihm. Sie wäre die Liebe seines Lebens. Sie kamen wieder zusammen. Er atmete auf.
Etwas später... er schrieb mir, es hätte keinen Sinn mit ihr. Es würde nichts nutzen, dass sie ihn liebe. Er empfinde nicht das Gleiche für sie. Wieder Schluss. Er müsse sein Leben leben... 2 Tage hielt seine Euphorie an, das Richtige getan zu haben... dann wieder das Umschwenken. Sie sei doch die Liebe seines Lebens. Und ein weiteres Mal bekam er sie zurück durch seine Bezeugung, wie sehr er sie liebe...
Es hielt wieder nicht lange an. Er bemühte sich... vergebens. Brach wieder aus. Suchte die Gründe dafür bei ihr, fand welche. Verletzte sie erneut. Wieder euphorisch auf den eigenen Weg gemacht - wieder gescheitert nach ein paar Tagen. Nur gab es diesmal kein zurück mehr. Sie hatte sich relativ schnell (aus Selbstschutz vllt.?) jemand anderen gesucht, mit dem sie ihre Vorstellung von Partnerschaft leben konnte...
Er wurde fast verrückt. Ich habe ihm geholfen in dieser Zeit, er konnte sich tatsächlich in gewisser Weise an mir festhalten, damit er nicht ganz alleine ist. Warum ich das getan habe? Er war ein Teil von mir geblieben. Trotz allem.
Heute lebt er alleine. Er schreibt mir oft. Braucht sein Guten Morgen und Gute Nacht - von mir. Noch von mir. Wohl bis ihn eine neue Frau in ihr Leben holt. Er bemüht sich, alleine klarzukommen. Seine Highlights sind Momente, in denen er seinen gut durchtrainierten Body im Spiegel anschaut (schickt mir manchmal Fotos davon; er fotografiert sich selbst gern und oft); in denen andere ihm signalisieren, wie toll er in seinem Alter noch aussieht (davon erzählt er mir gern und oft); in denen er mit seinem aufgemotztem, besonders lautem Motorrad die Menschen auf den Straßen auf sich aufmerksam macht (darüber schreibt er mir lebhaft)... bewundernd aufmerksam macht - hofft er. Davon träumt er. Er möchte wirklich so gerne ein Star sein... vermute ich.
Was er fühlt in seinem Leben, das weiß er nicht. Immer noch nicht. Hat keinen Zugang dazu. Außer eben in den Momenten, wo er bewundert wird... da fühlt er sich verdammt gut.
Und ich? Ich bin wahrscheinlich das ganze Gegenteil von ihm. Lebe sehr sehr zurückgezogen seit der Trennung. Will nicht auffallen. Radel durch die Gegend als Ausgleich für mich. Habe mir einen kleinen Garten zugelegt, der mir innere Ruhe schenkt, wenn ich darin so gut ich kann rumwerkel. Manchmal fühle ich mich sehr einsam. Aber ich weiß, dass diese Phasen vergehen, dass es gute und schlechte Tage gibt.
Und ich denke, ich habe meinen Frieden geschlossen mit unserer Geschichte. Hoffe, die Trennung (von einem Narzissten?) aufgearbeitet zu haben - sehr mühsam, und mit teilweise schrecklich wehtuender Selbstspiegelung, aber für mich notwendig. Und er hat mir dabei geholfen, ohne dass es ihm bewusst war. Weil er sicher ganz andere Beweggründe hatte, weiterhin in Kontakt mit mir zu bleiben.
Ich bin froh, wenn ich hier Beiträge lese, in denen Menschen schreiben, denen es ähnlich ergangen ist oder ergeht wir mir nach der Trennung von jemandem, der einen glauben ließ, woran man so gerne glauben wollte... Und warum dieser Glaube blieb, obwohl die Realität ihn hätte ausradieren müssen.
Er ist wie er ist. Es war ihm immer wichtig, dass ich ihm glaubte. Sehr wichtig. Vielleicht, weil er sich selbst nicht trauen kann.
Doch dass ich es getan hatte, dass ist alleine meine Sache. Da hätte ich besser auf mich aufpassen müssen - weil das sonst niemand kann. Wahrscheinlich hatte ich das nie richtig gelernt...
Aber nun habe ich es ja gelernt. Sehr schmerzhaft gelernt. Das musste wohl so sein.
Lieben Gruß
die imNeonlicht
10.08.2015 06:24 •
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