Natürlich kennt ihr weder mich, noch meinen Mann. Ich kann euch versichern, dass Dominanz absolut kein Charakterzug auf meiner Seite ist. Ich bin auch nicht die Mama, die sich um alles kümmert. Und ich bin nicht die starke Frau, die den Mann nicht ranlässt oder ihm keine Gelegenheit gibt, sich zu beweisen.
In unseren ersten Ehejahren hat es uns beiden Freude bereitet, für den anderen etwas zu tun. Niemand hat etwas vom anderen erwartet oder verlangt, beide haben trotzdem oder gerade deshalb alles gegeben und zwar mit Liebe zum anderen.
Im Laufe der Zeit hat das natürlich nachgelassen und das war uns beiden bewusst. Wir haben immer noch viel gemeinsam unternommen und trotzdem auch dem Anderen Raum für eigene Dinge gelassen. Was uns beide in den letzten Monaten umgetrieben hat, ist die Angst vor dem Alter. Darüber haben wir auch gesprochen.
Ich habe wohl nicht richtig ausdrücken können, was ich z.B. mit dem Satz mich muss und kann er nicht beeindrucken meinte. Ich dachte, der vorherige Satz würde das erklären. Deshalb nochmal: mein Mann meint, über materielle Dinge Menschen beeindrucken zu müssen. Dass das funktioniert hat, sieht man ja. Er hat Eindruck gemacht durch seine Klamotten, sein Auto, seine gespielte Großzügigkeit.
Er hat auch zugegeben, dass er in der Reha alles dafür getan hat, dass andere ihn bewundern und zu ihm aufsehen, weil er das (seine eigenen Worte) bei denen spielend auf diese Weise geschafft hat, weil sie halt nicht so viel hatten wie er.
Gleichzeitig ist er froh, dass seine Frau ihn liebt, wie er als Mensch ist und nicht, was er darzustellen versucht.
Das hat bei ihm angefangen, als in den letzten Jahren im Job immer mehr Jüngere kamen und aus seiner Sicht mehr konnten, die ihm den Rang ablaufen könnten. Seine Hoffnung war ursprünglich, dass man ihm Wege aufzeigt, die nicht zu ändernde Tatsache des Älterwerdens zu akzeptieren statt mit aller Kraft zu ignorieren und sich schlechter zu fühlen.
Wir sind beide jahrelang den einfachen, aber falschen Weg gegangen. Er, indem er Situationen, Umständen oder Anderen die Schuld für seine Probleme gegeben hat. Ich, indem ich als erstes bei mir die Schuld gesucht habe. Das zum Thema dominante Frau.
Aber ich bin nicht böse, dass der Eindruck entstanden ist. Ihr kennt mich nicht und ihn auch nicht. Und Sätze kann man anders für sich formulieren, als sie von jemandem gelesen werden.
Zitat von Begonie: Es liest sich: Du machst das jetzt in meinem Beisein, damit ich weiß, dass Du es ordnungsgemäß erledigt hast.
Vielleicht noch zum Thema Telefonieren in meinem Beisein. Ich habe ihn nicht gezwungen, die Sache zu beenden. Es war seine Entscheidung, am Abend vor dem Telefonat. Mir ging es darum, dass er nicht per Whatsapp Schluss macht, damit er sich klar darüber wird, was vorgefallen ist. Im Grunde stimmt deine Aussage, Begonie. Man möge mich steinigen, aber mein Vertrauen war vollkommen zerstört. Ich konnte nicht, nachdem ich belogen worden bin, vertrauensvoll sagen: du regelst das schon und weiter im Text. Woher bitte, soll ich denn wieder Vertrauen zu ihm haben? Ihr ward nicht dabei, als ich tagelang belogen und hintergangen wurde. Das tut verdammt weh und tut es noch immer.
Ich habe ihm gleich zu Anfang, als es raus kam gesagt, dass ich in der nächsten Zeit aufmerksamer, misstrauischer, eifersüchtig sein werde. Ich kann sowas nicht einfach vergessen und abtun. Seine Antwort (die mir beweist, dass er mich liebt) war eindeutig: er wisse, dass er der Auslöser für diese Gefühle ist und dass er damit umgehen kann. Er hätte mit viel Schlimmerem gerechnet.