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Beziehung und Trauer möglich?

G
Hallo liebe Gemeinde,

ich möchte mich hier etwas austauschen und beraten, da ich mit meinem Latein am Ende bin. Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier überhaupt richtig bin. Meine Partnerin verstarb vor 1 Jahr. Nun habe ich seit kurzem eine neue Freundin. Obwohl wir erst 3 Monate zusammen sind, gibt es oft Streit und Missverständnisse. Ich befürchte fast, ich habe mich aus Einsamkeit zu schnell auf etwas neues eingelassen. Für meine Bitten um Verständnis hat sie wiederum kein Verständnis. Ich denke nun über Trennung nach, obwohl ich sie sehr gern habe. Was meint ihr? Gibt es keine Chance, auch noch in der Beziehung über meine Trauer hinwegzukommen, oder ist es tatsächlich unfair meiner Freundin gegenüber?

Liebe Grüsse
der George

02.06.2020 10:26 • #1


I
Hallo George111, erstmal mein Beileid zum Tode deiner Partnerin. Das ist ein schreckliches Erlebnis, sie war sicher ähnlich jung wie du?

Sowas zu verarbeiten dauert natürlich seine Zeit und du bist noch mittendrin im Trauerprozess.

Das weiß auch deine Freundin und sie spürt, dass sie nicht in deiner Gefühlswelt an erster Stelle steht und deine Gedanken oft ganz woanders sind.
Vermutlich daher auch die Streits? Oder um welche Themen geht es?

Was dir jetzt eher gut tun würde wäre eine Freundin (oder ein Freund) der für dich da ist wenn du es brauchst, zum reden und ablenken etc.
Was du aber im Moment noch gar nicht gebrauchen kannst ist eine Beziehung, in der gegenseitige Erwartungen erfüllt werden sollten. Dafür ist dein Kopf noch nicht frei und es wäre ihr gegenüber unfair in der Warteposition verharren zu müssen.
Wie steht sie denn selbst dazu?

02.06.2020 11:22 • x 1 #2


A


Beziehung und Trauer möglich?

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G
Vielen Dank für deine einfühlsame Antwort. Sie starb durch einen Autounfall und ja, natürlich, ich bin darüber nicht hinweg. Trotz allem, ich werde es wohl nie ganz vergessen können und möchte aber trotzdem dass mein Leben weitergeht. Ich wollte immer Familie haben, ich habe nun eine liebe Frau gefunden, aber ja, selbstverständlich fühlt sie sich irgendwie wohl als 2.Wahl. Ich war von Anfang an ehrlich zu ihr, trotzdem ist sie jetzt der Meinung, in Konkurrenz zu einer Verstorbenen treten zu müssen. Auch ich finde es nicht fair.

02.06.2020 11:29 • #3


DieSeherin
auch von mir erst einmal eine herzliche umarmung

einen geliebten menschen zu verlieren ist wohl in jedem alter kaum zu ertragen und es muss einiges an trauerzeit und -arbeit sein, damit man an etwas neues herangehen kann... und trotzdem die erinnerung pflegen kann.

erzähl mal ein wenig von deiner neuen freundin... an was reibt sie sich denn auf? inwiefern vergleicht sie sich, bzw. tritt in konkurrenz? erzählst du viel von deiner verstorbenen freundin? was erzählst du ihr?

02.06.2020 11:39 • x 1 #4


S
Hi George, erst einmal willkommen hier bei uns und natürlich bist du hier richtig! Auch ich möchte dir mein Beileid aussprechen zum Verlust deiner Partnerin. Ich sehe es ähnlich wie das Irrlicht. Eine Beziehung ist ja auch immer Arbeit und man sollte schon den Kopf frei dafür haben. Nur so kann man diese Früchte einer Beziehung auch wirklich genießen. Du trägst mit deiner Trauer einen großen Rucksack mit dir rum und deine neue Freundin hat angeboten, ihn ein Stück weit mit dir zusammen zu tragen. Doch so sehr der Wunsch Vater des Gedankens ist, die Umsetzung steht auf dem nächsten Blatt. Und damit wird diese Beziehung von vorherein eben auch ein Stück weit belastet. Ganz automatisch.
Zitat von George111:
ich werde es wohl nie ganz vergessen können und möchte aber trotzdem dass mein Leben weitergeht. Ich wollte immer Familie haben

Ich denke, das ist dein gutes Recht, doch besteht deine Zukunft mit Partnerschaft immer aus zwei Leuten. Du solltest mehr Geduld mit dir haben. Du bist noch jung und dir stehen alle Wege offen.

02.06.2020 11:42 • x 1 #5


G
Danke euch!
Mittlerweile versuche ich nicht mehr viel über sie zu reden, dennoch ist bereits irgendwie der Wurm nun drinnen. Sie weiss eben, dass ich auch mit meiner verstorbenen Partnerin mir sehnlichst Hochzeit und Kinder gewünscht habe und nimmt es nun nicht mehr sehr ernst, wenn ich sage, ich möchte es nun mit ihr.
Ein grosser Streit war letztens zB auch die Bilder von ihr, die ich noch überall in meiner Wohnung hängen habe. Diese sollte ich nun endlich abnehmen, was ich nicht wirklich möchte.

02.06.2020 12:21 • x 1 #6


S
Das meinte ich.. ja es wird der Moment kommen, da hängst du die Bilder von ganz allein ab. Und dann kommen noch ein paar andere Momente dazu. Da tust du wieder Dinge, für die es an der Zeit ist. Und um auf deine Threatfrage zu kommen. Ja, das geht prinzipiell.Nur bedarf es dafür eine Gegenseite, sie ganz groß in Geduld ist und nicht wirklich hohe Ansprüche stellt.
Aber eigentlich solltest du die Frage klären, ob du schon bereit bist, dich einen neuen Menschen soweit öffnen zu können, dass der deine Vergangenheit geregelt kriegt.

02.06.2020 12:39 • x 1 #7


S
Hallo George,

zum Verlust Deiner Partnerin auch von mir ganz herliches Beileid.

Aber! Irgendwie tut mir Deine neue Partnerin leid. Wenn noch die Fotos der Verstorbenen Partnerin in der Wohnung hängen, ist meines Erachtens nach der Trauerprozess längst nicht abgeschlossen und natürlich hat so die neue Partnerin auch kein gutes Gefühl.

Ich finde es aber gut, dass Du über die Situation nachdenkst.

Liebe Grüße Smart

02.06.2020 12:40 • x 3 #8


I
Zitat von George111:
Ein grosser Streit war letztens zB auch die Bilder von ihr, die ich noch überall in meiner Wohnung hängen habe. Diese sollte ich nun endlich abnehmen, was ich nicht wirklich möchte.

Der Wunsch deiner Freundin ist verständlich. Keiner hat gerne einen Partner, der einem anderen nachtrauert. Auch wenn sie in deinem Fall von vornherein Bescheid wusste, hat sie wohl doch nicht damit gerechnet wie allgegenwärtig deine ehemalige Freundin noch ist.

Dein Wunsch die Bilder noch um dich zu haben zeigt, dass du noch nicht bereit bist sie loszulassen.
Sie loslassen bedeutet nicht, dass du sie vergisst. Das wird niemals geschehen und sie wird auch immer als ein Stück von dir in deinem Herzen weiterleben.
Es bedeutet aber, dass dein Fokus wieder nach vorne gerichtet ist und deine Gedanken nicht mehr dauernd nur um sie kreisen. Du wirst dann wieder offen sein für eine neue Beziehung auch offen zum gründen einer Familie mit einer Frau, die bei dir an erster Stelle steht.

Aber du bist noch nicht soweit. Es ist ein Prozess , der seine Zeit braucht und er kann auch nicht dadurch beschleunigt werden indem man so tut als wäre nichts gewesen.

Gib dir die Zeit. Vielleicht kommen deine jetzige Freundin und du zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zusammen oder du findest eine andere.
Aber im Moment kannst du keiner Frau das geben, was sie als deine Partnerin verdient.

02.06.2020 12:42 • x 2 #9


R
Hey George!

Möchte dir auch mein Mitgefühl aussprechen für den Verlust und deine Gefühle.

Du machst nichts falsch , weil du Dich noch nicht einem anderen Menschen öffnen kannst und wohl noch Zeit für die Verarbeitung benötigst.
Deine neue Partnerin macht ebenso nichts falsch, indem sie mit der Situation so kaum umgehen kann.
Manchmal passen Dinge einfach sowohl zeitlich als auch zwischenmenschlich nicht.

Zudem besteht in der Trauerzeit die Gefahr Dankbarkeit mit Liebesgefühlen zu verwechseln, wenn man sich einlässt auf etwas neues ohne frei im Kopf zu sein.

ich wünsche Dir viel Kraft!

02.06.2020 12:45 • x 2 #10


B
Nimm dir Zeit,in aller Ruhe deinen schweren Verlust zu verarbeiten.
Die Situation ist auch für deine Freundin nicht leicht,da kann ich sie auch verstehen.Der Streit mit den Bildern deiner verstorbenen Freundin hat dir eigentlich schon alle Antworten gegeben: Du bist nicht bereit, die Erinnerungen an sie in einer Trauerkiste zu verstauen und brauchst sie noch um dich herum.Deine Freundin kann und will nicht von ihnen umgeben sein.
Somit ist es einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt, eine Beziehung zu führen, in der Beide frei sind.
Lass deine Freundin gehen.
Und wenn du deine verstorbene Freundin loslassen kannst, ist auch wieder Platz für eine neue Frau an deiner Seite.

02.06.2020 12:49 • x 2 #11


S
George, hast du jemanden an deiner Seite, mit dem du den Prozess des Verlust aufarbeiten kannst? Und wenn ja, ist der einschlägig dahingehend ausgebildet?

02.06.2020 12:53 • #12


DieSeherin
also, ein wenig verstehe ich die neue partnerin zwar schon, aber der unfall liegt erst ein jahr zurück! und einem menschen, den ich von herzen liebe, dem gebe ich die zeit, die er braucht!

natürlich ist es für eine so junge frau bestimmt schwierig zu sehen, dass da im herzen von dir noch eine andere frau ist, dass an der wand noch bilder von ihr hängen, aber sie wusste doch von anfang an, auf was sie sich einlässt, oder?

auf der anderen seite solltest du auch einen schritt zurück gehen und dir wirklich zeit lassen... zeit mit den neuen zukunftsplänen. für die zukunft ist noch zeit, wenn du die vergangenheit sortiert hast

02.06.2020 13:28 • #13


G
Danke euch für die vielen Antworten! Ja, eine Trauergruppe besuche ich, sie wird von selbst betroffenen Ehrenamtlichen geführt. Sie sagten in etwa dasselbe, es wäre noch zu früh. Dennoch wollte ich mein junges Leben nicht immer nur in der Vergangenheit verbringen. Das ist so unendlich schwer und auch wenn mir die Gruppe enorm hilft, habe ich mich natürlich wieder nach weiblicher Nähe gesehnt. Und dann sie zufällig getroffen. Ich dachte sogar, meine verstorbene Partnerin hätte sie mir irgendwie geschickt. Da sie bestimmt mich auch glücklich sehen wollen würde. Doch ich habe es mir etwas zu leicht vorgestellt.

Meine Frage nun: meine Freundin möchte mich nicht verlassen, sie denkt wir kriegen es hin, wenn ich nur auf sie höre und nach vorn schaue. Soll ich den Schritt der Trennung aussprechen? Obwohl das ja eigentlich auch das letzte ist, was ich möchte?

02.06.2020 13:47 • #14


DieSeherin
Zitat von George111:
meine Freundin möchte mich nicht verlassen, sie denkt wir kriegen es hin, wenn ich nur auf sie höre und nach vorn schaue. Soll ich den Schritt der Trennung aussprechen? Obwohl das ja eigentlich auch das letzte ist, was ich möchte?


vielleicht solltet ihr mal jeder aussprechen (ohne vom anderen unterbrochen zu werden), wie er sich das zusammenwachsen, den umgang mit der vergangenheit vorstellt und dann schauen, ob es einen weg gibt, der für beide gangbar ist.

sie will, dass du nur nach vorne schaust und alle bilder abhängst - du willst einen gewissen raum für deine verstorbene lebensgefährtin haben und die vergangenheit nicht einfach komplett vergessen (was ich auch für totaln quatsch halte)... da gibt es doch so viel dazwischen, auf das ihr euch vielleicht einigen könntet?

02.06.2020 13:56 • x 2 #15


A


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