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Ex braucht Hilfe - plötzlich ist alles ganz anders

D
Eine etwas andere Art von Trennungsschmerz .
K. (heute 78) und ich lernten uns 1999 in Hamburg als Kollegen kennen und schätzen. Beide waren wir damals in zweiter Ehe verheiratet, er - wie's schien - glücklich; in meiner Ehe hingegen war der Holzwurm. Um sie zu retten, ließ ich mich Ende 2000 in meine Heimat versetzen, wo auch mein EM arbeitete. Aus beruflichen Gründen jedoch blieben K. und ich in Kontakt und freundeten uns an.
Eherettung bei mir ging so oder so schief, und im Juli 2001 erzählte mir K. völlig überraschend, dass er und seine Frau sich bereits im März 2001 getrennt hatten. Mit mir habe das jedoch nichts zu tun. Kurz darauf fanden wir als Paar zusammen, zwar weitestgehend als Fernbeziehung, aber sehr fest. In die Folgezeit fielen u. a. meine Scheidung und eine schlimme mehrjährige Durststrecke, in der ich ohne K.s Hilfe vor die Hunde gegangen wäre. Wir standen alles durch, und es störte mich auch nicht, dass K. auf dem Papier bis heute verheiratet geblieben ist. Die beiden waren auseinander, wohnten getrennt, wollten auch nicht mehr zusammen, Punkt.
So ab 2012 nagte auch bei uns der Holzwurm. Im Juni 2015 hielt ich K.s ewig dominante Art endgültig nicht mehr aus und machte Schluss.
K. blieb danach Single. Für mich begann ein :Ironie: amouröses Chaos.
K. und ich allerdings schafften es tatsächlich, nach einer gewissen Trauerzeit wieder Freunde zu werden. Es fühlt sich ein bisschen so an wie 1999, nur vertrauter. Vor einer Wiedervereinigung als Paar hätte zumindest ich jedoch Angst.
Zu meiner großen Freude hat K. in den letzten Jahren wieder Familienanschluss. Er steht in Kontakt zu einem seiner Söhne aus erster Ehe und freut sich wie verrückt, nunmehr wieder Vater und sogar zweifacher Großvater zu sein.
Er sagt, im Grunde ist sein Leben prima. Er hat einen prima Sohn, zwei prima Enkel und den besten Kumpel der Welt: mich. Und umgekehrt sehe ich das ganz ähnlich, denn obwohl ich K. nicht mehr liebe, ist er mir als Freund und Vertrauter ans Herz gewachsen.
Dieser Tage kam die Schockdiagnose: K. hat Blasenkrebs, und auch die Lunge ist betroffen. Die Ärzte raten zur OP und zur Chemo. K. allerdings sagt, er weiß nicht, ob er das will. Sein Sohn hat inzwischen ebenfalls Kontakt zu mir aufgenommen, um gemeinsam für K. da zu sein, zu dritt zusammenzuhalten und uns gegenseitig Hoffnung und Optimismus zu geben. Natürlich: Der Sohn ist froh, endlich nach Jahrzehnten ohne jeglichen Kontakt endlich seinen Vater wieder zu haben. Und natürlich möchte er seinen Vater nicht wieder verlieren, genauso wenig wie ich meinen alten, lieben Freund.
Dem geht es - abgesehen von der Diagnose und ein paar Zipperlein - übrigens gut, und auch seine behandelnden Ärzte sehen es so.
Zudem kennen er und ich mehrere Menschen persönlich, die etwa in seinem Alter sind, Ähnliches ebenfalls durchgemacht haben und trotz allem qualitativ gut leben.
Doch er selbst scheint aufgeben und sich verabschieden zu wollen. Sohn, Enkelsöhne, Kumpeline und medizinische Möglichkeiten zählen für ihn offenbar nicht mehr.
Mir fällt in unserem Netzwerk aus K., seinem Sohn und mir gewissermaßen die Rolle der Lichtgestalt zu, die so stark und optimistisch ist, dass es für drei reicht.
In Wirklichkeit bin ich drauf und dran, ebenfalls zu verzweifeln. Die Situation geht über meine Kraft. Eigentlich könnte ich mich distanzieren, denn K. und ich sind ja seit Jahren kein Paar mehr.
Aber das bringe ich nicht. Er ist doch mein Freund!
Manchmal denke ich, ich sollte jetzt lieber in seiner Nähe sein. Aber ich weiß, dass ich das nicht aushielte, aus denselben Gründen, weswegen ich schon 2015 abgehauen bin. Außerdem könnte ich ihm meinen Anblick nicht zumuten, denn - anders als ihm - sieht man mir meinen Kummer sofort an.
Ich weiß gerade überhaupt nicht weiter.

24.01.2021 19:21 • x 2 #1


Plentysweet
Das Erste und Einzige was mir dazu einfällt ist, daß Du ja jetzt eine andere Rolle hast: Die einer Freundin. Damals warst Du seine Partnerin und fandest ihn zu dominant. Jetzt ist die Rolle eine andere. Kann man da nicht vielleicht nachsichtiger sein und die Freundschaftsposition einnehmen? Daß man Dir Deinen Kummer ansieht, finde ich nicht schlimm.

24.01.2021 19:54 • x 3 #2


A


Ex braucht Hilfe - plötzlich ist alles ganz anders

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D
@plentysweet , in meinem EP steht eindeutig, dass ich nicht mehr seine Partnerin, aber seine Freundin bin.

24.01.2021 19:58 • #3


Plentysweet
Zitat von Landlady_bb:
in meinem EP steht eindeutig, dass ich nicht mehr seine Partnerin, aber seine Freundin bin.

Ja eben. Genau das schrieb ich doch auch:
Zitat von Plentysweet:
Die einer Freundin. Damals warst Du seine Partnerin und fandest ihn zu dominant. Jetzt ist die Rolle eine andere.

Aber gut.
Vielleicht antworten noch andere.
Ich wünsch Dir Alles Gute und die richtige Entscheidung!

24.01.2021 20:00 • x 2 #4


C
Hallo Lady,

hast du ihn mal gefragt, warum er nicht will?

Die Oma meiner besten Freundin (82) würde so eine Diagnose dankbar annehmen, so makaber das jetzt klingen mag, sie hat aber scheinbar keine Lust mehr aufs Leben.

Ein Freund (39) von mir hatte mal Hodenkrebs und musste drei mal durch die Chemo. Sein Immunsystem war danach unfassbar demoliert, der Krebs streute leider nach der ersten Chemo, seine Überlebenschancen waren eigentlich schwindend gering. Als der Verdacht auf die erneute Rückkehr kam, sagte er zu seinen Eltern und zu uns allen, dass er das nicht mehr mitmachen würde und eine 4te Chemo für ihn nicht mehr in Frage käme! Zum Glück wurde der Verdacht nicht bestätigt und 8 Jahre später, gilt er nun als geheilt.

Bei deinem Freund denke ich, dass er die letzte Zeit seines Lebens nicht im Krankenhaus verbringen möchte und ich verstehe das auch irgendwie, schließlich ist er keine 50, hatte laut eigener Aussage ein schönes Leben.

An deiner Stelle würde ich seine Entscheidung akzeptieren und mit ihm ein schönes restliches Leben verbringen. Wie auch immer das aussehen mag.

24.01.2021 20:11 • x 2 #5


D
Zitat von Clara_:
Hallo Lady,

hast du ihn mal gefragt, warum er nicht will?
Nicht in der Form. Ich habe ihm Beispiele von Leuten genannt - siehe mein EP. Er war ziemlich erstaunt, weil er zwar die Betreffenden kennt, aber nicht wusste, dass die Vergleichbares durch haben.
Er sagt, er will es sich überlegen und auch seine Ärzte ganz genau befragen.
Daraufhin habe ich ihm geantwortet, dass er bei seiner Entscheidungsfindung bitte auch an seinen Sohn denken möchte, der mir geschrieben hatte, wie froh er ist, seinen Vater wieder zu haben.
Zitat von Clara_:
Die Oma meiner besten Freundin (82) würde so eine Diagnose dankbar annehmen, so makaber das jetzt klingen mag, sie hat aber scheinbar keine Lust mehr aufs Leben.
Meine Oma war 77, als bei ihr Darmkrebs diagnostiziert wurde. Sie wollte unbedingt leben, starb aber bei der OP.
Vor wenigen Tagen hatte ich ähnliche Angst um meinen Vater, der ähnliche Symptome hatte und jetzt ebenfalls 77 ist. Bei ihm hat sich's zum Glück nicht bestätigt. War bloß ein Virus und ist wieder gut.
K. weiß von alledem. Er sagte, ich könne mit ihm über alles reden, und selbst wenn es bei meinem Vater was Böses gewesen wäre, so ist doch die Medizin heute viel weiter als vor 30 Jahren bei meiner Oma.
Deshalb verstehe ich ihn ja eben nicht so recht ...
Aber vielleicht wird ja auch bei ihm alles wieder gut ... ?
Zitat von Clara_:
An deiner Stelle würde ich seine Entscheidung akzeptieren und mit ihm ein schönes restliches Leben verbringen. Wie auch immer das aussehen mag.
Eine andere Möglichkeit als seine Entscheidung zu akzeptieren habe ich letztlich sowieso nicht. Das ist doch bei allem so. Aber es ist momentan eben schei.ße-schwer.
Danke, @Clara_

24.01.2021 20:40 • #6


S
Zitat von Clara_:
An deiner Stelle würde ich seine Entscheidung akzeptieren und mit ihm ein schönes restliches Leben verbringen. Wie auch immer das aussehen mag.


Liebe Landlady,

ich teile die Einstellung von Clara. Es ist eine Entscheidung von ihm, der mit Akzeptanz und Respekt begegnet werden sollte.

Für Dich ist das ganz schwer, da Du einen vertrauten Menschen verlierst.

Um Dir später keine Vorwürfe in irgendeiner Art machen zu müssen, wäre auch mein Rat, soviel Zeit wie möglich an seiner Seite zu verbringen. Du musst nichts machen, nicht irgendwie anders sein als sonst. Sei einfach nur da, wenn Du es kannst!

Ich wünsche Dir, dass Du viel später danke sagen kannst für diese Zeit, die Ihr zusammen verbracht habt. Viel Kraft!

24.01.2021 20:57 • x 1 #7


D
@Clara_ und @Sonnenblume53 , das mit Zeit gemeinsam verbringen ist schwierig. K. wohnt in Hamburg, ich im östlichen Brandenburg. Hinzu kommen Berufstätigkeit bei mir und das Thema C ganz allgemein.
Und die Angst, dass er sich Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung macht. Denn offiziell sagt zwar auch er immer, dass das nichts mehr wird. Aber die ganze Zeit, seit wir kein Paar mehr sind, hat er immer wieder um mich geworben.

24.01.2021 21:06 • #8


S
Zitat von Landlady_bb:
die Angst, dass er sich Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung macht. Denn offiziell sagt zwar auch er immer, dass das nichts mehr wird. Aber die ganze Zeit, seit wir kein Paar mehr sind, hat er immer wieder um mich geworben.


Ihr seid sicher im E-Mail-Kontakt oder Ähnlichem, nehme ich an. Das kann schon hilfreich sein.

Du schriebst, er sei dominant gewesen, was zu einer Trennung als Paar führte.
Vielleicht braucht er dieses Werben, um sich männlich zu fühlen? Ist natürlich ne steile These
und nur so eine Idee. Ist es denn wirklich ernst zu nehmen? Offiziell ist seine Meinung ja anders...

24.01.2021 21:13 • #9


D
Zitat von Sonnenblume53:

Ihr seid sicher im E-Mail-Kontakt oder Ähnlichem, nehme ich an. Das kann schon hilfreich sein.
Per Telefon, ja.

Zitat von Sonnenblume53:
Du schriebst, er sei dominant gewesen, was zu einer Trennung als Paar führte.
Vielleicht braucht er dieses Werben, um sich männlich zu fühlen? Ist natürlich ne steile These
und nur so eine Idee. Ist es denn wirklich ernst zu nehmen? Offiziell ist seine Meinung ja anders...
So steil finde ich Deine These gar nicht. Auch das war ein Grund für mich, nicht mehr als Partnerin zurückzukehren.
Trotz seines Hanges zur Rechthaberei ist K. jedoch ein zuverlässiger, fürsorglicher Mensch - raue Schale, weicher Kern. So einer, mit dem man gern befreundet ist.
Was jedoch tatsächlich hinter seiner Stirn los ist - tja ...

24.01.2021 22:12 • #10


Lebensfreude
ich kann mich nur anschließen: akzeptiere seine Entscheidung, wie auch immer die ausfällt.
Steh ihm zur Seite, auch per Telefon, Mails, wie es für dich machbar ist.

25.01.2021 01:19 • x 2 #11


Unicorn68

Kuss ist zu kurz, auch noch Umarmung.

25.01.2021 01:23 • x 1 #12


A
Ich würde ihm zur Seite stehen, egal was da mal war. Mache nicht den selben Fehler wie ich und erkenne das erst, wenn es zu spät ist. Mein Großvater, habe ich sehr lange nicht gesehen. Als ich Ihn sehen wollte, war er nicht mehr da. Das werde ich mir niemals verzeihen, wir konnten uns nicht mehr aussprechen. Das war und ist meine Schuld. Etwas womit ich viele Jahre danach, immernoch zu kämpfen habe. Das bereue ich zu tiefst. Ich will jetzt keineswegs sagen, das dein Freund stirbt. Aber an meinem Beispiel siehst du, wie das ausgehen kann. Geh hin und steh im zu Seite.

25.01.2021 01:35 • #13


Unicorn68
Zitat von Landlady_bb:
Außerdem könnte ich ihm meinen Anblick nicht zumuten, denn - anders als ihm - sieht man mir meinen Kummer


Das ist es! Warum nicht?
Trauert, leidet zusammen.
Dein Freund, seine Freundin.
Genießt die Zeit zusammen.

25.01.2021 01:55 • x 1 #14


D
Vielen Dank an alle, die mir bis hier geantwortet haben.
Wie ich eingangs schrieb, funktioniert ein Netzwerk, jedoch wohnen wir alle voneinander ziemlich entfernt: K. in Hamburg, sein Sohn in der Nähe von Braunschweig und ich in der Nähe von Berlin. Da der Sohn und ich zudem berufstätig sind, kann keiner von uns für einen längeren Zeitraum persönlich bei K. sein. Aber telefonisch, per SMS bzw. Messenger halten wir einander auf dem laufenden.
Ich habe dieses Thema eröffnet, weil es zum Stichwort Trennungsschmerz passt, denn ich habe Angst davor, meinen alten Freund zu verlieren, noch dazu unwiderbringlich und aus Gründen, die - anders als bei einer Liebesbeziehung - niemand persönlich zu verantworten hat.
Aber ich darf diese Angst nicht zeigen, jedenfalls nicht in unserem Dreiernetzwerk. Da muss ich tapfer sein und Optimismus ausstrahlen, besonders für K.s Sohn, der sich verständlicherweise an jeden Hoffnungsschimmer klammert.
Aber ich selbst schwanke zwischen hoffnungsvollem Optimismus und etwas, bei dem ich nicht weiß, ob es Pessimismus oder Realismus ist.
Mit K.s Sohn habe ich mich auf Optimismus geeinigt und dass wir unseren ollen Seebären (ist lieb gemeint) gemeinsam wieder auf Kurs kriegen.
Hoffentlich klappt's ...

25.01.2021 02:41 • x 1 #15


A


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