Irgendjemand hat hier von der Reaktion der betrogenen Ehefrau gesprochen. Ich würd gern darauf antworten und mal schildern, wie das bei uns war, und welche Energien da wirken..
Kurz umrissen die Eckdaten: Wir alle vier wohnen in einem kleinen Ort, wir kannten uns alle mehr oder weniger flüchtig. Ich und der AM waren seit drei Jahren lose befreundet, haben ehrenamtlich zusammengearbeitet und mit unserem Team sehr schöne Projekte realisiert. Mein Mann und der AM kannten sich auch, verstanden sich eigentlich gut. Die AF war fand ich immer sehr beeindruckend. Eine stolze, attraktive Frau, die weiß was sie will. Ich hab selten mit ihr gesprochen.
Irgendwann geschah es dann, aus dem geschäftlichen Kontakt wurde mehr, wir haben nächtelang per WhasApp geredet, über Gott und die Welt, das Leben, irgendwann die Liebe und dann ach, blablablabla naja, Ihr wisst die älteste Geschichte der Welt.
So, nach vier Monaten also: Affäre aufgeflogen. Die Ehefrau hatte einen chat entdeckt, sofort ihre Sachen gepackt und weg war sie. Was auch sofort klar war: der AM wird sich nicht von seiner Frau trennen, das hatte er mir nie in Aussicht gestellt. Leider, leider war ich inzwischen sehr in ihn verliebt, und musste mir das eingestehen. Ebenso, wie die Tatsache, dass ich für ihn nur ein Spielzeug war, das man wegwirft, wenn es lästig wird. Nun musste ich für mich klären: Liebe ich meinen Mann? Trenne ich mich von ihm? Lebe ich besser alleine? Wie regeln wir das mit den Kindern? Und: Ich musste meinem Mann die Geschichte erzählen.
Dann begann die Tragödie (naja, sie hatte eigentlich ja schon lange begonnen) Erst kam die Wut meines Mannes, dann die Traurigkeit, dann wieder Wut. Irgendwann Sarkasmus. Ich habe ihm gesagt, ich möchte ihn nicht verlieren. Er hat natürlich erwidert: Klar, jetzt wo der andere weg ist, musst du das sagen! Und ich musste mich fragen: ist das so?
Wir haben uns sehr schnell für eine Paartherapie entschieden, denn alleine hätten wir das nicht geschafft. Ich muss dazu sagen, ich habe per se eine psychische Erkrankung, und obwohl ich in den ersten Tagen der Affäre so stabil war wie nie, versucht habe alle Gefühle mit Vernunft und Planung zu überdecken, war klar: irgendwann würde der Einbruch kommen, der dann auch kam.
So, auf der einen Seite also mein Mann, dessen Leid ich ohnmächtig gegenüber stand. Ich konnte nichts tun, konnte ihn nicht auffangen. Wie soll man jemanden auffangen, den man selber so verletzt hatte? Wir haben Abende lang geredet, geweint, ja, auch geschrien. Uns Vorwürfe gemacht. Oft fingen Tage super an und abends, durch eine kleine Bemerkung oder eine doofe Szene im Fernsehen zack, alles wieder da, wie ein Trauma, das immer wieder aufbricht.
Auf der anderen Seite meine Affäre und dessen Frau. Ich denke/ dachte oft darüber nach, wie es den beiden speziell ihr geht.
Sie hat sich kurz nach der Affäre mit meinem Mann getroffen um zu besprechen, wie wir in Zukunft damit umgehen. Sie erwähnte, bei ihnen sei alles bestens, alles super. Die Affäre Teil ihres Lebens. Sie fangen von vorn an. Alles gut.
Ich hab mich schwer gewundert, dass nach 8 Wochen alles wieder gut ist. Wo bei uns nach 8 Wochen nicht ansatzweise von gut die Rede sein konnte! Nach außen wirkte es bei den beiden auch so. Sie traten in der Öffentlichkeit als das verliebte Paar auf, sie sagte meinem Mann gegenüber, es bestünde kein Grund mich aus den Projekten mit ihrem Mann zurückzuziehen, sie könne mir auch selber begegnen, für sie kein Thema. Uuups, dachte ich mir. Respekt! Ich selber schrumpf(t)e auf die Größe einer Maus, wenn ich sie nur aus der Ferne sehe.
Jedenfalls, auch das geklärt, sämtliche Therapeuten erstaunt, ob des Ansatzes, sich so zu begegnen. Aber gut. Ich ging ihr trotzdem aus dem Weg. Wie gesagt, Extra-Runden im Supermarkt etc
Eines Tages geschah dann etwas sehr ungewöhnliches: es klingelte an der Haustür. Davor stand: SIE. Ich war total erschrocken und stand da, wie das Kaninchen vor der Schlange. Dabei hatte sie ein Dankeschön für meinen Mann, das sie ihm schon lange geben wollte, für einen Gefallen, den er ihr weit vor der Affäre einmal getan hatte. Ich konnte nur ein ersticktes danke rausbringen. Dann sagte sie noch: Übrigens, es ist jetzt ein halbes Jahr her, es hat mir sehr weh getan. Aber jetzt muss es vorbei sein. Du musst Dich nicht mehr vor mir verstecken, wir können uns ganz normal begegnen! (offenbar hatte ich mich doch nicht so unauffällig in den Supermarkt-Reihen verkrochen, wie ich gedacht hatte)
So, was sollte mir diese Aktion sagen? Dummes Ding, hast Du gedacht, Du kannst mir mit dieser Affäre irgendwie an den Karren fahren? Schau doch, uns gehts prima. Leider verloren. Oder ganz anders: ein Friedensangebot? Ich war wieder total durcheinander. Stand erstmal eine halbe Stunde dumm im Hausflur rum. Und hab tagelang darüber nachgedacht.
Seltsamerweise begegneten wir uns daraufhin immer öfter, wie das halt so ist sich-selbst-erfüllende-Prophezeiungen und so. Sie war super freundlich, grüßte mich freundlich. Wenn sie meinen Mann und die Kinder alleine traf, small-talkte mit den dreien.
Ihn sah ich selten, wir hatten auch keinen Kontakt. Bis die finale Veranstaltung zu unserem letzten gemeinsamen Projekt anstand. Ich versuchte ihn zu erreichen wegen Unterlagen für eine Präsentation, er meldete sich nicht. Ich nahm all meinen Mut zusammen und rief an. Er meldete sich und sagte: Du, meiner Frau gehts nicht gut, wenn wir Kontakt haben! Aufgelegt. Aha? Dachte ich mir. Zwei Stunden später war ich bei WhatsApp blockiert, als ADMIN in den entsprechenden Projekt-Gruppen entfernt, kein Zugriff mehr auf die Projekt-Emails... Wieder sehr irritierend. Und irgendwie im ersten Moment für mich kindisch.
Aber, da ich selber Stimmungsschwankungen in weniger als einer Viertelstunde hinbekomme, dachte ich mir, gut: nimms zum Anlass, verabschiede dich aus dem Projektteam. Alle wissen, dass es mir gesundheitlich nicht gut geht die perfekte Ausrede. Und wenn der anderen Frau damit geholfen ist, umso besser. Ich wollte sie nicht noch mehr verletzten, und meinem Mann tat ich damit auch einen großen Gefallen. Denn der hatte ja einem Kontakt auch nur zähneknirschend zugestimmt.
Was mich trotzdem interessiert hätte, wäre gewesen, WAS zu diesem plötzlichen Sinneswandel geführt hat. Ich hatte de facto keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Ihn nicht mal aus der Ferne gesehen. Wieder hatte ich an was zu knabbern. Ich hatte ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Hatte ich unbewusst etwas getan? Jaja, ging mich nix an, sollte an meiner eigenen Beziehung arbeiten, aber dieses Gefühl der Verantwortung auch für das, was da bei denen passiert, ist doch sehr hartnäckig vorhanden. Auch nach damals mehr als 7 Monaten.
Danach traf ich plötzlich öfter auf der Straße, in der Bank etc. auf den AM. Auf mein freundliches Grüßen nunmehr keine Reaktion mehr. Irgendwie sind mir dann die Pferde durchgegangen. Ich hab ihm eine sehr verärgerte Email geschrieben in der etwas stand von kindischem Verhalten, ich kann und will mich nicht ständig auf neue Situationen einstellen, wie wärs, wir gehen uns aus dem Weg, aber grüßen finde ich einfach den letzten Rest Respekt, den Du sogar mir noch zollst. Oder so.
Ja, übertrieben, aber in dem Moment hatte ich es leid, mich ständig auf neue Situationen einstellen zu müssen
Hätte ich gewusst, was wirklich passiert war, hätte ich das vermutlich nicht getan. Mein Mann hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass die Frau meines AM einen Nervenzusammenbruch hatte, weil sie glaubte, ich würde mich wieder mit ihm treffen. Er war an jenem Abend, als die Nachricht kam meine Frau hat ein Problem wohl unterwegs. Ich selber bin auf dem Fahrrad an ihrem Haus vorbeigefahren, auf dem Weg zu einer Freundin. Sie hatte mich gesehen und sofort geschlussfolgert, ich wäre mit IHM verabredet. Da ist sie wohl zusammengebrochen.
Mein Mann meinte, der AM hätte ihm davon erzählt, mit der Bitte, es MIR auf keinen Fall zu sagen, da ich mir dann wieder Vorwürfe machen würde. Prima, hab ich gesagt, danke dafür. Dann hätte ich diese Email doch nie geschrieben! Das traf, eine Frau, die zusammenbricht, im Endeffekt wegen MIR?! Eine ehemals so selbstbewusste, starke Frau?
Das hat wiederum dazu geführt, dass ICH (nicht zum ersten Mal) zusammenbrach. Langsam erhol ich mich wieder davon. Aber die Emotionen kochen immer noch hoch hier, auf der einen, wie der anderen Seite. Und es ist wirklich schauderbar, wie sehr wir alle darunter leiden. Die Zeit zurückdrehen... Aber die dumme Erde dreht sich einfach weiter...
Überstanden haben wir das lange noch nicht.
Sorry, ist mal wieder lang geworden, hat's jemand bis hierher geschafft zu lesen?
03.08.2017 10:01 •
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