Ich bin nicht sicher ob ich lieben kann

Hallo und guten Morgen,
ich bin erfolgreicher Manager, 51 Jahre alt und meiner Meinung nach, trotz Affaire nicht in der Midlifecrisis. Seit 22 Jahren bin ich verheiratet und Vater von 2 fast Erwachsenen Kindern. Ich spüre zunehmend, dass innerhalb meiner Ehe die Gewohnheit Einzug hält. Ich freue mich zuhause über jede Stunde in der ich alleine, abseits meiner Frau bin - ich mag die Nähe zu ihr nicht mehr, fühle mich auf Abstand einfach besser. Wir haben ein schwieriges Jahr hinter uns. Vor einem Jahr habe ich ihr gesagt, dass ich so nicht mehr weiterleben möchte. Es gab jemanden, mit dem ich mich sehr gerne getroffen habe und auch noch treffe. Während einer Eheberatung kam zum Vorschein, dass ich noch immer 2 tragische Todesfälle nicht verarbeitet habe.
Ich habe den Eindruck, dass ich, insbesondere durch den Todesfall meiner Mutter als ich junger Erwachsener war, vieles in meiner Gefühlswelt kaputt ging. Ich frage mich, ob ich meine Frau jemals wirklich geliebt habe.
Ich habe mich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Als Jugendlicher hatte ich kaum Anschluss, war bei den Mädels nicht gerade beliebt. Ich bin heute ein ganz anderer Typ, habe Erfolg, sehe ganz passabel aus und die Damen Ü40 mögen meine Erscheinung scheinbar sehr gerne. Das schmeichelt jedem graumelierten Herren. Ich habe den Eindruck, dass ich aus meiner jetzigen Enge ausbrechen muss - ich weiß aber nicht wie. Ich mag meine Frau, ich liebe sie aber nicht (mehr?). Ich möchte ihr auch nicht wehtun. Während unserer Therapie habe ich mir die Frage gestellt: Was ist Liebe? - Nur das miteinander oder auch das Umfeld, die Freunde, das Haus, da soziale Leben? Ich weiß gerade irgendwie nicht weiter. Ich habe keine Affaire, in der man sich regelmäßig trifft. Und doch ist es immer wieder schön, mich mit ihr zu treffen, zu reden, zu lachen und miteinander zu schlafen . Ich habe aber auch häufiger den Eindruck, dass DAS nur eine Flucht ist, ich bin mir tatsächlich nicht sicher, ober ich noch tiefgründig lieben kann . kennt ihr das?

Lieber 1ervonvielen,
ich bin mir ganz sicher, dass Du fähig bist zu lieben. Du hast nur momentan keinen Zugang zu Deinen Gefühlen. Das kann durchaus damit zusammenhängen, dass Du in der Vergangenheit einiges nicht bearbeitet hast, den Tod Deiner Mutter z.B. - Vermutlich hast Du aus Schutz Deine Gefühle weggesperrt. Und das für eine sehr lange Zeit. Das heißt aber nicht, dass sie nicht da sind. Bevor Du bezüglich Deiner Frau irgendwelche Entscheidungen triffst, müsstest Du erstmal lernen, Deine Gefühle wieder zuzulassen bzw. anzuerkennen. Mit anderen Worten: Selbstfürsorge betreiben. - Das sind jetzt spontan meine Gedanken zu Deiner Geschichte.
Liebe Grüße
Ninka

Hi Ninka, ja ich denke, dass DIESES, das Problem ist. Ich denke aber, dass ich das nur kann, wenn ich die (innere) Ruhe habe, mich um MICH zu kümmern oder?

Die innere Ruhe wieder zu erlangen, wäre das Ziel. Das geht aber nur durch Auseinandersetzung mit unverarbeiteten Themen und letztlich mit dem Abschließen dieser.

Ich habe versucht darüber zu reden ... es fällt mir zu schwer ... ist sehr tief verwurzelt ...

Hast Du es nur im Rahmen der Eheberatung versucht?

ja habe ich - da kam es zum Vorschein, dass in einer Schublade etwas ist, was ich seit Jahren super erfolgreich verdrängt habe ...

Dann bedenke bitte, dass Du da aus einem völlig anderen Grund und innerlich deshalb auch ganz anders eingestellt warst. Sieh es als Chance, dass Du dort einen wertvollen Hinweis erhalten hast und suche Dir einen eigenen Gesprächspartner. Unabhängig von Deiner Frau. Es muss nicht immer eine Therapie sein, es kann z.B. auch Supervision oder die Arbeit mit einem Lifecoach sein. - Die Frau, mit der Du Dich triffst, scheint Dir gutzutun. Sie muss also irgendetwas haben, das Dich anspricht, Dir in gewisser Weise hilft. Was ist das? Vielleicht hilft Dir die Antwort auf diese Frage, jemanden zu finden.

... du hast da sicherlich recht Ninka ...
Ich habe mich erkundigt: ein Arzt sagte mir dazu: Unser Unterbewusstsein ist wie ein großer Schrank. Es legt Erfahrungen und Ereignisse in Schubladen ab. Oftmals ist eine Schublade sehr voll, in diesem Fall gilt es abzuwägen ob man die Schublade öffnet und neu sortiert. Das Sortieren kann sehr lange dauern. In einigen Fällen läßt sich dieses Schublade u.U. nicht wieder richtig schließen ... Davor habe ich Angst ...

Diese Angst kann ich sehr gut nachempfinden. Aber was ist die Alternative? Weitermachen wie bisher? Mir scheint, dass Dir das nicht reichen würde. Und was ist, wenn die Schublade irgendwann von selbst aufquillt, weil sie komplett voll ist? Ist es dann nicht besser, sie eigenhändig zu öffnen und sie gemeinsam mit jemandem zu sortieren?

Ninka - genau diese Frag stelle ich mir nahezu täglich ...

Dann wirst Du auch irgendwann eine Antwort darauf finden. So wie Du schreibst, hast Du doch eine Menge geschafft und geleistet in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten. Das geht ja nicht weg. Das bleibt Dir. Und das zeugt von Stärke. Vielleicht ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt. Vielleicht brauchst Du noch etwas Zeit. - Setz Dich nicht unter Druck.

Der Druck ist das größte Übel ... ich fühle mich allerdings nicht wirklich gut dabei - obwohl ich mir sage, dass der Druck niemandem gut tut, löst das automatisch wieder das Gefühl aus, meiner Frau damit keinen Gefallen zu tun und egoistisch zu handeln - wo ich mir eigentlich klar darüber bin, zu gehen ... - ist es fair, mein Gehen so lange hinauszuzögern?

Dazu habe ich eine Frage. Du sagst du liebst deine Frau nicht (mehr) . Heisst du zweifelst an sie jemals geliebt zu haben. Wie habt ihr euch kennengelernt? Warum hast du dich für sie entschieden bzgl Familien Planung?