Liebe Forenmitglieder, nach fast 12 gemeinsamen Jahren habe ich vor ca. zwei Monaten die wohnortbedingte (Fern-)Beziehung beendet. Gerne würde ich dazu Eure Einschätzung hören (Vorsicht, langerTtext):
Meine Expartnerin und ich haben von Anfang an eine komplementäre Beziehung geführt, insofern die Rollen unausgesprochen klar verteilt waren - sie als Prinzessin, ich als Ritter/Retter. Das heißt, ich hatte für alles Verständnis und half ihr auch stets - vom Lösen alltäglicher Probleme und unangenehmer Aufgaben bis hin zum Schreiben Ihrer Bachelorarbeit. Dabei habe ich ihr auch zunehmend finanziell geholfen - erst in Einzelfällen wie besonderen Anschaffungen etc. und zum Schluss eine regelmäßige höhere monatliche Unterstützung, da sie trotz gutem Einkommen nicht mit ihrem Gehalt haushalten konnte.
Hinzu kam, dass sie seit Mitte 30 wieder bei ihren Eltern lebte - und zwar mehr oder minder wie wie eine große Tochter. Sie hat zwar für sich selbst erkannt, dass das eigentlich nicht gut ist, da oft Probleme mit ihrer dominanten Mutter auftreten, aber nie das Selbstvertrauen gefunden, wieder in eine eigene Wohnung zu ziehen.
Es stand zwischenzeitlich auch einmal eine Hochzeit im Raum, die sie nach dem Aufgebot allerdings wieder absagte. Das hat mich ziemlich getroffen, so dass ich dieses Thema definitiv ad acta gelegt habe, obwohl sie später wieder diesen Wunsch geäußert hat.
Da wir in früheren Beziehungen beide unter der Untreue der ehemaligen Partner gelitten hatten, war ich ziemlich getroffen, als ich per Zufall mitbekam, dass sie sich heimlich mehrfach mit einem anderen Mann getroffen hat. Sie beteuerte mir, dass dies nicht über eine platonische Schwärmerei hinaus gegangen wäre und ich mir deshalb keine Sorgen zu machen bräuchte (was ich ihr auch glaube), zudem sicherte sie mir zu, den Kontakt zu beenden, was meines Wissens auch geschah.
Diese komplementären Beziehungsrollen haben lange funktioniert - sie bekam ihre emotionale Bestätigung und materielle Sicherheit und ich war dafür ihr Held. Natürlich weiß ich, dass das keine gesunde Basis darstellt, gleichwohl war es verlockend und über die Jahre auch eingefahren und erprobt.
Natürlich bin ich kein Held, sondern ein normaler Mensch. Ich konnte ihre wachsenden Anspräche dauerhaft nicht mehr finanzieren und irgendwann war ich dazu nicht mehr in der Lage, als ich durch eigene Schuld meine Arbeit verlor. Ich habe meine damalige Partnerin insofern über meine Verhältnisse belogen, als ich ihr stets sagte, dass sie sich zu den Finanzen keine Gedanken machen bräuchte.
Als nun alles aufflog, war ihre Reaktion ambivalent - einerseits war sie sehr hilfsbereit und bot mir sofort erhebliche Summen an, um mir zu helfen, was ich ehrlich gesagt nicht erwartet hätte (Du warst immer gut zu mir und ich bin es jetzt auch zu Dir). Auf einmal wurde bei ihr ein wirklich positiver Schub an Selbständigkeit bei ihr sichtbar, indem sie sich z.B. eine weitere Berufstätigkeit suchte, um von mir keine Hilfe mehr zu benötigen. Eigentlich schade, dass das nicht früher geschah, wobei ich allerdings durch mein Rollenverhalten vermutlich auch dazu beigetragen habe.
Andererseits war sie verständlicherweise sehr betroffen, weil ich sie die ganzen Jahre über meine Verhältnisse getäuscht habe. Obwohl sie mich immer noch sehr lieb hätte, müsste sie diesen Vertrauensbruch erst einmal verarbeiten. Sie hätte mich zwar immer noch sehr lieb, könne aber nicht sehr sagen, dass sie mich lieben würde.
Natürlich habe ich Verständnis dafür, dass sie von mir enttäuscht ist und sich sortieren muss. Ebenso kann ich auch verstehen, dass man erst einmal auf Abstand geht und sich ggfs. auch gemeinsam (u.U. mit psychotherapeutischer Hilfe) neu aufstellen muss. Allerdings war das für mich insofern dennoch ein schwerer Schlag, als ich in der Vergangenheit wirklich immer zu ihr gehalten habe (auch bei Dingen, die ich nicht ok fand) und nie jemals eine Forderung an sie gestellt habe. Übrigens hat sie diese vorbehaltlose Loyalität von meiner Seite stets besonders geschätzt.
Allerdings hätte ich mich auch sehr gefreut, wenn sie dennoch auch emotional zu mir gehalten hätte, als ich am Boden lag. Das war letztlich für mich auch der Grund, meinerseits die Trennung auszusprechen, da ich nicht mit jemand zusammen sein möchte, der nicht zu mir stehen kann/möchte (wobei ich für Ihre Betroffenheit ob meine Lüge Verständnis habe). Sie konzediert mir, dass ich sie in umgekehrter Situation nicht aufgegeben hätte.
Nach einer kurzen vollkommenen Kontaktsperre haben wir nun ab und an per Mail Kontakt, wobei sie durchaus signalisiert, dass sie mit mir gerne wieder engeren Kontakt möchte. Mir tut die Sache trotz nicht zu leugnender eigener Schuld so weh, dass ich zwar einen vernünftigen Umgang miteinander möchte, aber keine Partnerschaft.
Ich bin für mich zum Schluss gekommen, dass unsere abweichenden Vorstellungen von Beziehung nicht dauerhaft zusammen passen. Sicherlich kann ich nicht erwarten, dass meine Partnerin bereit ist, sich ebenso weit auf den Partner einzulassen wie ich es tue, allerdings bin ich auch der Meinung, dass man in diesem Fall auch nicht mehr nehmen sollte, als man zu geben bereit ist.
Für mich habe ich eingesehen, dass die von mir eingenommen Rolle/Verhalten nicht gut ist (sowohl den Partner als auch für mich) und arbeite mit einem Psychotherapeuten an mir. Dennoch tut alles ziemlich weh, wenngleich ich durch einen neuen Job und damit verbundenen Umzug erfreulicherweise abgelenkt bin.
Vielen Dank für Eure Langmut und ich bin gespannt auf Eure Einschätzung!
Polaris
19.08.2017 17:44 •
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