Wenn Männer Männern Gewalt antun ...
Hallo liebe Leidensgefährten! Seit vielen Wochen lese ich hier mit, aber nunmehr will ich mich auch selbst zu Wort melden. Ich teile alle emotionalen Erfahrungen, die hier immer wieder geschildert werden. Mit Sicherheit gehöre ich in mehrfacher Hinsicht zu einer Minderheit, weil ich zum Ersten aus der Sichtweise eines betroffenen Mannes berichte, zum Zweiten mich über eine narzisstische Beziehung zu einem anderen Mann äußere und zum Dritten ich dem Lager der Profis angehöre (und nein, ich konnte selbst dann nicht erkennen, in welche Abhängigkeit ich mich begebe - wer sich bereits mit NPS intensiv auseinandergesetzt hat, weiß warum).
Ich lebte viele Jahre in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, bis ich im März 2007 den Mann fand, für den ich gestorben wäre - und das aus heutiger Sicht im wahrsten Sinn des Wortes. Aber dazu später mehr. Es kam das, was kommen musste, ich trennte mich von meinem bisherigen Partner, um für die neue Beziehung bereit zu sein. Allerdings kam es von der anderen Seite nicht so recht dazu, was ich zum damaligen Zeitpunkt einfach begreifen wollte. Er selbst war noch in einer Beziehung, zwar bereit für eine Trennung, aber es gab haufenweise Gründe, warum es gerade da nicht ging. Er bereitete seine berufliche Selbstständigkeit vor, musste sein Leben neu ordnen und für klare Verhältnisse in der Familie sorgen. Wir blieben dennoch in Kontakt und über Jahre hinweg festigte sich unsere Verbindung. Wir haben mehrfach versucht, weitere Annäherungen zu vermeiden, haben mehrfach probiert, richtig Schluss zu machen, sind aber nie wirklich voneinander losgekommen. Ich habe seine Entwicklung immer im Blick gehabt und - oh Wunder - es trat nach und nach alles ein, was er mir in Aussicht gestellt hatte. Ich habe mich allerdings 2009 auf eine Partnerschaft mit jemand anderem eingelassen, weil ich ihn vergessen wollte und keine Hoffnung mehr hatte, jemals mit ihm zusammen zu sein. Ich wurde (unabhängig von meinem Narzissten) von meinem Partner Ende 2014 verlassen. Er hatte beschlossen, ab sofort nur noch der Held seiner eigenen Geschichte zu sein und war fort. Ausgerechnet zu dieser Zeit tauchte mein Narz wieder auf, es ging ihm schlecht, er musste ins Krankenhaus mit dem Verdacht auf einen VIERTEN (!) Herzinfarkt. Mir wurde Angst und Bange und natürlich habe ich ihn besucht und mich gekümmert (altruistisch wie ich bin), dabei sind wir uns in so kurzer Zeit wieder so schnell so nahe gekommen, dass klar war, jetzt ist unsere Zeit gekommen. Ich erzählte ihm von meiner Entwicklung und von der Trennung. Er versprach, so schnell wie möglich auf die Beine zu kommen, um für mich da zu sein. Er wurde rasch entlassen, nachdem keine Gefahr mehr bestand. Und WIE er da war. Ihr kennt das alles als Love-Bombing, das muss ich wohl nicht weiter erklären.
Ich habe 2014 das schönste Weihnachten von allen bisherigen erlebt. Zunächst drohte es ein einsames Fest zu werden, meine Eltern sind schon etwas betagter und da ich Single war, beschloss ich, sie über die Feiertage zu besuchen. Am 2. Weihnachtsfeiertag stand völlig überraschend mein neuer Schatz an der Haustür meiner Eltern und überreichte mir ein großes Geschenkpaket, während dessen er mich mit leuchtend schokoladenbraunen Augen anhimmelte. Ich erklärte ihn für verrückt, immerhin hatte er eben eine Strecke von 260 km zurückgelegt, wollte mich nur auf eine halbe Stunde sehen, kannte meine Eltern bis dato nicht, hatte die Adresse allein ausfindig gemacht (meine Eltern stehen dummerweise mit Namen und Anschrift im Telefonbuch) und war fast schon wieder auf dem Weg nach Hause mit dem Auto. Meiner Mutter gegenüber konnte ich das nicht geheim halten, sie hatte längst mitbekommen, was da an der Tür vor sich ging. Ich hatte meinen Eltern allerdings schon von ihm erzählt. Nun machte er ganz überraschend plötzliche Bekanntschaft mit mir und meiner Familie in meinem Elternhaus. Irgendwie war´s schön. Sie mochten ihn auf Anhieb (ist nicht schwer, wenn man ausgezeichnet blenden kann, Charme und Charisma hat, eloquent daherkommt und dazu einfach noch unverschämt gut aussieht). Er fuhr dennoch später zurück.
Was ich in der Geschenkebox am Abend fand, hat mich einfach nur umgehauen. Es ging an Weihnachten 2014 um nichts anderes als um einen höchst romantischen Antrag. Erklärte mir seine Liebe, die er all die Jahre seit 2007 für mich empfand, schrieb, dass ich der wichtigste Mensch in seinem Leben geworden bin, er froh sei, dass wir uns jetzt endlich haben und ich derjenige sein soll, der ihn bis an sein Lebensende begleitet. Das alles in goldener Schrift auf feinstem Papier. Unfassbar!
Er gab das Versprechen, Weihnachten 2014 wird das letzte sein, welches wir getrennt voneinander feiern werden. Auch wenn es hin und wieder schwierig werden wird, wir geben uns nicht mehr auf, wie reparieren in unserer Beziehung das, was notwendig ist. Immer und zu jeder Zeit!
Die Zeit danach war der Himmel auf Erden. Ganze sechs Wochen! Mitte Februar 2015 erhielt ich eine E-Mail, in der er seine Zweifel äußerte, ob er mir das alles überhaupt bieten könne, was wir uns gegenseitig versprochen hatten. Er befürchtete, nicht der Heimathafen für mich zu sein, den ich brauche. Es war nichts zwischen uns geschehen und auch seine persönliche/ berufliche Situation hatte sich nicht grundlegend geändert. Ich wusste nur, dass ihn der Vorstand als Geschäftsführer seines Hospizes gerade anfeindete (warum bleib natürlich geheim), aber sonst war nichts, was nicht überwindbar schien. Mir ging es mit seiner neuen Sichtweise plötzlich sehr schlecht, ich hatte noch nicht einmal annähernd die vorangegangene Trennung wirklich verarbeitet, drohte schon der nächste wieder auszusteigen. Das zog mir glatt den Boden unter den Füßen weg, zumal ich zu der Zeit tatsächlich jemanden an meiner Seite zur Unterstützung brauchte. Inzwischen hatte mich mein Narzisst aber soweit, dass ich unendlich viel Verständnis und Rücksicht ihm gegenüber entwickelt hatte und ich soweit war, mich zurückzunehmen, um ihn nicht zusätzlich unter Druck zu setzen. Also hielt ich ganz drei Tage brav durch. Es war freitags als er mich anrief, um mir mitzuteilen, dass er auch an diesem Wochenende aus beruflichen Gründen nicht nach Hause kommen kann (es war mittlerweile das dritte hintereinander) als ich nervlich am Ende war. Es platzte aus mir heraus wie schlecht es mir gerade mit uns geht und da war er zunächst bereit, alles stehen und liegen zu lassen. Er setzte sich sofort ins Auto und fuhr von Hamburg über 200 km zu mir, um mich postwendend in eine Klinik zu bringen. Organisiert hatte er alles währende der Fahrt. Ich war fast sechs Wochen stationär dort. Er verlegte seinen hauptsächlichen Aufenthalt von Hamburg nach Berlin (schließlich wohnte er hier ja) und fuhr von da aus ca. 3 bis 4 Mal in der Woche in die 60 km davon entfernte Klinik, um mich zu besuchen und zu begleiten. Er kümmerte sich zusätzlich rührend um meine Praxis, regelte die Patientenversorgung, hatte Zugang zu meiner Wohnung, bewegte meine Auto und hielt den Kontakt zu meinen Freunden, wenn sie etwas über mich wissen wollten. Sieht oberflächlich sehr kümmernd und sozial aus, ist in Wahrheit aber die reinste Kontroll- und Machtübernahme gewesen. Im April 2015 wurde ich entlassen, sowohl aus der Klinik als auch aus unserer Beziehung. Er begründete SEINE Entscheidung damit, dass es keinen Zweck habe, er sei wohl nicht beziehungsfähig und er hätte ohnehin eine gestörte S.. Ich hätte sofort wieder in die Klinik gehen können, ich bin vor ihm zusammengerutscht, weil mich das ohne Vorankündigung getroffen hat und ich es da einfach immer noch nicht verstand.Wir haben lange geredet, am Ende lenkte er ein und versprach, dass wir gemeinsam an dem bestehenden Problem arbeiten. Von da an war ich gemeinsam mit ihm einsam. Es gab nie wieder ein Wochenende oder gar eine Nacht bei mir. Bei ihm sowieso nicht, er war nämlich inzwischen wieder zurückgezogen in die gemeinsam gekaufte Wohnung von ihm und seinem Ex-Freund. Interessanterweise wohnte aber sein Ex-Freund auch noch immer dort. Angeblich hatte dieser aber bereits wieder einen neuen Partner, der allerdings dort selbstverständlich aus- und eingehen durfte. Ich hingegen nicht! Er teilte mir außerdem mit, dass sich seine berufliche Lage extrem zuspitzt hatte und ich müsse verstehen, dass er kaum Zeit für das Privatleben hat, er müsse das erst alles regeln, dann werde es besser. Gleichzeitig versprach er mir aber, in einer Notsituation uneingeschränkt da zu sein.
Die ließ nicht lange auf sich warten. Mein Vater musste Anfang Mai 2015 akut ins Krankenhaus, hypertone Krise und Verdacht auf Schlaganfall. Ich fuhr mit der Bahn hin, um nach dem Rechten zu sehen, vereinbart war, dass ich am Sonntag abgeholt werden sollte. Das geschah tatsächlich so, insofern war ich wieder fest im Glauben, ich könne mich auf meinen Partner verlassen. Ich wurde in einem dicken BMW 260 km weit nach Berlin chauffiert. Keine vier Wochen später gestand mir mein Liebster, er ist rückfällig geworden, er nehme wieder Schmerzmittel ein, sei inzwischen abhängig. Er habe den Druck nicht mehr ausgehalten. Wir sprechen hier über eine Tagesdosis von 1 GRAMM (!) Tramal, wer das kennt, weiß vielleicht, dass das abhängig macht und die maximal empfohlene Tagesdosis bei höchstens 400 mg liegt. Mit fiel leider in dem Moment nicht ein, dass er dieses Mittel auf jeden Fall schon länger genommen haben muss, also auch als er mich mit dem Auto abgeholt hatte. Und natürlich hatte er es mir aus gutem Grund zu diesem Zeitpunkt nicht gesagt ... Mit 1 g Tramal im Blut ist man nicht mehr reaktionsfähig und nicht fahrtauglich. Mir war also nicht klar, dass auf meinem Nach-Hause-Weg vier Wochen zuvor der mögliche Tod bei uns mitfuhr. Ich wäre nicht in dieses Auto gestiegen, wenn ich gewusst hätte, mein Leben ist in absoluter Gefahr.
Er hat sich im Sommer 2015 wegen der Sucht stationär behandeln lassen. Die Klinik befand sich in Oberbayern. Ich habe ihn an einem Samstag mit einem Besuch überrascht. Das war ihm unangenehm und er bat mich, mir keine weiteren Überraschungen einfallen zu lassen. Ende Oktober wurde er entlassen, hielt es aber nicht für nötig, mich darüber zu informieren. Erst auf mein Drängen - weit im November - berichtete er mir beiläufig, er sei schon längst wieder im Alltag. Wir sprachen über seine Medikamente und die Dosierung. Er nahm alles so weiter wie in der Klinik und fuhr damit auch unbeeindruckt weiterhin Auto. Das konnte ich nicht verantworten und ich habe ihn gebeten, einen Kollegen von mir aufzusuchen und sich auf eine ambulant übliche Dosis einstellen zu lassen. Dazu hat er sich bis Jahresende 2015 Zeit gelassen. Er zog sich mehr und mehr zurück, Liebesentzug, Kontaktverweigerung, häufiges Absagen von vereinbarten Treffen waren die Regel.
Wer sich mit dem Störungsbild auskennt, ahnt sicherlich, dass ich sowohl an Weihnachten als auch Silvester 2015 völlig allein war. Unsere letzten drei Monate bis März 2016 haben wir uns DREI (!) Mal für ein oder zwei Stunden gesehen. Der ihn dann behandelnde Psychiater war mehr oder weniger unfähig, so dass ich mich dazu durchgerungen hatte, einen Medikamentenplan aufzustellen, mit der Bitte, das vorzulegen. Gesagt, getan. Ich hatte Erfolg, meine Empfehlung wurde 1 zu 1 übernommen. Allerdings hatten wir erheblichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Fahrtauglichkeit. Narzisstisch gestörte Menschen sind uneinsichtig, dulden keine Kritik und handeln rücksichtslos. Ich habe ihm mehrfach ans Herz gelegt, nicht von mir zu verlangen, an seiner Seite zu sein und mit anzusehen, was er tut oder lässt und sich und andere damit permanent gefährdet. Ich bin immerhin vom Fach und konnte das nicht mit meinem Wissen und Gewissen vereinbaren. Es musste sich dringend etwas ändern! Wäre er zu Schaden gekommen, hätte ich mir nie im Leben verziehen, wider besseren Wissens nichts dagegen unternommen zu haben. Ich habe ein Gefühl von Verantwortung insbesondere meinem Partner gegenüber. Auf ihn einzuwirken ganz zu unterlassen wäre fahrlässig gewesen. Dafür hat er mich mit der Höchststrafe seinerseits versehen. Er hat mich aus seinem Leben gejagt wie einen Schwerverbrecher und mir ganz offiziell untersagt, jemals wieder im ganzen Leben Kontakt zu ihm zu suchen. Spätestens an der Stelle fand die Totalentwertung meiner Person statt.
Mir wurde der Himmel auf Erden versprochen und ein grausamer Ritt durch die Hölle geboten.
Viele einzelne Details dazwischen habe ich Euch jetzt erst einmal erspart. Vielleicht reiche ich das ein oder andere noch nach, wenn es an der Zeit ist.
Die Bilanz ist folgende: Ich bin psychisch und physisch (psychosomatische Folgestörungen) nahezu am Boden zerstört. Ich bin lange Zeit arbeitsunfähig gewesen und habe bis heute nicht wieder zu meiner alten Kraft zurückgefunden. Ich bin selbstständig und arbeite allein, ich muss durch eigene, persönliche Arbeit meinen Umsatz sichern. Das kann ich so nicht in dem Zustand, in dem ich mich immer noch befinde. Wenn ich die Behandlungskosten, das Krankentagegeld und meinen ökonomischen Ausfall zusammenrechne, ist mir bis heute ein Schaden in Höhe von ca. 60.000 bis 80.000 € entstanden. Das ist nicht ganz unerheblich und ich finde, es wird langsam Zeit, dass auch in Deutschland Gesetze beschlossen werden wie in Frankreich, die emotionale Gewalt und narzisstischen Missbrauch unter Strafe stellen, wenn man die Schäden betrachtet, die dadurch hervorgerufen werden können. Vor allem vor dem Hintergrund, wieviele von uns ebenso betroffen sind. Wir haben alle auch ein Recht auf geistige und psychische Unversehrtheit, und vor wirtschaftlichem Schaden sollte man in dem Zusammenhang auch besser bewahrt werden. Ich bin noch lange nicht rehabilitiert, aber ich befinde mich auf dem Weg dort hin ...