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Opfer eines Narzissten

I
Durch das Stöbern in diesem Forum ist mir aufgefallen, dass offensichtlich auch ich einem Narzissten zum Opfer gefallen bin. Er fiel meinen Freundinnen anfangs auf als extrem nett, humorvoll, hilfsbereit, offen und sehr eloquent. Bei meinen Freundinnen stellte er sich dar als der Mann, der mir beweisen würde, dass es die wahre und dauerhafte Liebe wirklich gibt.
Nachdem er recht schnell schon bei meinem Sohn und mir eingezogen war, schwebte ich im ersten Jahr auf Wolke 7, er hat mich auf Händen getragen und gab mir das Gefühl, ich sei etwas ganz besonderes. Viele Liebesbezeugungen, kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten… Nach etwa einem Jahr kamen mir aber immer öfter Dinge seltsam vor. Er warf mir allerdings vor, ICH hätte mich verändert, und meine Liebe wäre weniger geworden (da S. weniger wurde), und sagte von Anfang an, wenn er das Gefühl hat, er würde nicht geliebt, würde sich auch seine Liebe zurückentwickeln und er würde gehen. Er definiert Liebe über S.: Viel S., viel Liebe, wenig S., wenig Liebe. Er verlangte ständig „Beweise“ für meine Liebe.
Er erwartete von meinem Sohn, dass er „spurt“ als Beweis dafür, dass wir seine Versuche, sich in die Familie zu integrieren, respektieren und auch wollen, dass er sich einbringt. Und von mir verlangte er, dass ich meinem Sohn beim „spuren“ auf die Sprünge helfen soll. Bei jeder Kleinigkeit drohte er damit, auszuziehen, da wir ihm seine Energie rauben und er bei uns überhaupt nicht zur Ruhe kommen kann, und schlug immer wieder vor, die Beziehung in zwei getrennten Wohnungen fortzusetzen, wo jeder für sich alleine dann halt eben zur Ruhe kommen kann (wirklich ausgezogen ist er aber nicht). Seine Stimmung konnte von einer Sekunde zur anderen ins Gegenteil umschlagen aus für normal denkende Menschen völlig unerklärlichen Gründen.
Irgendwann ging es los mit Beleidigungen und Demütigungen weit unter der Gürtellinie. Einmal sogar eine Drohung, dass er nicht versprechen könne, mir psychisch nichts anzutun, wenn er bleibt. Woran er sich dann aber später nicht mehr erinnerte. Dann änderte sich seine Stimmung wieder, und er war das fürsorgliche, pflichtbewusste „Familienoberhaupt“, das alles für seine Familie tut. Zuckerbrot und Peitsche eben.
Kontrollzwang, Paranoia, Perfektionismus und Drama-King sind Beschreibungen, die auch auf ihn passen. Für Fehltritte konnte er sich noch im ersten Jahr entschuldigen, danach nicht mehr, weil ICH oder mein Sohn ja immer Schuld an allem hatten.
Auf der einen Seite fühlte ich mich geliebt und umsorgt, auf der anderen fühlte ich mich dreckig, wertlos und zu nichts nutze. In seinen Augen war aber immer nur ER das Opfer.
Als Rechtfertigung für seine Demütigungen sagte er: Erst wolle ich die Wahrheit wissen, und dann könne ich sie nicht ertragen. Er verdrehte einem oft die Worte im Mund, schilderte Situationen völlig realitätsverzerrt und konnte sich auch oft selbst nicht mehr an seine eigenen Aussagen erinnern, weswegen er das ein- und selbe oft fünfmal erzählte.
S. will er so häufig, dass eine Frau alleine das gar nicht leisten kann, wenn noch Beruf, Alltag, Kind und Haushalt zu bewerkstelligen sind. Fand es nicht im verlangten Ausmaß statt, war das ein Beweis mangelnder Liebe. Und schön war es auch schon lange nicht mehr, ich hatte immer das Gefühl, „es hat irgendwie nichts mehr mit mir zu tun“, sondern er will sich eher „abreagieren“. Er ließ mich wissen, dass ich im Bett „eine Null“ bin in seinen Augen (anfänglich war ich da aber seine Traumfrau, und er wollte mich sogar heiraten). Auch seine Phantasien diesbezüglich, die bis SM reichten, machten mir Angst.
Letztes Jahr wurde ich körperlich krank, war ein halbes Jahr lang krankgeschrieben, aber –zig Ärzte und Krankenhausaufenthalte brachten keinen Befund hervor. Heute denke ich, dass mein Körper mich vor diesem Mann schützen oder warnen wollte.
Vor ca. zwei Monaten hat er dann seine jahrelangen Drohungen wahr gemacht und ist gegangen. Auslöser war meine Aussage, dass ich solchen S., der in der Nacht zuvor stattgefunden hatte, nie wieder haben möchte. Dass ich mich nicht fühlen möchte wie ein „Ding“, das benutzt wird.
Von heute auf morgen war er weg und hat nie wieder nach uns gefragt. Ich gehöre also zu denen, die danach in Ruhe gelassen wurden (bis jetzt mal noch).
Mich würde mal interessieren, ob so ein Mensch weiß, was er seinen Mitmenschen antut. Ob er weiß, dass er narzisstische Züge hat. Oder ob er wirklich glaubt, Leben und Familie funktionieren so.
Was mir unglaublich weh getan hat, ist die Erkenntnis, dass es all die Jahre keinen einzigen Tag um MICH ging, als Frau, als Mensch. Sondern immer nur um mich als „Energielieferant“. Dass ich keinen Tag dafür geliebt wurde, wer ich wirklich bin. Dass ich Jahre meiner Lebenszeit und wahre Gefühle investiert habe in ein aussichtsloses Unterfangen, und darüber krank geworden bin. Und es ihm einfach komplett egal war und jetzt erst recht ist. Er uns zum Schluss einfach abgeschnitten hat aus seinem Leben – Mutter mit Kind, zack und ab in den Müll damit, ihm doch wurschd.
Und warum nur hab ich das Gefühl, dass eine Trennung von so einem Mensch noch viel mehr weh tut als eine Trennung von einem „normalen“ Menschen?
Für Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wäre ich sehr dankbar.

24.09.2016 19:03 • x 12 #1


K
Liebe Isa..
möchte dir erstmal mein Bedauern aussprechen für das was du durchgemacht hast.. kann's gut verstehen.. vieles war ähnlich..
die erste Zeit ist hart.. man ist wie vor den Kopf geschlagen.. kann's fast nicht glauben mit was für einem Menschen man zusammen war..
eine Welt bricht zusammen und ein Scherbenhaufen bleibt.
ja es ist teilweise besonders hart innerlich damit klarzukommen wenn es sich um eine Konstellation wie du's beschreibst handelt.
das Gute ist.. auch das kann man überwinden.. es braucht Zeit und tätige Fürsorge für sich selbst..
wie eine Blume die lange nicht gegossen wurde.. die grad noch so von den Reserven zehren konnte und jetzt viel gute Pflege und Aufmerksamkeit braucht.
gibt dir das jetzt und lass nicht nach.. Schritt für Schritt entwickelt sich ein neues Lebensgefühl und neue Perspektiven können entstehn.
Lass der Trauer dem Schmerz Raum.. nimm dir aber auch genug Auszeiten.. Erholungsphasen um immer wieder neu Kraft zu schöpfen.
Es geht nicht von heut auf morgen.. es ist ein Prozess.. aber am Ende wirst du stärker daraus hervorgehn als zuvor.
Du hast ein Kind und das ist eine schöne Aufgabe.. konzentrier dich darauf und fokusier aber gleichzeitig auch dich und deine Bedürfnisse.
Wünsche dir von Herzen alles Gute, Mut und Kraft.

24.09.2016 19:35 • x 2 #2


A


Opfer eines Narzissten

x 3


N
Hallo Isa , ich kann gerade voll nachvollziehen wie du dich fühlst . Genau mit so einem Mann habe ich knapp 7 Jahre verbracht , zusammen mit meinen beiden Kindern aus erster Ehe . Die Erlebnisse die du schilderst sind eigentlich identisch mit meinen . Haargenau so lief es bei mir auch . Meine momentane Situation ist das ich darauf warte das er auszieht , Ende diesen Monats soll es sein und ich zähle jeden Tag . Leider ging er nicht wie bei dir einfach selbst ( da wäre ich vor Freude im Dreieck gesprungen !) sondern es war harte Arbeit . Gott sei dank hat sich eine Fluchthelferin ( einfach ein cooler Ausdruck für neue Freundin , hab ich hier aus dem Forum ) gefunden und so hatte ich ein Druckmittel ihn aus meiner Wohnung zu bekommen . Zurück bleibt meine kleine ( ich hab ein Kind mit ihm , meine beiden großen sind mittlerweile in eigene Wohnungen gezogen ) und ich und ich WILL einen Neubeginn wenn er denn weg ist . Ich werde genauso wie du vermutlich viel Zeit brauchen um das alles zu verarbeiten und die nehme ich mir auch , egal wie lange es dauert . Der Tipp hier aus dem Forum meine Wohnung neu zu gestalten z. B. hatte ich eh schon im Hinterkopf und meine Freizeit mit der kleinen so gestalten wie ICH das möchte . Für mich wird das wie ein Befreiungsschlag sein wenn er endlich weg ist und nur noch Kontakte wegen der kleinen da sein werden . Aber dann kann ich wieder leben und das solltest du auch tun . Endlich wieder leben , ohne lügen , ohne Demütigungen , ohne Kontrolle ohne nichts außer deinem Sohn . Ich drück dich ganz dolle und gib dir Kraft ab , wir beide kriegen das schon hin mit dem neuen Leben

24.09.2016 20:00 • x 3 #3


I
Danke für eure Antworten und das Mut-Machen. Im Gegensatz zu dir, Nordmone, WOLLTE ich nicht, dass er geht, sondern ich wollte eine Lösung des Beziehungsproblems. Ich habe also nicht sehnsüchtig darauf gewartet, dass er endlich geht, und war mehr als geschockt, als er dann weg war und einfach nie wieder nach uns gefragt hat. Die ersten Wochen dachte ich, ich müsste sterben. Erst hier in dem Forum bin ich darauf gekommen, dass es sich um einen Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung handeln könnte, da es einfach auf ihn passt wie Faust auf Auge. Und WENN dem so ist, dann hatte ich nie eine echte Chance...

24.09.2016 20:08 • #4


sozialtussi
Hallo Isabeau

Was für eine schreckliche Geschichte.
Ich bin gerade über dein Alter(50)
gestolpert und bin etwas entsetzt.
Ich habe deshalb geschaut , wie alt du bist , weil ich an deinen Sohn dachte und was er wohl alles aushalten musste...
Meine Frage:
Lässt man sich mit 50 noch so ....
wie soll ich sagen...?
....täuschen?
Über Jahre?
Was hat dein Sohn dazu gesagt?
Mir ist das alles mehr als unverständlich.

24.09.2016 20:18 • x 1 #5


I
Ja... auch mit 50 würde man nur zu gerne wirklich geliebt werden. Meinem Kind hat diese Beziehung - genau wie mir - auf der einen Seite unheimlich gut getan (er hatte eine männliche Bezugsperson, einen Freund, einen Vater-Ersatz), auf der anderen Seite dann aber wieder nicht. Er hatte zwei Gesichter, das gute Gesicht war öfter und länger da, aber das andere eben auch immer wieder... Ich bin grundsätzlich jemand, der das Gute in jedem Menschen sieht und auch aus den Menschen hervorholen kann, aber dieser Mann hat mich echt an meine Grenzen gebracht. Er war meine große Liebe, aber auch meine größte Herausforderung. Ganz klar hätte ICH viel früher reagieren müssen, das gebe ich gerne zu.

24.09.2016 20:25 • x 3 #6


sozialtussi
Ich hoffe für dich @isabeau und
deinen Sohn, dass ihr das einigermaßen unbeschadet überstanden habt und dass ich
niemals an solch einen Mann gerate.
Ich lese hier immer wieder von solchen Psychopathen und das macht mir Angst.
Wie geht es dir jetzt?

24.09.2016 20:39 • x 1 #7


I
Wenn ich sagen würde, es geht mir gut, wäre es natürlich gelogen. Aber wesentlich besser als noch vor ein paar Wochen

24.09.2016 23:04 • x 1 #8


encada
@isabeau
Das Problem ist ja, dass Narzissten zuerst total charmant und liebenswürdig sind, solange, bis die Frau sich in ihn so verliebt hat, dass sie nicht aus der Verbindung rauskann, ohne sich selbst zu verletzen. Das nutzt er aus und das ist das Perfide an einer solchen Beziehung. Ihm fehlt auch jegliche Empathie, wie es der Partnerin geht,Hauptsache, sein Ego findet Wuerdigung und Befriedigung.
Es tut sehr gut von dir zu hoeren, dass es dir inzwischen etwas besser geht, denn die Wunden, die ein Narzisst schlaegt, gehen meist sehr tief. Ich habe neulich von einem Psychologen gelesen, dass man einen Narzissten schon frueh erkennen kann, indem man ihn fragt, ob er einer sei. Die meisten wuerden das bejahen, weil sie stolz darauf seien, einer zu sein.
Dass ein Narzisst dir weh getan hat, darf dich bitte nicht verletzen, weil es durch einen Menschen mit einer Persoenlichkeitsstoerung geschehen ist, der nicht wirklich liebes- und bindungsfaehig ist. Selbstverstaendlich hat auch so jemand kein Recht, seinen Partner zu quaelen und zu demuetigen. Das soll keine Entschuldigung fuer ihn sein, nur eine Entlastung fuer dich.
Geh weiter deinen guten Weg und tu dir zusammen mit deinem Sohn viel Gutes.

24.09.2016 23:36 • x 8 #9


I
Wissen die, dass sie so sind? Und planen sie ihre Vorgehensweise? Oder halten sie ihr Verhalten für normal, und - wie meiner immer sagte - er meint es ja nur gut...

24.09.2016 23:44 • #10


KingKong00
Ja, Narzissten sind sehr berechnend und wissen sehr wohl was sie tun/anrichten aber es ist ihnen schlicht egal wie es den anderen dabei geht.

25.09.2016 00:21 • x 3 #11


encada
Ich war bisher eigentlich immer der Meinung, dass sie sich vieler Dinge nicht bewusst sind. Durch die Berichte, die ich inzwischen gelesen habe, muss ich aber davon ausgehen, dass viele Verhaltensweisen durchaus auch gesteuert werden, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dass er zB mit Auszug gedroht hat, wenn du dich nicht fuegst, spricht ja schon sehr fuer ein ueberlegtes Handeln. Das sind ja weder Spontanhandlungen noch Affekthandlungen. Im Prinzip ist es wie das Kleinkindverhalten. Wenn das Kind etwas haben will, nimmt es sich das oder schreit solange, bis die Erzieher nachgeben. Der Narzisst droht mit Liebesentzug, wenn er nicht bekommt, was er will. Und wenn er sagt, er wolle doch nur das beste fuer dich, dann steckt da sehr viel Manipulation drin, denn eigentlich will er das beste fuer sich. Ob er sich ueber die Ursachen im Klaren ist, moechte ich bezweifeln, denn das setzt ja voraus, dass er ueber sich und sein Verhalten nachdenkt. Das tut er aber nicht, sondern schiebt Schuld und Scheitern dem Partner in die Schuhe. Insgesamt ein schwieriges weitreichendes Thema. Deshalb bin ich fuer dich sehr froh, dass es dir soweit ganz gut geht damit.

25.09.2016 00:37 • x 4 #12


H
isa,

ich habe ähnliches in 10 jahren beziehung erlebt.

am anfang charmant, doch je mehr du dich verbiegst um dem partner alles recht zu machen, umso schlimmer wird es.

ein narz hat nur eigene ziele und wünsche. die müssen auf jeden fall durchgesetzt werden, koste es was es wolle. wenn der preis deine totale selbstaufgabe ist - sei es drum.

ein narz verlässt dich auch nicht einfach so - entweder, du wirst plötzlich aufmüpfig und stellst dich kategorisch gegen die erfüllung eines seiner wünsche/ziele oder du bist so ausgelaugt und fertig, dass du ihm beim erreichen seiner ziele nicht mehr behilflich sein kannst - in beiden fällen wirst du ganz schnell ausgetauscht. wahrscheinlich sogar bevor dir bewusst wird, was da eigentlich passiert.

meine wollte ehe, kind, haus. für ehe und kind habe ich gesorgt. aber statt nem haus hats halt nur für nen kleingarten gereicht. jetzt hat sie sich halt was finanziell potenteres gesucht. hoffe der hat schon ein haus und muss sich nicht noch bis an sein lebensende verschulden (darauf hatte ich nämlich keine lust).

25.09.2016 00:53 • x 4 #13


I
Seine ständigen Auszugsandrohungen sehe ich mittlerweile als emotionale Erpressung. @hansharald: Ja, genau so wars... ich habe ihn ganz deutlich wissen lassen, dass ich ihm bei seinem wichtigsten Thema nicht mehr auf die von ihm verlangte Art und Weise entgegenkommen werde. Daraufhin hat er mich so dermaßen beleidigt und gedemütigt, dass ich völlig in mir zusammenbrach und er dieses Häufchen Elend, wie er mich danach nannte, nicht mehr gebrauchen konnte.... erschreckend, das alles hier zu lesen, aber doch auch sehr befreiend, denn ich kenne jetzt endlich die Gründe...

25.09.2016 01:06 • x 2 #14


H
meine hat die letzten drei monate immer gedroht, wenn ich nicht das mache, was sie vorschreibt, dann wäre sie mit unserer tochter ganz schnell weg.

ich möchte dich noch auf die seite umgang-mit-narzissten.de verweisen.

der sven hat da sehr viele erkenntnisreiche artikel geschrieben.

mir sind im wahrsten sinne die schuppen von den augen gefallen.

solltest du dich an einen therapeuten wenden wollen, der sich mit nps auskennt, dann kannst du sven über das kontaktformular gerne anschreiben. er wird dich sicherlich an einen fachmann in deiner region verweisen.

25.09.2016 01:11 • x 2 #15


A


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