Ninchen,
die Sicherheitsbedenken sind ein absoluter Klassiker. Da spielt so einiges rein.
1. Hast Du das Vertrauen in Deinen Partner (völlig zu Recht!) verloren und dass das dann nicht als Zweifel auch auf die Elternebene rüberschwappt, wäre schon sehr viel verlangt. Man darf es halt nur nicht 1 zu 1 vermischen. Verantwortungslose Partner können verantwortungsvolle Väter sein, um umgekehrt. Aber natürlich breitet sich auch eine Is mir egal-Attitüde in alle Lebensbereiche aus.
2. Ist Dein Körper mit allen Hormonen versehen, die ein Überleben der Lütten zur Prio 1 macht. Wirklich engagierte Väter entwickeln diesen Hormoncocktail auch. Ich bin aber auch nicht die einzige, die in den Schwangerschaften völlig neue Ängste entwickelt hat, die mir vorher fremd waren. Höhenangst hatte ich vorher nicht und den Riesenrespekt vorm Wasserkocher hab ich dann in der zweiten Schwangerschaft entwickelt. Obwohl nie was vorgefallen ist. Ich denke, da wurde mein Gehirn ein Stück weit umgebaut, damit meine Kinder gut beschützt werden. Und mit dem Zusammenleben entwickelt man ja auch eine ganz andere Perspektive. Oder hattest Du als Nichtmutter schon Tischecken im Blick? Ich nicht. Das kam erst, als die ersten Köpfe in der Familie auf Tischkantenhöhe waren. Bekomme ich aber auch nicht mehr aus meinem System raus, obwohl mittlerweile alle groß genug sind, um nicht von Tischecken ausgeknockt zu werden.
3. Musst Du Dich auch erst an die zwei Haushalte gewöhnen. Auch wenn unsere Expartner ja früher auch schon mit dem Kind alleine unterwegs waren, ist es nochmal was anderes, wenn man so gar keinen Einblick mehr hat, was während dessen passiert. Das schürt schon von ganz allein Ängste. Und wenn Du dann in die alte Wohnung reinläufst und Dein Ex bedient dann auch noch durch Achtlosigkeit Deine Unsicherheit, gehen natürlich alle Alarmglocken an. Aber Du kennst ja Deinen Ex noch von vorher. Wenn er da nicht Deine Tochter in jedem Pitbullkäfig reingesetzt hat, wird er es jetzt auch nicht mit dem Kleinen machen.
4. Offene Fenster mit Kindern in der Wohnung sind mein aaaaabsoluter Albtraum. Da muss noch gar kein Kind in der Nähe sein und ich bekomme ein mulmiges Gefühl und schließe das Fenster auf Kipp. Bin ich ganz bei Dir. Einfach nicht machen. Würde ich auch zu meinem eigenen Seelenfrieden drauf bestehen, auch wenn das im Grunde übergriffig ist. Und da würde ich auch die tu's mir zuliebe und versprich es mir-Karte ziehen.
4. Babies auf den Boden ist auch mittlerweile common sense. Hört man von jeder Hebamme und jedem Rettungssanitäter. Und ich persönlich hatte auch keinen Wickeltisch, sondern hab mit Kommodenauflage und Handtüchern auf dem Sofa gewickelt. Wenn er den Lütten mit am Tisch sitzen haben möchte, wird er wohl oder übel in so ein TripTrap Ufo/Ei investieren und das Baby dann darin festschnallen müssen. Oder einen Stubenwagen. Den Pappkarton-Stunt hätte ich auch kommentiert, auch wenn das, wie oben, eigentlich übergriffig ist.
5. Wo ich die Grenze ziehen würde (aber da ist eben jede/r anders!) ist das Sofahüpfen. Das ist jetzt sein Sofa und seine Verantwortung. Und klar, passieren kann bei jedem Sturz etwas. Aber die Fallhöhe beim Sofa ist, sofern nicht direkt davor ein Couchtisch steht, noch vertretbar, um Erfahrungen zu sammeln. Wenn Dein Ex nicht komplett den Verstand verloren hat, ist das Letzte, was er sich antun will, der Büßergang, wenn er nach einem Umgang ein verarztetes Kind zurückgeben muss. Mein Ex (der egomane Vollhonk) war gaaanz klein mit Hut, als er mir unser Kind mit dickem Armverband und Silberfadenpflaster zurückbrachte, nachdem der Wirbelwind dem Grill zu nah gekommen war. Und wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, hätte das in einem gewissen Alter des Kindes in bestimmten Situationen jedem von uns passieren können. Nur hatten die meisten von uns eben Glück. Ist auch narbenfrei verheilt. Manche Unfälle gehören wohl zum Lebensrisiko dazu. Und unter meiner Obhut hat sich das gleiche Kind einige Jahre später eine Ecke aus seinen Schneidezähnen auf der Skaterbahn rausgestürzt. Er hatte die komplette Schutzausrüstung an und ich stand wenige Meter daneben. Aber manchmal ist der Teufel ein Eichhörnchen.
6. Finde ich das eine super Gelegenheit, mal Deinem authentischen Selbst freie Bahn zu lassen. Dich gibt's gerade nur mit Beschützerhormonen im Blut. Deine Beschützerhormone sagen Dir, dass er diese drei Gefahren unterbinden soll. Du hast es ihm gesagt und darfst jetzt davon ausgehen, dass er darauf achten wird. Und wehe, wenn nicht. Dann würde ich als nächste Eskalationsstufe ihm eine Unfallstatistik für Kinder unter 10 Jahren ausdrucken. Aber am Umgang ändern würde ich nichts. Er darf, muss und kann Verantwortung lernen, auch wenn er sich seine natürlichen Instinkte durch die verpasste Schwangerschaft ein Stück weit beschnitten hat.
Zitat von NineNinchen: Mir tut's schon ein bisschen Leid.
Mir nicht!
Er hätte es anders haben können. Nun muss er mit dem Leben, was er geschaffen hat.
Du denkst immer noch im Team-Modus. Hat bei mir auch lange gedauert, weil ich von Natur aus und aus meinem Elternhaus ein Team-Player bin. Irgendwann hat mir mal seine eigene Anwältin gesagt dass ich ihm seine Verantwortung zurückgeben darf. Danach hat es dann bei mir Klick gemacht.