Hallo,
ich will das mit dem sich zu Grunde richten bzw. sich nicht zu Grunde richten noch mal näher erklären.
Grundsätzlich tue ich mich schwer damit, Adipositas als Krankheit zu bezeichnen. Die Gelehrten sind sich da auch sehr uneinig. Aus meiner Sicht ist Adipositas ein Symptom und keine selbstständige Krankheit. Daher hinkt der Vergleich, den ich jetzt bringe, ein bisschen.
Wenn ich eine Krankheit habe, kann ich damit unterschiedlich umgehen. Ich kann sie ignorieren, ich kann sie auf Teufel heraus bekämpfen, ich kann verzweifeln, ich kann sie aber auch liebevoll annehmen und versuchen, das Beste daraus zu machen. Ganz allgemein halte ich persönlich den letzten Weg für jede Art von Krankheit für den besten Weg, weil die Seele dabei am wenigsten auf der Strecke bleibt. Denn das Hadern mit dem Schicksal ist sehr anstrengend für die Seele und schadet damit letztlich auch der Gesundheit.
Ähnlich verhält es sich mit Übergewicht. Hier kommt allerdings noch hinzu, dass es einen gesellschaftlichen (und lange auch einen medizinischen) Grundirrtum gibt, nämlich den, dass man daran ganz einfach etwas ändern kann. Fast ein halbes Jahrhundert Diätenterror haben uns inzwischen eines besseren belehrt.
Während ein Mensch, der Krebs hat oder durch einen Unfall im Rollstuhl landet, um nur zwei Beispiele stellvertretend für viele andere Szenarien zu nennen, dafür bewundert wird, wenn er sein Leben meistert und zu einer positiven Grundhaltung findet, wird der dicke Mensch dafür angegriffen. Denn schließlich, so weiß es ja jeder (Achtung Ironie!), bräuchte er das ja nur zu ändern. Dafür bedürfe es ein bisschen Disziplin und einfach nicht so viel fressen, vor allem mal die Cola weglassen ... etc. pp. blablabla ...
Nebenbei sind Dicke auf Grund dieses Irrtums auch noch ein prima Spiegel für schwache Menschen, die glauben, nur weil sie schlank sind, sind sie diszipliniert, haben ihr Leben im Griff, ernähren sich super gesund ... sie können sich mal so richtig gut fühlen, wenn sie so einen dicken Versager vor sich haben. Ich möchte nicht wissen, wie viele Seelen von Menschen mit der Disposition zur Adipositas auf diese Weise zerstört wurden.
Setzt man sich allerdings mit dem Thema Übergewicht mal richtig auseinander, und mit richtig meine ich, indem man möglichst viel wissenschaftliches Material dazu liest und informierte Ärzte und Wissenschaftler dazu befragt, dann stellt man alsbald fest, dass an dem, was ich Mainstream-Medien-Gelabere nenne, so gut wie nichts dran ist. Spannend finde ich in diesem Zusammenhang oft auch die Kommentare im Internet zu Veröffentlichungen über neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die von Nicht-Betroffenen in der Mehrzahl sofort in Zweifel gezogen werden, vorzugsweise mit dem Argument: Jaaaa, bei vielleicht einem 1% der Dicken liegt es an etwas anderem als ihrem zügellosen Fressen, aber bei allen anderen ist die Sache klar. Und deshalb ist es auch völlig legitim, sie ständig auf ihr defizitäres Dasein aufmerksam zu machen, damit sie endlich mal wach werden und es bei ihnen Klick macht (- an verschiedenen Stellen auch in diesem Thread zu lesen). Das zeigt mir, bei der Diskussion zum Thema Übergewicht geht es auch um Weltbilder.
Leider sind die Dicken sich häufig selbst der größte Feind. Es gibt keine Gruppe von Menschen mit einem bestimmten Merkmal, die selbst so nachhaltig an den Schrott glaubt, der über sie verbreitet wird, und zur Selbstdemontage nutzt, sicher in nicht wenigen Fällen aus Selbstschutz. Denn wenn ich vor mir her trage, dass ich weiß, dass ich schei. bin, dann wird es mir vielleicht nicht so oft gesagt. Das macht den Umgang mit diesem Thema nicht einfacher.
Ich habe seit 40 Jahren Übergewicht. Wie so vielen Übergewichtigen wurde auch mir bei einem BMI von 25 gesagt, wie unerträglich fett ich sei. Mit 13 stieg ich in Diäten ein und mein Weg ins massive Übergewicht begann. Hinzu kam, dass ich schon damals eine schwere Schilddrüsenerkrankung hatte. Ich musste 44 Jahre alt werden, bis ich eine Klinik fand, die das in den Griff bekam. All das hat mein Leben bestimmt. Und ja, ich habe manchmal eine Riesenwut, aber ich bin auch stolz, weil ich mein Leben trotz dieser erschwerten Umstände überdurchschnittlich gut meistere und ein liebevolles Verhältnis zu meinem wirklich nicht schönen Körper gefunden habe.
Ich bin froh, dass es der Wissenschaft langsam dämmert. Es gibt viele Aspekte, die für das Übergewichtsproblem verantwortlich sind. Falsch behandelte Erkrankungen sind einer. Die Ex-Freundin, um die es hier geht, gehört m.E. dringend zum Endokrinologen. Es ist nämlich keineswegs normal, auch als dicke Frau seine Periode nicht zu bekommen. Übergewicht und das Fehlen der Periode können eine gemeinsame Ursache haben. ABER, es ist alleine ihre Entscheidung, ob sie das ergründen möchte oder nicht. Sie mit Sorge um ihre Gesundheit zu überhäufen, ist sicher nicht der richtige Weg.
Es würde zu weit führen, wenn ich hier alles aufzählen würde, was Adipositas begünstigt, aber ein ganz, ganz wichtiges Thema sind Kunststoffverpackungen von Lebensmitteln, etwas, dem man sich zwar in gewisser Weise entziehen kann, aber auch nur bis zu einem bestimmten Punkt. Und Voraussetzung ist, dass man wissen muss, dass darin Stoffe sind, die in die Lebensmittel übergehen und eine hormonelle Wirkung im menschlichen Körper haben.
Diäten sind zudem stoffwechselwirksam, was der Menschheit in Hungerzeiten das Überleben sichert. Der Jojo-Effekt ist ein Überlebensmechanismus aus Zeiten, in denen Nahrung noch nicht unbegrenzt zur Verfügung stand. Unser Körper kann nicht unterscheiden, ob er einer willentlichen Diät unterzogen wird oder ob er eine Hungersnot durchlebt.
Das sind nur sehr wenige wichtige Punkte, die ich hier angerissen habe. Aber sie machen vielleicht klar, warum es sinnvoller ist, seinen Körper an einem Punkt X anzunehmen, wie er ist, und ihm das angedeihen zu lassen, was ihm gut tut. Und das sind in der Mehrheit der Fälle keine Diäten und noch weniger adipositaschirurgische Maßnahmen. Mit gesunder Ernährung und Sport kann man bei jedem Gewicht anfangen, aber man sollte das vor allen Dingen mit dem Hintergedanken tun, sich gut zu fühlen, und nicht auf Teufel komm raus abzunehmen. Wenn man es dann trotzdem tut, ist es ja gut, aber es sollte nicht das vorrangige Ziel sein, weil es mit zu vielen Risiken verbunden ist, die Sache zu verschlimmern statt zu verbessern.
Nebenbei ist es, wie ja schon ausgeführt, auch für die Seele besser, mit seinem Körper Frieden zu schließen. Alles wird dann ganz von alleine einfacher.
19.08.2015 08:23 •
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