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Trennung wegen Selbstverwirklichung und Bindungsangst

H
Mein Exfreund(55) und ich(52) haben uns über eine online Plattform kennengelernt. Die Geschichte ist sehr lang und für mich sehr verwirrend.
Schon beim ersten Treffen haben wir uns sehr gut verstanden.
Er fragte mich dann nach dem ersten Treffen, wie ich mir Beziehung unter unseren Umständen denn überhaupt vorstellen könnte. Er ist unter der Woche auf Montage und ich arbeite jedes zweite Wochenende. Unsere Wohnorte trennt eine Stunde Fahrzeit.
Er meinte er könne sich unter diesen Umständen keine funktionierende Beziehung vorstellen.
Trotzdem haben wir uns nocheinmal getroffen und schon beim 2. Treffen haben wir uns verliebt. Es folgten wunderschöne Wochen und weder Fahrzeit noch Arbeitszeiten waren ein Problem.
Er war 22 Jahre verheiratet und wurde von seiner Frau sehr plötzlich verlassen.
In den darauffolgenden 12 Jahren hatte er einschließlich mir 5 Beziehungen.
Eine dieser Frauen hat er durch eine Krebserkrankung begleitet. Als die Erkrankung überstanden war, fiel er in ein tiefes Loch und entwickelte eine Depression. Die Frau hatihn daraufhin verlassen, mit der Begründung sie könne keinen kranken Mann gebrauchen und bräuchte ihre ganze Kraft für sich.
Wir konnten von Anfang an sehr gut miteinander reden und haben uns in jeder Hinsicht gut verstanden.
Er selbst hat immer wieder betont, dass er eine solche Beziehung noch nie hatte. Das er sich zum ersten Mal in seinem Leben wichtig genommen fühlt und er sich auch in S. Hinsicht nie so frei gefühlt hat.
Wir haben trotz Corona viel unternommen. Waren wandern, haben viel gelacht, geredet, gekocht und viel miteinander geteilt. Vertrauen, Offenheit und gegenseitiger Respekt waren uns wichtig.
Er hst mir viel aus seinem Leben, dass nicht einfach war erzählt und sagte mir, dass er noch nie mit jemandem darüber reden konnte. Auch, dass er immer wieder zu depressiven Verstimmungen neigt und in diesen Zeiten am besten alleine ist.
Nach einigen Wochen meinte er dann plötzlich, dass er Beziehung nicht kann. Er wäre doch ein Psycho und für eine Beziehung gar nicht tragbar. Auch darüber haben wir geredet und er sagte mir hinterher, was für ein toller Mensch ich sei und dass ich sehr viel Verständnis hätte.
Danach sind wir richtig durchgestartet.
In allem haben wir uns unterstützt. Er war sehr liebevoll zu mir und hat mir immer wieder zu verstehen gegeben wie gern er mit mir zusammen ist.
Ich bekam viele Komplimente und Zärtlichkeiten.
Seit Beginn unserer Beziehung hatte er starke Schmerzen im Arm. Trotzdem hat er weiterhin gearbeitet weil die Auftragslage in seiner Firma sehr hoch war. Und er seinen Chef nicht hängen lassen wollte. Irgendwann ging es aber nicht mehr und er wurde krank geschrieben. Keine Therapie schlug richtig an. Er entwickelte existenzielle Ängste, da er noch Schulden abzubezahlen hatte. Der Krankenstand dauerte insgesamt 4 Monate . In diesen Monaten kam es immer wieder zu Greiztheitszuständen auch mir gegenüber, was ihm hinterher jedes mal sehr leid tat. Er sagte mir, wie gut es wäre, dass ich in dieser Situation so oft bei ihm war, und dass er nicht wüsste, wie er diese Zeit ohne mich überstanden hätte. Allerdings hat er in dieser Zeit auch oft gehadert. Er wusste nicht, ob er jemals wieder klettern konnte, was er über alles liebt. Ich glaube in dieser Zeit begann sich in ihm etwas zu verändern. Nach dem langen Krankenstand war er sehr unzufrieden mit sich, dass er die Zeit nicht genutzt hatte um sich körperlich fit zu machen. Daraufhin begann er mit Sport. Trotzdem wurde die psychische Situation immer schwieriger. Er zog sich körperlich von mir zurück und die Stimmung zwischen uns wurde immer angespannten. Ich wusste nicht was ich tun sollte und lies ihm viele Launen und Ungerechtigkeiten durchgehen. Ich wollte die Situation nicht weiter eskalieren und blieb in vielen Situationen still weil ich Angst hatte einen Fehler zu machen. Er wirkte zunehmend depressiv. Da ich ja wusste, dass er einmal wegen einer Depression verlassen wurde, versuchte ich ihm zu vermitteln, dass er für mich immer liebenswert sei. Egal, wie es ihm psychisch oder auch körperlich gehen würde.
Letztendlich haben wir das Thema Depression offen kommuniziert.
An Ostern verhielt er sich mir gegenüber aus einer Nichtigkeit heraus sehr ungerecht. Ich fragte ihn, ob er lieber alleine wäre, und er meinte, das sei im Moment wahrscheinlich das Beste.
Er sagte, er müsste nun unbedingt etwas gegen seinen Zustand tun. Ließ sich einen Termin beim Hausarzt geben und begann mit einer Antidepressivatherapie. Am Tag zuvor hatten wir noch sehr viel Spass miteinander und haben sehr zusammen über ein Insiderthema von uns beiden gelacht.
Am kommenden Wochenende wollte er lieber alleine sein. Auch, weil er nicht wusste, wie die Tabletten bei ihm anfangs wirken. Am Wochenende darauf hatte er starke Nebenwirkungen und war nochmals beim Hausarzt. Da ich an diesem Wochenende arbeitete konnten wir uns ebenfalls nicht sehen. Trotzdem waren wir weiter in gutem Kontakt.
Am dritten Wochenende wollten wir uns eigentlich treffen. Telefonisch wollten wir absprechen wann wir uns sehen. Stattdessen hat er unvermittelt am Telefon Schluss gemacht.
Er sagte, er habe mich die letzten 3 Wochen nicht vermisst und das das nicht normal für eine Beziehung sei. Er müsse jetzt körperlich fit werden und brauche seine ganze Kraft für sich.
Das ganze am Telefon zu beenden entsprach in keinster Weise dem, wie wir bisher miteinander umgegangen sind und miteinander kommuniziert haben.
Auf ein Treffen wollte er sich erst gar nicht einlassen. Trotzdem haben wir uns dann getroffen und kurz miteinander geredet. Als ich ihn sah, bin ich sehr erschrocken. Er wirkte sehr starr auf mich in seiner Mimik und Körperbewegung. Wir sind dann übereingekommen, dass wir jetzt einmal abwarten und es laufen lassen, bis es ihm wieder besser geht.
Die Kommunikation war dann schwierig. Ich wollte ihm seine Ruhe lassen, wusste aber nicht, wie es ihm geht, was für mich schwierig war. Nach einer Woche haben wir dann telefoniert. Leider wurde es ein sehr emotionales Gespräch. Er wollte es dann einfach weiterlaufen lassen.
In der darauffolgenden Woche schrieb er wieder etwas mehr und ich hatte den Eindruck, dass es ihm etwas besser ging.
Am Wochenende hat er dann endgültig Schluss gemacht.
Er sagte er sei nie in mich verliebt gewesen und wolle die Beziehung nicht führen. Außerdem hätte er die Beziehung ja schon am Anfang beenden wollen, habe dann aber gemerkt wie sehr ich schon in der Beziehung drin stecke und er hätte mich nicht verletzen wollen. Er möchte einmal in seinem Leben machen was er wolle und nur an sich denken. Er möchte für niemanden Verantwortung übernehmen. Er müsse körperlich fit werden. Er möchte einen Klettersteig machen und dafür braucht er jetzt seine ganze Kraft. Es sei vielleicht komisch, eine Beziehung dafür aufzugeben, aber er sei ja sowieso nie in mich verliebt gewesen und der Funke sei nie übergesprungen.
Ich war am Boden zerstört. Er hatte mir bis zu Ostern immer sehr liebevolle und auch witzige Nachrichten geschrieben und mir immer geschrieben wie sehr er sich auf mich freut. Noch im Februar kam von ihm der Vorschlag im nächsten Winter zusammen mit dem Langlaufen anzufangen . Auch Urlaubspläne hatten wir uns überlegt.
Noch vor kurzem sagte er mir, dass er sich freue mich nun bald seinen Kindern vorstellen zu können, was wegen Corona bis dahin nicht möglich war.
Es war als ob er einen Schalter umgelegt hätte und ein anderer Mensch geworden sei. Ich habe ihn nicht wiedererkannt.
Kurz vor der Trennung meinte er einmal, dass er so gerne alleine über die Alpen wandern würde und dass das doch egoistisch von ihm sei und mir gegenüber nicht fair. Ich finde so etwas aber toll und habe ihn darin bestärkt das zu tun wenn das sein Wunsch wäre.
Was ich damit sagen möchte, ist, dass ich meinen Partner nie einschränken würde wenn es darum geht seine Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen.
Obwohl ich sehr schockiert von der Trennung war, habe ich ihm wenige Tage darauf geschrieben, dass ich ihn als Mensch sehr schätze und nicht verlieren möchte.
Er war sehr überrascht und hat mir beteuert wie leid ihm das alles täte und er mich nie habe verletzen wollen. Und ich könne ihm immer alles sagen, was mich bewegt. Und dass er mich sehr mag, aber es für Beziehung nicht reicht. Es würde nicht an mir liegen sondern nur an ihm und er sei auf dem totalen Egotrip.
Die ganze Trennung lief über WhatsApp oder Telefon . Was ihm gar nicht entspricht.
Nach einigen Wochen kam es dann zu einem persönlichen Treffen.
Bei diesem Treffen wollte er mir seine Gründe für die Trennung sagen. Es kam aber wieder nur ich kann Beziehung im Moment nicht ich möchte einmal im Leben nur nach mir schauen
Nachdem er am Telefon und per WhatsApp eher kalt und abweisend war, war er beim persönlichen Treffen wieder der Mann, in den ich mich verliebt hatte.
Er hörte mir zu, konnte mir in die Augen sehen, und es war fast so wie vor der Trennung. Er sagte mir, er würde immer noch von mir träumen und dass ich eine tolle und begehrenswerte Frau sei. Jeder Mann könne glücklich sein eine solche Frau zu haben. Wir haben 4 Stunden geredet. Irgendwann sagte er er würde mich so gerne in den Arm nehmen, hätte aber Angst, dass die Gefühle wieder hochkochen. Wir lagen dann wie vor der Trennung Arm in Arm auf der Wiese und er zweifelte plötzlich daran ob die Trennung das Richtige sei.
Ich hatte schon vorher gesagt, dass ich denke, dass wir nun jeder allein unseren Weg gehen müssen und schauen ob uns die Wege wieder zusammen führen.
Vielleicht ist das schwer zu verstehen, aber ich kenne die Geschichte von diesem Mann und ich weiß, dass er nie die Möglichkeit hatte seine Träume zu verwirklichen. Und ich möchte, dass er die Möglichkeit dazu hat. Ihn zu beschreiben ist hier so schwierig und ich möchte nicht, dass ihm sein Trennungsverhalten hier als nur negativ ausgelegt wird. Jedenfalls wollte ich auf gar keinen Fall, dass er sich nicht verwirklichen kann. Dann wären wir innerhalb kürzester Zeit sicher wieder vor dem gleichen Problem gestanden. Daher sagte ich , daseine Trennung im Moment das Bessere sei. Dass wir uns aber verbunden bleiben und schauen, ob uns der Weg wieder zusammenführt.

11.07.2021 17:34 • x 1 #1


Snipes
Liebe TE, vorab herzlich wilkommen hier, auch wenn der Anlass auch bei dir nicht wirklich schön ist.

Für mich liest sich das alles sehr nach stark ausgeprägter Bindungsangst bei deinem Partner und dieses Hin und Her in eurer Beziehung sowie seine Ambivalenz in Bezug auf Nähe und Distanz passt leider genau in dieses Bild. Ich kann dir hier leider keine Hoffnung machen, denn Du wirst ihm nicht helfen noch in therapieren können. Deine Versuche, genau dies zu tun, haben vermutlich genau das nicht gewünschte Gegenteil bewirkt, denn Du hast ihn deiner Schilderung nach immer in allem unterrstützt und sehr viel Verständnis für seine Vergangenheit aufgebracht. Ohne seine Ängste wäre dies der absolut richtige Weg gewesen, aber Menschen mit bindungsänstlichen Tendenzen fühlen sich dadurch eher bedrängt und gehen zwei Schritte nach hinten, sobald Du auch nur einen auf sie zugehst. Wird die Nähe ihnen zu viel verlieren sie sich komplett in ihrer Angst und ihre Emotionen ersticken regelrecht unter der Befürchtung, die eigene Autonomie zu verlieren.

Es tut mir wirklich leid, aber ohne Hilfe von außen werdet ihr leider nie eine glückliche und langfristige Beziehung führen können und ich kann dir nur raten, dass Du dir mit etwas Abstand deine Anteile an eurer Beziehung anschaust und dir hierzu evtl. auch Unterstützung suchst. Gerne natürlich auch hier im Forum, denn es gibt einige, die sehr ähnliche Erfahrungen machen mussten.

11.07.2021 18:08 • #2


A


Trennung wegen Selbstverwirklichung und Bindungsangst

x 3


Unterwegs
Also der Herr war 22 Jahre verheiratet.
Ich denke nicht, dass man da von Bindungsangst sprechen kann.

Er hört sich eher wie jemand an, der erst mal seine eigenen Baustellen und Probleme in seinem Leben angehen muss, ehe er eine gesunde Beziehung eingehen kann. Er sollte seine Vergangenheit verarbeiten.

11.07.2021 18:18 • x 4 #3


Snipes
Zitat von Unterwegs:
Also der Herr war 22 Jahre verheiratet.
Ich denke nicht, dass man da von Bindungsangst sprechen kann.

Auch wenn es sich sonderbar anhören mag, aber eine lange Ehe ist absolut kein Widerspruch in Bezug auf eine vorhandene Bindungsstörung jeglicher Art.

11.07.2021 18:51 • x 2 #4


alleswirdbesser
Zitat von Hannilein:
Es war als ob er einen Schalter umgelegt hätte und ein anderer Mensch geworden sei.

Ich bin gerade echt ..... sprachlos. Fast genauso wie bei meinem Ex und mir, sehr viele Parallelen. Nicht alles, aber so vieles.

11.07.2021 19:03 • #5


L
Es hat einfach nicht geknallt bei ihm, hat ja auch gesagt, dass er nie wirklich verliebt war.
Das immer gleich mit Bindungsangst gleichzusetzen finde ich zu simpel gedacht.

Es hat zu mehr einfach nicht gereicht und anstatt von Beginn an Tacheles zu reden, wird eben rumgeeiert.

11.07.2021 19:08 • x 2 #6


S
Zitat von Hannilein:
Er selbst hat immer wieder betont, dass er eine solche Beziehung noch nie hatte. Das er sich zum ersten Mal in seinem Leben wichtig genommen fühlt und er sich auch in S. Hinsicht nie so frei gefühlt hat.


Zitat von Hannilein:
Er hst mir viel aus seinem Leben, dass nicht einfach war erzählt und sagte mir, dass er noch nie mit jemandem darüber reden konnte.


Ich kann dieses hatte ich noch nie vorher... Konnte ich noch nie vorher... Nicht mehr hören. Auch schon etliche Mal in alle Richtungen und von allen Geschlechtern gehört. Trotzdem war 5 Wochen später öfter gefühlt Schluss. Alles immer der selbe Kram sorry.

Trotzdem ist das hier mit der depressiven ader nicht so leicht wegzuwischen, da wir hier größtenteils einfach keine Ärzte sind, auch wenn sich gerne welche hier als Hobbyärzte hervortun wollen. Das Medizin Studium dauert nicht umsonst so lange.

11.07.2021 19:12 • x 1 #7


Ayaka
Zitat von Hannilein:
Er möchte einen Klettersteig machen und dafür braucht er jetzt seine ganze Kraft. Es sei vielleicht komisch, eine Beziehung dafür aufzugeben, aber er sei ja sowieso nie in mich verliebt gewesen und der Funke sei nie übergesprungen.

nein - ich sehe hier keine Beziehungsangst sondern wie @LoveForFuture - einfach unzureichende Gefühle. Obwohl es nicht knallt wird die Beziehung halt weiter geführt, weil der S* gut ist und man eine entspannte Zeit miteinander hat.

Klettersteig als Selbstverwirklichung - wo steht denn da bitte eine Beziehung im Weg?
Nein der will einfach nicht und macht dann ein Riesen Drama rundherum, dass man das Wesentliche - nämlich es reicht halt nicht - aus den Augen verliert.

11.07.2021 19:17 • x 2 #8


Emma14
Widersprüchliche Äußerungen von ihm, wenn er sagt, dass er Angst hat, seine Gefühle könnten wieder kommen. Welche Gefühle denn bitte, wenn er doch angeblich nie verliebt war? Er ist depressiv und das kann sein Verhalten gut erklären. Für eine Beziehung ist er zumindest zur Zeit nicht fähig.

11.07.2021 19:37 • #9


H
Hallo ihr Lieben.
Danke schon mal für eure Antworten.
Eigentlich ging die Geschichte noch weiter. Irgendwie hat es nicht alles angezeigt.
Nach dem Treffen hatte ich mir überlegt, wie unsinnig unser Verhalten ist. Da einfach sehr viel gegenseitige Zuneigung spürbar war. Also habe ich ihm geschrieben, dass wir uns Begrifflichkeiten wie Trennung und Beziehung, die ja wohl momentan zu viele Ansprüche an ihn stellt nicht unterwerfen sollten. Dass sich jeder auf sich besinnen sollte und wir einfach verbunden bleiben und schauen, wo es uns hinführt. Daraufhin war er wieder sehr abweisend in seiner Nachricht und meinte, alles was er von mir hört würde wieder Richtung Beziehung gehen - was ich ja gar nicht gesagt hatte...
Zufällig bin ich dann auf einen Artikel über Beziehungsangst gestoßen und habe unsere Beziehung darin fast eins zu eins wieder erkannt. Ich habe mir überlegt, ob ich ihm davon erzählen soll, da das ja ein schweres Thema ist und wir in letzter Zeit genug Schwere in der Beziehung hatten. Letztendlich sah ich aber die einzige Möglichkeit darin die Problematik überhaupt anzugehen. Also schrieb ich ihm dass ich ihm etwas sagen möchte und er war auch sofort zu einem Treffen bereit. Er wusste, dass es sich um etwas Schweres handelt und wollte es sich anhören.
Da er übers Wochenende zum Klettern fahren wollte, schlug er vor, dass er bei mir vorbeikommen könnte, da es auf dem Weg liegt.
Ich war zuerst skeptisch, da meine Wohnung ja kein neutraler Boden ist, habe dann aber doch zugestimmt.
Als er dann kam, haben wir erst ein wenig geredet und dann die Sache mit der Beziehungsangst besprochen. Er hat sich alles aufmerksam angehört, meinte dass es da durchaus Parallelen gibt, er aber der Meinung sei, er hätte all seine Beziehungen aufgearbeitet und es gäbe ja auch keine Pille dagegen. Eine Indikation für eine Therapie sehe er aber nicht.
Dann überlegte er wieder, wie eine Beziehung für uns funktionieren solle.
Er auf Montage, ich jedes zweite Wochenende Dienst, er wolle körperlich fit werden und in die Berge und ich hätte ja auch meine Interessen. Aber er sei ja eh nicht in mich verliebt....
Dann kam es wie es kommen musste und wir hatten S**. Wobei es von mir ausging. Er sagte, es fühlt sich nicht richtig an und doch geschah es mit einer großen Intensität.
Hinterher war er völlig durcheinander.
Ich habe ihn noch nie so verwirrt gesehen.
Am Abend schrieb er mir dann, dass es ihm sehr schlecht gehe. Dass es für mich wohl in Ordnung gewesen sei, für ihn aber ein Desaster und ein zeseiner Schwäche, dass er sich dazu habe hinreißen lassen und er sich nun tatsächlich einpaar Wochen Abstand und Funkstille wünsche.
Auf meine Antwort all dem Raum und Zeit zu geben und dem guten Gefühlen zwischen uns Platz zu lassen kam nichts mehr zurück.
Ich halte mich jetzt seit zwei Woche an seinen Wunsch weil ich denke, es ist ganz gut mal ein wenig Ruhe in die ganze Sache zu bringen.
Vielleicht liege ich falsch. Aber ich sehe hier einfach einen Menschen, der nie in seinem Leben die Möglichkeit hatte nach sich zu schauen. Dem mit der Erkrankung bewusst geworden ist, dass ihm vielleicht auch die Zeit davon läuft und sein Körper nicht mehr mitmacht. Und tatsächlich ist es so, dass es schwer wäre, das zeitlich mit einer Beziehung zu vereinbaren. Er hat einfach sehr wenig Zeit. Er müsste mich immer zurück stellen. Und ich glaube, das wollte er auch mir nicht antun. Ich glaube, er versucht im Moment seinen Körper und seinen Geist zu heilen
Er ist ein Mensch, der immer alles zu hundert Prozent macht und er weiß ganz genau, dass er mir im Moment keine Beziehung bieten kann, wenn seine Träume nicht auf der Strecke bleiben sollen.
Letztendlich glaube ich, dass er dachte, dass er sich entscheiden muss.
Da unsere Beziehung sehr eng war und ich das auch sehr genossen und immer wieder als positiv hervorgehoben habe, kann er sich wohl nicht vorstellen, dass eine sehr freie Beziehung für mich in Frage käme.
Letztendlich ist es aber so, dass ich möchte, dass mein Partner glücklich ist. Mir ist wenig, qualitativ hochwertige Zeit , in der man sich aufeinander freut viel lieber, als eine Beziehung in der man ständig zusammen ist.
Dass er nie in mich verliebt war, nehme ich ihm nicht ab. Es gab soviele Zeichen der Aufmerksamkeit, Zärtlichkeiten und auch Unterstützung von seiner Seite die ohne Gefühle so nicht möglich gewesen wären denke ich. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.

11.07.2021 23:31 • #10


alleswirdbesser
Zitat von Hannilein:
Dass er nie in mich verliebt war, nehme ich ihm nicht ab. Es gab soviele Zeichen der Aufmerksamkeit, Zärtlichkeiten und auch Unterstützung von seiner Seite die ohne Gefühle so nicht möglich gewesen wären denke ich. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.

Dachte ich auch. Und trotzdem warum sagt er das dann?

11.07.2021 23:38 • #11


H
Ich weiß es nicht. Und natürlich besteht die Möglichkeit, dass es stimmt. Nur hat sein ganzes Verhalten während der Beziehung etwas anderes gezeigt.
Ich glaube tatsächlich, dass es eine Schutzbehauptung ist.
Das ganze ist einfach sehr komplex und ich denke, dass da sehr viele Einflüsse mit rein spielen. Die Depression, Beziehungsängste, und der Wunsch nach Selbstverwirklichung .

11.07.2021 23:45 • #12


alleswirdbesser
Ich weiß bis heute nicht was stimmt und was nicht. Tatsache ist, er wollte keine Beziehung mehr mit mir (wir wohnten schon zusammen) und hat abrupt alles beendet. Kurz vorher noch Liebesbekundungen, Zukunftspläne und dann: Ich habe noch nie geliebt, ich dachte es nur. Er wolle den Weg allein gehen, sich nur um sich kümmern.... Das war kurz vorher ganz anders. Beruflich hat er auch alles hingeschmissen.... Ergebnis einer Therapie übrigens. Davor ging es uns gut.

11.07.2021 23:52 • #13


H
Das tut mir sehr leid für Dich.
Es fühlt sich einfach nur schrecklich an und man ist fassungslos, wenn alles, was gerade noch in Ordnung schien plötzlich zerbricht.
Ich habe die Hoffnung trotz allem noch nicht aufgegeben.

12.07.2021 00:02 • x 2 #14


alleswirdbesser
Danke!
Mich hat es wirklich schlimm getroffen, weil bei uns auch Kinder im Spiel waren. Zwar Patchwork, trotzdem hatten sie schon eine gewisse Bindung zueinander aufgebaut. Meine Kids liebten ihn, haben ihn sofort akzeptiert. Ich wäre sonst nicht zu ihm gezogen. Ist schon ein halbes Jahr her, ich habe aufgegeben, er hat was er wollte.
Ich drücke dir die Daumen, dass es bei euch noch nicht alles verloren ist. Trotzdem muss ich sagen, dass bei all seinen Problemen es für dich nicht leicht sein wird.

12.07.2021 00:07 • #15


A


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