Mein Exfreund hat sich vor zwei Wochen von mir getrennt. Wir waren 5 Monate zusammen. Die Trennung kam für mich wie aus dem Nichts. Nichts hat darauf hin gedeutet, dass er geplant hat, unsere Beziehung zu beenden. Er sagte zur Begründung, dass er sich nicht sicher sei, ob das mit uns ausreiche für eine Beziehung.
Er habe bereits seit längerem gezweifelt aber sich nichts anmerken lassen, weil er sich nicht sicher gewesen sei, ob die Zweifel wieder verschwinden würden. Wie bereits gesagt, hat mich diese Aussage getroffen wie ein Schlag, ich hätte niemals damit gerechnet.
Kurz zu uns und zur Chronologie unserer Beziehung: Wir haben uns über eine Dating App kennengelernt, einen Monat lang gedatet und nach dem 10. Date hat er mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein möchte. Er ist Anfang dreißig, ich Mitte zwanzig. Er war mein erster Freund. Seine letzte Beziehung lag bereits 9 Jahre zurück. Er ist Student, ich bin berufstätig. Wir haben uns meistens 3-4 Mal pro Woche getroffen. Er hat immer bei mir übernachtet, weil ich zwei kleine Katzen habe, die ich nachts nicht alleine lassen kann. Ich habe stets darauf geachtet, dass er mich genauso oft sehen möchte, wie ich ihn. Nach zwei Monaten sind wir auf seinen Vorschlag hin eine Woche in Urlaub gefahren. Nach drei Monaten hat er meine Eltern kennengelernt. Er kommt von weiter weg (ist für sein Studium in meine Stadt gezogen), weshalb ich seine Familie erst später kennengelernt habe. Wir haben uns nie gestritten. Es gab 2 Vorfälle, wobei er beide Male etwas unbedachtes gesagt hat, was mich verletzt hat und ich dies auch nicht vor ihm verborgen habe. Ich habe ihm keinen Vorwurf gemacht, er hat mir einfach angemerkt, dass mich seine Aussage in einem Wunden Punkt getroffen hat und hat sich daraufhin selbst Vorwürfe gemacht.
Ich habe mir auch Vorwürfe gemacht, weil ich kein Drama machen wollte. Diese Verhaltensweisen sprechen ziemlich für unsere Charaktere. Nach ein paar Stunden haben wir uns aber beide Male wieder ausgesprochen und beruhigt und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass danach etwas zwischen uns stand. Ich fand unsere Beziehung sehr harmonisch. Er war für mich der (bis auf wenige Kleinigkeiten) perfekte Freund. Er hat mir so viele Ängste genommen, die ich vor einer Beziehung hatte. Er war sehr einfühlsam und wusste genau, wie er im Hinblick auf gewisse Unsicherheiten meinerseits mit mir umgehen musste. Ich hatte auch den Eindruck, dass er verliebt in mich war, ohne dass er mich mit Liebesbekundungen überhäuft hat, das war nicht sein Ding. Aber er hat es mir durch sein Verhalten gezeigt. Gerade in den letzten Wochen vor unserer Trennung hatte ich den Eindruck, dass es mit unserer Beziehung weiter bergauf geht. Er hat mich verschiedenen Freunden aus seiner Heimat vorgestellt, die ihn besucht haben, zwei Wochen vor der Trennung seinen Freunden aus der Uni und nur eine Woche (!) vor der Trennung seiner Mutter und seiner Schwester vorgestellt. Bei dem Treffen haben wir uns auch sehr gut verstanden und er hat mir im Nachhinein versichert, dass ich bei ihnen einen guten Eindruck hinterlassen hätte. Seine Mutter und seine Schwester sind samstags wieder gefahren. Am selben Tag hatte er eine Wohnungsbesichtigung. Ich war etwas enttäuscht, dass er mich nicht gefragt hat, ob ich mitkommen will, obwohl er das im Vorfeld erwähnt hatte. Abends kam er dann zu mir und wir hatten einen schönen Abend. Sonntags mittags ist er heimgefahren weil er was für die Uni machen musste. Für montags abends waren wir wieder verabredet.
Ich habe ihm bereits bei der Ankunft angemerkt, dass ihn etwas bedrückt hat. Er hatte mir aber bereits vorher geschrieben, dass er unter Zeitdruck bzgl. einer Hausaufgabe steht und ich habe seine Anspannung darauf zurück geführt. Aber nur wenige Minuten später, sagte er plötzlich, dass er sich überlegt habe, ob es nicht besser wäre, wenn wir uns erstmal nur noch am Wochenende sehen würden. Ich war völlig schockiert, weil das so unerwartet kam und wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Er sagte, er habe in letzter Zeit die Uni sehr vernachlässigt wegen mir und müsstet sich nun verstärkt darauf konzentrieren, damit er das Semester schafft. Hierzu muss ich sagen, dass dies bereits zu Beginn des Semesters ein Thema war, weil dieses Semester bei ihm sehr voll war und er zusätzlich noch einen Tutorenjob angenommen hatte. Er hatte mir damals gesagt, dass er an den Tagen, an denen er keine Zeit für mich hat, Abend zum schlafen zu mir kommt, damit wir wenigstens nachts zusammen sind. Dazu kam es allerdings nie, wir haben uns weiterhin so häufig getroffen wie bis dahin. An besagtem Montag kam er allerdings nicht mehr auf diesen Vorschlag zurück. Er wollte mich bis zum Ende des Semesters nur noch am Wochenende sehen. Ich habe angefangen zu weinen weil mich plötzlich so eine starke Verlustangst überkommen hat. Ich habe ihn mehrmals gebeten ehich zu mir zu sein. Er hat versucht mich zu beruhigen und irgendwann schaffte er es auch. Ich habe mich an Ende total schlecht gefühlt weil ich so ein Drama gemacht habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich Verständnis dafür habe, dass die Uni die nächsten 6 Wochen Vorrang hat und die Zeit schnell vergehen wird. Den restlichen Abend war die Stimmung gedrückt aber als wir irgendwann im Bett lagen, hat er wieder sehr liebevolle Dinge zu mir gesagt, was bewirkt hat, dass meine Angst, dass etwas zwischen uns sein könnte, wieder etwas gelegt hat.
Dienstag bis Donnerstag ging es mir gar nicht gut. Ich hatte so ein ungutes Gefühl, konnte mich nicht mehr auf meine Arbeit konzentrieren. Das einzige, womit ich mich beruhigen konnte, war die Tatsache, dass er mich ja erst in der Woche zuvor seiner Familie vorgestellt hat und er das ja sicherlich nicht getan hätte, wenn er vorhätte, sich bald zu trennen. Daran habe ich mich die ganze Woche geklammert. Für Freitag war geplant, dass wir mit meinen Eltern abends essen gehen. Morgens fragte ich ihn, wie es ihm geht, woraufhin er antwortete, dass es ihm schlecht ginge. Er sagte nicht warum. Mittags rief ich ihn an, um zu klären, wann wir uns abends treffen wollten. Er sagte, ich solle nach der Arbeit zu ihm kommen. Ich fragte, ob es ihm inzwischen besser ginge, er antwortete nein. Ich fragte, ob es wegen der Uni sei, er antwortete auch. Ich ahnte bereits, was sich hinter diesem auch verbarg. Nach der Arbeit fuhr ich dann zu ihm, er öffnete mir die Tür mit einem ganz ernsten Gesicht. Noch bevor ich fragen konnte, wie es ihm geht, sagte er schon frag besser nicht. Wir lagen Minuten lang dort, ohne etwas zu sagen. Ich bin fast gestorben in diesen Minuten. Irgendwann verlor ich die Nerven und schrie ihn an, dass er mir das nicht antun soll und mir endlich sagen soll, was los ist. Daraufhin sagte er, dass er montags nicht ehrlich zu mir war, als ich ihn fragte, ob er mich nur wegen der Uni seltener sehen will und dann sagte er das, was ich zu Beginn geschrieben habe. Ich blieb noch ein paar Minuten bei ihm, ich weiß nicht mehr, was wir noch geredet haben, wir haben beide geweint. Als ich gegangen bin, wollte er mich aufhalten, aber ich konnte nicht länger bei ihm bleiben.
Am selben Abend schrieb er mir nochmals eine Nachricht, in der er klarstellen wollte, dass er mir nichts vorgespielt hat, seine Gefühle echt waren und er nur seine Zweifel vor mir verborgen hat. Ich antwortete nichts darauf. Samstags hatten wir keinen Kontakt. Sonntags morgens schrieb ich ihm einen langen Text, wie das alles auf mich wirkt und wie plötzlich es für mich kam und dass ich nicht verstehe, warum er mich seinen Freunden und seiner Familie vorstellt und kurz darauf Schluss macht. Dass er mir damit den Eindruck vermittelt hat, unsere Beziehung ernst zu nehmen und mich damit getäuscht hat, da er damals ja schon wusste, dass er sich bald trennen würde. Er antwortete mir darauf in mehreren langen Nachrichten, in denen er schrieb, dass er nicht in der Lage sei, sich langfristig an jemanden zu binden und das dies auch der Grund sei, warum er so lange Single war, bevor er mich kennenlernte. Für mich habe er Gefühle entwickelt und sich auf eine Beziehung eingelassen. Dann wären ihm irgendwann Zweifel gekommen. Es tue ihm sehr leid, dass er mir das antue, ich hätte nichts falsch gemacht, es läge zu hundert Prozent an ihm. Unsere Beziehung hätte ihn erdrückt, auch wenn er nicht wisse warum, denn ich hätte ihm ja genug Freiraum gelassen. Außerdem hätte er nicht konkret vorgehabt, sich zu trennen, sondern wollte nur aussprechen, was in ihm vorgeht. Er wisse aber nicht, ob er es nicht schlimmer für mich machen würde, wenn er wieder auf mich zukäme und er wisse auch nicht, ob er nicht nur aus bloßem Mitleid mit mir einen Neustart versuchen würde, oder weil er eine Beziehung will. Ich habe ihm darauf nichts geantwortet, weil ich nicht wusste was. Gestern Abend, also 9 Tage später, fragte er mich, wie es mir geht. Auch darauf habe ich noch nicht geantwortet, weil ich im Moment überhaupt nicht weiß, ob ich überhaupt noch einmal mit ihm in Kontakt treten möchte. In mir herrscht ein einziges Gefühlschaos. Ich habe immer noch nicht ganz realisieren können, dass es vorbei ist. Es kam einfach so plötzlich. Ich bin unendlich traurig über den Verlust, ich habe ihn so lieb gewonnen. Es war so eine schöne Zeit.
Gleichzeitig bin ich wütend, weil er mich getäuscht hat, weil er mich seiner Familie vorgestellt hat, als e er schon die Trennung plante. Er hätte doch wissen müssen, dass er mir damit Sicherheit suggeriert. Ich dachte immer, dass es das eindeutigste Zeichen ist, das ein Mann die Beziehung ernst meint, wenn er die Frau seiner Familie vorstellt. Ich fühle mich einfach weggeworfen, wie ein Ball, mit dem man keine Lust mehr hat zu spielen. Anfangs dachte ich, dass mit der Bindungsangst sei eine typische Ausrede, aber seit ich mich in den letzten Tagen intensiver mit dem Thema beschäftigt habe, kann ich mir tatsächlich vorstellen, dass er davon betroffen ist. Viele der typischen Verhaltensmuster treffen auf ihn zu. Nachdem ich mich darüber informiert habe, bin ich aber auch zu der Erkenntnis gekommen, dass mich eine Beziehung mit einer bindungsängstlichen Person vermutlich kaputt machen würde. Die ständige Angst, dass er sich nochmal von heute auf morgen verabschieden könnte, jedesmal wenn es ernster wird. Das würde ich nicht aushalten. Ich wünsche mir eines Tages mit meinem Partner zusammen zu ziehen, zu heiraten und vielleicht auch eine Familie zu gründen. Das alles ist scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit mit solch einem Menschen. Und ich möchte auch nicht dauernd mein Bedürfnis nach Nähe hinter seinem nach Abstand stellen müssen. Andererseits tut es mir so unendlich leid, weil er einfach von seinem Wesen her nahezu der perfekte Partner für mich war. Ich kann ihn gedanklich einfach noch nicht loslassen.
Ich weiß im Augenblick einfach nicht was ich möchte. Und ich weiß auch nicht, ob ich ihm antworten soll. Ich denke, er hat mich nur angeschrieben, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Und den Gefallen will ich ihm eigentlich nicht machen. Außerdem erwarte ich mehr als ein Hey du, wie geht es dir?, wenn er nochmals mit mir in Kontakt treten möchte. Daneben holt mich die altbekannte Angst wieder ein, niemals jemanden zu finden, der mich liebt und mich als Partnerin an seiner Seite haben möchte.
Ich bedanke mich schonmal bei jedem, der meinen Text bis hierhin gelesen hat. Vielleicht kann mir ein Außenstehender helfen, die Trennung einzuordnen und vielleicht gibt es auch jemanden, der Erfahrung mit dem Thema Bindungsangst hat und davon berichten möchte. Vielen Dank im Voraus.
06.07.2022 20:51 •
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