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Verlorene Gedanken

Kesey
Also Tränen wollte ich dir damit ja nicht verschaffen, aber da kann man am Anfang ohnehin nichts dagegen machen - die kommen und gehen wie sie wollen und sind auch ein wichtiger Bestandteil des Trauerprozesses. Ich hatte in den ersten zwei Monaten vielleicht fünf tränenfreie Tage Aber seit drei Wochen kullert nix mehr - also ein Fortschritt, den du auch schaffen wirst! Tomaten pflanzen ist ein guter Anfang: Leben spenden, statt vergeuden Ich therapier mich seit der Trennung durch Spaziergänge. Kann es mir im Job Gott sei Dank so einrichten, dass ich jederzeit sofort loslaufen kann, wenn es im Kopf zu viel rotiert. Die Bewegung hilft.
Wir waren nicht lange zusammen - haben uns nur vier Wochen als Art Paar geschenkt, aber wie du geschrieben hast, ist die Zeit tatsächlich belanglos, denn es war und ist ein Volltreffer. Ich muss dazu sagen, dass wir uns aus beruflichen Gründen schon seit zwölf Jahren kennen - allerdings immer nur loser Kontakt, der aber seltsamerweise immer angenehm vertraut war. Haben im Dezember 2013 angefangen uns privat zu sehen und Anfang Februar haben wir dann unseren kurzen gemeinsamen Weg beschritten, der exakt einen Monat später wieder zu Ende war. Wir haben nach der Trennung weiter viel telefoniert, uns aber erst sieben Wochen später wiedergesehen. Wir waren zuvor nicht in der Lage dazu. Wir waren zusammen eine Stunde Mittagessen und das war auch irgendwie ok. Abends dann nochmal telefoniert und dann hab ich im Gespräch die KS rausgehauen, da ich gemerkt habe, dass es uns beiden nicht gut geht, wenn wir gerade Kontakt haben.
Wir halten uns beide daran, aber ich habe immer wieder schwache Momente, schaffe es aber, zu widerstehen:
Ich schreibe gerade ein Buch über unsere Geschichte - ist ein guter Stoff dafür und hilft mir auch, alles zu verarbeiten. Vielleicht auch eine Möglichkeit für dich?
Werde es ihr zum Geburtstag Mitte Juni schenken und dann mal schauen, wie sie reagiert. Wenn es bei ihrem Nein bleibt, dann gehe ich mein Leben weiter und lasse sie los, denn sonst werds immer so bleiben wie jetzt und dafür hat das Leben noch zuviel zu bieten
Ah, was mir auch seit einigen Wochen hilft, sind Johanniskrautkapseln - ich werf mir jeden Tag eine 900mg Pille ein und das beruhigt die tobende Seele. Vielleicht liegts auch nur am Placebo-Effekt - ist mir aber egal, Hauptsache die ständige Traurigkeit drückt nicht so stark in der Brust. Eine 100er Packung kannst du dir von deinem Hausarzt verschreiben lassen.
Mach dir heute einen gemütlichen Abend, geh in die Badewanne, zünd ein paar Kerzen an, schnapp dir ein gutes Buch und ein Glas Rotwein und sag zu dir selbst: Ich liebe dich, aber ich kann auch ohne dich glücklich sein.
Lieben Gruß und
Stefan

19.05.2014 18:09 • #16


A
Stefan, im Moment lasse ich meine Gedanken einfach so vor sich hindenken. Deine Geschichte binde ich ein, deine aufmunternden Worte tun mir sehr gut. Und ich freue mich darüber, dass du sie mit mir teilst.

„Bis mein Geist und mein Herz wieder im Gleichschritt sind“. Darüber habe ich heute viel nachgedacht. Vorhin dachte ich, siehe da, es geht schon besser, doch alles nicht so schlimm. Und da kam ein kleiner verkehrter Windzug und schon geht es wieder los. Oder wie du geschrieben hast, „sie kommen und gehen, wie sie wollen“. Ich bin wirklich komplett aus dem Gleichgewicht geraten.

Bis vor ein paar Tagen war nur diese immense Trauer in mir, es gab keinen Weg nach aussen. Ich hatte die ersten beiden Abstürze im Februar und April schon hinter mir. Aber irgendwie konnte ich mich da noch nicht lösen. Unmöglich, wirklich unmöglich. Noch nie erlebt!

Über ein Buch habe ich auch schon nachgedacht. Aber ich würde alles, was ich schreibe nach kurzer Zeit wieder löschen. Und damit hätte ich jedes Mal den Eindruck wieder von vorne anzufangen.
Ich habe auf alle meine Mails, Sms immer eine Antwort von ihm bekommen. Wenn ich das Gefühl hatte, ich müsste ihn meine Gedanken unbedingt und sofort wissen lassen, habe ich ihm geschrieben, oder ihn angerufen.

Seit Samstag ist dieses Gefühl endlich weg, es war wie eine Sucht, ich kam nicht davon los. Obwohl es jedes Mal wieder wehtat. Samstag hat er dann wohl meine äusserste Grenze überschritten. Es war gar nicht mal das, was passiert war, sondern dass er es erst nach Wochen sagte.
Ich habe noch in keinem Forum geschrieben, aber hier kann ich meine Gedanken aufschreiben und sie nicht löschen. Und das ist der kleine, feine Unterschied. Es befreit mich.

Unsere Geschichte geht Silvester vor 18 Jahren los. Ich war für ihn die „Liebe seines Lebens“ (ich muss es in Anführungszeichen setzen), und ich? Tja, ich war gefangen in meiner eigenen Welt...

Morgen werde ich mir 900-mg-Tbl. Johanniskraut besorgen. Jetzt gibt es gleich das gute Buch und ein Glas Rotwein dazu. Ich versuche es.

Merci

19.05.2014 21:40 • #17


A


Verlorene Gedanken

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Kesey
Dann schreib immer weiter und freue dich über jeden Zentimeter, den du einen Schritt weiter kommst. In unserer Lage müssen es nicht die großen langen Schritte sein, denn sonst holen uns die übersprungenen Hürden wieder ein und wir fangen von vorne an. Dass Gefühl, den eigenen Schmerz, die Trauer und alle Gedanken mit dem Ex-Partner unbedingt teilen zu wollen, kenne ich. Aber die wollen es eigentlich nicht, zu mindest die meine hat schnell geblockt und nur bedingt einen Einblick in ihr Innerstes gewährt. Und es führt auch zu nichts, wie du selbst schreibst - es tut nur umso mehr weh. Für mich ist sie auch die Liebe meines Lebens, aber auch sie ist gefangen in ihrer Welt. Welches Gefängnis ist denn das deine?
Was die Happy Pills, wie ich sie nenne, angeht, bedenke, die Wirkung setzt erst nach etwa zwei bis vier Wochen ein, also nicht wundern und nun genieß dein Buch und des Glaserl Wein!

und de rien, wie der Franzose so schön sagt

PS: Diese Forum ist für mich auch Neuland und ich habe hier zwar schon viel gelesen, aber dein Post war der erste, der mich irgendwie an mein Drama erinnert und so hab ich geschrieben.

19.05.2014 22:04 • #18


A
noch die hausaufgabe:

was habe ich mir heute gutes getan?

ich habe mir einen strauss blumen gekauft

ich habe mich wieder schick gemacht! es war genauso schwer und mühselig wie gestern. und meine schnürsenkel bleiben trotzdem offen. ganz verbiegen kann man sich schliesslich nicht.

ich habe das aufkommende bauchknotengefühl bekämpft und fast vernünftig gegessen

ich habe mich dem wetter angepasst und trotzdem mal gelacht

ich lese ein gutes buch und trinke ein glas guten wein

und ich kämpfe!

19.05.2014 22:16 • #19


Kesey
Das gefällt mir! Schlaf gut und gib dich schönen Träumen hin, die dir morgen auch noch die Schürsenkel von alleine zubinden!

Und lass das kämpfen, es zu wollen ist viel effektiver, da entspannter

19.05.2014 22:47 • #20


A
Kontaktsperre Tag 3

heute ist nur leere. dumpfe, gähnende, schwarze leere. dachte, das lässt sich ja aushalten, aber nichts da. die bauchkrämpfe kommen wieder. komisch, hatte das zuletzt im april.

weisst du was das für jemanden wie mich heisst? nein, natürlich nicht. du hast nie richtig zugehört, ganz im gegensatz zu damals. auch so ein punkt, den ich nicht verstehe. menschen ändern sich doch nicht, oder doch?

egal, darüber muss ich auch noch nachdenken. heute habe ich ein anderes thema.

bin manchmal auch ziemlich eigen. so wie vermutlich fast jeder. du sagst, du machst die dinge mit dir selbst aus. ich sagte dir, lass uns reden. schweigen ist silber, reden ist gold. in unserer situation war das die einzige möglichkeit. nicht mailen, was habe ich das angefangen zu hassen, sondern wirklich miteinander reden, nicht mal skypen haben wir versucht.

du hast mich jetzt, ganz am ende gebeten, dir zeit zu geben. aber so richtig klar ist mir nicht wofür.
einerseits bin ich mir sicher, dich gut zu kennen, trotz der kurzen zeit miteinander. andererseits hättest du manche dinge a u s s p r e c h e n müssen, damit ich sie verstehe.

ich bleibe fair, vor der tröstaktion hast du schluss gemacht. schluss, wo deiner meinung nach nichts war, da du kein vertrauen hattest. aber wenigstens hast du bescheid gesagt.
hast du mein verzweifeltes nein nicht gehört? es halt mir noch heute in den ohren. nein, nicht das, tu das nicht. alles, nur das nicht. ich glaube, ich habe noch nie einen solchen verzweifelten schrei in mir gehabt. noch nie!
du schreibst mir, wäre es doch dein kind. alles hättest du haben können.

ich liebe dich, alles was du willst! erinnerst du dich?

das hatte ich nicht nur so daher gesagt, es kam aus meinem tiefsten inneren!

gestalte, einfach machen!

hast du es jetzt begriffen? zu spät begriffen? ich weiss es nicht, werde es wohl nie wissen.

es war das tiefe, tiefe mr-tal, was mich hat begreifen lassen. davor war ich eine gefangene meiner eigenen ängste, meiner eigenen zwänge und grenzen.

alles das weisst du, alles das habe ich dir gesagt oder geschrieben. aber es ist eben etwas anderes die dinge zu leben, denn sie zu hören. es kam bei dir einfach nicht an. du warst zu erschöpft.

in dieser kurzen woche warst du ganz bei mir, sagtest du. und ich antworte dir wieder, dass es nicht stimmt. du hast deine erschöpfung nicht verstanden, ich verstand sie auch nicht, aber ich wusste auch nicht. ich merkte nur, dass ich immer wieder gegen deine mauern prallte. es gab kurze momente der innigkeit, der mo gehört dazu, aber dann war es eigentlich schon wieder vorbei. du warst nicht bei mir! deine probleme haben in dir gearbeitet. so was kann man nicht einfach verdrängen. und du hast nicht mit mir geredet, aus angst mich zu verlieren. wie konntest du nur? dann wäre ich eben sauer, wütend oder sonst was gewesen, na und? oder einfach nur traurig. aber du hast versucht für mich zu wählen oder zu fühlen. und das geht nicht! verstehst du? das geht nicht! was manche dinge in mir auslösen ist einfach meine sache, gehört zu mir. du wolltest mich nicht verletzen, aber es war doch klar, dass ich es erfahre. oder hättest du lieber verheimlichend weiter gemacht? wolltest du das? so tun als ob nichts gewesen wäre?

du hattest die wahl. und auch ich hatte und habe die wahl. diese wahl lasse ich mir nicht absprechen. so ist es nun mal!

irgendwie ist das alles noch nicht sortiert. ich gehe mal wieder eine runde nachdenken...

20.05.2014 09:46 • #21


A
zur strichliste, sie ist angebracht, stift liegt daneben.

nicht zehn-, nicht zwanzigmal. ich nehme die mitte, bin gerade bei vier. das wird hart. wenn ich mir aber vor augen halte, dass du dich eh nicht meldest, dann müsste es doch ganz einfach sein?

handy bleibt aus! und noch ein !

nicht kämpfen, sondern wollen. Lieber Kesey, es arbeitet in mir, und das Wollen ist irgendwie noch nicht sicher. So ganz weiss ich eigentlich gar nicht, was ich will. Ich schwimme. Auch darüber gehe ich nochmal nachdenken.

P.S. der Wein und das Buch haben gut getan, heute Abend also nochmal. Merci beaucoup.

20.05.2014 09:52 • #22


A
und du fehlst mir

dein lachen, wenn du es zulässt

die teich/teig-aktion, meine güte, ich finde nicht mal mehr das richtige wort

das ist es, was ich mit dir wollte.

die unbeschwertheit, das lachen, einfach das leben, jetzt

20.05.2014 10:01 • #23


A
die wut, die entrüstung, sie sind verraucht.

das hattest du schnell verstanden. man muss bei mir nur immer ein bisschen warten, dann lösen sich diese aufbrausenden gefühle in luft auf. das heisst aber leider nicht, dass alles vergeben und vergessen ist.

im moment bleibt die trauer. die trauer darüber, wie man solche wundervollen gefühle so schändlich behandeln konnte. wie man solche zaubermomente einfach so vorüberziehen lassen konnte, ohne einzutauchen, ohne sie auszukosten.

wie sagtest du, ich habe das gefühl, es ist nicht für mich. gegen solche gedanken und sätze bin ich machtlos.

und es macht mich rasend. damit bin ich jetzt allein, mit dieser rasenden, machtlosen ohnmacht. es war alles für nichts, nicht beachtet, weggeschmissen.

manchmal erlaube ich mir zu träumen. ich weiss, du wirst nicht schreiben, anrufen noch weniger. ich würde nicht abheben (das sage ich jetzt natürlich so ganz nüchtern). aber vielleicht kommst du vorbei? stehst mit einem mal vor mir, und hast dich endlich entschieden... träum...

mädelchen, komm wieder runter! erstens kommt es anders, und zweitens als man träumt! und diesmal ist der weg vorgezeichnet, ganz glasklar! er hat fakten geschaffen!

er kommt nicht, er kann nicht, er will nicht, er wird nicht, niemals! es ist aus! aus, ausausausausausausaus!

mein windhauch, ich schicke dir trotzdem einen kuss, ich kann nicht anders

20.05.2014 11:49 • #24


A
ich hätte nicht kommen sollen....

das lied von RV sagt doch alles

20.05.2014 12:06 • #25


A
was würde ich tun, wenn du doch kommen würdest, wenn du jetzt hier einfach vor mir stündest?

...hm, in mir ist ein solches gefühlschaos, ein solcher wust an empfindungen, ein solches tohuwabohu

ich könnte mich nicht freuen, oder? nein, freude ist keine da, wenn ich an dich denke

kein kribbeln im bauch, nein, das auch nicht

eher stumpfe, öde leere, erschöpfung (dein wort), nicht mal wut oder trauer.

nichts.... nichts? kälte?.... nein...

ich würde dich nicht sehen wollen, paradox nicht?

hoffendes nichts, das trifft es wohl im moment am besten

...schreckliches gefühltes hoffendes nichts........ hm

20.05.2014 13:40 • #26


A
da purzeln gerade nur so die erkenntnisse!

wie dumm von mir, immer diese ungeduld

du hast das lied genau verstanden, du wärst nicht losgefahren. halt, falsch ausgedrückt, du bist ja auch gar nicht losgefahren.

ich bin gefahren und dachte es liegt nur an diesen b. bienen. aber nein, du hast ganz braV auf das lied gehört! nur ich habe es nicht begriffen!

wie blöd muss man sein! ich hätte mir zumindest diese wochenkrise und die ganze katastrophe drum herum ersparen können. ah, diese ungeduld. ich hätte einfach nur abwarten müssen. das ende wäre zwar genauso bitter gewesen, aber zumindest wären es ein paar kmchen weniger gewesen, schönes wetter am strand, weniger unkraut im garten, zeit für mich allein, um mich wieder zu finden,...

da ernte ich für mich nur noch ein kopfschütteln, ...der see wird klarer... hoffentlich

20.05.2014 14:08 • #27


A
ich war gerade einen spaziergang (danke kesey) machen, die sonne scheint wieder, es ist allerdings deutlich frischer als am we, also nix mit zarter sommerbräune.

...noch so eine erkenntnis, die hier durch die gegend purzelt:
ich glaube dir, immer mehr. alles, was du gesagt hast, es waren keine lügen. ein bisschen zweigleisig, ein bisschen hinhalten, ein bisschen verschwiegene unwichtigkeiten. aber eigentlich sind es nur deine eigenen grenzen, die du nicht überschreiten konntest, deine eigenen zwänge. nur, ja, NUR, das passt. immer besser.

es sind gerade wunderschöne springwolken am himmel. du sagtest, du würdest springen. du wärst gesprungen. aber du hast nie verstanden, was ich damit gemeint habe! du dachtest immer, es würde um das sofortige zusammensein gehen. nein, das meinte ich nie. bei unserer situation fast unmöglich. das wusste ich doch auch.
es ging mir um die inneren zwänge, hürden, selbstauferlegten grenzen, nenne es wie du willst.

du hast nie den drachen in dir besiegt, du bist ihn nie losgeworden. auch nicht nach Fl.

hört sich alles irgendwie trivial an. trotzdem setzt sich in meinem kopf so langsam jedes puzzleteil an seinen platz.

und das grosse ganze? will ich das?

20.05.2014 16:05 • #28


A
für dich mein stern:

isabelle boulay - parle moi

20.05.2014 17:10 • #29


A
hausaufgabe, was habe ich mir heute gutes getan:

also das mit dem schickmachen war ja heute nicht so ganz der bringer, zwei mal zehn minuten aus dem haus sind auch nicht so die supermotivation. aber ein bisschen habe ich es doch gemacht, und es war wieder mühsam.

ich habe heute einen schönen spaziergang gemacht, mir den himmel und die wolken angeschaut, es war schön

ich habe mich um papierkram gekümmert, der schon lange fällig war

ich habe wieder ein bisschen gepflanzt

ich habe KS tag 3 durchgehalten

ich habe nur 17x meine mails abgerufen, handy nicht beachtet

ich habe auch heute ein wenig gelacht

ich werde gleich wieder ein glas guten wein trinken und mein spannendes buch weiterlesen

20.05.2014 19:37 • #30


A


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