Zitat von tina1955:Ich frage jetzt mal, was versteht ihr unter Augenhöhe?
Ist die Augenhöhe in einer Beziehung nicht vollkommen egal, solange sich beide Partner gegenseitig achten, respektieren?
Wichtig ist doch dass keiner den anderen dominiert, den anderen zu nichts zwingt und nicht versucht, nur immer seinen Willen durchzusetzen.
Es gibt ja keine menschliche Beziehung mit permanenter Augenhöhe. Weil Beziehungen so nicht funktionieren. In einer gesunden Beziehung pendelt diese aber immer hin und her. Nur wenn die Ausschläge zu groß werden UND sich auch noch dauerhaft manifestieren, ist die Beziehung halt nicht mehr gesund. Wenn dann derjenige, zu dessen Ungunsten sie verrutscht ist es nicht hinkriegt, wieder nach oben zu kommen (denn der andere kann nicht nach unten), wird die Beziehung irgendwann scheitern oder man richtet sich halt damit ein. Derlei Beziehungen gibt es ja sehr viele.
Am Beispiel des TE relativ einfach zu sehen. Ihm ist mehr gelegen an der Beziehung zu seiner Frau als umgekehrt. Die Gründe dafür spielen erstmal keine Rolle - er liebt sie mehr, er ist emotional abhängiger von ihr, er kommt alleine schlechter zurecht, er hat die größeren Verlustängste, er fürchtet, keine Alternativen zu haben usw ... meistens ist es eine Mischung von mehreren Dingen. Das kann aber nur der TE selbst eines Tages erkennen, jetzt im Moment in der aktuellen Situation ist das natürlich sehr schwierig.
Da ihm mehr am Erhalt der Beziehung liegt, tut er auch mehr dafür. Das geht hin bis zu so Dingen wie nach einer bereits ausgesprochenen Trennung noch Dinge für seine Frau zu tun. Sie zum Einkaufen begleiten, Dinge im Haus und Garten erledigen, ihr finanziell unter die Arme greifen ... das verschärft die fehlende Augenhöhe aber nur. Er macht all diese Dinge ja nicht, weil er so ein Gutmensch ist, sondern weil er hofft, dass seine Frau dadurch erkennt, wie sehr sie ihn doch braucht. Es ist ein Versuch, die Augenhöhe zurückzuerlangen.
Leider funktioniert das so aber nicht, und seiner Frau wird sehr bewusst sein, warum er all diese Dinge tut. Sie wurde hier von einigen Teilnehmern als dominant bezeichnet, und ja, das ist sie. Weil sie die Dominanz in der Beziehung innehat. Das hat aber nichts mit ihrer Persönlichkeit zu tun, sondern eben mit dem Machtgefälle innerhalb dieser Beziehung. Bei einem anderen Mann könnte das ganz anders aussehen und sie das Gegenteil von dominant sein Es ist daher unsinnig, ihm zu raten, sich eine weniger dominante Frau zu suchen. Er könnte sich halt nur eine Frau suchen, die ER weniger liebt, denn damit wäre er dann der Dominante in der Beziehung - und würde sich selbst in ein paar Jahren in der Position seiner jetzigen Frau wiederfinden - lustlos, respektlos und wenig gewillt, irgendetwas für den Erhalt der Beziehung zu tun.
Man erkennt die Augenhöhe in einer Beziehung schon sehr gut in der 6ualität, so wie auch hier. Der Mächtigere hat immer weniger Lust als der andere. Wenn eine Frau nun jahrelang den 6 komplett einstellt und sich nicht mal bemüht, daran etwas zu ändern, hat sie 100% der Beziehungsmacht. Solange der Mann das mitmacht. Und der TE hat das jahrelang mitgemacht, außer zwischendurch mal meckern oder jammern ist ja nichts passiert. Damit war für seine Frau auch klar, dass sie zu 100% die Beziehungsmacht und absolute Sicherheit über ihn hat. Was dann passiert, ist auch immer gleich - der so Mächtige verliert seine Gefühle. Und damit verbunden auch seinen Respekt (ich habe hier jedenfalls nichts Respektvolles von Seiten seiner Frau gelesen, dafür aber andersrum jede Menge - sogar viel zu viel - Respekt von seiner Seite der Frau gegenüber, denn er hat für sie mehr Respekt übrig als für sich selbst, und genau DAS sollte in einer gesunden Beziehung niemals der Fall sein).
Dass die Frau nun vor einem Mann, der sich jahrelang selbst nicht genug respektiert hat, ihrerseits den Respekt verliert, ist völlig normal. Selbst wenn sie das vom Verstand her anders gewollt hätte, wäre es ihr nicht gelungen. Es geht einfach nicht.
Demzufolge ist hier sehr wohl ein hoher Eigenanteil des TE an der Situation jetzt gegeben, den sieht er nur (natürlich) noch nicht. Ich wünsche ihm, dass er ihn in 1-2 Jahren erkennt und daraus für künftige Beziehungen lernt. Sonst läuft er Gefahr, beim nächsten Mal in dieselbe Mühle zu geraten, mit ähnlichem Ergebnis. Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Selbstrespekt wäre jetzt bei ihm eben die konsequente Trennung. Doch die kriegt er momentan nicht hin, weil er Ängste hat (völlig normal und verständlich), weil er immer noch Gefühle hat für seine Frau (auch sehr verständlich) und weil er es deshalb nicht einmal jetzt schafft, sich Respekt zu verschaffen und seine Grenzen ihr gegenüber deutlich zu machen.
Sieht man ja an so Details wie noch die Spülmaschine einzubauen (wenn ich vorhätte, in wenigen Wochen eh auszuziehen, hätte ich ihr das selbst überlassen und mich stattdessen lieber im Garten in die Sonne gelegt) oder im Auto einfach den Radiosender wechseln zu lassen (in MEINEM Auto wechselt niemand den Radiosender, wenn ihm mein Musikprogramm nicht passt, kann er gerne aussteigen oder alternativ höflich fragen, ob ich vielleicht umschalten könnte, weil er die laufende Musik nicht ertragen kann. Hab ich dann auch kein Problem mit). Solange er ihr auf diese Weisen zeigt, dass sie immer noch Macht über ihn hat, wird sich nichts ändern an der Situation
Ich denke mal, es wurde dem TE schon empfohlen. Falls nicht, erwähne ich es gerne hier noch mal als sehr sehr wichtige Lektüre - das Buch
Ich lieb dich nicht, wenn du mich liebst