33

Wieviel loslassen muss sein?

N
Hallöchen, ich bin 42 Jahre alt und stecke gerade in einer Lebenskrise.
Habe mich von meinem Partner nach 11,5 Jahren getrennt und suche einfach nette Gespräche und Austausch mit Gleichgesinnten die vielleicht auch gerade in so einer Situation (Trennung) stecken.
Pflege zurzeit meinen Papa der schwer krank ist und er mein ein und alles ist.
Habe 2016 meine geliebte Schwester an Krebs verloren die in meinen Händen verstorben ist und ihr könnt euch bestimmt vorstellen wie es in mir aussieht. Lg

14.11.2020 20:10 • #46


Jane_1
Zitat von nina78:
Hallöchen, ich bin 42 Jahre alt und stecke gerade in einer Lebenskrise.
Habe mich von meinem Partner nach 11,5 Jahren getrennt und suche einfach nette Gespräche und Austausch mit Gleichgesinnten die vielleicht auch gerade in so einer Situation (Trennung) stecken.
Pflege zurzeit meinen Papa der schwer krank ist und er mein ein und alles ist.
Habe 2016 meine geliebte Schwester an Krebs verloren die in meinen Händen verstorben ist und ihr könnt euch bestimmt vorstellen wie es in mir aussieht. Lg


Liebe Nina, ganz schönes Päckchen hast du da, tut mir leid für dich.
Mach doch einen eigenen Thread auf, dann können sich Leute gezielt beteiligen.
Alles Gute!

15.11.2020 00:14 • #47


A


Wieviel loslassen muss sein?

x 3


I
Liebe Henriette,
Ich finde, du solltest dich nicht so runtermachen. Klar gibt es sehr schöne Menschen, aber Anziehung funktioniert doch viel komplexer. Ich habe selber kein starkes Selbstvertrauen, aber soviel hab ich begriffen: diese Kategorien sind seeehr dehnbar. Wunderschön, mit einem Aufsichtsrat verheiratet, das sind Schablonen.
Das schöne ist doch, auch wenn du ihn vom Podest runterhebst, darfst du immer noch denken oder sagen: wahnsinnstyp. Im Bett. Und vielleicht ein bisschen drumherum, aber so einen Quatsch bei der Trennung, das braucht doch keine*r. Das kannst du doch nicht mehr ernstnehmen.
Und warum sollst denn nicht noch mal so einen tollen Liebhaber treffen? Ich hab schon von verschiedenen (erfahrenen, attraktiven) Männern gehört, dass ero. Anziehung sehr viel mit Interesse und Freude am S. Zu tun hat. Selber kann ich das auch bestätigen. Und das hast du offensichtlich, nimm das mit, dann kommt es auch wieder.
Und der Mann stand nicht irgendwie über dir, zwischen euch beiden hat es halt gefunkt, du warst ein Teil davon.

16.11.2020 00:10 • #48


G
Henriette, ich war selbst 2 Jahre mit einem äußerst attraktiven Musiker zusammen, der fast wöchentlich live auftrat. Ich hab anfangs auch gedacht:

Mann, was will der von dir, der kann jede haben, der muss nur mit den Fingern schnippen, ich bin 46 Jahre alt, es gibt so viele jüngere Frauen, die knackiger, hübscher, .....

Alles Quatsch. Ich war toll.

Bitte, bitte, bitte mach dich nicht so klein!

16.11.2020 08:23 • #49


B
Liebe Henriette,

ich hatte Glück und gute Eltern. Jetzt denkst Du, was für ein Quatsch! Nein, kein Quatsch. Denn ich war meinen Eltern nie egal, sie haben sich gekümmert, sie wollten, dass ich mein Leben meistere. Dass dabei nicht alles so läuft, wie es für eine empfindliche Kinderseele sein sollte, ist halt so.
Mein Vater war für mich der Mann, der arbetiete und das Geld verdiente. Er kümmerte sich um seine Familie, auch um die Kinder und wenn man ihn brauchte, war er zur Stelle. Ich konnte mich immer auf ihn verlassen, er war eine Konstante in meinem Leben und hielt immer zu mir. Dennoch wirkte er als Kind auf mich ein wenig unerreichbar. Er machte eben sein Ding, aber er war vielleicht nicht so zugewandt, wie ich es mir gewünscht hätte. In mancher Hinsicht blieb er mir immer ein wenig fern.
Daher auch mein Männerbild. Die eher ruhigen, zurückhaltenden und ein wenig unduirchschaubaren Männer ziehen mich an, aber niemals die lauten und von Geltungssucht dominierten.
Da kann ich ihm keinen Vorwurf machen, denn er ist halt nun mal so wie er ist.Er wurde ja auch geprägt von seiner Erziehung, einer fürsorglichen Mutter und einem strengen Vater, der seinen Kindern nicht viel durchgehen ließ, was bei 7 Kindern auch kein Wunder ist.

Meine Mutter litt, so denk ich heute, unter vielen Schicksalsschlägen. Sie war neun Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter und Schwester kurz nach dem Krieg die Heimat verlassen musste, denn die Tschechen hatten sie vertrieben. Sie kamen in Westdeutschland an und wohnten die ersten Jahre in Baracken, ehe sie in eine winzige Wohnung umziehen konnte. Ihr älterer Bruder war in Rumänien gefallen und der Vater in russicher Kriegsgefangenschaft in Sibirien, Er kam erst sehr spät zurück und fand seine Familie mit Hilfe des roten Kreuzes. Mein Opa mütterlicherseits starb, als ich 6 oder 7 Jahre alt war. Meine Mutter hatte ihre Mutter verloren, als sie 16 war. Sie war an Darmkrebs gestorben. Wenn sich dieses Leben, das sie in jungen Jahren mitmachen musste, vor Augen hält, kann man verstehen, dass da einiges nachwirkt. Kriegstraumen steuern die Menschen, aber das wusste man damals noch nicht, Es ging nur darum, die Zähne zusammen zu beißen, nicht zu jammern und alles ertragen zu müssen.
Ich machte eher mir Vorwürfe, dass ich über Jahre nicht verständnisvoller ihr gegenüber war. Aber früher wusste ich es nicht besser. Ich kannte die Zusammenhänge noch nicht, das erschloß sich mir erst später durch entsprechende Bücher.

Ich denke, Du darfst von Deinen Eltern nicht erwarten, dass sie Dich sozusagen fehlerfrei erziehen können. Auch Erwachsene schleppen oft viel an Kindheitserfahrungen mit sich, sie wurden vielleicht geprügelt, hatten Eltern, die auch schon deformiert waren und was man nicht kennt, kann man nicht weiter geben.
Es tut auch nicht gut, sich innerlich gegen die Eltern zu stellen. Das nagt irgendwo unterschwellig am Gewissen.

Akzeptieren was war, auch wenn Manches nicht gut lief. Und auch gegenüber den Eltern nachsichtig sein, denn die haben ja auch ihre Verletzungen und Defizite, die sie unbewusst weiter geben. Sie haben getan was sie konnten und wenn es nicht gut genug war, dann war es eben so.
Du hast einen Beruf, Du bist klug und intelligent, also kann ja nicht alles schlecht gewesen sein. Und außerdem kannst Du es eh nicht ändern.Also warum deswegen hadern?.

Keiner kommt ganz unbeschadet durch die Kindheit. Und es gibt viel schlimmere Fälle wie Kindesmissbrauch oder Gewalterfahrunen, die viel schlimmere Nachwirkungen haben.

Sieh es als Aufgabe des Lebens, Dein Männer- und vor allem Dein Selbstbild gerade zu rücken. So was, was Dir widerfahren ist mit diesem Abgott, sind einfach Fingerzeige des Lebens, dass man sich darum kümmern sollte.

Mein PT hat damals noch zwei Dinge gesagt, die mir im Gedächtnis blieben.
Was ein Kind als belastend empfindet und wie es damit umgeht, ist sehr verschieden. Was ein Kind schon fast als traumatisch empfindet, darüber setzt sich ein anderes leicht hinweg. Wenn Du ein empfindsames und sensibles Wesen hast, dann machen Dir manche Dinge mehr zu schaffen als anderen. Dafür bist Du vlt. auf der Fühlebene besonders gut ausgestattet und kannst vlt. Gefühle intensiver spüren als andere. Etwas, was Dir jetzt als negatv erscheint, hat auf der anderen Seite auch positive Aspekte.

Defizite, wie sie bei Dir, bei mir und bei vielen auftreten, werden ja oft ins Unterbewusstsein verschoben. Von da wirken sie unbemerkt, steuern aber einen Großteil des Verhaltens. Wenn Du den Dingen auf den Grund gehst und Zusammenhänge herstellst, holst Du die Dinge auf die bewusste Ebene und da richten sie weniger Schaden an. Du kennst Dich besser, weiß, wo Du gefährdet bist und kannst besser auf Dich acht geben. Du bist dann mehr bei Dir. Die Dinge sind damit nicht weg, aber Du weißt Bescheid, worauf Du ansprngst.
Daher finde ich es toll, wenn Du jetzt mit Dir weiter kommen willst. Du machst Dir damit Dein Leben entschieden leichter.
Sieh es mal so: Deine Eltern haben beim Hausbau (=Erziehung, Betreuung etc.) Fehler gemacht, aber nicht unbedingt böswillig. Sie hatten nicht mehr Geld und Mittel, um dem Haus den letzten Schliff zu geben.Jetzt ist es Deine Aufgabe, die Baustelle aufzuräumen mit dem Ziel, dass Du angenehmer darin wohnen kannst.
Alles hat seine zwei Seiten und alles was Dir negativ erscheint, hat irgendwo auch etwas Positives.

Begonie

16.11.2020 15:32 • x 2 #50


H
Liebe Begonie,

Ich wünschte ich könnte die Fehler, die meine Eltern an mir begangen haben genauso locker sehen wie du. Leider kann ich das nicht. Ich kann mir heute vieles erklären, angesichts der schlimmen Erfahrungen, die meine Eltern in ihrer Kindheit wohl auch gemacht haben. Ich kenne aber inzwischen viele ältere Menschen, die ähnliches durchlebt haben und die es trotzdem oder gerade deshalb mit ihren Kindern anders gemacht haben. Ich aber trage bis heute ein schweres Paket, welches ich in mühsamer Kleinarbeit ablegen und entsorgen muss. Dazu ist es für mich sehr hilfreich, mich selbst bzw. mein inneres verletztes kleines Mädchen endlich ernst zu nehmen und ihm zuzuhören. Viel zu lange habe ich diese schweren Verletzungen nicht wahr haben wollen und suchte mein Heil im Außen. Heute habe ich verstanden, das nur ich selbst mir helfen kann.

Mein Ex hat mir da tragischerweise die Augen geöffnet. Nie wieder will ich mich so vernachlässigen und gleichzeitig benutzen lassen. Die Liebe, die ich suche und brauche, kann ich nur bei mir selbst finden. Vielleicht kann ich meinen Eltern irgendwann verzeihen. Jetzt geht das aber noch lange nicht. Noch muss ich sie für ihre Vergehen an meiner Kinderseele anklagen. Das bin ich mir schuldig.

Danke dir und alles Gute!

01.12.2020 20:18 • #51


B
In Dir ist viel Bitterkeit. Das ist verständlich. Aber sieh zu, dass Du sie irgendwann heilen kannst, denn sie vergiftet Dich innerlich. Auch das bist Du dem kleinen Mädchen in Dir schuldig.
Vieles ist eine Frage der Zeit. Ich hatte ein Mutterproblem, die zum Teil Erziehungsmethoden anwandte, die man heute verurteilt. Ohrfeigen, Kochlöffellknien, Liebesentzug - all das führte in mir oft zu einem Gefühl des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und der inneren Einsamkeit.
Wenn ich heute aber ihr Schicksal anschaue, dann verstehe ich vieles besser. Sie trug so viel mit sich rum, als sie mit 24 Jahren heiratete, was nicht mal ansatzweise aufgearbeitet war. Zumal man damals eh nicht über Kriegstraumata, Verlusten geliebter Menschen nachdachte. Schwarmm darüber und weiter leben, war die Devise.
Die Folgen dieser permanenten Verdrängungen waren oft verheerend, auch für die Nachkommen, also auch für meine Generation.

Ich habe Jahrzehnte mit ihr gehadert, auch weit nach ihrem Tod 1992 noch. Es kam immer wieder was hoch, vor allem, wenn ich innerlich ohnehin angegriffen war.
Es ist jetzt doch einiges geheilt, seit ich versöhnlicher mit ihr und den Erinnerungen umgehe.

Verbitterung, Wut, Rachegefühle, Traurigkeit über Dinge, die waren wie sie waren, überschatten ein Leben doch sehr. Daher ist es wichtig, irgendwann aus dieser Haltung rauszukommen, denn sie vergiftet einen innerlich.
Aber das geht nicht von heute auf morgen - ich habe einige Jahrzehnte dafür gebraucht.

Zitat von Henriettte:
Dazu ist es für mich sehr hilfreich, mich selbst bzw. mein inneres verletztes kleines Mädchen endlich ernst zu nehmen und ihm zuzuhören.

Selbstfürsorge ist sehr wichtig. Gut mit sich umzugehen und die Gefühle des kleinen Kindes ernst nehmen und anhören bedeutet Selbstfürsorge. Damit bist Du auf einem guten Weg, dem Weg zu Dir selbst.

Zitat von Henriettte:
Viel zu lange habe ich diese schweren Verletzungen nicht wahr haben wollen und suchte mein Heil im Außen. Heute habe ich verstanden, das nur ich selbst mir helfen kann.

Das kenne ich nur allzu gut. Und selbst heute ertappe ich mich des öfteren, worauf ich anspringe. Es ist auch in Ordnung, wenn man sich z.B über Bestätigung und Liebe von außen freut. Wenn man sie aber zur wichtige Nahrungsquelle für die eigene Seele macht, scheitert man irgendwann. Es ist nicht einfach, Glück und Zufriedenheit, Versöhnlichkeit in sich zu finden, wenn man das nie gelernt hat.
Du bist auf einem guten Weg.
Sei gut zu Dir und alles wird gut!

Begonie

02.12.2020 13:01 • #52