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Zu hohe Ansprüche? Intellekt, Interessen, Bewunderung?

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Hi.

Ich hatte bisher 4 Beziehungen: 10 Jahre, 5 Monate, 1 Jahr, bisher 2 Monate.

Die erste fruchtete auf dem Boden jugendlicher Verzweiflung. Zwei traurige Seelen, die sich gegenseitig aus Selbstmordgedanken und emotionalem Elend befreien konnten. Daraus bildete sich eine harmonische, stabile Beziehung. Wie und warum wir uns trennten ist nun nicht so wichtig. Die zweite bewies mir lediglich, dass es nicht nur die eine in meinem Leben geben wird. Die dritte war von schönen Erlebnissen geprägt, aber genauso von viel Tränen und Streit. Nun bin ich bei Nummer 4 und ich stelle fest, dass es eine Sache gibt, die all diese Begegnungen gemeinsam haben, und die immer Teil des letztendlichen Zerfalls sind:

Es ist sehr schwer für mich, zufrieden und befriedigt zu bleiben. Ich meine damit nicht körperlich. Zwar bin ich auch da recht anspruchsvoll, aber meine Partnerinnen waren immer bereit, die Vielfalt der Lust mit mir zu erkunden.

Was mir Schwierigkeiten bereitet, ist dass ich früher oder später immer das Gefühl habe, intellektuell zu verhungern. Ich habe ein breites Allgemeinwissen, bin interessiert an Wissenschaft, Politik und Kultur. Ich diskutiere gerne stundenlang über weltliche Geschehnisse, Ideen, neue und alte Erkenntnisse. Aber jeder vergangene Partner scheint nicht viel zu sagen zu haben. Wenn man sich kennenlernt ist es noch einfach, Gesprächsstoff zu haben weil man sich gegenseitig erkundet, aber irgendwann redet man scheints nur noch über Trivialitäten.

Es ein trauriges Gefühl, wenn man so viel mitzuteilen und auszutauschen hat, jeden Tag, und das Gegenüber zwar immer gerne und geduldig zuhört, aber eigentlich nicht viel dazu zu sagen hat, sei es mangels Wissen oder Interesse. Das ist so schade. So oft erzähle ich irgendwas, das ich spannend finde, und erhalte dafür einfach ein Aha und ein Lächeln. Gut gemeint, aber irgendwie einfach nicht genug.

Ich spreche nicht aus Arroganz wenn ich sage, dass ich von meiner Partnerin bewundert wurde und werde, für all die Dinge über die ich Bescheid weiss, für meine Kreativität, meine Kochkunst, für allerlei positive Eigenschaften die ich habe. (Natürlich ist nicht alles positiv, auch ich habe meine dunklen und äusserst schlechten Seiten, das ist mir absolut klar.) Aber ich mag es nicht mal. Natürlich bin ich manchmal ein klein wenig stolz auf mich, aber eigentlich mag ich keine Aufmerksamkeit, kein Lob, das brauche ich alles nicht.

Im Gegensatz fehlt es mir selbst, jemanden zu bewundern. Ich respektiere diese Menschen durchaus, aber ich kann praktisch alles was sie können, weiss über alles besser Bescheid, kann die meisten Aktivitäten besser ausführen, mich um alles kümmern, alles erledigen. Ich fühle mich oft so, als hätte ich es mit einem Kind zu tun, nicht mit einem gleichwertigen Erwachsenen.

Ich vermisse ein Gegenüber, das mit mir auf Augenhöhe steht. Ich will auch fasziniert sein von jemandem.

Wenn ich mich im Forum umschaue um zu erfahren, was denn nun wichtig ist in einer Beziehung, so dreht es sich eigentlich immer um die folgenden Dinge: Liebe, Treue, gegenseitiges Verständnis, Freiraum, gesundes Schlafzimmer, miteinander Zeit verbringen.

Aber hat denn niemand Ansprüche, jemand 'tolles' zu finden? Jemand der 'besser' ist, als man selbst? Jemand mit Interessen, die er mitzuteilen vermag?

Ich weiss, es klingt wahrscheinlich so als hörte ich mich gerne selbst reden, als wär ich ein arroganter Klugsch.r. Tatsache ist, ich hatte lange kein Selbstvertrauen, aber ich weiss mittlerweile, wer ich bin und was meine Qualitäten sind. Ich behaupte das nicht aus Überheblichkeit. Es ist einfach so. Ich habe es mir mittlerweile oft genug bewiesen.

Und so scheint es, als wäre mir niemand gut genug, auch wenn die Liebe und die Mechanik der Beziehung an sich noch so in Ordnung sind. Es fehlt mir einfach immer an Substanz. Es scheint mir nicht genug zu sein, eine treue, liebe Frau zu haben. Ich möchte auch eine kluge, ambitionierte, beeindruckende Frau, die zur Abwechslung mal MIR etwas neues beibringen kann, nicht immer nur umgekehrt. Ist das zu viel verlangt?

10.05.2020 08:09 • x 2 #1


X
Ich kann den Spiess auch umdrehen:

Womöglich bin ich einfach enorm undankbar. Ich sollte froh sein, bin ich fähig. Die Menschen, mit denen ich einen Teil des Weges ging waren alle wundervoll, auf ihre eigene Art und Weise. Warum entwickle ich da keine Bewunderung? Ist das wirklich nötig? Menschen, die mich (nach eigenen Angaben) über alles lieben, und mir alles geben wollen, was sie mir geben können - und es ist mir trotzdem nicht genug?

Da plagt mich meine eigene Undankbarkeit...

10.05.2020 08:23 • x 1 #2


A


Zu hohe Ansprüche? Intellekt, Interessen, Bewunderung?

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Babs54
Zitat von XMG:
Aber hat denn niemand Ansprüche, jemand 'tolles' zu finden? Jemand der 'besser' ist, als man selbst? Jemand mit Interessen, die er mitzuteilen vermag?

Doch, haben doch alle deine Partnerinnen - nach deiner Ansicht: etwas besseres gefunden.

10.05.2020 08:31 • x 4 #3


A
Bist Du hoch- und/oder vielbegabt?

10.05.2020 08:58 • x 1 #4


X
Zitat von Babs54:
Doch, haben doch alle deine Partnerinnen - nach deiner Ansicht: etwas besseres gefunden.

So wie du es formulierst, muss ich fragen: glaubst du an dieses etwas besseres oder glaubst du das ist Quatsch?

Zitat von Arjuni:
Bist Du hoch- und/oder vielbegabt?

Ich selbst würde sagen: nein. Das Wort begabt wurde viel umhergeworfen in meiner Kindheit. Ich hatte davon nie viel gehalten - bloss erhöhte Erwartungen. Aber ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich habe bloss Glück in manchen Dingen.

Das ist Teil meines Frusts. Ich habe alles, mir geht es so viel besser als so vielen anderen, und ich könnte noch viel mehr erreichen und schaffen, wenn ich mir mal ein wenig Mühe geben würde. Stattdessen wurstle ich mich problemlos durch's Leben, von einem Glücksfall zum nächsten, ohne je das Gefühl zu haben, irgendwas produktives gemacht zu haben. Zuletzt habe ich mir einen Doktortitel erfaulenzt, ohne die geringste Genugtuung zu empfinden. Nun wurde mir ein bequemer, ordentlich gut bezahlter Job in die Hand gedrückt, ohne dass ich etwas dafür tun musste. So fühlt es sich zumindest an. Natürlich habe ich gearbeitet dafür, aber egal was ich tue, es fühlt sich nie so an, als hätte ich wirklich etwas getan.

Und so bin ich undankbar und achtlos. Ich sollte glücklich sein über mich selbst, was ich kann und bin, und darüber dass andere mit mir sein wollen und mich mögen. Stattdessen ertrinke ich meine Langeweile in Alk. und Netflix, und stelle gleichzeitig unmögliche Ansprüche an meine Mitmenschen...

Da gab's mal ein Video von Kurzgesagt auf Youtube (An Antidote to Dissatisfaction). Vielleicht sollte ich nochmal versuchen, so ein gratitude journal zu schreiben...

10.05.2020 09:11 • x 3 #5


K
Zitat von XMG:
Zwei traurige Seelen, die sich gegenseitig aus Selbstmordgedanken und emotionalem Elend befreien konnten.


Warum Selbstmordgedanken?

10.05.2020 09:21 • x 2 #6


Babs54
Ich denke Augenhöhe ist das Zauberwort.
Jeder kann jedem etwas geben. Man lernt durch das Leben/die Erfahrungen des anderen.

10.05.2020 09:24 • x 1 #7


H
Zitat von XMG:
Und so bin ich undankbar und achtlos. Ich sollte glücklich sein über mich selbst, was ich kann und bin, und darüber dass andere mit mir sein wollen und mich mögen. Stattdessen ertrinke ich meine Langeweile in Alk. und Netflix, und stelle gleichzeitig unmögliche Ansprüche an meine Mitmenschen...


Da hast du doch Aufgaben in Hülle und Fülle.

10.05.2020 09:26 • x 2 #8


Heffalump
Zitat von XMG:
Und so bin ich undankbar und achtlos.

Du bist also ein Doktor, kennst dich aus in deinem Metier. Kann auch stumm machen, dein Gegenüber.

Diese tiefschürfenden und tiefgründigen Diskussionen von Abends bis zum Morgengrauen mit Rotwein und Lagerfeuer, überspitzt formuliert. Liegen nicht jedem. Theologie, Urknall, Menschheitsgeschichte - alles schön und gut. Aber irgendwann furchtbar fad.

Was hat du erlebt, was hast du geschaffen, warst du Gorillas zählen in Kamerun? Lieschen Müller wird lieber über den nächsten Urlaub reden wollen, als über die Unendlichkeit des Seins. Entweder sind deine Ansprüche zu hoch, oder deine Partnerinnen nicht auf deinen Niveau

10.05.2020 09:36 • x 3 #9


T
Also zuerst mal, du hast das alles selbst erschaffen (das heißt jetzt nicht, dass du für alles verantwortlich bist und alles beeinflussen kannst). Auch dein Gefühl in diesen Beziehungen. Was ist das gemeinsame in diesen vier Beziehungen, welches Element verbindet deine Erfahrung, die du gemacht hast? Du!

Wie ich schon in deinem anderen Thread sagte, du bist ok und der andere ist ok. Wir bekommen immer das an die Seite mit dem wir resonieren. Etwas in dir ist also in Resonanz gegangen mit diesen Partnerinnen. Sei es deine und ihre positiven Anteile, als auch die negativen.

Ihr habt Euch gegenseitig angezogen und dann die Beziehung erschaffen, die da war/ist. Wenn du jetzt davon ausgehst, wieviel Gestaltungsmöglichkeiten du hast, dann kannst du so in deiner Beziehung agieren, mit deiner aktuellen Partnerin gemeinsam. Spreche mit ihr darüber, sage ihr, was du für Sehnsüchte hast. Das du mit ihr gemeinsam wachsen möchtest. Spreche eine Einladung aus. Setzt euch an eure Vision dieser wachsenden Partnerschaft. Seid wild, träumt, erzählt Euch, was alles möglich ist. Dann schaut, wie diese Vision zu einem machbaren Ziel werden kann.

Jede deiner Partnerinnen wird selbst eine Vision einer wundervollen Beziehung haben. Keiner muss sich in Bescheidenheit ergehen oder den anderen mit seinen Erwartungen überfrachten. Sondern einfach einen ehrlichen, wahren Austausch versuchen.

Im Kern möchtest du deine Partnerin anders haben als sie ist. Du bist Dir bewusst, dass das nicht geht und es nicht fair wäre zu verlangen, dass der andere sich verändert. Glaubst du, dass eine andere Partnerin diese Einstellung verändern würde? Dass das einfach so verschwindet, weil da plötzlich eine Seelenpartnerin auftaucht? Kommt Dir das bekannt vor? Wie die Suche nach dem romantischen Ideal? Was wäre, wenn du dich trennst und dir die perfekte Partnerin bestellen würdest, sie in dein Leben kommt und du feststellst, dass es auch da Anteile gibt, die du lieber anders hättest. Du wieder und wieder enttäuscht werden würdest. Wie gesagt Du bist das verbindende Element deiner bisherigen Beziehungen.

10.05.2020 10:14 • x 1 #10


N
Ich glaube, dass eine Partnerin nicht all das erfüllen muss. Wie sieht es mit einem guten Freund aus? Hast du da jemanden, mit dem du dich intellektuell austauschen kannst?

10.05.2020 10:29 • x 1 #11


D
Intellektuelle Diskussionen gehören für viele zwar gelegentlich zur Beziehung dazu, aber nicht täglich.
Wenn auf der Geistesebene ein Kräftemessen stattfindet, dann ist das eh der Anfang vom Ende, denn dann geht es weder um den Austausch noch um Lernen.
Da musst Du ehrlich zu Dir selbst sein.
Denn wenn ich den anderen klein sehen will, dann ist es kein Kunststück, das zu bewerkstelligen.


Ich verstehe Dich zwar, TE, aber ich frage mich schon, warum Du den Horizont Deines Gegenübers nicht schon beim intensiven Kennenlernen abgeklopft hast?
Oder haben die Damen da Theater gespielt, mit Dir die Nächte durch diskutiert, um dann im Alltag nur noch über Klatsch und Banalitäten zu reden?

10.05.2020 10:41 • x 2 #12


Gorch_Fock
Ich sehe das wie Nautica. Du musst mal von dem hohen Ross runter, lieber TE, dass eine Partnerin all Deine Wünsche erfüllen könnte. Das klappt nicht. Und DU bist dafür verantwortlich, dass zu ändern. Nicht eine Partnerin.
Eine Partnerschaft ist das Sahnehäubchen - und nicht der Ort um Dich final glückllich zu machen in allen Lebensbereichen.
Ich selber liebe auch diese Diskussionsrunden über Politik und Zeitgeschehen. Ich mache das aber mit Arbeitskollegen in vertrauter Runde. Klar gibt es auch Frauen, die hier geistig mithalten könnten. Dafür wirst Du bei diesen aber wieder andere Defizite finden (Typ graue Maus / Messi-Bude mit 20 Katzen, mal ganz überspitzt gesagt). Die 100 Prozent wirst Du nirgendwo finden.
Und meist geht diese Idealisierung der Partnerin in sehr ungute Richtungen. Nicht umsonst verstehen es zumeist Borderliner sehr gut, die perfekte Illusion zu schaffen. Durch das Mittel der sog. Spiegelung. Und damit siehst Du auch, wie anfällig Du selber noch bist. Denn eine trainierte BL aus dem akademischem Umfeld hätte bei Dir überhaupt keine Probleme, Dir deine Traumwelt zu präsentieren. Nur würdest Du einen hohen Preis dafür zahlen.
Ich denke mal eine prof. Aufarbeitung Deiner Beziehungsmuster könnte hier helfen. Da steckt noch mehr dahinter. Auch Deine suizidalen Tendenzen aus der Jugend sind ja nicht einfach weg sondern wurden vermutlich von Dir einfach nur verdrängt. Auch hier könnten noch Wechselwirkungen bestehen.

10.05.2020 10:50 • x 6 #13


M
Ich denke, dass es etwas in dir ist @XMG

Grade Menschen, die intelligent und sensibel sind (ich meine damit, immer mit allen Sinnen dabei), suchen oft das nächste Highlight.

Ich bin zwar eher durchschnittlich intelligent und gebildet, aber ich kenne das auch.
Immer fehlte mir irgendetwas in meinen Beziehungen.

Jetzt habe ich festgestellt... es lag immer nur an und in mir.
Kein anderer Mensch kann mir geben, was mir fehlt.

Ich möchte mich in Zukunft einfach nur noch an meinem Partner erfreuen, klar, auch für ihn da sein.
Aber ich will und erwarte (nicht mehr) dass er meine Defizite auffüllt.

Also mein Rat. Kläre dieses Fehlende in dir und dann findest du vielleicht/bestimmt das, was du vermisst.

10.05.2020 10:54 • x 4 #14


N
Du bist reich an Wissen, reich an Materiellen Dingen, reich an Selbstbewusstsein, reich an vielen Dingen, aber dennoch bist du ein armer Mensch.

10.05.2020 10:59 • x 4 #15


A


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