Sie ist weg, weil sie dich geliebt hat.
Wärst du ihr egal gewesen, hätte sie nicht so darunter gelitten.
Desweiteren finde ich es ziemlich anmaßend von dir, deiner Frau die Fähigkeit abzusprechen, ohne dich leben zu können.
Außerdem, wie es schon jemand passend bemerkte, erpresst sie dich.
Und wofür?
Für ihre Sucht. Damit du möglichst die Konsequenzen für ihr Verhalten mitträgst und sie nicht so hart aufdonnert, wenn es ihr mal schlecht geht.
Kannst du natürlich so weiter machen und ihr weiterhin unterstützend zur Seite stehen.
Dann wird sie sich aber eher totsaufen, als wenn du sie einmal hart auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen lässt und sie eventuell mit einem blauen Auge davon kommt.
Und ganz unabhängig davon, welche Vorteile FÜR die Sucht du ihr verschaffst, auch für dich selbst ist das eine Farce.
Ich war damals auch bedingt verständnisvoll.
Ich wusste, was bei meinem besten Freund in der Kindheit alles so ablief, wie minderwertig er sich gefühlt hat, wie oft er mir gesagt hat, er wäre lieber nicht mehr da.
Wie seine Exfreundin ihn verarscht hatte, wie sehr er sich trotzdem darum bemüht hat, ein anständiger Mensch zu sein, ich habe in der Tat nie jemanden getroffen, der solche Ereignisse und Erlebnisse aus der Vergangenheit und Gegenwart mit so vielen vernünftigen Gedanken und Verhaltensweisen im Bezug auf Respekt, Anstand, Ehrlichkeit und Rückgrat zu kompensieren versucht hat.
Aber eines bleibt halt, wie es ist: Die Sucht bestimmt das komplette Denken.
ALLES ist darauf ausgerichtet, egal, wie tief man gräbt und wie einsichtig das erscheint.
Ich habe das immer irgendwie getrennt betrachtet:
Man darf Verständnis dafür haben, WARUM jemand sich so entwickelt hat, wie er es eben hat. Man darf auch parteiisch sein und nachfühlen können, warum er es MUSSTE.
Es gibt aber den Punkt, wo man demjenigen nicht mehr die Eigenverantwortung absprechen sollte und man muss sich selbst davon distanzieren.
Ich dachte (und wir haben BEIDE diese Einstellung gehabt!) , es ist ein ganz natürlicher Weg, den er da gegangen ist.
Im Zusammenhang mit seiner ganzen Geschichte, konnte ich das sehr gut verstehen.
Das heißt aber im Gegenzug nicht zwangsläufig, dass ich damit umgehen können muss.
Was wäre man auch für ein Freund/Ehemann, der NICHT glaubt, dass der andere das schaffen kann?
Natürlich habe ich IMMER geglaubt, der KANN das packen.
Und ich habe ihm auch immer gesagt, dass ich mit dieser Traurigkeit darüber, dass ER das nicht sieht, nicht gut umgehen kann.
Er hat immer gemeint, er versteht das und käme sich selbst schäbig vor, dass unsere Freundschaft im Zweifel daran scheitern wird...
An einer Sucht!
Das ist mies, das erregt Mitleid, das zeugt von viel Einsicht, so etwas zu sagen.
Nützt aber nichts- wenn man es dann nicht ändert, bleibt es bei den Worten.
Und so gesehen: Ja, meine Güte, es IST auch schäbig und dieses Gefühl ist genau richtig!
Je schäbiger man sich damit fühlt, umso eher wird man bereit sein, etwas zu ändern.
Das passiert eben nicht durch: Och Gottchen, du armer Kerl....
Das passiert durch: Jobverlust, Verlust von Freunden, Führerschein, Ansehen, Vertrauen.
Leider ist es nun einfach so, dass zunächst der Gesunde die Grenzen setzen muss.
Unnachgiebig und konsequent.
Der Suchtkranke KANN es nicht, was sich schon aus seiner psychischen Konstitution ergibt. Sonst wäre er ja nicht suchtkrank (geworden).
Wenn dir dein Mitleid streiche spielt, dann berufe dich gedanklich auf DEINE Rechte und DEINE Pflichten.
DEIN Recht ist es, dich von allem loszusagen, was dir schadet.
Und wenn die ganze Welt das nicht versteht, darauf kommt es nicht an.
Deine Pflicht ist, für DICH zu sorgen. Für niemanden sonst.
Und allgemein gesprochen: Es kann niemand von einem anderen erwarten, dabei zu zu schauen, wie er sich wissentlich, willentlich und ganz bewusst selbst kaputt macht.
Denn JEDER hat die Wahl.
Wenn man sich dafür entscheidet, sein Leben wegzuwerfen- bitte.
Auch das ist eine mögliche Entscheidung, die zu akzeptieren ist.