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Alles nur ein Traum

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Der Traum als Alptraum

Wie sieht das Wiedersehen mit der ersten Liebe, der großem Liebe - einem Traum aus? Was war da noch mal schief gegangen? Nur Erinnerungsfetzen tauchen auf und das unklare Bewusstsein, dass da irgendwas verkehrt lief. Manchmal melden sich auch die Schmerzen zurück hinter dem Lächeln im Gesicht.

Die Situation verfolgt mich offenbar bis in meine Träume. Naja, vielleicht liegts an der deprimierenden Jahreszeit. Herbst, dunkel, kurze Tage und soweiter. Jedenfalls schlafe ich tief und fest. Im Schlaf trete ich ein in die Welt des Wiedersehens. Dort treffe ich meine alte Flamme. Halb freue ich mich, halb zerreisst es mir das Herz. Sie hätte es sein können. Warum nicht. Sie hat noch immer ihr schönes Lächeln, doch es sieht schon etwas müder und gefasster aus. Noch immer trägt sie ihr langes, gewelltes Haar und sieht auch noch schlank aus. Wir reden drauf los. Natürlich weiß ich, dass sie schon geheiratet hat und längst Kinder hat. Aber ich drücke dieses Wissen nach hinten. Komischerweise fängt sie auch nicht damit an, über diese Dinge in ihrem Leben zu sprechen. Statt dessen zeigt sie mir ein Bild über ihr glückliches Leben. Irgendwo in der Südsee liegt sie bäuchlings *beep* auf einer durchsichtigen Luftmatraze im seichten Uferwasser. Das Wasser ist kristallklar und lässt auf den weißen Grund blicken. Neben ihr steht ein Mann, wahrscheinlich ihr Ehemann. Voller Glück über dieses Leben sagt sie mir mit ihrem Lächeln, dass sie immer so aussieht, nach dem S.. Das tut mir weh. Ihre Nachricht vom Glück kommt bei mir an als Ohrfeige: Ich hätte sie haben können, ich hätte an der Stelle des Mannes sein können.

Nach dem Erwachen aus diesem Alptraum geht es weiter: Ich hätte nie mehr suchen müssen, ich hätte mich nie wieder mit Weibern verabreden müssen, um sie zu prüfen, ob sie zu mir passen - obwohl meine innere Stimme schon längst nein gesagt hat. Ich frage mich oft, ob sie mir klar gemacht hat, welchen Typ Frau ich eigentlich will oder sie mich für die meisten Frauen unerreichbar gemacht hat. Bei vielen habe ich schon auf den ersten Blick keine Lust. Und mehr Worte ändern daran auch nichts. Im Alltag und zufälligen Bekanntschaften gab es nur wenige, die sich zu einem Traum eignen.

24.10.2016 10:25 • #76


H
Zurück zum Ex

So langsam verstehe ich die Menschen, die so gern zum Ex zurückwollen - ganz egal wie plausibel auch der Grund für die Trennung gewesen ist. Der Verlust des gewohnten Umfeldes oder von Tagesritualen und wenns nur das gemeinsam reingehetzte Frühstück ist wiegt schwer. Doch der absolute Hammer ist die Suche nach jemand Neuem, der einen glücklich macht. Da fühlt man sich doch, als wenn man in die Fratze des Horrors blickt mit seinen vielen Gesichtern. Andere Mütter haben vielleicht auch schöne Töchter, aber nur allein wegen der Schönheit passen sie noch lange nicht mit irgendeinem Single zusammen. Und die Suche ist oft mühseelig - desto mehr, je genauer den Typ kennt, auf den man steht. Und wer würde sich nicht gern in die Arme des Ex flüchten angesichts der überwältigenden Vielfalt von potenziellen Partnern, die einen nicht erreichen können. In dieser Staubmasse fühle auch ich mich wie ein winzig kleines Diamantkörnchen, das blind vor Staub seine bessere Hälfte sucht und nicht sieht.

Ist es nun schöner lange Zeit Single zu sein, weil man sich nicht mit den Falschen abgeben will, sich mit den Falschen amüsiert bis der Richtige auftaucht oder lässt man sich aus Angst vor der ungewissen Suche nach neuem Glück lieber auf den Ex ein? Naja, viele Wege führen nach Rom, aber in Paris ist es doch auch ganz schön.

24.10.2016 17:01 • #77


A


Alles nur ein Traum

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Die Lichter der dunklen Jahreszeit

Es ist der Lauf der Dinge. Die Tage werden kürzer, das Licht steht morgens später auf und geht abends früher ins Bett. Und kaum verschwinden die Blätter von den Bäumen gehen überall mehr Lichter an. In den Bäumen an der Einkaufsstraße gibt es dann sogar Lichterketten in den Ästen der Bäume. Eigentlich perv., da die Ketten doch nur für Schwippbögen und Weihnachtsbäume gedacht sind. Fast im selben Zug schießen die kleinen Häuschen der sog. Weihnachtsmärkte wie Pilze aus dem Boden. Und ehe ichs mich versehe laufe ich wieder durch den Geruch von Grünkohl mit Knacker, werfe einen Blick auf Quarkbällchen und überzogene Preise und bleibe schließlich selbst an irgendeinem Glühweinstand stehen. Was Warmes ist doch jetzt was Schönes. Aber so richtig schmeckt er nie, vor allem nicht allein.

Eines abends laufe ich mal wieder auf dem Gehweg an der Einkaufsstraße entlang. Vielleicht sehe ich mal wieder eine hübsche Frau, die ich wie üblich nur heimlich anschaue, aber nicht anspreche. Natürlich verdränge ich den letzten Teil und konzentriere mich nur auf das eine Schönheit sehen. In der Dunkelheit fühlt sich aber alles etwas einsamer an. Bloß nicht daran denken, bloß nicht zuviele Gedanken darauf verschwenden, sonst merke ich es noch so richtig. Ach wie freundlich sehen doch die hell erleuchteten Schaufenster der Geschäfte aus. Sie wirken heller als sonst. In den Buden vom Weihnachtsmarkt stehen sich die Frauen die Füße platt und versuchen Schals, Duftkerzen oder Schmuck zu überzeogenen Preisen zu verkaufen. Trotzdem sieht diese Welt süß aus.

Meinen flotten Schritt muss ich immer wieder arg drosseln. Denn auf diesen Märkten mit eng stehen Buden und schmalen Wegen macht sich eine besondere Spezies Fußgänger bemerkbar. Ich bezeichne sie gern als Fregatten im Hafen. Sie laufen - nach vorn, rechts, links, bleiben stehen. Alles zusammen. Es wirkt wie das Schwanken von Fregatten im Hafen. Nur mit Geduld und dem richtigen Timing kommt man vorbei, denn ihr Gang und breite der Hüfte versperrt in der Regel den gesamten Weg. Danach gibt es wieder ein wenig Freiraum zur Bewegung - ein wenig, denn hier liegen ja viele Fregatten im Hafen.

Die Laune bessert sich danach wenigstens ein bisschen. Doch noch immer begegnete ich keiner schönen Frau. Alles Alltagsgesichter, wo offenbar jeder seine ökologische Nische im Stadtleben gefunden hat. Da gibt 3- oder 4-köpfige Mädelsgruppen, die sich kichernd, quatschend oder futternd im langsamen Gang durch den Markt bewegen. Die Jungs mit den Basecaps kommen als Duo daher oder tummeln sich mit ihren Familien - Mami und Papi - durchs Gewühl. Paare kaufen sich diese unsäglich süßen Lebkuchenherzen oder schauen sich an den Ständen das Zeug an, dass sie auch noch aus Gefälligkeit mitnehmen. Die Frage nach dem Sinn oder Langzeitwert bleibt besser unbeantwortet. Innerlich schüttele ich den Kopf. Andererseits beneide ich die Paare sehr und will am liebsten auch mit einer Freundin so vertraut hier langgehen und unsinniges Zeug holen - einfach, weil es ein bisschen Freude macht.

Bald endet der Markt. Nun gibt es auf der Enkaufsstraße wieder nur mich zwischen dem dunklen Nachthimmel, die dick eingepackten Passantenmasse und den glänzenden, hellen Schaufenstern. Ich schaue nicht mehr so genau, ob da noch eine Schönheit dabei ist. Zu nervend, zu enttäuschend waren die Gesichter bisher - mal wieder. Was ich dann noch hier will? Die Frage stelle ich nur ganz platonisch und verdränge sie dann auch gleich wieder. Muss mich doch unter Menschen gehen, um jemand kennenzulernen, schöne Frauen sehen lautet nach wie vor der Plan. Im Grunde weiß ich, was ich da gerade für einen Unsinn begehe. Nur das Ausmaß will ich nicht akzeptieren. Sonst könnte ich gleich wieder nach hause fahren.

So bleibe ich vor einem Cafe stehen: Was Warmes und vielleicht auch noch gute Musik? Vielleicht ist ja hier eine Schöne dabei. So lenke ich meine Schritt auf die schwere Tür zu und drücke sie mit etwas Kraft auf. Der lang gestreckte Innenraum wirkt mit der warmen Holzverträfelung freundlich: Oben die weiße Decke, viele dunkle Holztische mit einem paar Stühle auf dem bierfarbenen Parkett. Bierfarben? Ja, Durst habe ich auch schon. Ich gehe an den langen Tresen mit breiter Glasplatte und Barhockern aus dunklem Holz. Ich setze einen aufgeschlossenen Gesichtsaufdruck auf und bestelle mir nebst etwas Smalltalk mit dem Barkeeper ein Schwarzbier. Nun tue ich so als würde mir das alles hier gefallen, die Atmosphäre, das Ambiente, die Leute. Dabei ist es eine Farce und ich bin der Hauptdarsteller. Boah. Und nicht mal eine hübsche Frau dabei. Nur mit viel Augen zudrücken, vielleicht ist es auch schon das B., kommen mir einige Attraktiv vor. Und auf einmal ist sie da - die traurige Erkenntnis. Das alles hier ist totaler Schwachsinn! Ungeachtet des innerlichen Ärgers, Verzweiflung und Enttäuschung, versuch ich nach außen weiterhin eine entspannte Mimik zu bewahren. So trinke ich ruhig mein B. aus und fahre dann nach hause - um nächstes Wochenende ähnliche Erlebnisse wieder zu machen. Wenn es einen Weihnachtsengel gibt, denn so mancher vielleicht trifft, mir begegnet er einfach nicht.

27.10.2016 10:38 • x 1 #78


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Nicht suchen, finden lassen

Der Alltag hat wie der Name schon vermuten lässt auch ein Alltagsgesicht: Aufstehen, Frühstücken, ab zur Arbeit, die üblichen Aufgaben des Tages erledigen, dabei auch kleinteilige Kämpfe kämpfen, abends dann die PCs runterfahren und wieder nach haus. Dort warten Küche, Herd und Abendessen. Kurz geht der Fernseher an. Nachrichten, im Videotext interessante News lesen und vielleicht noch nen schönen Film suchen. Hm, wieder keine dabei. Also ran an den Schreibtisch, Laptop an und ins Internet. Dort geht der Blick kurz in die Mailbox - leer, spam oder ab und zu auch Nachrichten von Freunden, Verein oder Newsletter. Abgehakt! Ich könnte ausmachen, doch dann fehlt komplett jede Unterhaltung. Also bleibe ich weiter drin im Netz, schaue nach Filmen meiner Kindheit oder logge mich bei Trennungsschmerzen ein. Manchmal gehe ich antriebslos in den Chat und finde über die Zeit Spaß daran. An anderen Tage schreibe ich über Beziehungen und Beobachtungen aus meinem Leben - weil ich sie einfach erzählen will und nicht runterschlucken. Es ist also ein Leben ohne Höhepunkte und auch zu weiten Teilen allein.

Mir fällt das schon noch auf, wenn ich am Schreibtisch sitze. Ein schiefer Blick in das leere Zimmer um mich herum genügt. Zu genau will ich mich nicht umschauen - nicht genau sehen, was ich ohnehin weiß. Ab und zu versuche ich, das zu ändern und melde mich in ner Singlebörse an.

Das beginnt mit den besten Absichten. Natürlich will ich mich so präsentieren, dass mich interessierte Frauen als Mann, Mensch und Person leicht erfassen können. Dazu schaue ich mir erstmal die Struktur der Börse genauer an. Oh Gott, oh Gott, oh Gott - soviele Felder. Und die soll ich alle ausfüllen? Is ja Horror. Liest das überhaupt einer? Naja ich entschließe mich dazu, einfach die Eckdaten anzugeben, ein paar Bildchen von mir rein (muss genügen) und ein bisschen was über mich sagen. Was persönliches! Immerhin soll es doch persönlich werden? Und so grübel ich hin und her, bis mir was halb gescheites einfällt. Halb genervt stelle ich fest, dass das irgendwie nur Auszüge aus meinem Leben sind, Gewohnheiten. Aber sie beschreiben nur mein Alleinsein, nicht meinen Beziehungswunsch; nicht, dass ich mir eine Partner wünsche und brauche. Ich will ja auch nicht bedürftig erscheinen. Doch irgendwie habe ich den Eindruck, dass ich den Damen eher die Botschaft gebe da ist die Tür, wenn du nicht willst, ich komm auch gut allein klar. Am Ende lasse ich einen Text stehen, der wenigstens halbwegs sympathisch wirken könnte. Bloß nicht weiter drüber nachdenken, sonst schreibe ich ihn gleich nochmal um.

Nachdem nun mein Profil zu meiner halben Zufriedenheit steht, fange ich mal mit der Suche an. Erst mal schaue ich mir ganz undifferenziert die Profile von Frauen an, die gerade online sind: Also, wo ist denn jetzt mal ne hübsche. Der erste Blick über die verschiedenen Miniaturbilder lässt in mir in flaues Gefühl aufsteigen. Die meisten Frauen sind kein Thema. Hm, vielleicht die da? Einen Click später kommt das nächste Entsetzen. Sie sieht nicht wirklich attraktiv aus. Hm, vielleicht ist sie wenigstens so sympathisch? Doch sie schreibt nichts über sich . Ein Fake? Bei anderen sind es Zitate berühmter Persönlichkeiten - von Menschen, die seit langer Zeit tot sind. Insgeheim hadere ich Leute, warum benutzt ihr nicht eure eigene Birne? Die Zitate kenne ich alle und die dazugehörigen Personen auch. Aber zum Teufel nochmal will ich nicht tote Leute kennenlernen! Dann gibts noch Profile mit Bemerkungen, dass die jeweiligen Frauen nicht an Affären oder ONS interessiert sind. Dabei frage ich mich nicht, wie sie überhaupt auf die Idee kommen? Ich würde sie nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Hinzukommt, dass sie außer dieser Absage an Affären sonst nichts über sich als Mensch, Frau und Persönlichkeit sagen. Was soll ich denn damit anfangen? Dann gibts noch die Frauen, die stolz betonen, dass sie mit beiden Beinen im Leben stehen. Prima, du hast gelernt, geradeaus zu laufen denke ich. Schon der Verzweiflung nahe habe ich mir ein paar Damen rausgesucht, die wenigstens ansatzweise interessant sind. Ich würde sie noch anschreiben, wenn ich in der richtigen Stimmung bin. Doch insgeheim weiß ich schon jetzt, dass ich sie eigentlich nicht wirklich kennenlernen will. Es ist mehr die Hoffnung, dass ich mich irre; dass sie beim realen Kennenlernen meine Befürchtungen zerstreuen und sie besser zu mir passen als ich dachte.

Das Spielchen geht noch viele Male so weiter. Nur aus Verlegenheit schreibe ich die ein oder andere an bevor ich gar nichts mache. Es ist absurd: Ich schreibe jemanden, obwohl ich im Prinzip aus ihrem Profil kaum was über sie erschließen kann und sie aus diesem Grund auch gar nicht kennenlernen will. Es gibt doch keinen Grund!

Dieses Erleben lässt die Bitterkeit über mein Liebesleben oft nach oben kommen. Ich kann hier nur zwischen unattraktiven Frauen wählen oder auf den glücklichen Zufall hoffen. Sie verstärken den Schmerz über den Verlust der Sönheiten, ja sogar dem einen Engel in meinem Leben. Ich habe sie kennengelernt. Ich habe sie bewundert und von ihnen geträumt - heiß, wässrig und herzlich. Ich habe ihnen ansatzweise meine Gefühle gezeigt. Aber ich habe einfach nicht den Mut gehabt, ihnen Auge in Auge meine Gefühle zu sagen. Ich sie lieber in Schreiben versteckt. Die ein oder andere hat es verstanden. Doch es war zu wenig.

Und so suche ich nach dem Weg, wie und wo mich die Richtige finden kann, und nicht ausgerechnet die Falschen wieder mich mit zielsicherem Blick aus der Masse herausfiltern. Und warum bin ich dann in einer Singlebörse angemeldet, wo offensichtlich nur die Falschen sind? Gewissensberuhigung und Alibi ich mach ja was, um Frauen kennenzulernen. Doch auch wenn ich diese Wahrheit kenne, bleibe ich lieber bei den Falschen, als vor den Augen der Richtigen aufzutauchen.

29.10.2016 22:22 • x 2 #79


H
Vom Glück überfordert

Gewöhnt an ein Leben ohne die großen Höhepunkte, zufrieden mit schönen Momenten ab und zu bei dem ein oder anderen Freund: Was würde ich tun, wenn die Richtige auftaucht? Wenn ich schon vom ersten Moment an genau merke, wer mir da gegenüber steht? Wenn Kopf und Bauch mit dem typischen Widerwillen ja, ja, ja sagen? Wenn das Glück direkt vor meiner Nase steht und ich es weiß/spüre? Schnürt sich mir dann wieder die Kehle zusammen? Bekomme ich wieder Atemnot? Angst? Dass ich mit meiner bisherigen Zufriedenheit da nicht mehr weiterkomme? Wie lasse ich das Glück zu, ohne auszuweichen oder gar den erstbesten Fluchtweg zu nehmen, selbst die blödeste Ausrede? Wie kann ich akzeptieren, dass ich mal (wieder) Glück habe und es diesmal wirklich nur für mich ist? Wie kann ich akzeptieren, dass ich nicht mehr allein bin, eine Frau Teil meiner Welt sein will - Minuten, Stunden, Tage, Wochen oder Monate? Wie komme ich vom gewohnten Alleinleben in ein Zusammenleben mit einer Frau? Ich habe mich jedenfalls im Verdacht, dass ich ziemlich viele Ausweichmanöver machen werden, auch wenn es dafür oft keine Gründe gibt. Glück vertrage ich garantiert nicht so einfach.

31.10.2016 00:44 • x 2 #80


bleistift
Du schreibst gut, Angst brauchst du auch nicht haben.

31.10.2016 00:54 • x 1 #81


H
Hoffnung, Ungewissheit, Kälte

Die Hoffnung stirbt zuletzt heißt ein bekannter Spruch. Doch er verschweigt die Zeit davor. Banges Warten und Ungewissheit bringen heimliches und auch heftiges Leiden mit sich. So eine Situation ergibt sich bei Traumfrauen, in die man sich verkuckt hat. Ein paar freundliche Worte von ihr genügen und schon keimt die Hoffnung auf Liebe auf. Damit setzt sich dann auch der Prozess des Erboberns, für sich Gewinnens in Gang.

Es ist Dezember und die nächsten Tage über den Jahreswechsel verbringe ich in Portugal an der Algarve. Wie schnell doch auch hier die Schönheit des Sommers - helle Sonne, tiefblauer Ozean - verschwindet. Dunkle Wolken bedecken alles, heftiger Wind treibt die Wellen hoch und auf die Küste zu. Dort branden sie an der Felswand der Algarve und breiten sich über dem Strand aus. Ich verfolge das Geschehen vom Hotelzimmer aus. Die Kälte dieses Anblicks verstärkt sich zudem durch die fehlende Heizung im Zimmer. Die Bettdecke ist dünn und nur für sommerliche Übernachtungen gedacht. Hinzu kommt das Schweigen auf den Gängen. Das Hotel wirkt verlassen. Offenbar gibt es nur wenig andere Touristen, die den Jahreswechsel an der Algarve verbringen wollen.

Doch meinen Kopf interessiert das nicht wirklich. Die Gedanken kreisen um eine schöne, junge Frau. Ich habe mich auf den ersten Blick, das sympathische Gespräch und das gemeinsame Konzerterlebnis in sie verliebt. Vor lauter Gedankenwirrwar kommt es zu keinem Austausch der Adressen. Und so beschließe ich sie wiederzufinden. Irgendwie bekomme ich das schon hin. Wozu hängt den mein Kopf sonst auf dem Hals herum, wenn der nicht mal in der Lage ist so eine Frau zu finden? So starte ich eine Suchaktion und warte auf ein Zeichen von ihr. Dann gehen Tage und zwei Wochen ins Land. Nichts. Und trotzdem denke ich am Fenster im Hotel nur an sie. Hat sie meine Aktion mitbekommen? War sie überhaupt im Land? Was hält sie eigentlich von mir? Und wenn sie vergeben ist? Bei meinem Glück ist sie garantiert vergeben? Mit diesen Zweifeln und der Ungewissheit beschäftige ich mich als fortlaufen, wohin ich auch immer gehe. Portugal und die Algarve registriere ich gar nicht mehr so richtig. Nur das Gefühl der Kälte macht sich hier innerlich und äußerlich wieder bemerkbar. Insgeheim wünsche ich mir mittlerweile fast ein Absage. Dann ist die quälende Ungewissheit vorbei. Doch die Zukunfte sollte noch zeigen, dass mit dem Verschwinden nicht wieder alles gut ist, sondern die Enttäuschung ihren Platz einnimmt.

04.11.2016 11:26 • #82


H
Meine Trennung: Adieu, Mädchen meiner Träume

Es ist Samstag abend und die Dinge stehen schlecht. Ich bin auf der Suche nach dem weiblichen Geschlecht. Na, wer weiß wer ich bin? Ich bin der Mächenprinz, Ma Ma Ma Märcheprinz Tja, die EAV hat schon richtig gute Songs gemacht. Und in diesem steht der Märchenprinz auf dem Programm. Die Geschichte geht um einen Mann, der am Wochenende versucht Mädels aufzureißen. Was ich damit zu tun habe? Nichts. Naja, fast nichts. Das mit dem Aufreißen war auch mein Ziel. Doch darin verbargen sich eine Menge Unsicherheiten. Ich wollte mich in eine verlieben, wollte aber auch die schnelle Nummer. Das Aufregende bestand in der schönen Unbekannten. Demgegenüber stand immer die Frage, was sie eigentlich wollen. Wollen sie nur Liebe wie ich es seit Jahr und Tag immer hörte? Oder machte die Lust auf das Abenteuer auch bei den schönen Mädels nicht halt. Schöne Frau bedeutete für mich ja - die will nur Liebe und erobert werden. Sie würde sich niemals für sowas schmutziges wie die schnelle Nummer hingeben.

Und mit diesen Gedanken zog ich dann los: in die Schule, auf dem Pausenhof, im Flur und Klassenzimmer; In die Discos und Clubs, in die Cafes, durch die Einkaufspassagen und Weihnachtsmärkte, auf WG-Parties, in der Hochschule: in der Vorlesung, im Seminar, Bibliothek und auf dem Campus. Ich konnte zwar sehr gut erkennen, wer mir gefiel und wer mich richtig erreichen konnte. Doch ich bekam nie ein klares Wort raus, nur heimliche, sehnsüchtige Blicke. Das ging über Jahre so. Oft gab ich mich abends den Träumen über gemeinsame Abenteuer hin, über meine Eroberung der schönen Frau, die ja nur auf mich gewartet hatte. Die Träume verdrängten die Realität, in der ich für diese Frauen keine Rolle spielte. Es entstand kein Kontakt, wenn ich auf sie zuging. Andersrum klappte es immer, zumindest für kurze Zeit. Doch irgendwann brach diese Welt der Träume zusammen. Ich konnte einfach nicht mehr nur mit der Hoffnung leben, dass ich die Richtige schon noch finden würde. Ich wurde ja immer älter und es passierte nichts - oder zumindest wenig genug. Von dem Moment an hörte ich auf in Cafes zu gehen und in Clubs. Naja gut, so einfach hörte es dann doch nicht auf. Aber ich schaute nicht mehr so verzweifelt nach der schönen Frau in jedem Lokal oder auf der Straße. Mit einem müden Blick registrierte ich nur noch, dass da jemand scharf aussieht oder aber wirklich überhaupt keine Frau da ist, die eine hochgezogene Augenbraue wert wäre. Aber das Bedürfnis sie kennenlernen zu wollen, die Vorstellung, Fantasie und Träume waren weg. Ich schleppte mich auf so manches Date, um überhaupt was zu machen und das Liebesleben nicht komplett versickern zu lassen. Aber es war schon weg.

Und heute sitze ich halt an einem Samstag abend zuhause.Schreibe in einem Internetforum über dieses Leben allein. Da ist kein Drang, kein Bedürfnis, die illusion mehr da, dass da draußen die Richtige auf mich wartet. Erdrückend viele Falsche sind mir begegnet. Die Richtigen, die ich traf, waren vergeben oder hatten tatsächlich nur Lust auf ein Abenteuer mit mir - was ich für unmöglich hielt und nicht begreifen konnte. Schöne Frau = Verlieben, Liebe, Heirat, Kinder usw. Ich kann die Richtigen noch immer erkennen, wenn ich sie sehe. Doch sie machen mir mehr Angst denn je. Sie wecken für einen Moment, die alten Illusionen, Träume und Hoffnungen. Und sie wecken auch die Furcht, sie gleich wieder zu verlieren, nachdem wir uns kaum kennengelernt haben. Ich fürchte mich davor, dass wieder irgendein blödsinniger Grund kommt, warum sie nicht will oder kann. Ich will will das nicht nochmal durchmachen.

Ich habe mich also von der Hoffnung auf Liebe und Abenteuer getrennt und die stirbt ja bekanntlich zuletzt. Jetzt gibt es nur noch die Gleichgültigkeit, mal wieder irgendwen kennenzulernen und wieder ziehen zu lassen. So war es schon immer.

12.11.2016 22:15 • #83


H
Der Prinz und der Bettler

Vor vielen Jahren habe ich mal gehört, ich hätte eine Aura. Das habe ich nur allzugern als das Gewäsch einer jungen, verliebten Abiturientin abgetan, die mir schmeicheln und mich für sich gewinnen wollte. Ach und Aura! Pah. Aber eine Eigenschaft habe ich dann doch, die ich gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte. Ich kann Menschen Bilder geben, Visionen. Als eitler, vielleicht auch feiger Fatzke habe ich irgendwann den Vorsatz gefasst, bloß nicht noch einmal der Falschen einen Blick auf diese Welt in mir zu gewähren. Als wenn ich das mal so eben aus der Hand schütteln könnte. Wahrscheinlich gemscheichelt von dem Aura-krimskrams habe ich eines übersehen: Um Visionen zu geben muss ich mit allen Gefühlen in einer Vorstellungswelt drin sein, um sie weitergeben zu können. Statt dessen spaziere ich da zu oft wie ein Vagabund vorbei und gebe Auszüge weiter.

Lange Rede, nur wenig Sinn: Ich will hier nun eine Vision und Empfehlung weiter geben. Für einen Film. Och Gottchen, es gibt ja soviele und noch soundso viele gute. Wer kann im Sandstrand ein einziges Diamantenkorn entdecken? Na jeder. Es braucht nur etwas Glück und den wachen Blick im richtigen Moment. Hm, betreibe ich jetzt etwas Selbstlobhudelei? Ach ja, man gönnt sich ja sonst nichts. Jedenfalls hat das besagte Diamantenkorn im Sandstrand einen Namen: Der Prinz und der Bettler

Ein langweiliger Name nicht? Aus alter Zeit, klingt nach Märchen und etwas für Kinder und ausgelutscht. Und der Film ist auch noch tatsächlich alt, fast 40 Jahre. Und genau hier beginnt eine unheimliche Reihung von Überraschungsmomenten. Genau das ist das Merkmal eines guten Films, dass er Überraschungen bereit hält - immer wieder. Und nicht nur einmal für einen Kinobesuch.

Ich weiß nicht, ob es jemals wieder einen Film mit derart großer Dichte von Charakterdarstellern gegeben hat: Oliver Reed, Raquel Welch, Ernest Borgenine, Charlton Heston, Rex Harrison, John C. Smith uvm. Es sind Stars einer anderen Zeit. Doch mit ihren Mimiken haben sie ihren Figuren einen einzigartigen Charakter gegeben. Es sind nicht die beliebigen Mimiken der heutigen Zeit, wo es zwei Hauptcharaktere gibt und der Rest in Bedeutungslosigkeit versinkt. Vor allem aber die süffisanten Dialoge des Films machen Spaß. Da er etwas schwerfällig daher kommt, ergeben sich manche Erlebnismomente erst beim nachmaligem Anschauen.

Das Erschreckende an diesem Film: Ich kannte ihn nicht, bis ich zufällig auf ihn gestoßen bin. Er lief wahrscheinlich über Jahre nicht Fernsehen. Woher sollte ich Kenntnis von der Existenz solcher Filme bekommen? Für den Unwissenden ist der Fund eines solchen Films wie die Entdeckung eines Diamantenkorns im Sandstrand.

17.11.2016 02:02 • #84


H
Auf der Suche nach Bezaubernd

Du bist die Schönste, Wundervollste, auch intelligent, klug, fleißig, hast ein gutes Herz. Oh, ich kenne die ganze Bandbreite an Komplimenten. Und ich nutze sie ab und zu schon mal, um eine Frau aufzuheitern oder um ihr verstehen zu geben, dass sie durchaus begehrenswert ist. Mir gefallen viele und ich habe kein Problem damit, das auch mal deutlich zu machen. Doch dann gibt es noch eine verschwindend kleine Gruppe, wo mir diese Komplimente im Hals stecken bleiben. Sie machen mich sprachlos. Nur hier kommt mir ein Begriff in den Kopf, den ich sonst nie verwende. Sie ist bezaubernd. Da gehts nicht nur, um ein paar attraktive äußere Merkmale, tolle innere Werte - nein, es geht um alles, die ganze Person, die ganze Mischung. Diese Frauen vereinigen alles in sich. Ich kann es genau erkennen, in Windeseile. Es braucht da nicht mehrmaliges Hinschauen, bevor ich die guten Eigenschaften sehe. Und bei diesen Frauen fällt mir die Sprache schwer. Was gibt es zu sagen, dass sie nicht schon längst gehört haben und wissen?

Per Zufall stieß ich auf die Band heart. Zuvor kannte ich nur den Namen, fand ich immer extrem schnulzig. Dann hat sämtliche dicke Grufti-Tussis von der Sängerin Ann WIlson geschwärmt. Das konnte ich nur zu gut verstehen, da sie auch ziemlich bepackt ist und auch noch zuviel schwarz trägt - Haare und Klamotten. Das sorgt zumindest bei mir für eine Depri-Stimmung, auf die ich keine Lust habe.

Nun ja, vor kurzem stieß ich erneut auf die Band und hörte zum ersten Mal bewusst einen Song von ihnen. Erst alone und dann all I wanna do ist make love to you. Die sorgten bei mir zum kompletten Stimmungswechsel. Die Musik ist ja richtig wuchtig, impulsiv, kraftvoll. Sie gefiel mir. Und darüber schaute ich mir mal die Band genauer an. Da fiel mir die Schwester auf, Nancy, ne Blondine mit langer, lockiger Mähne. Sie scheint mit ihrer Gitarre verheiratet und veranstaltet drumherum ein Affentheater. Verrückt. Und genau das gefällt mir, die unkonventionelle Blondine ohne Scheu schräge Figuren auszuprobieren. Als nächster Schritt schaute ich mir mal Bilder von ihr an. Sie sah wirklich süß aus als junge Gitarristin. Ich wußte gar nicht, dass mir dieser Typ gefällt. Oder war genau das der Typ, war es am Ende sie, die mein Blondinenbild im Jungenalter geprägt hat? Ich meine, dass ich sie damals schon mal gesehen hatte. Bei genauerem Nachdenken fällt mir auf, dass ich immer genau so einen Typ gesucht habe. So richtig sympathische wurden mir beide Schwestern durch das Video Nothing at all. Ann liegt mit ihren Schwarzen Haaren und lilanen Strähnen locker auf dem Bett und verfolgt entgeistert (insgesamt ein kunstvoller Auftritt) das andauernde Umkleiden der Blondine, Nancy. Die macht wirklich einen Zirkus draus und nimmts auch noch mit Humor.

Dann kam der Song There is the Mädchen, der meinen Blickwinkel auf Nancy nochmals veränderte. Bisher sah sie für meine Begriffe süß, heiß oder auch einfach schön aus. Doch nun trat sie als bezaubernde Frau in Erscheinung. Kurz vor Schluss steht sie neben ihrer Schhwester, macht mit ihr den Zeigefinger, neigt den Kopf zur Seite und gibt ein freches Lächeln von sich. Und diese Mimik toppt sie noch einmal kurz darauf mit einer leichten Drehung, leuchten Augen, hochgezogenen Augenbrauen, strahlenden Augen und schmunzelndem Lächeln.

So eine Mimik habe ich über viele Jahre nicht mehr gesehen. Sie gehören zum Teil einer Sprache, die nur ganz wenige Frauen sprechen. Ich sehe doch, ob Gesichtszüge eingefroren sind oder Worte mit Mimiken und Körperwendungen untermalt werden. Zwar haben Blondinen auf mich noch die stärkste Wirkung, doch glaube ich, dass es nicht allein an der Haarfarbe liegt, um ein bezaubernd in meinem Kopf auf den Plan zu rufen.

Und ob ich bezaubernd bin? Oh bitte, bloß nicht. Ich bin doch ein Mann. Ich muss schroff, stark, verlogen, muskulös, verschwiegen, fies, schräg, poetisch, unnahbar der sonstwas sein. Alles bloß nicht das mit dem b.... Sofern das Gen für diesen Zauberschnickschnack noch immer irgendwo in mir herumturnt, versuche ich es logischerweise zu verstecken. Und das klappt ja bisher ganz gut. Die meisten haben das mit dem fies gefressen. Mir ist das lieber, als wenn die Falscheb mal wieder entdecken, dass da noch ganz andere Seiten unter der Oberfläche schlummern.

20.11.2016 14:23 • #85


H
Es ist irgendwie komisch, der hübsche Typ zu sein, der sich Zeit seines Lebens mit sich selbst beschäftigt. Drumherum bilden sich Pärchen: verlieben sich, heiraten, kommen Kinder, haben Affären, trennen sich bis das Spiel aufs neue beginnt. Und der hübsche Typ beschäftigt sich immer noch mit sich selbst, wirft ab und zu mal einen Blick in das Geschehen um ihn herum. Und so manche schöne Frau wirft auch mal den Blick auf ihn, was der die ganze Zeit da so treibt. Kopfschüttelnd wenden sie sich wieder ab na wenn er nicht will; für wen interessiert sich der überhaupt; hat bestimmt bessere an der Angel. Und keine versteht es, dass er einfach nur allein ist und nichts anderes kennt. Ich weiß selbst um diese Situation, doch das Schweigen darum würde ich nie selbst brechen. Zu unangenehm ist mir diese Wahrheit. Zu ratlos lässt mich die Situatuon zurück. Die vertraute Einsamkeit aufgebeben für eine Zweisamkeit, die vielleicht nur einen Wimpernschlag lang dauert und ich den ganzen Mist von Hoffnungen und zerstörten Gefühlen wieder allein kitten muss. Die Scherben sind schon jetzt klein genug, weil ich ein paar mal im Leben mutig gewesen bin und dafür Zurückweisungen erhielt, die an eine intakte Antarktis ohne Klimawandel erinnern. Wie soll ich den Weg aus der vertauten Eiswüste in die Wärme wagen und auch zurückfinden, wenn es ein zurück in meinem Fall überhaupt gibt?

20.11.2016 22:47 • x 1 #86


H
Drive

whos gonna drive you home ... tonight.... Ich war war zehn als ich den Song das erst Mail im Fernsehen hörte. Er lief auf Formel Eins. In der Werbung wurde er auch eingbelendet. Schon damals weckte er die Sehnsucht in mir. Wonach? Die Sehnsucht nach Liebe, nach einer Freundin. In dem Moment interessierten sich meine Gefühle nicht für irgendein Alter. Schon damals kamen kleine Tränen wegen dem traurigen Mädchen im Clip. Wer hätte gedacht, dass der Song mich noch länger begleiten würde - immer mal wieder auftauchen und immer mal wieder erinnen. Er erinnert mich an Tränen, Sehnsucht und den schmerzlich fehlenden Teil in meinem Leben.

Natürlich gibt es Abende, wo ich aufs Telefon schaue, in die E -Mail-Postfächer oder sogar hier rein. Ich freue mich zunächst über jeden angezeigten Anruf, eingegangene Mail oder irgendeine Reaktion hier. Doch die kleine Freude verlfiegt schnell. Die Anrufe zeigen meist Namen von Geschäftspartnern oder ein paar guten, alten Freunden (Warum kann es nicht mal eine sein, in die ich verliebt bin?). Die Mails kommen von Sportkollegen oder ein paar guten, alten Freunden (Warum kann sich nicht mal eine Schönheit aus meiner Vergangenheit sein?) Die Benachrichtigungen hier verstehe ich als eine Art Lebenszeichen, dass da draußen noch anderes Leben außerhalb meiner kleinen, großen Welt existiert. Auch wenn ich die Schreiber/-innen nicht kenne, geben mir die Zeilen vielleicht inhaltlich manchmal nicht soviel, manchmal eine Menge. Ich frage mich dann immer wie ihre Welt aussieht, die sich im kompletten Kontrast zu meiner abspielt. Sie kennen Affären, Enttäuschungen, Betrug, aber eben auch Liebe und geliebtwerden - und sei es nur für wenige verlogene Momente, die den Anschein von Liebe wecken. Würde ich tauschen wollen ist da wohl die undankbarste Frage, die ich nicht beantworten kann. Eigentlich drücke ich mich um die Antwort, weil ich sehe, dass es keine Gewinner gibt.

Ich will jetzt nicht drüber nachdenken, was ich so alles tun könnte. Mir ist das alles schon bekannt. Doch ich sehe nur meine vielen Defizite und eine ungeheuer große Welt, die für mich bisher zu oft die Falschen bereit hielt. Noch einmal die Falsche und ich werde nur noch müde als ich es ohnehin schon bin. Was würde ich mich über ein wenig Licht freuen. Was würde ich mich über noch mehr Licht freuen. Wie sehr würde ich mich über einen Weihnachtsengel freuen - und im selben Moment erschrecken, wenn er mich entdeckt und sich in mich verliebt. Ich habe Angst mit einem Engel zu mir nach Hause zu fahren. Who's gonna drive angels home?

25.11.2016 01:26 • #87


Lichtstrahl
Vielleicht bin ich nicht schön und schon gar nicht ein Engel
Ich schicke dir hier und jetzt einen LICHTSTRAHL

25.11.2016 21:39 • x 1 #88


Annefred
Ich leide ja nach 14 Jahren wo ich nie eine Ehe eingehen wollte und du hast es geschafft mich so klein zu machen ich bin eigentlich eine Starke Frau aber du hast mich gebrochen bin immer deinen Weg gefolgt habe alles aufgegeben für dich meine Firma und Existenz als ich das Gefühl hatte angekommen zu sein hast du mich verlassen aber das Leben geht weiter und ich wünsche dir viel Glück und alles Gute

25.11.2016 21:57 • #89


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Träume von der ersten Liebe

Wann habt ihr begonnen, von einem Jungen, einem Mädchen zu träumen? Wenn ich heute so um mich sehe, geht das Leben einfach so weiter. Die Träume sind längst vielen Wahrheiten, Realitäten, Irrungen und Wirrungen gewichen. Und gerade in solchen Momenten sehne ich die Naivität, Unwissenheit und Unerfahrenheit zurück - als wenn ich so große Erfahrung hätte...

Wie dem auch sei, die Träume gehen schon im Kindergarten los. Vielleicht ist es das, was man unschuldig nennt? Weil man sich in den Träumen von Liebe an niemandem vergehen kann. Sie beginnen zumindest noch nicht beim Aufstehen uns Frühstücken. Da haue ich noch mit Herzenslust in den warmen Schokobrei mit Bananenstücken rein, den mir meine Mutter noch vor der Arbeit gemacht hat. Zufrieden bezeugen schokobraune Mundwinkel meine Dankbarkeit.

Auf dem Weg zum Kindergarten ist noch kein Platz für Liebesträume. Da dominieren Fantasien über die Abenteuer, die hinter jedem Gartenzaun, jeder Mauer und unter jedem Baumschatten warten. Am Ende des Weges atme ich stolz einmal durch: geschafft. Alle nicht existenten Abenteuer bestanden und überlebt. Und nun kommen bald wieder auch die anderen Kinder, und die blöden Erzieherinnen. Ich werde mich bei der nettesten aufhalten. Dumm nur, dass ich in der Gruppe mit dem Erzieherdrachen bin. Die Aussicht auf die anderen Kinder ist auch nicht wirklich erheiternd. Die einen zu klein, die anderen zu blöd, die nächsten zu fies. Und das hübscheste Mädchen ist auch noch da, und immer umgeben von den blöden Mädchen. Was will sie bloß von denen? Naja, sie ist auch der Mittelpunkt. Zur Weihnachtszeit bringt sie auch einen Weihnachtskranz mit. Und alle sind stolz auf sie. Draußen steht sie mit den anderen Mädels rum und quatscht. Und ich? Na wenn sie sich nicht für mich interessiert, nicht nach mir schaut, spiele ich halt mit den Jungs und gehe in den Buddelkasten. Bockigkeit ist eine prima Überlebensstrategie!

Aber auch die hat ein Ende, spätestens mit Beginn der Schulzeit: Hey, es gibt ja noch andere schöne Mädchen. Meine heimliche Kindergartenfreundin bleibt zwar weiterhin der große Name in meinem Kopf und Herzen, doch nun bringen andere Mädchen neuen Wind in meine kleine Traumwelt. Da gibt es so eine süße, kleine mit schwarzem Haar. Sie fallen glatt halblang auf die Schultern, während sie sich auf dem Haupt kräuseln. Verrückte Frisur. Dazu hat sie zarte, volle Lippen und ein süßes Lächeln. Aber für sie interessiert sich schon ein Klassenkamerad oder sie für ihn, aber beide wissen das natürlich nicht voneinander. Darf man in der 2. Klasse schon verliebt sein? Naja, ich habe ihr nie gesagt, was ich über sie gedacht habe. Statt dessen habe ich das gemacht, was ich am besten konnte - mich Beobachtungen und Tagträumen hingegeben. Wie meine Kindergartenfreundin habe ich auch sie über lange Zeit immer mal wieder im Auge behalten. Reden? Ich glaube nicht, dass sie oder die andere mich überhaupt wahrgenommen haben - oder in einem anderen Licht als ach ja, der war ja auch in meiner Klasse und Parallelklasse. Aber ganz unabhängig davon: Ihr Lächeln wirkte so fröhlich. Allein das gab mir ein gutes Gefühl, auch wenn es nicht mir galt. Bin ich deswegen ein Dieb? Ich wüßte aber nicht, was ich meinen Mitschülern gegeben hätte. Mehr als eine unauffällige, verträumte, schweigsame Art hatte ich nicht. Nur ganz selten gab ich mal Einblicke in diese Fantasiewelt. Ansonsten machte ich alles mit, was von den anderen ausging.

Und so gingen die Jahre dahin: Mit Fahnenapellen, im Unterrricht nicht zu blöd anstellen, irgendwie gute Noten bekommen, auf der Jagd nach schokoladiger Frühstücksmilch, Fange auf dem Schulhof, Rumtollen auf dem Klettergerüst, schulfrei an heißen Sommertagen und die große Zeugnisübergabe. Die beiden Mädels waren immer irgendwie da und doch nicht. Wieviel schlechter war als sie spielte keine Rolle - sie waren ja auch Mädchen. Jungs dürfen sich ruhig ein bisschen blöd anstellen. Ich glaube, die Entschuldigung nutzen Jungs bzw. Männer auch gern im späteren Leben, wenn sie klarmachen wollen, dass sie eigentlich verliebt sind.

Einmal sah ich meine Kindergartenfreundin wieder. Sie war aufs Gymnasium gegangen und machte Ballett. Ich habe es immer als ein Sport für überkandidelte Mütter gehalten, die ihre Töchter an die Spitze knebeln wollen - welche Spitze das auch immer sein mag. An einem Exkursionstag kreutzten sich unsere Schulen und Wege in einer entfernten Stadt. Sie präsentierte mit ihrer Gruppe die neueste Kür. Ich stellte ein Umweltprojekt vor. Natürlich hatte ich sie gleich erkannt. Doch ich ging nicht auf sie zu. Als die Dämmerung hereinbrach, begegneten wir uns dann doch. Sie hatte ihr Ballettkostüm an, dass mehr an einen Schwimmanzug erinnerte. Sie grüßte mich kurz, und ich sie ebenso. Doch es fühlte sich merkwürdig verkrampft an. Kalt und ängstlich. Mein Herz brannte immer noch, für sie. Wie gern hätte ich ihr noch einmal gesagt, was ich für sie empfinde. Doch meine Lippen pressten sich aufeinander wie ein eisiges Schloss. An diesem Tag verloren sich unsere Wege - nicht für immer, nur für sehr viele Jahre.

Ich turnte in der Welt herum und sie fügte sich ganz in ein bürgerliches Leben mit Job, Mann, Heirat, Kind, Scheidung. Die andere, die schwarzhaarige mit dem schönen Lächeln traf ich auch wieder. Ich sah sie in Clubs und Discos. Sie kleidete sich Businessmäßig. Ihr wunderschönes Lächeln hatte sie eingetauscht für einen disziplinierten Gesichtsausdruck. Selbst das Lachen wirkte aufgesetzt. Ob irgendwo in ihr noch das Mädchen aus der 2. Klasse existierte? Ich hatte mich ja nicht verändert, war noch genausp maulfaul wie früher. Wer hätte mir auch schon zugehört? Gewartet, bis ich mal alle Worte genau in die Reihe bekam, in die ich sie bekommen wollte. Vielleicht habe ich mich auch nur selbst gehetzt. Stimmt, darin bin ich ja ein Profi.

Es ist absurd: Die Gehetztheit verwischt alle Gefühle, wenn es um das Reden geht.

08.12.2016 00:48 • x 1 #90


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