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Alles nur ein Traum

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Schulsport

Wo ist die Zeit nur hin? Die ganze Aufregung und die Freude auf den Sportunterricht. Immer wurden erleichtert die Schweißperlen vom Mathe- oder Deutschunterricht abgewischt puh überstanden, ein Glück - jetzt ist Sport.

In Zweierreihe stellten wir uns im Hof hinter dem alten Schulgebäude auf, den Schulranzen auf dem Rücken, die Sporttasche hing seitlich herab. Hatte eher was von ner Schlepperkolonne als von Kindern auf dem Weg zum Sportunterreicht. Und so tapsten wir Händchenhaltend zur großen Sporthalle. über die Straße rüber, an den Gehöften der Bauern vorbei zur Halle. Dort trennten sich Jungs und Mädchen, warteten vor den kleinen Eingangstüren. Als die Sportlehrer sie öffneten, strömten wir flugs hinein. Damals wirkten die Räume groß, heute muss ich geduckt da durchgehen.

Dann ließen uns die Lehrer in die Halle mit dem schöbigen Holzparkett. Die Linien waren schon verblichen. Aus dem Raum der Sportlehrer strömte grelles Licht heraus. Ich war neugierig, aber sah doch nicht hinein. Statt dessen stellte ich mich mit den anderen in einer Reihe auf, der Größe nach. Und ich war der fünftgrößte. Also war ich ja doch groß. So! Ha Ha! Gespannt folgten wir den Worten der Sportlehrer, welches Programm anstand. Da nervten die ständig surrenden Deckenstrahler, die auch viel zu grelles Licht abgaben. Aber egal, erstmal gings los mit Warmlaufen im Kreis, um die Hocker. Die Schnelleren wollten die Langsamen überholen, durften aber nicht. Und ich war ja einer der Schnellen. Dann gabs die Runden mit dem Konditionstraining: Bankhüpfen, Dreierhopp, Klimmzüge, Hockstrecksprünge. Natürlich gab ich mein Bestes, wollte ja nicht zu den schlechten, unsportlichen gehören. Als die Sportstunde dann vorbei war, wir uns umgezogen hatten, empfing uns draußen frische Luft. Sie trocknete den Schweiß und befreite die Lunge von der staubigen Mottenluft in der Halle. Wir haben auch mal wer hat Angst vor dem Schwarzen Mann gespielt. Ein Fangspiel. Den Sinn verstanden hat vermutlich keiner von uns.

Später änderte sich die Freude und Aufregung vor der neuen Halle. Nur die Erleichtung durch die Befreiung von den anderen Fächern Ein Glück, jetzt ist Sport blieb. Freiwillig stellten wir uns in Zweierreihe auf bis uns der Sportlehrer heranpfiff. Und wieder dackelte die beladene Horde zur Halle, wieder trennten sich die Wege von Jungs und Mädchen an den Umkleideräumen. Ich beneidete die Mädchen etwas, da ihre Umkleide näher lag. Wir Jungs zogen uns schnell um, damit der Sportunterricht schnell beginnen kann. Drinnen folgte das übliche Prozedere: In einer Linie nach der Größe aufstellen und warm laufen. Dann folgten manchmal die Leistungskontrollen. Leistungskontrolle war geradezu ein martialischer Begriff, den es irgendwie zu überleben galt - am liebsten mit ner 2 oder 1. Besonders Hochsprung bot Nervenkitzel. Die Querstange wirkte wie ein gefährlicher Feind, der einen nur mit dem Überspringen am Leben ließ. Ich glaube dass ich es immer nur auf eine 2 oder 3 schaffte. Wie ein kleiner, angestrengter Sack nahm ich alle Mut und Kraft zusammen, um dann über die Stange hinweg und in die Matte hineinzuplumpsen. Naja, ich wollte auch vor den Mädels nicht unsportlich dastehen. Dreierhopp und Bockspringen konnte ich gut, bei den Klimmzügen strampelte ich mich mit den Beinen nach oben und schaffte ganze 4 oder 5, der Barren war doch was für Mädchen und das Reck? Naja, ich kam irgendwie hoch und rum. In den letzten Jahren tauchte ein Cola-Automat auf. Schon beim Anblick vor der Sportstunde wurde ich ganz durstig. Außerdem fand ich das Rumpeln der Büchsen aufregend - als wenn ich nicht wüßte, was ich gerade gewählt habe und was unten rauskommt.

Und so vergingen die Jahre, ich schaffte es manchmal sogar auf eine 1 im Sport. Draußen lief ich die 60 und 100 m und hatte in der Mitte beider Strecken das Gefühl, vom Boden abzuheben. Naja ich war auch ein Leichtgewicht. Fürchterlich waren die 1 Km-Läufe. Zu Beginn startete ein Wolfsrudel, am Ende trafen wir wie schwerfällige Regentropfen im Ziel ein. Und die Sonne gab uns oftmals den Rest. Dieses Rudel der 14 bis 16 jährigen fühlte sich jedoch nicht so an. Doch ein paar Jahre zurück war ich es, der so ein Rudel respektvoll und fast ängstlich als die Großen bezeichnet hatte. Kein Gedanke daran, dass dieses Rudel bald getrennte Wege gehen würden; nicht mehr zur Schule gehen; dass die Mädels und Jungs bald im Bett landen würden; dass einige heiraten und Kinder kriegen; dass mancher frühzeitig stirbt, anderen die Haare ausfallen, einige Mädels vergewaltigt werden und schließlich sie alle mit dem Schulwissen Geld verdienen müssen, statt nur zu lernen. Wer hätte in diesen unschuldigen Jahren an die Schicksale von morgen gedacht?

Ich bedanke mich für die Kindheit und die Schule, auch wenn sie nicht immer leicht war.

20.09.2017 21:40 • #121


C
Leute , Kälte allein ist schon schlimm . Viel schlimmer aber ist die Kälte zu zweit . Ich weiß wovon ich rede ... Horror ... da schnürt es Dir den Hals zu . Allein kannst wenigstens noch heulen oder weinen ...

20.09.2017 21:43 • #122


A


Alles nur ein Traum

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H
MUSS - Freundin haben bis zur Starre

Beginnt es an den Badeseen oder viel früher? Viel früher. Mindestens im Kindergarten gehts los. Da gibt es das schönste Mädchen. Am langen Tisch im schmalen Dachzimmer sitzt sie am Kopfende direkt am Fenster. Tageslicht umgibt sie. Zu beiden Seiten gruppieren sich die anderen Mädels,die etwas von ihrem Licht abhaben wollen. Für die Jungs bleibt Platz im dunkleren Teil des Raums. Ich sitze am anderen Ende vom Tisch, wo der Schatten am größten ist. Auch wenn ich scheinbar versuche mich mit den Jungs zu unterhalten, zu spielen, geht mein Blick doch immer wieder zum Fenster. Daran ändert sich auch nichts draußen im Garten. Doch der Mädelshorde um die Schönheit nähere ich mich nicht auf 5m.

Diese sehnsüchtige Distanz bleibt auch mein Begleiter durch unsere gemeinsame Schulzeit - ich im Schatten, sie im Licht. Ich habe mich immer über ihr Lächeln gefreut, selbst wenn es nie mir galt. Traurig über die fehlende Beachtung, rückten dann plötzlich andere Mädels in den Fokus. Hm, sehen ja auch ganz gut aus. Die eine mit den wilden, schwarzen Haaren, dem süßen Lächeln, Pausbäckchen und eckigen Schneidezähnen machte Hoffnung auf eine größere Welt, in der es nicht nur eine Schönheit gibt. So ähnlich, aber etwas unscheinbarer war die stille Blonde mit dem frechen Lächeln. Ausgerechnet sie schaffte es in meinen ersten heißen Traum. Niemand hat je davon erfahren. Doch beide blieben im Prinzip nur Ausweichlösungen, denn die Sehnsucht nach dem Mädel aus dem Kindergarten und nun der selben Klasse war ja nur in den HIntergrund gedrängt - nicht weg.

Das blieb auch so bei den nächsten Begegnungen an Bade- und Baggerseen. Im Sommer brannte die Sonne schon früh am Tag und heizte die ganze Gegend auf. Die Hitze stand im Garten, auf den Straßen, im Schatten der Bäume, auch im Wald sowie auf den Feldern. Baden war der einzige Gedanke. Und so ging es an den einen oder anderen See. Im Schatten der Kiefernwälder mit trockener Luft warteten auf mich als jungen Teenie ganz neue Probleme, die den Gedanken nur ans Baden geradezu naiv erscheinen ließen. Bald öffneten sich Lichtungen mit strahlenden Sandstränden. An den einen Stränden liefen Badehosen, Bikinis uns Höschen unterschiedlichster Couleur. An den anderen Stränden zeigten sich die Menschen, wie Gott sie geschaffen hat. Allein der Anblick von Mädels in den Bikinis war aufregend genug. Nie war mir aufgefallen wie zart ihre Haut beschaffen war, wie sie sich um den Nabel legte, wie unter dem Bikini sich sanfte Wölbungen erhoben. Im erfrischenden Wasser bildete sich eine Gänsehaut, über die Wassertropfen langsam herabperlten. Das Lächeln der Mädels sah süßer aus als sonst. Nicht selten zeigte bei mir eine Reaktion darauf in der Hose. Oft wendete ich mich ab, versenkte meinen Unterkörper tief unter der Wasseroberfläche. Ein paar Minuten tief durchatmen und dann gings wieder. Der Schwierigkeitsgrad steigerte sich nochmal bei den unbekleideten Mädels.

Im Frühherbst baute ich mit einer Freundin ein Floss - Reste von zwei ollen Birkenstämmen nebeneinander, ein paar Bretter drauf genagelt und fertig. Der Stapellauf stand an. Am Seeufer angekommen schoben wir das Floss langsam hinein. Aber es war so schwer, dass es sich nur tiefer in den Sand grub. Erhitzt zog meine Freundin Bikini und Höschen aus. Sie griff einen stabilen Ast und versuchte das Floss mit Hebelwirkung weiter in den See zu schieben. Dabei fielen mir ihre schmalen, drahtigen Armuskeln auf. Wieviel Kraft da doch drin steckt. Doch mein Blick wanderte nun weiter. Ich sah ihren kleinen, knackigen Hintern, ihre schlanken Beine ... und ... mir stockte der Atem. Sie bekam Brüste. Es gab hier aber kein Wasser, in ich mal unbemerkt meine Erregung verstecken konnte. Glücklicherweise war sie so mit dem Floss beschäftigt, das sie nicht weiter registrierte, was bei mir gerade abging.

Im nächsten Sommer folgten viele dieser Situationen - nur ohne Floss. Je mehr bei den Mädels die Brüste wuchsen, desto größer wurde meine Erregung. Ihre Körper, ihre Figuren wirkten so unglaublich schön. In ihren Augen lag so eine Wärme und zugleich Feuer, dass ich nicht mehr wußte, wo links, rechts, oben und unten ist. (ich hab sie nie gefragt, was sie von mir hielten; ob sie mich überhaupt registriert haben). Wegen der unkontrollierbaren Erregung in meiner Hose bin ich nie auf sie zugegangen, habe nie mit ihnen gesprochen. Ich wußte nicht, was ich mit dieser überwältigenden, ja schon wieder einschüchternden Gefühlswelt anfangen sollte: Na wie denn nu?. Und ich wußte wenig genug über körperliche Liebe, dass ich wirklich Schritte vorwärts gehen konnte.

Die Erlebnisse um die schönen Körper blieb in meinem Kopf verankert. Und sie spielten irgendwie in nahezu jede Begegnung mit schönen Frauen hinein - inklusive der damit verbundenen Erregung. Vielleicht haben Dr. Sommer, die Foto-Lovestories mir auch noch den Rest gegeben. Zu diesen Fantasien kam auch noch der gesellschaftliche Druck, wonach man als Teenager schon ne Freundin haben muss, der erste Kuss und das erste Mal. Und tatsächlich lief das bei den meisten auch so. Sie gehen miteinander, verlieben sich, trennen sich. Bei den einen dauerts länger, die anderen wechseln die Partner schneller. Nur ich sah zu. Ich sah wie es normalerweise läuft. Wie ich lieben muss. Es gab nun soviele Wege, dass ich mich die Auswahl bis zur Starre komplett überforderte - und ich keine Wahl machte.

Rückblickend kann ich heute sagen, dass diese schönen Anblicke mein Frauenbild zum einen prägen, ich zum anderen nie die Persönlichkeiten hinter diesen Anblicken kennengelernt haben. Insofern ist mein Frauenbild schief. Aber was solls, wer würde sich nicht gern den schönen Bildern der Vergangenheit hingeben, wenn die Gegenwart zu oft trübe aussieht.

23.09.2017 14:12 • x 1 #123


H
Nacht: Fahrt in die glücklich-dunkle Vergangenheit

Es war so eine Phase. Abends, die Dunkelheit hatte sich schon längst über den Ort gelegt und in den Fenstern der Nachbarn waren die Lichter angegangen. Hinter den abgesenkten Rolläden und Jalousien spielte sich ihr Leben ab. Und ich ging wieder in mein Zimmer. Das grelle Deckenlicht erfüllte den Raum und fiel auf die weißen Wände. Soviel Licht und weiß, es fühlte sich klinisch steril an - ohne Musik und Leben auch irgendwie tot. Nur der Computer lief. Da wartete schon das geöffnete Dokument auf meine nächsten Ergüsse von Denkarbeit. Doch ich starrte den blinkenden Cursor nur an. Und ich dachte nicht an das Dokument vor Augen, sondern an den Chat, an die bunten Schriften vor dem schwarzen Hintergrund - und an meine gelbe und ihre rote Schrift.
Viele Abende, Nachmittage und Morgen hatten wir geschrieben, gepinnt und nachgedacht. Viele Zeilen wanderten den Bildschirm nach oben. Wegen ihr nahm ich mir diese ganze Chatsprache an, die ich anfangs für völlig überflüssiges Zeug hielt. Aber vielleicht muss man das so machen, wenn man mit den anderen auch wirklich kommunizieren will, dachte ich. Doch den Chat gab es nicht mehr ... und sie auch nicht. ich konnte mit ihr nicht mehr über Gott und die Welt philosophieren, kleine Frechheiten und Süßssheiten austauschen. In dem Moment kam mir die ganze Welt um mich herum einsamer vor, kälter als sonst.
Und so überkam mich die Sehnsucht nach ihr. Sie riss mich hin und her. Was sollte ich nur tun? Chatten - ging nicht, da Chat weg; E-Mail schreiben - hatte die Adresse nicht; Anrufen - und wenn ihr Freund/Mann dran ist? und was sollte dann diese einstige Stolznummer, dass ich den Kontakt zu ihr abbrach, weil sie mich nicht wollte und nu renne ich ihr nach wie eine klenes Äffchen? Obwohl das nix bringt?
Tja, und dann warf die Sehnsucht jede Logik über Bord. Ich zog mich an, schnappte mir den Autoschlüssel und fuhr los durch die Dunkelheit. Auch wenn mich keine Sau sah, fühlte ich mich so wohler, dass keiner diese peinliche Aktion mitbekam - außer natürlich mein Verstand. Der schüttelte innerlich den Kopf, hatte aber auch Mitleid und ließ mich diese unglückliche Fahrt machen. Ich fuhr durch zig Lichtkegel. Wie muss wohl mein Gesicht aussehen, wenn ich es von außen sehen könnte? Im Radio kamen auch noch olle Liebesschnulzen, die an glückliche Hoffnungen erinnerten, nun aber die ganze Situation noch bitterer machten.
Auf der Landstraße zwischen Feldern und Wäldern schweigt derweilt die Welt in der Dunkelheit. Und wieder macht sich das Gefühl der Einsamkeit in mir breit. Ein paar Tränchen schieben sich in meine Augen. So langsam komme ich mr auch noch lächerlich vor. Aber das das Auto fährt immer weiter durch die Alleebäume, über die unbeleuchtete Kreuzung und vorbei an einer Horde Wilschweinen mit einer riesigen Bache. Erschrocken nehme ich das wahr und fahre gleich etwas langsamer als vorgegeben. Man kann ja auch mit wenig Geschwindigkeit jammern.
Immer wieder frage ich mich, was ich hier eigentlich treibe; was das ganze soll. Als die nächste Ortschaft auftaucht steigt plötzlich in mir die Nervorsität auf. Denn ich nähere mich dem Ziel. Nur einen Ort weiter, da lebt sie jetzt. Vermutlich ist sie schon verheiratet und hat ein kleines Kind. Was will ich in dieser Welt? Da ist doch überhaupt kein Platz für mich! Es sind wohl die schönen Erinnerungen, die mich weiterfahren lassen.
Als ich ihren Wohnort erreiche, kommt mir jede Kreuzung, jede Lampe, jedes Haus wie Hindernisse vor. Ich fühle mich beobachtet. Überall steht irgendwie die Aufforderung Kehr um. Was willst du hier? Doch ich fahre die autoleere Bahnhofsstraße weiter, biege ab und fahre plötzlich ganz langsam.
Irgendwo hier muss sie wohnen. Mein Blick sucht nach den Hausnummern und geht auch in die Fenster. Vielleicht sehe ich sie ja per Zufall. Und dann schiebt sich ein einfaches Haus mit weißer Fassade älterer Bauart vor meine Augen. Die Hausnummer passt. Hier müsste sie wohnen. In einem Fenster erhellt gedimmtes Licht den Raum. Niemand scheint drin zu sein. Da mein Auto weiter rollt drehe ich nach 100 m und fahre zurück. Wieder kommt ihr Haus und das Fenster in mein Blickfeld. Wieder rolle ich langsam vorüber. Doch nun ist sie da. Sie beugt sich über etwas, dass wie eine kleine, dicke Bettdecke aussieht - von einer Wiege? wie für ein Baby? Eigentlich will ich weinen, aber der fast vorprogrammierte Schock lässt mich ganz ruhig weiterrollen. Und so trete ich wieder die Heimfahrt an - durch die Straßenlaternen, die Querstraßen, aus der Ortschaft in die Dunkelheit zurück nach haus. Dort angekommen lege ich mich einfach schlafen.

12.11.2017 21:17 • x 3 #124


V
ich les dich immer wieder gerne auch wenn es oftmals sehr traurig ist... aber das bist wohl eben auch du...
schön, wie du schreibst

12.11.2017 23:45 • #125


H
@vorbei Danke. Und wenn es nicht schon so traurig wäre, es sind ausgerechnet diese Erinnerungen, die bei mir so lebhaft sind, dass sie mir vor Augen treten und ich sie schreiben kann. Alle anderen Erlebnisse, vor allem die erfreulichen, treten kaum so stark in mein Bewusstsein, dass ich sie gut schreiben kann. Auf der anderen Seite hilft mir das schreiben über die unschönen Erlebnisse auch beim Reflektieren, was ich damals so alles getrieben hab. In der Regel mache ich ja eines nicht: Das Verarbeiten. Ich setze mich nur wenig mit den vergangenen Geschehnissen auseinander. Das Schreiben ist zumindest ein Schritt in diese Richtung ... und vielleicht findet sich auch jemand anders in diesen Geschichten wieder und ändert die Sicht über sein Leben. Wer weiß...

13.11.2017 00:07 • x 1 #126


H
Sportplatz - 1000 m Leistungskontrolle

Auf dem Schulweg kam ich immer an ihm vorbei, jeden Morgen und jeden Nachmittag - der Schulsportplatz. Ein hoher Maschendrahtzaun, hohe Eisenpfosten und zahlreiche Büsche trennten ihn vom Radweg. Als Schüler in der Unterstufe schwang ich mich an einem sonnigen Mainachmittag auf mein Fahrrad und fuhr nach haus. Natürlich kam ich noch am Sportplatz vorbei. Dort hörte ich es gerade Schnaufen und Trampeln. Eine Gruppe 10-klässler rannt gerade um den Platz. Angesichts der Hitze registriert ich das schockiert. Ja, sie taten mir fast leid. Schwein, das ich hatte, fuhr ich einfach weiter und besorgte mir erstmal ein schönes Milcheis.

Jahre später kam ich in die Situation der 10-klässler - mit dem feinen Unterschied, dass es ein kühler Septembermorgen war. Unser Sportlehrer ließ uns antreten und verkündete Heute machen wir Leistungskontrolle, 1000 m Lauf. Sogleich stand der Schrecken in allen Gesichtern geschrieben. Räuspern und eine wär-ich-bloß-im-Bett-geblieben Haltung - als hätte unser Sportlehrer das Todesurteil ausgesprochen. Und jetzt verstand ich auch die Fahnenstangen an den Ecken vom Platz. Ja, wir sollten außen rum an allen vorbeilaufen und den großen Platz umrunden - mehrere Male. Vom Startplatz sahen die Stangen so weit weg aus. Mir zitterten die Knie das schaffe ich nie. Schließlich versammelten wir uns zu einem wilden Haufen, begaben uns in Starthaltung und dann gab unser Lehrer das undankbare Startsignal.

Und wir trampelten los. Es muss schräg ausgesehen haben. Die einen sportlich, der andere dick, der nächste dünne, mal hing der Oberkörper nach hinten oder neigte sich krumm nach vorn. Kurze Tippelschritte oder lange Beine. Zum Zittern aus Angst vor der Leistungskontrollen kam nun auch noch die Kälte vom Wind hinzu. Schon nach zwei Runden fühlte ich mich nur noch schlapp. Die großen Sportler waren schon fast eine halbe Runde voraus. Und mir ging schon die Luft aus. ...erreichte den Hof mit Müh und Not, das Kind in seinen Armen war tot aus dem Erlkönig mag das Motto für meine letzten Meter gewesen sein. Im Ziel fiel mir dann erstmal die Lunge auf den Boden. Auch wenn nach mir noch andere ins Ziel kamen, fühlte ich mich trotzdem wie ein Versager. Aber nur für einen Moment Dann kam die Ereleichterung Uff, Überstanden.

Aber dann in der 10. Klasse kam der Tag an einem sonnigen Mainachmittag als auch für uns das letzte Mail Leistungskontrolle im 1000 m Lauf anstand. Die ganze Angst von damals gab es nicht mehr. Jetzt gab es nur noch eine Kontrolle, die es zu absolvieren galt. Und rannten und trampelten wir los, wie eine sportliche Elefantenhorde. Ich dachte kurz an die ehemaligen 10-klässler. Nun war ich in deren Situation. An die Stelle der Angst vor der Leistungskontrolle mischte sich ein Gefühl von Wehmut, nie wieder an diesen verrosteten Zaun und Eisenpfosten vorbeizukommen. Das wars! Zum ersten Mail begriff ich die Endlichkeit der Schule. Niemals wieder würden wir mit unseren Klassenkameraden hier rum laufen. Niemals wieder würden wir als trampelnde Elefantenherde hier lang laufen.

19.11.2017 23:45 • x 1 #127


H
Weihnachten, Fest der - weit entfernten - Liebe

Es ist Weihnachtszeit, auch rings um die mondäne Einkaufsstraße quer durch die reiche Innenstadt. Auf der Straße drängeln Autos und Busse im Sekundentakt, auf den Bürgersteigen geht ähnlich lebhaft zu. Die schwarzen Fußgängerströme bewegen sich ununterbrochen - bequem oder zackig. Die einen scheren aus, in die Geschäfte oder Cafes; die anderen wieder ein, mit Tüten bepackt. In den Fenstern der Cafes quasseln Mädels mit entspannter Miene, dicke Damen nippen am kleinen Espresso und am Männertisch gibts ein pralles Gelächter. Die Mädels haben garantiert Geschenke für ihre Familien oder ihren Freund gekauft, vielleicht auch nur was für sich. Die dicken Damen lassens sich auch einfach gut gehen. Und die Männer feiern ihre Erfolge, wozu auch ihre Familen, die Partnerin und die Geschenke an die Familie gehören.

Diese Momente und Gedanken vor Augen laufe ich weiter und breche vor einer roten Ampel aus dem Fußgängerstrom aus. Auf grün wartend, inmitten vom brummenden und hupenden Autos, geklacker von Schuhen und auch Geschnatter springt in meinem Kopf ein Weihnachtssong an we waiting all through the year for the day to appear we can live forever in harmony. Im ersten Moment höre ich noch das melodische. Doch dann drängen die Worte in mein Bewusstsein: Harmonie? Ihgittigitt, was hab ich denn damit zu tun? wir können? es gibt doch niemanden, für ein wir. Familie zählt nicht, die steht ja immer auf dem Plan. Durch das ganze Jahr auf Weihnachten warten und freuen? Das gabs nur in meiner Kindheit. Und mit dem Gedanken an Liebe, eine Frau - da wirds richtig bitter. Mir fallen sofort zwei Mädels ein. Aufkommende Tränen warnen mich, die Gedanken nicht zu lange zu verfolgen, gar nicht ins Bewusstsein kommen zu lassen. Grün rettet mich und lässt mich an die nächsten Ziele denken.

Aber verflucht, wo ich auch hingehe, überall diese blöde Weihnachtsdeko - und noch schlimmer, so manche schöne Frau mit eine entspannten, selbstbewussten oder zufriedenen Ausstrahlung. In meinem Lieblingscafe schnappe ich mir erstmal ne Zeitung und lese, was es so neues gibt in der Stadt, Politik, Wirtschaft - naja, und auch Sport. Aber der Blick und die Gedanken gehen oft durch den Raum, an andere Tische, in andere Gespräche und Gesten im Miteinander. Der Umgang wirkt oft vertraut. Etwas Neid kommt bei mir auf. Doch bevor weitere Fragen nach dem warum aufkommen, wende ich den Blick ab und wieder in die Zeitung. Wäre ja auch noch schöner, wenn so kurz vor Weihnachten wieder den Gefühlsschlamassel auftaucht: Mal wieder allein, die meisten find ich doof, so dass ich mit denen zusammen noch alleiner wäre und die schönsten sind sowieso alle weg. Dann noch die Gedanken an die tragischen Geschichten der Vergangenheit ... brr, ne, bloß nicht, denke ich mir. Ist doch schon aberwitzig, was für Gedanken sich noch hinter einem scheinbar unschuldigen, interessiert wirkenden Blick in die Zeitung verstecken kann. Ich will auch interessiert wirken, beschäftigt, entspannt, alles - nur nicht einsam.

Am Ende des Kaffees schaue ich mir das ganze Treiben noch ein paar Momente an. Achselzucken. Die Leute wirken eher wie graue Masse, als interessant. Die Musik ist auch gerade doof, irgendwas Techno-beat-hiphop-mäßiges oder kurz: Kotz! Nach ein, zwei ruhigen Minuten falte ich die Zeitung zusammen, ein kurzes, freundliches Schwätzchen mit dem Kellner und dann verlasse ich das Cafe, schere wieder ein in den Fußgängerstrom und verschwinde in der Bedeutungslosigkeit der Masse.

21.12.2017 17:22 • x 1 #128


H
Magie im Wunderland

Es war einer dieser kalten, tristen Novembertage, ein Sinntag. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Raus wollte ich nicht. Allein vom Blick aus dem Fenster auf die regunslosen Bäume, die starr herabhängenden, rostbraunen Blätter und die stummen Häuser wurde mir eiskalt. Da kuschelte ich mich gleich umso enger an den Heizkörper. Im Fernsehen liefen die Nachrichten, eine Kochshow, Olle-Leute-Schlagersönger. Brr bloß weiter. Und da war sie dann, diese blonde Moderatorin mit dem bayrischen Akzent. Da kommt doch immer dieser Trickfilm. Voller Vorfreude sah ich nun zu,

Und dann ging es los mit dieser wunderbaren Titelmelodie Was ist da passiehiert, wie kann das geschehehen, dass es im Sommer friehiert... Für ein paar Minuten folgte ich dann Alice auf ihren Schritten durch das Wunderland. Dabei erträumte sie dieses Land durch ihre Fantasie. Ein Mann mit Eierkopf verwandelte sie darin in ein Ei mit Anzug, einen vergesslichen Professor in ausgewachsenen, penetranten Hasen. Fasziniert und verträumt habe ich die Geschichten verfolgt. Wie würde ich wohl die Personen meiner Gegenwart verwandeln? Mir fehlt leider diese Fantasie ... obwohl ich es eigentlich könnte.

Für alle Frauen, die ich kennengelernt habe, gibt es sicher die eine oder andere Rolle. Die Eintags-Prinzessin vom Bodensee, das Engelherz vom Wannsee, die Bierbraut, die Jungfrau im Schilf, Rapunzel unterm Gutshof, Dejavu - erträumtes Mädchen plötzlich als Traumfrau, wortarm - Blicke wie 1000 und eine Nacht.

26.01.2018 23:29 • #129


H
Rodeln auf dem Dorfberg

Die meiste Zeit des Jahres steht der kleine Hügel irgendwie nur an der Seite vom breiten Sandweg. Auf der anderen Seite sind die rostigen Tore zum kleinen Flachhaus meist geschlossen, als wenn hier gar keiner wohnen würde. Im Hochsommer spenden Kiefern wenigstens etwas Schatten. Doch im direkten Sonnenlicht beginne ich sogleich zu schwitzen, zu schnaufen und zu keuchen. Und der kleine Hügel liegt auch irgendwie leblos da, als würde er meinen Schweißperlen ziemlich gleichgültig zu schauen.

Dabei gehts doch im Winter hier hoch her. Kaum, dass der November gekommen ist; kaum, dass die kalte Jahreszeit gekommen ist, schaue ich abends sehnsüchtig in den dunkeln Nachthimmel und warte, dass sie sich zeigen - die Schneeflocken. Kaum, dass sich eine zeigt, hier eine, da eine - und noch viel, viel mehr beginne ich innerlich zu jubeln. Da fällt mir sofort ein, wo der olle Schlitten mit den runden Hörnern im Keller steht. Einmal werden wir noch wach, heißa, dann ist Rodeltag.

Klar, am nächsten Tag gehts nichts wie runter. Schlitten raus. Mein Bruder fährt lieber Ski. Naja und dann zottel ich kleiner Wicht halt los. Eilig husche ich über die große Straße, damit mir und meinem Schlitten nix passiert. Drüben heißt es erstmal durchatmen geschafft. Und weiter gehts auf dem Schleichweg mitten durch die schweigenden Einfamilienhäuser und noch einmal über die nächste Straße. Hinter dem letzten Haus sehe ich bereits die Einfahrt zum Sandweg. Der ist jetzt völlig weiß. Kurz fallen mir die Qualen des Sommers ein, wie ich mich hier mit dem Fahrrad durchgewurstelt habe und mangels Geschwindigkeit of stecken geblieben bin. Doch nun ist der abgemeldet. Statt dessen sehe ich jetzt wir auch andere Kinder ihre Schlitten hinter sich herziehen - und auch ihre Eltern. Hinter kahlen Ärsten kommt nun auch der kleine Hügel ins Blickfeld.

Auch er trägt jetzt eine weiße Decke und darauf herrscht ein munteres treiben - da wo im Sommer keiner was. Immer wieder rennen die Kinder mit ihren Schlitten den kleinen Hang hinauf. Manche rutschen am Fuss des Hügels aus - Glächter und großes Gebläke. Auf dem langen Hügelkamm angekommen, schauen sie erstmal den anderen Fahrern sie, wie sie sich mutig hinabstürzen. Ganz rechts ist nur ein kleiner Hang - der ist ja nur was für Wickelkinder. Da ist ja die Fahrt vorbei, bevor sie angefangen hat. Aber ich bin ja schon ein großer Junge - von 6 Jahren. Klar ich nehme die langen Pisten auf der linken Hügelseite.

Mutig stürze ich mich auf meinem tollen Schlitten hinunter. Huuuui, das geht ab ... naja bis zum Fuss des Hügels. Soll das schon alles sein? Ich will doch noch länger rodeln. Also muss mehr Geschwindigkeit her. Da darf der Untergrund ruhig ein bisschen eisig sein. Wieder oben angekommen, warten die anderen Jungs auf mich Wer am weitesten rodelt? Abgemacht. Und schon sausen wir einer nach dem anderen den linken Hang hinunter. Ja, das Eis ist auf der Fahrbahn, allerding auch einige Buckel. Mein Frühstück erhält eine kostenlose Durchmischung. Aber ich komme weit, über den Fuß des Hügels hinaus und den kleinen zugeschneiten Pfad. Gerade wollte ich mich stolz umdrehen und den Jungs sagen So macht man das, da rauscht doch tatsächlich einer an mir vorbei bis in das wildwuchernde zugeschneite Gras.

Naja und so ganz ging es gar nicht im die Jungs. Ich wollte auch die anwesenden Mädchen mit meinen Rodelkünsten beeindrucken. Es half alles nichts. Also noch mal rauf und eine noch spekatkulärerer Abfahrt suchen. Sie gab es. Abseits des breiten Rodelhanges führte ganz links ein Pfad in einem Einschnitt steil den dortigen Hang hinunter. Da war auch noch eine Kurve drin. Also wenn ich hier runter fuhr, dann mussten mich ja alle Mädchen toll finden. Aber mir schlotterten schon ein wenig die Knie bei dem Anblick wie steil es hier runter ging. Immerhin waren das 3 m Höhenunterschied. Egal, es musste sein. Und so stieß ich mich ab. Der Schlitten kam gleich voll in Fahrt, bei der kleinen Kurve wurde ich mächtig durchgeschüttelt und schon war ich unten. Man was war ich doch für ein Held.

Und der Lohn? Hm, die Jungs hatten lieber weiter Spaß auf der großen, langen Piste mit dem Eis drauf und die Mädels waren schon auf dem Heimweg. Achselzuckend fuhr ich nun auch noch ein paar mal zum Spaß mit runter und ging dann auch nach haus. Was für ein Abenteuer!

10.02.2018 23:29 • #130


H
Mädchen mit Hunden und auf Pferden

Es war einer dieser Augusttage, wo ich schon beim Anblick des Sonnenlichts Schweißausbrüche bekam. Draußen regte sich nichts. Die tiefgrünen Blätter der Linden hingen starr hinab und meideten jede Bewegung. Irgendwo schlüpfte dann doch ein kleines Lüftchen im Schatten der Bäume hervor. Doch das zerfiel in sich, kaum hatte es sich in den einen oder anderen Sonnenstrahl hervorgewagt. Wirklich alles sagte bleib drin, im Schatten, in dem bisschen Kühle. Aber nein, solange hielt ich es nicht aus, drin rumzuhocken.

Wie mit blindem Verständnis kam kurz darauf ein Kumpel angeradelt, hielt an machte das Tor auf und klopfte an der Tür. Ich hatte schon meine Fussballklamotten angezogen, machte die Tür auf und grinste Bin schon fertig. Kurz darauf fuhren wir los, den Fussbal auf dem Gepäckträger. Über der ganze Straße lag eine fragende Stille Was machen die beiden da, sind die irre? Doch diese Gedankenspiele gingen sofort in der Hitze und den Schweißperlen unter. Die Aussicht auf den Wald und den Schatten schimmerte wie ein sehnsüchtiges Ziel. Doch die Hoffnung dort etwas mehr Kühle zu finden, vielleicht auch einen Wind, verkehrte sich ins Gegenteil: Oh Gott, hier stand die Hitze erst recht. Und doch fuhren wir immer weiter, bis wir zum Sportplatz kamen.

Auch hier lag Totenstille in der Luft. Nicht mal die Grillen im trockenende Gras zirpten; die Sportlerklause - verriegelt und verrammelt wie im Kriegsfall. Das Fussballfeld lag wie ein Opfer rum, von der Hitze weichgebraten. Und wir? Stellten kurz die Räder ab, quasselten kurz und tranken. Und dann klackte schon der Gepäckträger, der Ball fiel runter und wir rannten aufs Feld. Abwechselnd machten wir Schusstraining, während einer in den Kasten ging. Freistöße aus kurzer und großer Entfernung, angschnitten oder gerade - am liebsten oben ins Eck - oder halt Schüsse aus dem Lauf heraus. Naja, was oben bedeutete haben die armen Bäume erfahren - und die Sträucher im hinteren Waldstück.

Das machten wir nun ein, zwei Stunden so. Als ich gerade wieder zu einem meiner gefürchteten Kunstschüsse - mit Torvermeidungsgarantie - ansetzte, sah ich plötzlich auf dem Waldweg hinter dem Tor zwei Pferde herantraben. Sie kamen näher und dann erkannte ich auf ihnen zwei Reiterinnen mit jungen Gesichtern. Ihre aufrechte Sitzhaltung, die Schenkel an die Sattelseiten gepresst, die wunderbaren Wölbungen unter ihren Oberteilen und das süße Lächeln .... ich vergaß völlig, dass ich ja eigentlich auf Tor schießen wollte. Doch mein Kumpel hätte vermutlich selbst einen Kullerball reingelassen, denn auch er war schon längst mit den Gedanken bei den Mädels. Sie blickten ein paar Mal zu uns, tuschelten ein wenig und ihre Pferde trabten aber seelenruhig weiter.

na welche fandest du besser? ging es los, kaum waren die beiden Mädels außer hörweite. Die Linke mit dem schönen Zopf und den Sommerssprossen sagte ich. Prima, mir hat die Brünette mit den langen, glatten Haaren besser gefallen. Wie schnell doch der Fussball abgemeldet sein kann! Und das sollte nicht das letzte Intermezzo bleiben. Nach einer längeren Trinkpause, die Köpfe einfach nur unter einen Wasserhahn gehalten, spielten wir noch eine Runde.

Als sich die Sonne entschied, dass sie uns genug gebraten hatte und mit beginnender Dämmerung langsam zum Horizont ging, kam ein kühler Wind auf. Nun spielte es sich auch wieder etwas leichter und mit mehr Energie. Doch im Wald scheint so einiges los zu sein. Wieder erschienen auf dem Waldweg zwei Mädels, diesmal mit einem großen Schäferhund. Und wieder wurden meine Schritte merklich langsamer, als wenn ich urplötzlich doch eine Pause bräuchte. Hmmmm, die eine trug rotblondes, langes Haar, geflochten. Und auch sie unterhielt sich mit ihrer Freundin. Doch sie lächelte ein, zwei mal in die Richtung der beiden Fussballer (oder lachte sie uns aus? Nein, sie lächelte!). Wieder verfolgten die Blicke der beiden mutige Fussballer die beiden Mädels bis sie hinter dem Sportplatz einbiegen, uns nochmal kurz zulächeln und dann im Waldstück verschwinden.

Irgendwie sagte alles in mir los, hinterher. Doch ausgerechnet diese Meter, die es wert gewesen wären, wollten mich die Beine nicht mehr tragen. Wir machten Schluss, fuhren nach hause, wo jeder die Tonnen Dreck auf dem Körper wieder runterdruschte. Ich hab meinen Kumpel nie gefragt, warum wir bei den Reiterinnen und den Mädels mit Hund nix unternommen haben.

12.02.2018 22:08 • #131


H
Sonnenstrahlen auf dem Hallenparkett

Es ist ein schöner Samstagmorgen. Milde Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die Baumkronen auf den Waldboden. Die Vögel bleiben stumm, Züge fahren gerade auch keine vorbei und von der Autobahn röht das Brummen einzelner Autos und Brummis. In dieser fast stummen Geräuschkulisse radle ich den kleinen Sandweg einfach frei an den Schienen entlang. Die kleine Anhöhe hinauf und dann wieder runter, wo mich schon das erste Haus des Nachbarortes erwartet.

Hier schläft auch noch alles. Wie gewohnt bewegt sich auch auf der Straße nichts außer mir. Die stehenden Autos versichern glaubhaft, dass sie wirklich gefahren werden. Irgendwann. Heute oder morgen. Ein bisschen komisch komme ich mir vor und frage mich, ob ich nicht doch lieber auch schlafen sollte - wie halt alle anderen auch. Aber nein, dann könnte ich ja nich so unbeschwert hier lang fahren. Die nächste Anhöhe ist ein kleiner Berg, den ich sportlich hinausradle. Oben angekommen biege ich in die Seitenstraße, wo noch ein Anstieg wartet. Und hier schiebt sich langsam die alte, große Sporthalle in mein Blickfeld.

Viele Meisterschaften wurden hier schon ausgetragen. Kinder, Junioren, Erwachsene - sie alle waren hier und haben die Halle mit sportlichen Wettkämpfen gefüllt. Doch heute ist sie verschlossen. Bin ich auch ein Teil ihrer Geschichte gewesen? Ist sie ein Teil meiner Geschichte gewesen? Sie steht einfach nur schweigend da und zeigt das Gesicht der Gegenwart und versteckt das Gesicht der Vergangenheit.

Und nun sehe ich wieder alles vor mir. Wie wir als kleine Jungs mit Sporttaschen bepackt hier rauf gestiefelt sind. Allein der Anstieg hat den ein oder anderen ins Schwitzen gebracht. Vor dem Halleneingang warteten wir, dass sich die Türen öffneten. Als sie aufgingen flitzen wir rein auf der Suche nach unserer Kabine. Hinter der Holzwand verborgen bekamen wir oft die Kabine hinter Tür Nr. 3. Dort verteilte der Trainer die Jerseys, manchmal wurden auch Nummernwünsche geäußert. Dann schnappten wir uns die Bälle und rannten zur Halle. Doch vor den Türen zur Halle stieg auch noch die Aufregung. Hier wartete das große Parkett. Ein Tor stand immer in der Beleuchtung durch die Sonnenstrahlen, die schräg durch das Hallenglas einfielen. Am Rand, oh Gott, versammelten sich auch noch Zuschauer. Dass es Eltern mit Tröten und Geblöke waren, machte die Sache nicht besser. Hier machten wir uns auf der anderen Hallenseite warm, obwohl es mehr Bewegungsdrang war als organisierte Erwärmung. Große Aufregung als dann die Sirene zum ersten Spiel dröhnte. Große Aufregung als dann der Schiedsrichter den Anpfiff gab. Und irgendwie waren ja alle Mannschaften stark, außer die mit den ganz kleinen und schmächtigen Spielern. Fast jedes Spiel begann ich auf der Bank und wartete aufgeregt, wann ich reinkommen würde. Nein, die Tore haben andere gemacht. Ich hatte Mühe den Ball zu fangen und wollte bloß keinen Fehlpass machen. In den Pausen tranken wir aus unseren mitgebrachten Trinkflaschen kalten Tee oder Limonade. Viele Samstage, viele An- und Abpfiffe, Spiele und Tore, Mannschaften gingen vorüber. Meine Mannschaft von damals hat für immer die Halle verlassen. Mit dem letzten Blick auf die heute geschlossenen Tore denke ich, dass es doch schön war, an dieser ganzen Aufregung und Nervenkitzel, trotz oder gerade wegen meiner bemühten Sportlichkeit teilgenommen zu haben. Ich würde das gern nochmal alles erleben. Auch die Bockwurst mit Senf und Brötchen vor der Rückfahrt am Bahnhof. Auch die kleinen Buden gibt es nicht mehr.

Dennoch mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht drehe ich mein Rad und radele weiter, um noch ein paar Sonnenstrahlen einzufangen, die mir keiner nehmen kann - wie die Sonnenstrahlen auf dem Hallenparkett.

19.02.2018 01:18 • #132


H
Sommerhitze, kühle Brise und eine Angel

Kurz nach dem Mittag schläft das ganze Dorf. Ist ja sowieso Samstag. Und bei der Sommerhitze meidet jeder auch nur eine Bewegung zu viel. Selbst bei geöffneten Fenstern dringt aus den Wohnungen so gut wie kein Wort heraus, kein laufender Fernseher. Manchmal klirren Teller. Und wer sich doch einmal raus traut, dann doch nur unter den Schatten vom Blätterdach der Straßenbäume. Jeder Schritt aus dem Schatten hinein ins gleißende Sonnenlicht garantiert augenblickliche Röstung und Schweißausbrüche.

Und genau in diesem Sonnenlicht radeln zwei Jungs mit den Rädern auf einem feinsandigen, staubigen Feldweg entlang - ausgerechnet auf der Sonnenseite einer Baumwand mit vielen Sträuchern und vorbei an einem ausgedörrten, goldgelben Weizenfeld. Sie fahren auf eine einsame, breite Birke mit drei Stämmen zu. Auf ihrer Höhe schwenken sie nach rechts ein. Dort öffnet sich in der strauchigen Baumwand der Durchlass zu einem kleinen See. Bis auf ein paar kleine verlassene Badestellen ist er völlig umringt von Birken, Erlen, Eichen, Buchen, Haselsträucher, Schilf und trockenes Wildgras.

Im Schatten junger Birken, eine leichte Brise lässt die Äste schwanken und die Blätter zittern, packen die Jungs ihr Angelzeug aus. Zwei Angeln, ein Setzkescher, ne Dose Würmer und los gehts. Jeder wirft die Pose dahin, wo der vermeintlich große Fang wartet. Manchmal beginnen die Posen zu hüpfen, was bei ihnen für helle Aufregung sorgt. Und manchmal taucht die Pose wirkich ab. Anhauen, etwas gezappel, Aufregung - und am Ende hängt ein kleiner Barsch dran. Och nö, wieder zurück ins Wasser. Das Stehen halte ich nicht lange aus und setze mich ins Grad. Feuchter Boden - na und? Jedenfalls fange auch ich die kleinen Barsche. Doch etwas Freude, aber ich will auch mehr. Größere Fische als mein Kumpel.

So sitzen wir dort über mehrere Stunden still vor uns hin, halten natürlich immer vor Augen, wer mehr, größere und exklusivere Fische gefangen hat. Barsche haben den untersten Stellenwert, da sie sich zu leicht fangen lassen. Da seine Fänge auch nicht besonders viel und spektakulär sind, kann ich meine geringe Ausbeute gut verkraften. Bis dann plötzlich bei ihm, so ein großer, grüner Fisch am Haken hängt. Groß bedeutet für uns 25 cm. Großes Hurra, Staunen und Wundern.

In der ganzen Zeit kommt niemand vorbei. Wir angeln also völlig ungestört. Nur der See, kleine Wellen, Bäume, Sträucher und Gräser, Schatten, Wind und rauschende Blätter bilden unsere Gesellschaft.

Wenn ich gerade den Laptop vor mir sehe, das Internet, das Layout des Forums und die Zeilen, dann frage ich mich, was an diesem Bild verkehrt ist im Vergleich zu dem Bild am See. Naja, ich bin in der Bude und nicht draußen wie früher.

03.03.2018 17:50 • x 1 #133


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