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Alles nur ein Traum

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Endlich wieder 18!

Ist das nicht verrückt? Als Jugendlicher schaue ich manchmal in dem Bewusstsein auf meine Zeit, dass sie nie wieder kommt. Innerlich klammere ich mich an diese Tage - ganz egal, ob sie glücklich oder meistens bedrückend verlaufen. In dieser Zeit läuft der Film Endlich wieder 18! im Fernsehen. Ein Student aus einer Industriefamilie und der erfolgreiche Opa tauschen die Körper. Und damit darf der Großvater für eine Weile wieder das Leben eines 18-jährigen leben und sich so fühlen.

Das Leben des Enkels ist jedoch mit einigen Schwierigkeiten behaftet. Er studiert Wirtschaft, findet jedoch Erfüllung in der Malerei - macht sogar eine eigene große Wandmalerei. In seiner Studentenverbindung nutzen ihn ältere Studenten gnadenlos aus. An seine Traumfrau traut er sich nicht ran und sportlich bleibt er auch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Der Großvater ändert die Situation. Zunächst tritt er mal selbstbewusst gegenüber seinem schmierigen Professor auf. Dann schüttelt er so langsam das Joch der älteren Studenten ab: Er gewinnt die Kommilitionen für das Thema einer großen Party und sticht den Boss mit seinem einfältigen Vorschlag aus. Denselben zieht er auch noch beim Pkr ab. Und dann gewinnt er auch noch dessen Freundin, seine Traumfrau. Und schließlich besiegt er den Boss beim Sportturnier.

Und während ich den Film so sehe, verfestigt sich dieser Glauben auch in meinem Hirn. Auch ich würde mit Spitzenleistungen meine Traumfrau gewinnen. ... ... ... (und was ist, wenn ich gar nicht zu Spitzenleistungen fähig bin - muss ich dann SIngle bleiben?)

Ab hier beginnt mein anderes Ich. Dieses Ich hat keine Ahnung - von mir, von meinen Leistungen. Ich habe sogar Angst davor ... Angst, wozu ich in der Lage bin. Und letztlich habe ich mein Talent ungenutzt gelassen, verschwendet. Oh doch, ich habe eine Menge Talent. Der Haken? Nur andere Menschen sehen das. Da gibts den Schulkumpel, der meinen Einfallsreichtum bemerkte und er mich wohl nie ganz kennen würde. Auch die Eltern erkennen früh meine tiefen Gedankengänge - wovon ich schon damals nix wissen wollte. Spöttisch habe ich das abgetan, dass Eltern so einen Quatsch sagen müssen, um das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und sich selbst nebenbei auf die Schulter zu klopfen. Meine Traumfrau meinte über mich, dass ich ein Traum sei. Sie könne mit ernst und lustig zugleich unterhalten, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren. Und ich gehörte wohl optisch zu ihren Favoriten. Dabei empfand ich mich immer unattraktiv. Meine Lehrer meinte, dass ich ein kleiner Philosoph sei und wohl ein Spätentwickler sei. Tja, nur ich konnte es nie erkennen, was an mir so besonders sei. Warum fürchte ich mich so davor, dass ich mir eingestehe, wer ich bin? Weil ich da die Angst habe, dass ich mir alle möglichen Antworten zurecht lege und dann nur die falschen wähle. Dann würde ich mit einem falschen Selbstbewusstsein umherrennen. Und das ist wohl noch schlimmer als Ahnungslosigkeit.

Ich weiß also nicht, wozu ich fähig bin und lasse noch viel mehr über mich im Unklaren - vor mir selbst. Und ich glaube, dass ist der strittigste Punkt mit mir. Deswegen kommt keine an mich ran. Ja, die meisten haben mich erkannt, sehen wozu ich in der Lage bin. Doch solang ich das nicht sehe, ist alle liebesmüh vergebens. Warum verwische ich meine Spur - vor mir selbst? Warum tue ich so als könnte mich niemand erkennen? Warum tue ich so, als wären alle anderen blöd? Dann fühlt sich meine eigene Ahnungslosigkeit nicht so schlimm an.

So gesehen macht es keinen Sinn, wieder 18 sein zu wollen. Ich würde die Ahnungslosigkeit heute mit der Ahnungslosigkeit, Trostlosigkeit und Träumereien eines 18-jährigen tauschen. Ich würde wieder Lebenszeit verschwenden. Der härteste Weg ist der Weg zu sich selbst.

07.06.2017 00:03 • x 1 #106


H
Getrennte Schönheit

Warum habe ich sie eigentlich gehen lassen? Warum habe ich sie nicht nach der Telefonnummer gefragt? Warum habe ich sie nicht nach einem Date gefragt? Warum habe ich nur gestammelt? Warum habe ich meine durchdrehenden Gefühle und Gedanken nicht wenigstens in ein paar doofe Worte fassen können, so dass wenigstens der Kontakt erhalten bleibt? Warum habe ich soviel Angst vor Liebe vor allem körperlicher Natur? Es war einer dieser verschenkten Momente. Noch heute erinnere ich mich an sie und frage mich was wäre wenn...? Natürlich bin ich mir schon auf die Spur gekommen, es ist ein schweres Erbe, das ich zu tragen habe. Doch das wußte ich damals nicht. Damals dachte ich, ich wäre wie alle anderen, vielleicht nicht ganz so attraktiv. Aber ich machte mir natürlich auch Hoffnungen, dass ich einer gefallen würde.

Und so holten mich meine Kumpels an einem Samstag abend ab. Die Dunkelheit bedeckte die ganze Welt draußen. Nur die Straßenlaternen zeigte kurze Ausschnitte der Straße und vom Bürgersteig. In dem kleinen Auto hangelten wir uns von Lichtkegel zu Lichtkegel innerhalb der Orte vorwärts. Außerhalb der Ortschaften plärrte das Radio und das erleuchtete Armaturenbrett spendete etwas Licht. Auch mit kleinen Witzen durchbrachen wir die Dunkelheit. Natürlich rechneten wir uns vor, wer wohl die erste abschleppen würde. Innerlich dachte ich aber schon, dass dafür eigentlich keiner von uns in Frage kam. Naja, wenigstens nicht allein.

Als wir uns der Disco näherten, stieg dann aber doch die Aufregung - zumindest bei mir. Warum, weiß ich nicht, wenn doch alles sowieso von vornherein ausschichtslos war. Und dann sah ich den großen Parkplatz. Zahlreich Laternen warfen Licht über den gesamten Bereich. Dabei kamen dann schon die ersten gut Mädels ins Blickfeld: knappe, enge Minis, ebenso enganliegende Oberteile, die die Brustkonturen betonten und dann noch diese wunderbaren, langen, geschmeidigen Haare. Meine Errgung klingelte jetzt schon Alarm. Dabei war noch kein Wort gewechselt. Und die Mädels wußten nicht einmal, dass es mich gab. Auch meine Kumpels registierten das leckere Angebot und freuten sich plötzlich. Die Kommentare wurden etwas frecher - aber auch nur hier im Auto solang wir außer Hörweite der Mädels waren. Schon beim Schreiben muss ich gerade denken Freak. Warum habe ich diese Sprüche denn nie vor den Mädels gebracht?

Statt dessen strömen wir allen anderen hinterher zum Eingang. Natürlich schaue ich mir dort bei den Wartenden die Mädels mal etwas genauer an. Ja, ein paar sind wirklich hübsch, gut - hm, ja, vielleicht auch schön. So verbringe ich die Zeit mit heimlichem Gaffen, während sich meine Kumpels unterhalten. Eine Treppe höher sehen sogar der Mädels in der Garderobe gut aus und ich frage mich, warum ich denn noch in die Disco gehen will. Ich könnte doch hierbleiben und alles gleich klarmachen Hallo, ich bin... ein netter Witz ... deine Telefonnummer. Ein Witz ... nur was für einer? Und schon rotieren meine grauen Zellen, was am besten passen würde. Natürlich sind meine Gedanken so durch den Wind, dass da nix bei rauskommt. Und genau damit wäre dann meine Verfassung für den Discobesuch erreicht. Schauen, überlegen und letztlich nix sagen können.

Wir gehen rein und freuen uns, dass viele Leute da sind. Die Barraum in der Mitte ist schon voll belegt, auch mit einigen süßen Käfern. Aber die Jungs wollen gleich in den Partyraum rechts. Da drängt sich schon alles rund um den Tresen, die kleinen Tische am Gang und natürlich um die Tanzfläche. Spöttisch denke ich, wieso die Kerle da nur rumstehen und B. saufen. Die müssen doch tanzen das macht man so! Die wollen ja nur gaffen. Dass ich letztlich nichts anderes machen würde als die, ist mir nicht klar. Naja, wenigstens tue ich ab und zu so als wollte ich tanzen und mache mit. Aber ehrlich gesagt, komme ich mir doch doof vor, bei dem, was ich da auf der Tanzfläche mache. Naja vielleicht mal eine Antanzen? Aber die meisten konzentrieren ihre Blicke nur auf ihre Tanzpartner oder ihre Grüppchen. Also bin ich uninteressant. Und je mehr ich das so beobachte, desto verhaltener werde ich, desto weniger gehe ich auf die Tanzfläche. Meine Kumpels sind klüger und bleiben gleich am Tisch beim B..

Bevor ich aufgebe, deuten meine Freunde auf den anderen Partyraum. Sie wollen rübergehen mal schauen, was da so läuft. Ich folge ihnen, immer mit dem Blick nach den heißen Mädels - und den neidischen, traurigen Blick auf die jungen Männer daneben na die Mädels haben ihr Date für die Nacht gefunden.

Zum zweiten Partyraum hin verringern sich die Lichter. Die Tische um die Tanzfläche stehen nahezu in Dunkelheit und zehren von der Helligkeit auf den Tanzparkett und den Tresen mit etwas mehr Abstand. Auch hier verfolge ich verhalten das Treiben. Da tuscheln zwei Mädels, dort hört ein anderes mit aufmerksamen Lächeln dem Flüstern eines Mannes zu. Was er ihr wohl sagt? Wie kann man eigentlich in der Disco sowas versuchen? Macht man da nicht seine Stimmbänder kaputt? Was versteht sie wohl überhaupt? Warum gehen die nicht gleich in einen Nebenraum? In meinem Kopf spielen die Fragen mal wieder Flipper. Und doch stehe ich einfach nur so da, am Tisch und halte mich an meinem Glas Ginger Ale fest.

Plötzlich fällt mir unten an der Tanzfläche eine großgewachsene Blondine auf. Sie steht auch ruhig da, redet ab und zu mit ihrer ?Freundin? und mit ihrem Freund, Typen oder was weiß ich. Sie trägt ein weites Jeans-Hemd, eigentlich ungewöhnlich für eine Frau. Und ab diesem Moment bleiben meine Augen und Gedanken bei ihr. Ich hätte gern so eine Freundin wage ich nicht mal wirklich zu denken.

Einige Zeit später stehen die beiden am Tisch nebenan. Der Typ ist weg. Doch ne Chance für mich? Jetzt kreisen bei mir schon soviele Gedanken und schließlich wird der Druck zu groß: Ich spreche sie an Hallo! Sie grüßt mich auch. Daraus entwickelt sich eine relativ gestammelte Konversation, auch von ihrer Seite. Doch sie spricht wenigstens mit mir und dreht sich nicht ab - was ich eigentlich erwartet hatte. Für einen kurzen Moment merke ich, dass bei ihr ein sehr eigenartiger Augenausdruck aufgetaucht ist. Sie blickt mich mit großen Augen, leicht von unten nach oben an. Als wenn sie mir etwas sagen wollte, was sie nicht ausspricht. Mir stockt der Atem, ich werde nervös, fast panisch - was jetzt? Die will doch nicht etwa mit mir schlafen? Nein, die doch nicht. Dafür ist sie viel zu schön. ....................................
Und hier kommt der Bruch, wo ich nicht weitermache - weil ich nicht weiß, wie es ab hier weitergeht. Gefühle und Denken sind völlig durcheinander,

Ein paar Momente später ist sie weg, bin ich woanders. Noch immer überlege ich, was ich tun soll. Ich will sie ja, aber kann sie wirklich mich wollen? Mich, der so unauffällig ist. Es scheint mir so undenkbar.

Wieder etwas später sehen wir uns am Ausgang. Sie geht mit ihrer Freundin, ich gehe mit meinen Kumpels. Innerlich bin ich fix und fertig und fast froh als wir auf dem Heimweg sind. Doch mit jedem Meter, das sich das Auto auf der Straße voranschiebt - das Gebäude fällt aus dem Blickfeld, der Parkplatz verschwindet, die Dunkelheit hüllt uns ein, die fast leere Hauptstraße - wächst in mir die Verzweiflung, dass ich da gerade eine wunderschöne Frau habe gehen lassen. Einfach so.

Die Gedanken verfolgen mich durch den Schlaf und den nächsten Tag - tage-, wochen-, monate-, jahrelang. Zwar habe ich sie noch einmal in einer anderen Disco gesehen und kurz gesprochen. Doch auch dort habe ich meine Lippen nicht auseinanderbekommen, ihr nie gesagt, was ich gefühlt und gedacht habe. Ich wollte halt von ihr nicht zurückgewiesen werden. Das habe ich gefürchtet. Doch die Wahrheit ist auch: Ich habe eine Vorstellung von der Zurückweisung gehabt, aber ich habe keine Vorstellung von der Welt gehabt, in der mein heimlichster Wunsch in Erfüllung geht und sie sich in mich verliebt hat und mit mir zusammensein will. Von einer köperlichen, intimen Liebe ist da noch weniger eine Vorstellung da gewesen.

Doch was soll das ganze Gejammere jetzt? Naja, heute kenne ich die Antworten, warum ich blockiert habe, warum ich bei jeder schönen Frau blockiert habe. Die Antworten sind bitter und vielschichtig. Ein Teil davon ist, dass ich in den 20er Jahren, der Blüte des Lebens und jugendlicher Schönheit nie die Liebe erlebt haben werde. Statt dessen muss ich mich mit Durchhängeparolen durchs Leben schlängeln im Alter wird alles besser, man wird gelassener, des Bettgehüpfe besser usw. Ich weiß genau, von welcher Stellschraube ich mich in meinem Leben trennen muss, damit ich lieben kann. Aber ich weiß auch genau, wie weit verzweigt diese Schraube angelegt ist. Und so ist das sich Klarmachen, einer der kleinen Schritte in die richtige Richtung. Mal sehen, wann sich das in eine Initiative umschlägt.

27.06.2017 00:11 • x 1 #107


A


Alles nur ein Traum

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H
Sehnsucht

Erinnerungen, die in der Vergessenheit liegen, tun nicht weh. Einfach unfassbar, dass ausgerechnet eine Comicserie das Vergessen aufbricht. Alles, was da so schön im Dunkel der Vergangenheit tief im Magen herumschwimmt, meldet sich mit einem Grummeln und leichten Schmerzen zurück. Dazu brauchts nur eine Melodie - und natürlich die Thematik, die den Gesprächen in der Serie zugrunde liegt: Verlieben.

Ja, wie oft habe ich mich damals heimlich mit der Frage beschäftigt, wer sich wohl in mich verlieben könnte. Scheinbar mit jedem Tag in der Pubertät wurde die Frage drängender. Es verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Hier bildete sich ein Pärchen, dort knutschten sich zwei, die nächsten witzelten bereits über Bettgeflüster. Schließlich verbrachten einige ihre ersten gemeinsamen Nächte. Nur ich blieb irgendwie übrig, keine interessierte sich für mich. Aus lauter Verzweiflung konzentrierte ich mich sogar auf jene, die ich eigentlich doof fand. Und noch schlimmer. Auch die interessierten sich nicht für mich. Ich war also ein Ausgestoßener, der Buhmann.

Mit dieser quälenden Erkenntnis schleppte ich mich Tag für Tag zur Schule hin und wieder zurück. Dort wartete wenigstens die Comicserie. Sie empfing mich mit einer wunderbaren, melodischen Titelmusik. Mit den jungen Hauptfiguren darin konnte ich mich identifizieren. Die hatten auch alle Probleme sich einander zu nähern. Mir war da natürlich sofort klar, wer zu wem gehört - und wieso das nicht alles schneller geht. Und so kam meine Fantasie auf Hochtouren ... wie die Comicfiguren zueinander finden und in der Folge wie ich zu einem Mädchen meiner Träume finden würde und sie zu mir. Es gab unglaublich viele Varianten - nie würde ich darüber reden. Es käme ja einem Eingeständnis gleich. Und so fügte ich mich in die Rolle des Ausgestoßenen.

Doch die Fantasien und Träumereien von Verliebtheit, von erfüllter Verliebtheit begleiteten mich nun. Naja die Mädels in diesen Träumen wechselten von Zeit zu Zeit. Wenn eine in der Realität doof zu mir war, setzte ich einfach die nächste in meine Fantasien ein. So blieben unsere Wortwechsel in der Realität sehr knapp. Meistens kamen von ihnen nur MIssachtung oder ein paar fiese Worte. Ich freute mich schon über ein kleines hallo. Die Fiesheiten der Jungs mir gegenüber nahmen derweil überproportional zu. So war ich froh als die 10. endlich vorbei war. Doch die Erlebnisse in den beiden Schuljahren sollten mein Selbstbild nachhaltig nach unten korrigieren.

Natürlich ging das Leben weiter. Wenn ich schöne Mädchen in Discos sah, liefen die Fantasien an. Darin hatte ich ja nun Erfahrung. Trotzdem schaute ich immer vorsichtig, ob mich ihre Blicke in der Realität suchen würden. Ne, nichts. Also lieber weiter mit den Fantasien - in der Disco, auf dem Heimweg und natürlich zu hause, die ganzen Tage über bis zum nächsten Discobesuch. Ich hatte Sehnsucht nach ein wenig Zuwendung von der einen oder anderen Discomädel. Obwohl ich nix über sie wusste? Ja, genau. Das war der Trick - mit der bekannten Selbstüberlistung. Solang ich nix weiter über die Mädels wußte, blieben sie in meinen Fantasien schön.

Die Probleme der Fanatsiewelten zeigten sich spätestens dann, wenn es tatsächlich zu Wortwechseln kam, zu einem groben Kennenlernen. Mit den erwachenden Gefühlen, der Sehnsucht nach dem Wiedersehen kam auch die Angst vor der Zurückweisung. Ich wollte einfach keine weitere Zurückweisung, keine weiteren Gemeinheiten an meine Adresse.
Aber da gabs auch noch eine dunkle Furcht vor der Liebe - ich wußte überhaupt nicht wie das alles geht. In den anderen Dingen hatte ich ja Erfahrung. Dann doch lieber wieder die Träumereien und Fantasien, wieder mit den Figuren der Comicserie.

Doch eins ist auffällig. In dieser Zeit habe ich neben den Träumen und Fantasien viele Schmerzen gehabt und traurige Stunden durchlebt. Und ich habe die Sehnsucht gespürt. Doch irgendwann war alles weg. Zuviel Schmerzen. Ich glaube, jeder Menschen hat nur eine begrenzte Leidensfähigkeit. Danach stumpft man ab und kann vielleicht an einigen Ecken was reparieren. Doch schon eigenartig, dass mich ausgerechnet eine Comicserie, eine Melodie an Schmerzen und Sehnsüchte erinnert. Ich frag mich, was da bei mir unter der Oberfläche grummelt, dass ich noch nicht kapiere.

12.07.2017 23:10 • #108


V
danke und bitte schreib weiter und wenn das zum größten teil du bist.. ich meine wirklich du der sich hier offenbart, dann ,müssten die frauen bei dir schlange stehen... wenn du es zulässt, dass sie dich so erleben..

großen glückwunsch für so eine gabe @Hologramm77

13.07.2017 14:45 • #109


H
Zitat von vorbei:
dann ,müssten die frauen bei dir schlange stehen... wenn du es zulässt, dass sie dich so erleben..

großen glückwunsch für so eine gabe @Hologramm77


Danke für das Kompliment. Auch wenn ich weiß wie es gemeint ist, ist es mir lieber, dass die Frauen Schlange stehen, falls ich mal ein Buch veröffentliche.

PS: Insgeheim kritisiere ich mich schon wieder, dass sich mein Stil dauernd ändert; dass ich manchmal konkrete Situationen beschreibe, dann wieder längere Phasen und schließlich völlig abstrakt.

13.07.2017 14:57 • x 1 #110


V
kann ich schon vorher ein autogramm haben? ich mag nicht gerne schlangestehen )

13.07.2017 15:16 • #111


V
es hängt sicher auch von deiner stimmung ab, wie sich der stil ändert.. macht nichts.. es ist eine entwicklung.. ich finde es gut @Hologramm77

13.07.2017 15:45 • #112


H
Nur nicht allein: Keine Liebe oder Freundschaft?

Da waren wir nun, auf deinem Bett. Das erloschene Licht schluckte alle deine Möbel. Die Duftkerzen ließen wenig mehr erkennen als unsere Körper, den Bettbezug und das Fläschen mit dem Massa.öl. Nichts besonderes. Wir haben uns halt gern und haben uns schon vor längerer Zeit auf eine Freundschaft geeingt. Und heute ist eben mal ne gegenseitige Massa. dran. Gerade hast du meinen Rücken durchgeknetet. Nun hast du dich bäuchlings hingelegt und wartest mit deinem blanken Rücken auf deine Massa.. Ist das nicht so eine Situation, wo man . wo die Massa. nur so ein Vorspiel ist?

Erschrocken beginne ich dich zu massieren, lange und ausdauernd. Vielleicht bist du so entspannt, dass du gleich einschläfst. Und siehe da, das Kätzchen schnurrt, oft und wohlig. Hoffentlich kommt sie jetzt nicht auf eine dumme Idee denke ich bei mir. Und da drehst du dich um und siehst mich mit diesem Blick an, den ich gefürchtet habe, den ich vermeiden wollte: Entspannt, mit erfreuten Augen ich bin bereit. Als wenn ich nicht kapieren würde, was gerade abläuft schlage ich hastig das andere Massa.öl vor. Du willigst ein und ich mache mit dem anderen Öl weiter. Ob du es gemerkt hast, was ich wirklich dachte?

Was dachte ich denn? Dass ich verzweifelt an der Freundschaft festhalten wollte; dass ich noch immer verletzt war von deiner anfangs doch eindeutigen Zurückweisung von mir aus uns wird nix; dass sowas bei mir nach vielen Zurückweisungen, Ignorieren doppelt wirkt; dass das von dir noch mal stärker wirkt, da du optisch nie zu meinen Favoriten gehört hast; dass ich erst betteln von dir sehen wollte und das Eingeständnis, dass du dich in mir fundamental geirrt hast. Vielleicht bin ich eitel oder mein Selbstbewusstsein war so weit unten, dass erst bestimmte Äußerungen von dir mich zu einer anderen Gangart bewegt hätten. Hätte, hätte, Fahrradkette - ja ja, ich weiß.

So habe ich mich am Ende der Massa. und etwas Smalltalk wie ein guter Freund von der Matraze erhoben und mich von dir mit einem Wangenküsschen verabschiedet. Im Fahrstuhl kam dann das große Durchschnaufen Puh, das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Und so wurde, blieb ich ein guter Freund. Wir trafen uns wieder, gingen zum Frühstücken ins Möbelhaus oder zu WG-Parties mit deinen Freunden.

Zur WG-Party fuhren wir mit der U-Bahn in einen abgelegen Stadteil, den ich bis dahin nicht kannte. Eine Gegen mit zweistöckigen Mietshäusern. Wie die Leute hier wohl leben? Abendliche Kriminalität? gut Jugendliche, wo das schönste Mädel die Jungs in und durch die elterliche Wohnung lockt? Als deine Freundin öffnet, staune ich nicht schlecht: Schlank, lange blonde Haare, freundliches Lächeln - sowas hast du im Freundeskreis? Ah, sie ist ne Schulfreundin, die in Wirtschaft macht. Naja mal sehen wie so eine Frau lebt.

Auf jedenfall mit sehr vielen Frauen im Schlepptau. Im Wohnzimmer sitzen nur Mädels - quasseln fröhlich vor sich hin und trnken Wein. Sie begrüßen uns mit kurzen Blicken, einem Lächeln und hallo. Verdutzt reiche ich jeder die Hand und stelle mich vor. Ich habe noch nie so ne Frauenrunde gesehen. Es wirkt schon einschüchternd. Soll ich mich jetzt in die Gespräche reinhängen? Ich entscheide mich erstmal fürs Schweigen und Zuhören. Mal sehen, was die Themen sind. Aber ich verstehe irgendwie nur Bahnhof. So kommt von mir nur ein hm, ja ja, genau, richtig. Oder anders: Mir ist nicht das geringste eingefallen, dass ich zur Unterhaltung beisteuern könnte. Zudem bin ich ja neu dabei und darf mich nicht so einfach in Gespräche der Freundinnen einmischen und warte halt auf meine Chance mal den ein oder anderen Kommentar einzustreuen.

Du hast dich derweil mit deiner Freundin in die Küche zurückgezogen. Worums da wohl geht? Na wahrscheinlich olle Kamellen aus der Schulzeit oder sowas. Nach einer Weile wird mit meine Anwesenheit bei den Mädels unangenehm, da ich nur zuhöre und wenig sage. So suche ich wieder deine Nähe und gehe in die Küche. Dort bruzzelt die Pizza und du sprichst mit deiner Freundin über . Beziehungsgeschichten. Nix Schulzeit. Hm, vielleicht fällt deiner Freundin auf, dass ich gar nicht so schlecht aussehe. Aber so schön, wie sie aussieht, was will die eigentlich von mir? Und schon schiebe ich den Gedanken beiseite - vorerst. Im Nachhinein stellt sich mir schon die Frage, ob ich deiner Freundin gefallen habe; ob sie nach mir fragen würde. Doch so stehe ich nur still neben euch. Dankenswerterweise schließt du mich in euer Gespräch ab und zu mit ein: Wie wir uns kennenlernten, in einem Bus - ich mit einem Hut, du mit einem Lächeln und der Rest ist Geschichte. Und genau so ist dieser Abend auch bald vorbei, ohne dass irgendwas passiert wäre.

Bei der nächsten WG-Party, auf die du mich geschleppt hast oder auf die ich dich begleitet habe - wieso musste ich da noch mal mit? - kam mir alles noch ein bisschen mehr fremd vor. In einem fünfstöckigen Miethaus wohnte ein befreundetes Pärchen. Der Typ wirkte mit seinem schlapprigen Haar wie ein Dalmatiner. Aber die Freundin sah aus wie eine S.. Dass sie dann auch wirklich in dieser Branche aktiv gewesen ist . hat mich sprachlos und ratlos gemacht. Bloß nix anmerken lassen, dass ich sie heiß finde. Das war auch nicht so schwer, da sie sich nie mit mir unterhalten hat, nur ein paar Worte gewechselt. Ich meine, was gab es auch schon groß zu besprechen. Ich wußte nix von ihr, sie nix von mir. Im Prinzip konnte ich nur doof rumsitzen. Irgendwie war ich dann froh, als wir aus dieser komischen Stimmung raus sind, in der ich wirklich nur ein Beiwerk war.

Ich werde es wohl nie verstehen, warum ausgerechnet an diesem Abend deine Lippen meine suchten, an einer lichlosen Bushaltestelle. Das ist doch keine Freundschaft mehr? ich ziehe meine Lippen zurück und blicke dich fragend an Was passiert hier? Du hast doch gesagt, dass aus uns nichts wird! Darauf kam eine Antwort, die noch schmerzhafter war, als eine normale Zurückweisung Ich wollte dich zurückweisen, bevor du mich zurückweisen konntest. Das hatte ich noch nie gehört, ich, der normalerweise nicht auf dem Wunschzettel einer Frau erscheint, soll jemanden zurückweisen; der normalerweise ignoriert wird, Luft für das andere Geschlecht ist; der froh gewesen ist, wenn ich etwas mehr Zeit mit einer verbringen durfte, Worte wechseln konnte.

Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass das komplette Gegenteil der Fall war. Über Schönheit habe ich nur bei Frauen nachgedacht, über die verschiedenen Arten der Schönheit. Dass ich was damit (Schönheit) zu tun habe, auf diese Idee bin ich nicnt gekommen; dass meine Ausstrahlung auf Frauen einschüchternd wirken könnte - wie sollte ich denn bei meinem kaputten Selbstbild auf so ein Idee kommen?

Naja und so trennten sich eben unsere Wege irgendwie. Vielleicht ist es auch ganz gut so, bevor noch mehr kaputt gegangen wäre. Das geht? Nehmen wir mal an ich hätte mich auf ne Beziehung mit dir eingelassen nach dem Prinzip Naja sie mag mich, das reicht doch. Mehr kann ich nicht erwarten? obwohl sich in mir alles dagegen gesträubt hat? Ich bin doch ein großer Spezialist meine Gefühlswelt zu überhören und an die Seite zu drängen, als wenn sie nicht da wären. Vielleicht werde ich dir das alles eines Tages nochmal beichten. Ich hoffe, du bist an diesem Tag glücklich verheiratet und dich stört diese Geschichte dann nicht weiter.

25.07.2017 00:05 • #113


H
Friedliches Nachtleben und ein Mann im Schatten

Ein bisschen in den online-Magazinen lesen, den üblichen Spam in den Papierkorb befördern und im Fernsehen läuft auch nix gescheites oder kurz: Der Samstagabend plätscherte so vor sich hin. Von der ganzen Fussballhysterie lasse ich mich auch nicht mehr anstecken und schalte vorsätzlich ab, vorbei oder gar nicht erst an. Da bimmelte das Telefon. Was machst du heute fragte ne Freundin. ? Wenn du mir einen Grund gibst, mache ich mich auf den Weg sagte ich. Und etwas später sitze ich tatsächlich in der Bahn auf dem Weg zu ihr.
Der Zug ist halbleer und ruhig. Keine besoffenen Jugendlichen, keine Jungesellinnen-Grüppchen in kitschigen rosa Verkleidungen - als wenn es gerade niemanden sonst gibt, der sich ins Nachtleben stürzen will. Und so rauschen in aller Still am Fenster Wiesen, Felder, kleine Flüsse, dunkle und helle Wolken sowie auch kleine Bahnhöfe vorbei. Aber ich genieße das, denn bald ist es damit vorbei. Insgeheim grauts mir vor dem Gewusel, den Gestalten der Nacht in der Stadt. Egal, wichtiger ist mir meine alte Freundin wieder zu treffen. Mehr will ich nicht oder habe ich zumindest im Moment nicht vor Augen.

Als der Zug die Stadt erreicht nimmt mit jedem Meter das Treiben zu. Häuser werden mehr, dichter und höher. Und natürlich tauchen sie jetzt wieder auf, die kleinen Grüppchen, Jugendliche, Mitvierziger und ältere Paare. Am besten gar nicht hinschauen. Sie läuten das Nachtleben allein durch ihre Vielzahl, das Geschnatter und eiliges durch den Zug trampeln ein. Bei manchen Frauen scheinen Oberteil und Mini nur aus Verlegenheit angezogen zu sein. Die Brüste wollen jeden Moment das dünne, tief ausgeschnittene Oberteil sprengen oder heraushüpfen. Die Minis fragen nur nach einem heißen Mann und das nächste Bett. Ob die Frauen das wirklich durchziehen? Was ist nun aus diesem ganzen Quatsch mit Liebe, tiefsinnige Gespräche und ich bin doch nicht oberflächlich bei diesen Mädels geworden?

Und da ist es wieder, das Thema, das ich so gern verdränge oder in die Vergessenheit abgeschoben habe. Das Thema Frau und die Frage, was ich von ihnen will ... wollen sollte. Aber, Experte, der ich ja nun mal bin, sind diese Gedanken gleich wieder vom Bildschirm verschwunden. Zudem drängt sich dann das Alleinsein nicht störend in mein Bewusstsein. Damit umherzulaufen, macht jeden schönen Abend kaputt.

Und so freue ich mich noch einmal mehr, als ich dann endlich meine Freundin treffe. Mehrere Monate haben wir uns nicht gesehen. Viel Arbeit, privater Stress oder Pläne machen sich halt deutlich bemerkbar. So ist sie nun halb-halb Single. Die eine Beziehung hat sie hinter sich gebracht und die neue mit fliegenden Fahnen bereits eingeleitet. Damit sie gar nicht auf die Idee kommt, mich wieder verkuppeln zu wollen und auf eine blöde Singleparty zu schleppen oder in ne Bar schlage ich ihr einen ausgedehnten Spaziergang vor. Die Luft ist warm, ein leichter Wind weht. Und so machen wir uns auf den Weg.

Am Flussufer entlang erleben wir eine wunderschöne Nachtwelt. Der Fluss schläft beinah und gibt mit kleinen Wellenbuckeln ein paar Zeichen von sich. In seiner dunklen Oberfläche spiegelt sich das Mondlicht und die Lichter von Clubs, Restaurants und stupiden Laternen. Am Hang sitzen viele Grüppchen und Pärchen. Ein paar Mädels lümmeln sich auf dem Gras und schnattern mit Bierpullen in der Hand. Scheckiges Gelächter folgt. Sehen doch eigentlich ganz gut aus. Warum sind da keine jungen Männer dabei? Im Schatten eines Baum rollt ein Pärchen hin und her. Wir schmunzeln und gehen entspannt weiter. Zwischendurch macht meine Freundin noch ein paar Fotos von der schönen Flusswelt mit dem Mond über eine Brücke.

In zwei großen, mondänen Clubs logieren Hochzeitsgesellschaften. Spöttisch bemerke ich zu meiner Freundin, die miese Musik, die schon zu meiner Jugendzeit doof war. Aber es gab nun mal auch die Seite der Jugend, die diese Musik gut fand. Und die heiratet und feiert dort gerade. Doch ich will nur hier weg. Vielleicht auch, um - mal wieder - nicht die schlimmen Gedanken aufkommen zu lassen. Eigentlich sollte ich auch schon längst verheiratet sein, Familie haben. Statt dessen wandle ich hier als ewiger Single friedlich mit ner guten Freundin herum - vielleicht auch eine Variante, um allen möglichen Interessentinnen auszuweichen?

Aber auch diesen Gedanken schiebe ich schleunigst an die Seite und freue mich wieder über die schöne Nacht. Spontan beschließen wir noch eine große Flaniermeile in die Innenstadt entlang zu laufen. Insgeheim schaue ich verblüfft, welche Massen sich da hin und herbewegen. Und das jedes Wochenende? Muss ja ein unheimliches Gewusel sein. Da lächelt uns gerade ein Pärchen an und fragt nach dem Weg zum nächstbesten Club. Mit ein paar Brocken englisch und verlegendem Lächeln können wir ihnen irgendwie den Weg klar machen.

Was mir zwischendurch auffällt: Eigentlich gibt es keine schönen Frauen in dem Strom der Massen. Die eine ist heiß, die andere schaut bedient auf den Boden, die nächste überlickt mit wachen Augen das Geschehen um sie herum - und erspäht auch mich (bloß weg hier, bevor sie auf dumme Ideen kommt - sowas wie mich anquatschen). Doch nicht nur sie, sondern auch ein paar andere haben mich mehr oder weniger gemustert, dass es mir schon fast peinlich wurde. Die meinen doch nicht mich? Auf der anderen Seite lag in ihren Blicken etwas, das meiner Eitelkeit auch wieder schmeichelte. Ha, ich sehe also doch noch nicht so oll aus wie ich das immer von mir selbst glaube. Und dennoch steht am Ende weiter fest, was am Anfang schon klar war: Ich möchte nicht wieder Teil dieser Masse werden. Vermutlich gibt es da noch ähnlich traurige Geschichten wie meine, die sich nur in diese Masse begeben, um für ein paar Stunden Spaß zu haben, weil das Glück der Liebe fehlt. Außerdem habe ich nach wie vor Angst vor meiner eigenen Schwäche, dass ich mich im Nachtleben zu etwas hinreißen lasse, das ich am nächsten Morgen und die nächsten Tage bedauere.

Im Endeffekt bin ich also zufrieden, dass ich einfach nur einen schönen Spaziergang mit einer guten Freundin und verschiedenen Eindrücken gemacht habe.

10.08.2017 09:24 • #114


V
klingt ein bisschen traurig, diese tolle spasswelt .. lauter einsame menschen unter vielen im gedränge

da muss man wirklich froh sein, wenn man echt gute freunde hat

10.08.2017 09:48 • x 1 #115


H
Zitat von vorbei:
klingt ein bisschen traurig, diese tolle spasswelt .. lauter einsame menschen unter vielen im gedränge

da muss man wirklich froh sein, wenn man echt gute freunde hat


Ich habe mich schon oft gefragt, welche Lebensgeschichten hinter den ganzen Gesichtern stecken, hinter so manchem Lächeln, aber auch traurigen Blicken, die so an mir vorüber gehen. Das Forum hier zeigt ja die Menge der Geschichten.

10.08.2017 11:05 • #116


H
Dezemberträume von Liebe

An einem Dezemberabend trägt der Himmel bereits sein dunkles Nachtgewand. An der Hügelkuppe erhält es immer wieder Lichtlöcher durch die Scheinwerfer unzähliger Autos. In regelmäßigen Abständen schieben sie sich schweigsam den Hang hinab ins Tal, in den riesigen Lichtkegel von Laternen um Baumärkte, Einkaufscentern und Arenen. Vor einer wartet ein schwarzer Pulk. Sie schweigen, auch vor Kälte. Um sie zu vertreiben, hüpfe ich ein bisschen und sehe viele rote Nasen. Ja, auch sie frieren bestimmt. Doch plötzlich durchbricht ein Lächeln diese trostlose Menge und erreicht nach 10 Metern meine Augen. Ratlos, verdutzt schaue ich zurück: Wieso lächelt sie denn? Mit dieser Frage verbringe ich die nächsten Minuten und ignoriere darüber auch die Kälte. Und plötzlich schwant mir schon das Unheil: Bloß nicht drüber nachdenken! Keine Frauen! Nicht heute! Einfach nur den Abend genießen! Kurz entschlossen lenke ich meinen Blick in die entgegengesetzte Richtung. Doch da meldet sich schon meine innere Stimme und lacht mich heimlich aus: Ach du dummer Narr! Glaubst du wirklich, dass ein abgewendeter Blick die Lösung? Kannst du damit verhindern, worüber du nachdenkst? Naja man kanns ja versuchen. Ein paar Minuten später lässt mir die Magie keine Chance und mein Blick sucht wieder die junge Frau mit dem Lächeln.

Das unterbricht die Eröffnung der Arena. Alle strömen hinein, mit mir als einem Teil dieses dunklen Pulks. In der Wärme wechsele ich nun einige Worte mit den umstehenden Leuten, wer halt so da ist - ein Pärchen, ne Gruppe Mädels, eine andere Gruppe mit dicken, schwarzgekleideten Kumpel und Karl-Marx-Bart. Zufrieden unterhält er sich mit mir, fragt mich, was ich hier so allein mache. Da ich nicht zugeben wollte, dass ich niemanden habe, der mit mir so eine Tour machen würde, gebe ich lieber an, dass es von mir ne spontane Idee war.

Als das Gespräch endet blicken mich plötzlich zwei Augen an, begleitet von einem bekannten Lächeln. Da ist sie wieder - und redet drauflos als würde sie mich kennen. Wie ein Wackeldackeln nicke ich eine Weile zustimmend, bis endlich mal selbst ein paar Worte sage. Nebenher laufen wieder meine Gedanken auf Hochtouren. Oh man, die sieht ja richtig gut aus. Will ich sie.... Nein, nein, nein, nicht diese Gedanken! Und wieder versuche ich meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Während die weiter redet und ich ab und zu selbst Kommentare beisteuere, vergeht die Zeit. Neben uns läuft etwas Musik. Am Ende trennen sich unsere Wege ohne den Austausch von Adressen oder Nummern.

Einige Tage später finde ich mich wieder in einer anderen Großstadt. Wieder liegt Dunkelheit über der Welt. Wieder reißen die Lichter der Stadt Löcher in das Dunkel. Wieder macht sich Kälte breit. Und wieder lassen mich die Gedanken an sie die Kälte und Dunkelheit ignorieren. Schon längst habe ich mir eingestanden, dass ich sie wiedersehen will - um jeden Preis, selbst auf Kosten einer Enttäuschung, von der ich insgeheim schon jetzt wieder ausgehe. Aber mit den Gedanken an sie fühle ich mich auch einsamer als sonst, fühle ich die Kälte der Einsamkeit. Wer weiß, ob ich sie jemals wiedersehe. So laufe ich durch die Straßen, durch Lichtkegel der Laternen uns dunkle Ecken. Nur wenige Autos fahren vorüber. Eine alte Frau macht mit ihrem kleinen Hund einen Spaziergang. Sie ist scheinbar die einzige, die außer mir unterwegs ist. Über kurz oder lang merke ich wie sich die Kälte durch meine Hände frisst, trotz Handschuhen oder das Reinstecken in die Manteltaschen. Schließlich fahre ich in der Dunkelheit allein und frierend nach hause. In diesen Momenten kommen mir die eigenen vier Wände sehr grau vor.

Das bleibt auch tausende Kilomenter entfernt so. Der Flug bringt mich in das Land am tiefblauen Ozean. Hart knallen hohe Wellen an die Felsenküste und verschlucken die Strände, die an warmen Tagen von sonnenhungrigen Badegästen überfüllt sind. Der Himmel trägt grau und lässt die gesamte Welt in einem anderen Licht erscheinen. Das große Hotel ist nahezu menschenleer. Eine Totenstille liegt auf den Gängen und umgibt das gesamte Gebäude. Ich frage mich, warum ich diese Reise bloß gemacht habe. Zu allem Überfluss gibts auch noch keine Heizkörper. Frierend suche ich etwas Wärme in der dünnen Bettdecke des Hotels. Ne, im WInter komme ich nicht nochmal her. Als wenn das nicht schon nervig genug wäre, schiebt sich nun auch noch das Lächeln der jungen Frau in meine Gedanken. Werde ich sie wiedersehen? Hat sie überhaupt Lust mich wiederzusehen? Wer bin ich denn? Es gibt doch viele, die besser aussehen, auch mit beiden Beinen im Leben stehen. Bestimmt ist sie vergeben. Und was will ich dann von ihr? Achselzucken.

Die Gedanken begleiten mich noch eine ganze Weile - tage-, wochen-, monatelang. Manchmal kommen die Tränen: Warum kann ich denn nicht auch mal Glück haben - und zwar so richtig? Warum muss ich für Augenblicke des Glücks mit Monaten des Gefühls von Einsamkeit bezahlen? Wie kann ich dieses Gefühl für immer auslöschen? Einfach nicht mehr verlieben! Einfach den Mädels jedes Interesse an mir ausreden. Ich brauch ja nur ein bisschen s.istisch Quatschen, schon lassen sie ab. Doch eigentlich weiß ich gar nicht wie das geht. Welche Worte muss ich dafür vorkramen? In mir macht sich wieder die Kälte breit. Dabei ist es mittlerweile Sommer, 30°, die Mädels tragen enge Hosen, Minis, schlanke Beine mit glatter Haut. Bei jedem Schritt wippen ihre schönen Brüste und die langen Haare schwingen leicht hin und her. Doch ich fühle bei diesem heißen Anblick die Kälte.

05.09.2017 23:22 • x 1 #117


H
Gelockt - Blondine weckt Träume

Sie schlummern irgendwo und plötzlich sind sie da, erwachen in der Nacht und begleiten auch phasenweise durch die Tage. Die Träume. Nahrung bekommen sie in der Kindheit aus Märchen. In der Fantasie entstehen Bilder von Prinz und Prinzessin. Hinzu kommen die Bilder von Engeln. Die weiblichen Engel und Prinzessinnen haben in der Regel blonde, gelockte Haare, schlanke, anmutige Figuren, sanfte, verspielte Gesichtszüge und strahle, selbstbewusste Augen. Sie tragen leichte, weitläufige Gewänder. Später werden diese Gewänder auch mal zu kürzeren Röcken und Blusen. Aber es sind ja Märchen oder Filme, Fiktionen halt. Die haben doch nichts mit der Realität zu tun ... ? Naja die Zeichner haben sich ja was bei der Erschaffung gedacht, vielleicht auch aus ihrer Realität genommen. Aber was macht man, wenn einem so ein Engel in der Realität auftaucht?

Keine Frage, mein Frauenbild wurde in den 80ern und 90ern geprägt. Darin bewegen sich Frauen mit schlanken Figuren elegant dahin. Flüssig gehen Rundungen und gerade, lange Oberflächenkonturen etwa vom Becken über den Oberschenkel und Knie ineinander über. Samtweich strahlt die glatte, leicht gebräunte Haut, die sich bei Erregung zur Gänsehaut mit aufgerichteten Härchen erhebt. Mit den Füßen kreisen sie manchmal verlegen im Sand. Oben passen die Brüste zu den Körperkonturen und heben die Blusen augenfällig an. Darüber tragen sie schwarze Lederjacken, die etwas Wildheit neben der Eleganz zum Ausruck bringen. In den sinnlichen Gesichtszügen sprechen mit ihren geschwungenen Lippen und milden, verlangenden Augen ohne ein Wort zu sagen. Durch ihre mindesten halblangen, gelockten Haare streift jeder verspielte Windhauch, lässt sie schwingen und tanzen. Ihre Ausstrahlung ist so umwerfend, dass jedes Tattoo oder Piercing ihre Schönheit zerstören würde.

Alle diese Bilder leben in meiner Fiktion, in meinen Träumen von schönen Frauen. Es war ein Schock und zugleich bezaubernd einmal so ein Wesen vor der Nase zu haben, ihr zu begegnen, mit ihr zu reden, zu schmunzeln, zu lachen, zu necken, zu flirten, zu zweifeln, zu träumen, zu fühlen...
Ihr Bild zeigte ein Bild von Frau, das ich bis dato nicht mal in der Fiktion hatte, nie so konkret vorgestellt. Auf der Terrasse eines weißen, südeuropäischen Hauses lächelte sie mit leicht geöffneten Lippen, strahlendem Augen und weichen Gesichtszügen in die Kamera. Ihre blonden, langen, gelockt-gewellten Haare rahmten ihr anmutiges Gesicht. Im Haar trug sie eine Blume mit sternförmiger, oranger Blüte, die an den Orient erinnerte. Ihr schwarzes Hosenkleid legte sich zart über ihre Arme, Oberkörper und Beine.

Seit ihr weiß ich, dass es meine Traumfrau wirklich gibt; dass die Fantasie nicht Fantasie bleiben muss; dass mich eine Frau allein schon mit ihrem Anblick gewinnen kann.

09.09.2017 12:25 • x 1 #118


V
du beschreibst eine sehr schöne frau und ich weiss, dass es solche frauen gibt, nicht viele, aber doch..

erhalte dir deinen traum und irgendwann wird er wirklichkeit

13.09.2017 10:05 • #119


H
@vorbei Auch Träume haben ein Verfallsdatum wie die Jugend.

13.09.2017 11:18 • #120


A


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