Frau zieht nach 18 Jahre aus - keine Hoffnung mehr

ich wollte gerade was zu Dir und den treffenden Zeilen von @Paulinchen2 schreiben, aber das hat Zeit ...
eine Stunde nach der anderen -

Der Tag ist nun rum.
Vielleicht war es der längste Tag, den ich je erlebt habe. Ich habe gegen meinen Sohn zwei Tischtenni-Matches gewonnen, was mir dieses Jahr nur einmal gelungen ist, obwohl wir seit Mai im Schnitt dreimal die Woche spielen.
Noch einmal zu Abend gegessen. Mein Sohn ist in seinem Zimmer, meine Frau hat sich eben im Wohnzimmer hingelegt. Sie war sehr erschöpft und ist fast sofort eingeschlafen. Ich hab mich noch einmal dicht neben Sie gesetzt, habe sie angeschaut, 10 Minuten, sie ist nochmal kurz wachgeworden, hab sie flüchtig auf die Stirn geküsst und bin jetzt auch zu Bett. Morgen nach dem Frühstück bin ich zum Sport, sie fährt dann mit meinem Sohn die letzten Sachen rüber. Wenn ich gegen 12.00 Uhr zurück bin, ist sie weg.
Gute Nacht Euch allen. Danke, dass ihr so viele schöne Kommentare geschrieben habt.
Es fühlt sich trotzdem gerade an wie Sterben.

Was Du schreibst, liest sich wie ein Déjà-vu

Zitat von Joshu:

Es fühlt sich trotzdem gerade an wie Sterben.

Tröst
auch wenn es dir wenig hilft

Tag X.

5.00 Uhr morgens.
Heute mag ich nicht schreiben.

So. ich lebe noch.
Das war wirklich das längste und schwerste Wochenende meines Lebens.
Gestern Abend hab ich meinen Sohn zu seinem Studienort gefahren, wir haben uns lange unterhalten, er ist sehr aufgeräumt und freut sich auf seinen Studienbeginn. In einer Stunde hat er seine erste Vorlesung.
Und ich wohne ab jetzt zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder allein.Ich dache mir, wenn ich allein nach Hause fahre, bekomme ich die totale Krise, abe nein, ich hab mich fast ein bisschen erleichtert gefühlt, das erstmal überstanden zu haben ,ein bisschen Ruhe zu finden. Zu Hause gegen 23.00 Uhr hab ich noch eine Flasche B. - Alk. - getrunken und bin gegen Mitternacht ins Bett. Fast 5 Stunden geschlafen! Einsamer Rekord diese Woche.

Diese Woche habe ich außer meinen Job jeden Tag viel zu tun. Meinen Haushalt organisieren, ein Gartenprojekt mit meinen Eltern (da helfe ich ihnen mal einen Tag ab Dienstag, sie sind schon alt), fast jeden Abend Sport und Treffen mit Freunden. Dienstag meine Sängerin zu Besuch, Generalprobe für unseren Auftritt am Wochenende.
Es ist so traurig. Meine Frau hatte ja recht, wir haben nur noch aus Gewohnheit zusammen geschlafen - bis wir es seit eineinhalb Jahren gar nicht mehr gemacht haben, unsere wenigen gemeinsamen Unternehmungen, Konzerte, Kino, Theater haben wir nur noch abgespult. Es ging so nicht weiter, wir waren nicht mehr glücklich miteinander, jedenfalls nicht wenn wir allein waren. An diesem Wochenende war ja für mich plötzlich wieder was da, wie in unserer Anfangszeit vom Gefühl. Schwer zu beschreiben. Ich wollte nicht, dass sie geht ,ganz bestimmt nicht, aber ich habe keinen Augenblick versucht, sie zurückzuhalten.
Ganz reißt der Kontakt natürlich nicht ab, sie hat mir auch gestern Nachmittag noch geschrieben, ob unser Sohn bei mir gut angekommen sei. Und sie will sich ja weiter um einen Kontakt zu meinen Eltern bemühen, sie mit unterstützen, ihnen eine Karte schreiben, dass sie sich bald meldet. Ich werde sie sehen, wenn ich den Hund am Dienstag abhole, der wird dann 24 Stunden bei mir bleiben.
Aber das werden nur kurze Kontakte sein, das ist in Ordnung, denke ich.
Ob wir noch irgendeine Zukunft haben werden? Ich weiß es nicht. Weitersehen von Tag zu Tag, vielleicht gibt es ja irgendwann mal wieder so etwas wie Grund zur Freude, oder wenigstens Zufriedenheit.

Hört sich an, als wärst du auf einem guten Weg. Mach weiter so und halte dir alle Optionen offen.

Wenn ich deine Zeilen lese, werde ich richtig traurig. Ihr habt scheinbar eine gute Ehe geführt, ohne extreme Sorgen und Nöte .Eure Unternehmungen ,viele machen das Jahre nicht , nehmen sich oder haben für nix Zeit. Ist doch logisch, dass die Leidenschaft nach langer Zeit flöten geht. Schade für euch beide. Ihr werdet bald merken, ob ihr euch wirklich fehlt. Ich hoffe sehr, dass euch kein falscher Stolz im Wege liegt.

Nein, wir hatten keine anderen Sorgen und Nöte als Alltagssorgen, stimmt schon. Wir haben in 21 Jahren wirklich tolle Zeiten gehabt. Aber irgendwann waren wir kein Paar mehr, sondern nur noch wie Schwester und Bruder. Und auch unsere Interessen haben sich auseinanderentwickelt. Das wäre noch in Ordnung gewesen, wir haben uns immer viel Freiheiten gelassen, wenn wir es geschafft hätten, irgendetwas für uns beide ganz allein zu entwickeln, woran wir gemeinsam Freude hatten. Früher haben wir lange Jahre in einem Tanzcasino recht intensiv getanzt, wir sind zusammen wandern gewesen, allein weggefahren für ein langes Wochenende usw.
Aber das gibt es schon lange nicht mehr. Und wie gesagt, kaum körperlichen Kontakt, im Bett schon lange nur noch mit Abstand voneiander gelegen. Und ich muss ehrlich sein: Mir war es auch lange Zeit irgendwann egal, nachdem ich gemerkt hatte, ich komme an sie nicht mehr ran. Hat ja alles noch funktioniert, unser Sohn mit seinem Abi hat uns sehr beschäftigt, wir hatten Freunde und Familie, - nur wenn wir allein zusammen waren, da wussten wir nichts mehr miteinander anzufangen und zuletzt war nur noch eisige Stimmung zwischen uns. Und Reden hat nicht funktioniert, ist immer in Streit ausgeartet.
Ja, Gefühle für meine Frau waren wohl irgendwann auch weg. Und jetzt, in dieser ganzen langen Trennungsphase, da waren sie plötzlich wieder da.
Wahrscheinlich, höchstwahrscheinlich ist es zu spät. Wir hätten es schon viel früher mal richtig krachen lassen müssen.

Falscher Stolz - das glaub ich eigentlich nicht bei uns.

Zitat von Joshu:

vielleicht gibt es ja irgendwann mal wieder so etwas wie Grund zur Freude, oder wenigstens Zufriedenheit.

Ich weiß, du magst meine Geschichten nicht so gern, aber hier zwei Straßen weiter wohnt auch ein Verlassener, er und seine noch Frau sind liebe Bekannte von mir, haben sich nicht scheiden lassen, jeder hat wieder einen Partner. Grillen miteinander, teilen sich Kinder und Hund. und sind im Umgang miteinander sich sehr zugewandt, das bereits schon gut über 5-6 Jahre.
Vielleicht beruhigt Dich dies etwas

liebe Miss Mcteapot,
doch, ich lese immer gerne, was Du schreibst!

Ja danke, ich kenne auch so Paare, eine Möglichkeit, wenn beide ihr Gleichgewicht wieder miteinander gefunden habe, miteinander umzugehen, auch nicht die schlechteste. Ich kenne auch Menschen, die sich getrennt haben und noch nach vielen Jahren völlige Kontaktsperre haben, sich nicht mehr sehen wollen. Und das ist bei den Fällen, die ich kenne, leider die Mehrheit.
Ich habe früher mal einen Nachmitter gehabt, ein tougher Typ, Polizist, der meine kleine Wohnung übernommen hat, weil ihn seine Frau verlassen hat. Er hat das ganz ruhig und ohne zu jammer gesagst: Ich brauch schnell ne Wohnung. Meine Frau hat mich verlassen!
Ich war sehr beeindruckt, bin ich doch ausgezogen, weil ich mit meiner Frau zusammengezogen bin. Er hat ganz pragmatisch das getan, was zu tun war, meine Wohnung ganz schnell renoviert - wir haben uns fast ein bisschen angefreundet, uns jedenfalls paarmal noch getroffen. Und dann hab ich ihn sehr zufrieden wirkend mit seiner Frau Arm in Arm ein halbes Jahr später getroffen, wir sind jetzt wieder ein bisschen zusammen! - meinte er, was immer das genau hieß. Das war unser letztes Treffen.

Und dann kenne ich jemanden, der über 10 Jahre verheiratet war, Jugendliebe, geschieden, allein lebend, mit anderen Partnerinnen zusammen und dann nach fast 30 Jahren (!) wieder mit seiner ersten Frau zusammengekommen ist und jetzt offenbar sehr glücklich mit ihr zusammen ist.

Ich glaube also, alles ist möglich. Nur leider liegt das jetzt und in nächster Zeit nicht in meiner Hand.

Zitat von Joshu:

Nur leider liegt das jetzt und in nächster Zeit nicht in meiner Hand.

In deiner Hand liegt aber, heile zu werden.
Und das wirst du. Heilen.

Du machst das alles hervorragend.

Bei uns in der Nachbarschaft, ging auch die Frau weg (neue Wohnung )weil er sie betrogen hatte, war auch lange Ehe(20 Jahre) keine Kinder . Er ist nach 2 Jahren wieder zu ihr. Sie kamen wieder zusammen. Jetzt 30 Jahre später hat er sie dann gepflegt, er starb dann vor ihr. Es war noch eine gute Ehe. Sie konnten nicht ohne einander. Auch als sie krank wurde, war der Mann gern für sie da, wollte sie kaum allein lassen. Manchmal gibt es Happy end.

Ich kann dich total verstehen, und deine Beiträge lieber @Joshu finde ich toll. Ich bewundere deine Kraft dich nicht aufzugeben und weiter zumachen auch wenn bestimmte momente eben immer wieder hochkommen und man dann in seinen gefühlen wieder zurück geworfen wird. so geht es mir gerade, meine frau hat mich nach gemeinsamen 15 jahren verlassen, ich stehe vor einem schrebenhaufen und weis nicht wohin.. schön zu sehen das es menschen gibt, die neuen mut schöpfen für sich. ich hoffe ich bekomme das auch irgendwann so hin.

Zitat von Joshu:

Meine Frau hatte ja recht, wir haben nur noch aus Gewohnheit zusammen geschlafen - bis wir es seit eineinhalb Jahren gar nicht mehr gemacht haben, unsere wenigen gemeinsamen Unternehmungen, Konzerte, Kino, Theater haben wir nur noch abgespult. Es ging so nicht weiter, wir waren nicht mehr glücklich miteinander, jedenfalls nicht wenn wir allein waren.

Aber Du hättest trotzdem so weiter gemacht?
Ich frage, weil ich jetzt, wo dieser erste unmenschliche Schmerz vorbei ist und einem dauerhaften bohrenden Schmerz gewichen ist, sehe, dass es bei mir und meinem Mann ähnlich war. Doch ich wollte es nicht sehen, habe es weg geschoben und hätte vielleicht ewig so weiter gemacht.