Liebe Fionax,
gerade selbst erlebt ER wollte die Beziehung mit mir, nachdem er sich oft ambivalent verhielt und ich erst monatelang nicht wusste, woran ich bei ihm bin (siehe mein Thema). Als es näher zwischen uns wurde, ließ er mich tagtäglich wissen, wie wichtig ich ihm bin, ging aber Treffen aus dem Weg. Als ich mit ihm darüber sprach, erklärte er mir, dass er starke Ängste hat, die er manchmal nicht kontrollieren kann. Mich zu treffen, würde ihn Überwindung kosten und wenn ich dann da sei, dann sei alles so wunderschön und er fragt sich, wovor er Panik gehabt hatte. Er wisse das selber nicht. Das hätte alles nichts mit mir zu tun. Er verstehe aber, dass ich ihn natürlich öfter sehen will und er würde mich lieben und das hinbekommen. Ich muss noch dazu sagen, seine Frau hat ihn letztes Jahr Knall auf Fall verlassen, weil sie ihn nicht mehr liebte (das mit uns begann aber erst einige Monate danach sehr langsam) und geht momentan ziemlich respektlos mit ihm um, was Unterhalt für sie und die Hälfte des gemeinsamen Hauses betrifft. Ich kenne ihn auch schon seit mehr als 20 Jahren, da wir (vor seine Ehe) mal eine Affaire hatten. Er spricht mit mir darüber und zeigt mir manchmal ihre respektlosen Nachrichten. Er sagt auch zu mir, wenn er ehrlich zu sich selbst ist, hat er sie auch schon lange nicht mehr geliebt (Alltag etc.), aber die Art und Weise, wie das alles passiert ist, urplötzlich verlassen zu werden ohne klärendes Gespräch ihrerseits, macht ihm sehr zu schaffen. Ich hatte ihm schon mal geraten, einen Therapeuten aufzusuchen und es aufzuarbeiten, denn gerade ich, die selbst (wegen einer anderen Sache) die letzten Jahre mit unkontrollierbaren Ängsten zu tun hatte und lange keinen Ausweg sah, weiß, wovon ich rede. Er kennt auch meine Geschichte. Das wollte er aber nicht. Stattdessen lenkt er sich mit viel Arbeit ab (Haushalt / Garten), die er sich selbst auferlegt, um nicht über den Mist nachdenken zu müssen. Das hat er mir selbst so geschrieben, es ist ihm also bewusst, dass er eigentlich vor seinen Problemen davon läuft.
Schließlich machten wir den Samstag Abend zu unserem Ritual, ich war immer bei ihm und es war eine Zeit lang wunderschön. Nachts fuhr ich wieder nach Hause und eines Tages schrieb er, ob ich nicht bei ihm übernachten wolle, es würde sich immer so leer anfühlen, wenn ich ginge. Dazu kam es dann aber nicht, da er den Samstag darauf absagte seine Eltern wären bei ihm zum grillen. Insofern kein Problem für mich, die Woche drauf lief unser Kontakt wie immer. Per whatsapp, liebevoll. Das Wochenende drauf war Pfingsten. Er hatte mir morgens noch einen schönen guten Morgen gewünscht und mir wie üblich einen whatsapp-Kaffee geschickt (unser kleines Spaß-Ritual, wer zuerst wach ist, macht dem anderen Kaffee). Er schrieb aber nicht, was mit unserem Abend ist. Also fragte ich. Tja, und das war das letzte, was ich seither von ihm gehört habe. Absolute Funkstille seit nun 1,5 Wochen. Ich hakte natürlich nochmal nach, ob alles ok sei? Das war wirklich absolut ungewöhnlich. Er hat mich nicht blockiert, hat die Nachrichten auch gelesen allerdings im Abstand von 2 Tagen. Vorgestern schrieb ich nochmal, dass ich mich sehr freuen würde, wieder von ihm zu hören. Nichts. Und das ist der Ist-Zustand.
Natürlich könnte ich jetzt denken, er ist ein A. und lässt mich jetzt einfach so fallen. Oder hat vielleicht ne andere kennengelernt und mich jetzt eiskalt ausgetauscht (darauf gibt es aber absolut null Hinweise). Dieses ganze blöde Kopfkino, wenn man keine Antwort hat. Aber sein ganzes Verhalten davor, dass ER unbedingt die Beziehung mit mir wollte (während ich anfangs echt skeptisch war, der Sache dann aber eine Chance gab) und vor allem, dass er mit mir über seine Ängste sprach (Überwindung kosten) und permanent mich spüren ließ, wie wichtig ich ihm bin und dieser plötzliche Abbruch aus dem Nichts, wo doch morgens noch alles entspannt war ich bin dann bei google auf Bindungsängste gestoßen. Dass es wirklich Fälle gibt, dass Menschen, die in der Kindheit / Vergangenheit starke Verlustängste oder Trennungen durchleiden mussten und das nie aufgearbeitet haben, oftmals so handeln. Dass ihr Kontaktabbruch nichts damit zu tun hat, dass ihnen die andere Person egal ist, sondern dass die eigenen Ängste (er/sie könnte mich auch verlassen) in einem auslösenden Moment so stark sind, dass sie total dicht machen, weil sie diesen Schmerz einfach nie wieder fühlen möchten. Vor allem dann, wenn diese lockere Flirt-Phase vorbei ist und wirklich tiefe Liebesgefühle entstehen. Die Ängste vor dem eigenen Schmerz sind dann größer als der Gedanke, was könnte er/sie denn jetzt von mir denken, wenn ich mich einfach nicht mehr melde? Tief im Innern ist der Wunsch groß, lieben und geliebt zu werden, aber die Angst ist einfach zu mächtig. Ein Teufelskreis.
Als Partner kann man da natürlich wenig tun. Jegliche Kontaktaufnahme nützt ja nichts. Wenn die Liebe groß genug ist, kann man warten, ob er sich wieder meldet und dann Verständnis zeigen. Aber ganz ehrlich, wer hält das aus, ohne selbst durchzudrehen? Das Natürlichste der Welt wäre dann eigentlich, wütend zu sein, ihm zu sagen, was er für ein arroganter A. ist und was ihm einfällt, mich so zu behandeln. Ich kann auch nur durch seine Erzählungen jetzt erahnen, dass bei ihm wohl diese Ängste sind und kein absichtliches Verletzen meiner Person. Ich hatte das Glück, dass er in diesen Punkten zu mir offen war. Trotzdem nützt es mir im Prinzip nichts, denn so lange er seine Baustellen nicht aufarbeitet, wird er ja immer wieder an diesem Punkt landen. Es hilft mir im Moment nur insofern, dass ich das alles nicht auf mich beziehe oder denke, etwas falsch gemacht zu haben. Ich bleibe jetzt emotional bei mir und achte darauf, dass es mir trotz allem gut geht. Natürlich weine ich auch, wenn mich die Gefühle übermannen, aber das ist okay. Wie es jetzt weiter geht, weiß ich selbst nicht. Ich renne ihm jetzt auf alle Fälle nicht hinterher (würde eh nichts bringen) und wenn er sich tatsächlich nicht mehr meldet, komme ich durch die Zwangs-Kontaktsperre ja auch irgendwann darüber hinweg. Vielleicht hört es sich blöd an, aber mit dem Verständnis für seine Situation komme ich (für mich) besser klar als mit grenzenloser Wut über sein Verhalten und der steten Frage nach dem warum.
11.06.2020 11:22 •
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