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Der lange Weg des Scheiterns - Lernen durch Schmerz

Jetti
Zitat von Bumich:
Das traut sich doch eh niemand. Jeder hat doch Angst davor, sich zu öffen und sich verletztlich zu zeigen.

Ja, vielleicht nicht zu 100 Prozent. Wahrscheinlich gibt es etwas in uns, dass wie wirklich nie einem anderen Menschen zeigen. Aber trotzdem denke ich, wenn nicht dem Partner gegenüber, vor wem kann ich mich dann verletzlich zeigen?

Ich habe mich lange Zeit vor allem und jedem verschlossen, meinte irgendwie fehl am Platze zu sein. Alles machte ich mit mir selbst aus. Zugang zu Gefühlen fand ich kaum. Es gab da mal eine Situation in der Therapie, als ich gefragt wurde, was in einem bestimmten Augenblick meine Gefühle gewesen waren. Ich fing an: Ich dachte.... und wurde umgehend unterbrochen, als meine Therapeutin meinte: Nein, Sie sollen ihre Gefühle beschreiben! Da musste ich erstmal überlegen, und viel mehr, als dass ich Angst gehabt hatte, konnte ich auch nicht sagen. Nun war ich in meinem Leben bisher kein gefühlskalter Stein, aber hatte dem, was in mir vorging, eben nie viel Beachtung geschenkt, es übergangen oder bekämpft.

So. Dann trat im letzten Jahr plötzlich dieser Mann in mein Leben. Und das veränderte unglaublich viel. Es war so einfach, ihm von mir zu erzählen, von meinen Gedanken und dem was mich bewegt. Als ich ihm später meine Gefühle offenbarte, verstand er auch das, obwohl er mir ja gesagt hatte, dass es für uns keine Zukunft gibt. Nie war da das Gefühl, mich verletzbar oder lächerlich zu machen, obwohl ich einige meiner Nachrichten mit lautem Herzklopfen abschickte.
Und das Herz setzte dann für einen Schlag aus, wenn ich sah, dass die Häkchen blau geworden waren. Weil ich wusste, nun hatte er es gelesen, und es gab kein Zurück mehr. Natürlich hatte ich auch Angst, natürlich hatte ich auch Zweifel.
Aber ich erlebte, dass es möglich ist, sich einem anderen Menschen zu öffnen. Weit, weit mehr als ich jemals geglaubt hätte. Nun habe ich IHN verloren, und bin einfach nur wahnsinnig traurig.

Zitat:
Oder warum trauen wir uns nicht, unser wahres Gesicht zu zeigen und verstecken uns hinter 1000 und 1 Maske?

Natürlich tragen wir viele Masken, auf der Arbeit, in der Öffentlichkeit, manchmal selbst unter Freunden. Aber das ist ja auch eine ganz bewusste Entscheidung, denn warum sollte ich meinen Kollegen zeigen, was in mir vorgeht. Es interessiert sie nicht, und ich will das auch gar nicht.

15.10.2021 07:52 • x 3 #1261


Jetti
Zitat von Hansl:
Ja, das sehe ich auch so.
Es macht Sinn wirklich genau zu wissen, warum man mit jemanden eine Bindung eingehen will.

Hey, Du möchtest doch sogar vom Fleck weg heiraten.
Du weißt also genau, warum Du eine Bindung eingehen willst?!

Zitat von Hansl:
Zunehmend, erst recht in unserer Gesellschaft.
Ein Blick auf You Tube Datingportale öffnet die Augen.

Vielleicht gut, dass ich mir das bisher noch nicht angeschaut habe.
Oder sollte ich?

15.10.2021 07:59 • x 1 #1262


A


Der lange Weg des Scheiterns - Lernen durch Schmerz

x 3


Hansl
Zitat von Jetti:
Du weißt also genau, warum Du eine Bindung eingehen willst?!


Ja, natürlich.

Zitat von Jetti:
Vielleicht gut, dass ich mir das bisher noch nicht angeschaut habe.
Oder sollte ich?

Fleischbeschau.
Plus Anleitung wie man Beziehungsmaterial am besten ausbeutet.
Und man erlernt das Schubladensystem.

15.10.2021 08:14 • #1263


Hansl
Zitat von Jetti:
Aber trotzdem denke ich, wenn nicht dem Partner gegenüber, vor wem kann ich mich dann verletzlich zeigen?

Genau.
Dies am besten gleich am Anfang testen.
Man erspart sich unnötige Beziehungszeit, erkennt man

Zitat von Jetti:
Aber ich erlebte, dass es möglich ist, sich einem anderen Menschen zu öffnen. Weit, weit mehr als ich jemals geglaubt hätte. Nun habe ich IHN verloren, und bin einfach nur wahnsinnig traurig.

Er hat Dich verloren.

15.10.2021 08:27 • x 2 #1264


Jetti
Zitat von Hansl:
Fleischbeschau.
Plus Anleitung wie man Beziehungsmaterial am besten ausbeutet.
Und man erlernt das Schubladensystem

Gruselig. Dann lasse ich das mal lieber.

15.10.2021 08:28 • x 1 #1265


Jetti
Zitat von Hansl:
Er hat Dich verloren.

Danke. Das hast Du schön geschrieben.

15.10.2021 08:30 • x 1 #1266


C
@Jetti

Ich habe einmal irgendwo gelesen, dass ein Seelenverwandter (sorry, wenn dieses Wort abgedroschen klingt), der in unser Leben tritt und mit welchem wir alles teilen, gute und schlechte Zeiten, Kummer, Freude, Leid und wir vor diesem Menschen keine Angst haben, uns zu öffnen, dass dieser Mensch nicht immer ein Partner fürs Leben wird, sondern nur bestimmt ist, ein Wegbegleiter zu sein, ein besonderer Freund.

Deshalb ist die Traurigkeit , wenn er geht oder wir uns von ihm trennen müssen, manchmal viel intensiver und stärker und dauert auch länger als wenn ein Partner/EM/EF geht.

Auch ich habe diesen einen Menschen gefunden und musste ihn gehen lassen. Es ist mir bewusst, dass ich nie mehr so einen Menschen finden werde. Doch weiss ich im Grunde meines Herzens, dass ich irgendwann nicht mehr allein sein werde.

Vielleicht wird es kein Seelenverwandter sein, der auch über Kilometer hinweg an meiner Stimme und an meinem Geschreibsel merkt, wie es mir geht oder einfach auf Grund der Verbundenheit und diesem berüchtigten Bauchgefühl weiss, dass es einem nicht gut geht, aber dennoch jemand, der mich lieben wird.

Das wirst du auch. Ein Jahr ist zu wenig Zeit, um so einfach über diesen Verlust hinweg zu kommen.

In meinem Fall, habe ich für mich entschieden ihn trotzdem zu lieben als einen guten Freund und Weggefährten. Dankbar für die gemeinsame Zeit zu sein. Dankbar, dass ich erleben durfte, dass es diesen Menschen für mich gab.

Als ich das zugelassen habe, merkte ich wie es langsam anders wurde, wie ich an ihn denken konnte, ohne traurig zu sein. Wie sich meine Gefühlswelt wieder stabilisierte und ich wieder freier atmen und sein konnte.

Versuche es auf diese Art. Möglicherweise hilft auch dir dieser Ansatz.

15.10.2021 11:52 • x 3 #1267


Jetti
Zitat von Corbian:
sondern nur bestimmt ist, ein Wegbegleiter zu sein, ein besonderer Freund.

So stark bin ich (noch) nicht. Ist das jetzt wieder eine Ausrede?
Jede Nachricht, die ER mir danach schrieb, machte mich traurig.
Deshalb bat ich irgendwann darum, den Kontakt auf Eis zu legen. Natürlich habe ich mich gefragt,
ob er nun denkt, ich würde ihm sein Glück nicht gönnen. Ich weiß es einfach nicht.
Nur war es immer wieder ein Tiefschlag, ihn allein oder mit der neuen Freundin zu sehen, und mein
mühsames Vorwärtskommen wurde wieder ein Stück zunichte gemacht.

Hattest Du immer Kontakt zu diesem Mann, der Dir nicht die Liebe geben konnte, die Du Dir gewünscht hast?
Jetzt auch noch?

Zitat von Corbian:
In meinem Fall, habe ich für mich entschieden ihn trotzdem zu lieben als einen guten Freund und Weggefährten.

Es kann also eine bewusste Entscheidung sein, nicht unbedingt ein Frage der Zeit?
Ja, auch ich bin dankbar, dass ich das erleben durfte. Dachte aber in den letzten Monaten auch manchmal,
ich hätte dies alles lieber nicht erlebt. Unsinnige Gedanken, die nichts ändern, und mich immer wieder
neue Runden drehen lassen. Dass ich Schwierigkeiten habe, den Blick auf mich selbst zu richten, schrieb ich schon.
Zwar tue ich das, aber möchte dann oft die Augen verschließen und vor mir selbst davonrennen.

Es ist wohl der unbedingte Wille, den ich nicht aufbringe. Weil ich IHN dafür komplett loslassen müsste.

15.10.2021 13:23 • #1268


C
Zitat von Jetti:
Hattest Du immer Kontakt zu diesem Mann, der Dir nicht die Liebe geben konnte, die Du Dir gewünscht hast?
Jetzt auch noch?



@Jetti

Wir haben nie den Kontakt abgebrochen. Wir schreiben uns noch oft und telefonieren gelegentlich.

Ich habe seine neue Freundin akzeptiert (gehörte auch zum Freundeskreis) und beide besuchen mich und ich besuche sie.

Ich habe das so für mich entschieden. Weil ich ihn als Mensch und Freund nicht verlieren wollte. Es war eine bewusste Entscheidung, zu der ich immer noch stehe.

Ja, manchmal gibt es einen Stich, wenn ich die beiden sehe, wenn sie knutschen oder wenn er sue liebevoll in den Arm nimmt. Aber ich freue mich auch für ihn, dass er jetzt glücklich ist.

Der Stich, den ich fühle, ist nur weil ich etwas neidisch bin und gerne jemanden an meiner Seite hätte. Aber es ist nur ein flüchtiger Gedanke, den ich einfach wegwische.

Ja, die Entscheidung hat viel Kraft gekostet, sehr viel Kraft. Ich kann dir nicht sagen, woher ich die nahm oder wieso sie da war.

15.10.2021 13:40 • #1269


Jetti
Zitat von Corbian:
Ja, die Entscheidung hat viel Kraft gekostet, sehr viel Kraft. Ich kann dir nicht sagen, woher ich die nahm oder wieso sie da war.

Ich bewundere Dich, je mehr ich von Dir lese.
Mir fehlte die Kraft, den Kontakt aufrecht zu erhalten, obwohl ich es mir gewünscht hätte.
Eigentlich wünsche ich mir immer noch eine freundschaftliche Ebene, aber bitteschön
ohne Gefühle meinerseits. Ein Ding der Unmöglichkeit. Ob nur jetzt im Moment oder für immer,
das werde ich wohl erst mit der Zeit herausfinden.

15.10.2021 14:18 • x 1 #1270


E-Claire
Zitat von Jetti:
Dass ich Schwierigkeiten habe, den Blick auf mich selbst zu richten, schrieb ich schon.
Zwar tue ich das, aber möchte dann oft die Augen verschließen und vor mir selbst davonrennen.


Die Fähigkeit nicht mehr vor sich selbst wegzurennen, ist erlernbar und sie ist extrem wichtig. Erst wenn wir bei uns selbst ankommen und mit uns selbst auskommen, erst dann können wir einen Partner frei (sic!) wählen.

15.10.2021 14:28 • x 2 #1271


Jetti
Zitat von E-Claire:
Die Fähigkeit nicht mehr vor sich selbst wegzurennen, ist erlernbar und sie ist extrem wichtig.

Extrem wichtig, da stimme ich Dir zu. Aber wie erlernbar?
Ist es nicht eher eine Frage der Akzeptanz. Lässt diese sich lernen,
oder kommt es auch hier auf eine bewusste Entscheidung an?

15.10.2021 14:43 • #1272


C
@Jetti

Jeder Mensch hat seine Gefühle und seine Grenzen.

Eine freundschaftliche Ebene kann nicht immer erhalten oder aufrechterhalten werden. Es ist auch nicht schlimm, wenn es nicht geht.

So wie man Liebe nicht erzwingen oder erkaufen kann, so kann man Freundschaft nicht einfach so entstehen lassen.

Du kannst jedoch eines tun, du kannst dein Leben weiterleben und mit neuen Eindrücken und Gefühlen füllen. Wenn du Sachen siehst und an ihn denken musst, dann lächle innerlich und sei nicht traurig, dass er nicht da ist. Sag dir einfach, dass eines Tages jemand anderer diese Sachen mit dir teilen wird. Sag dir, dass du es auch schön findest, wenn du allein im bekannten Café sitzt oder durch Strassen und Plätze gehst, dir ihr besucht habt. Denn diese Plätze haben ihren Zauber und ihre Schönheit nicht dadurch, dass man verliebt und Arm in Arm dort ist, sondern aus sich heraus. Ein Park ist schön auch wenn man allein auf der Bank sitzt und die Sonne geniesst ohne jemanden im Arm zu halten.

Es gibt ein Wesen auf dieser Welt, das dich immer lieben und nie verlassen wird und dieses Wesen bist du selber. Du musst dich sehen und lieben, das wird dir die Kraft geben, die du brauchst.

Außerdem ist deine beste Freundin, die Zeit, fleissig dabei dir zu helfen. Unterstütze sie dabei und fülle deine Zeit mit Aktivität und Leben. Sogar wenn du auf der Couch mit einem Buch sitzt, kann es schön sein und vertreibt die Gedanken an ihn. Wenn sie kommen, lass sie wieder gehen, sag dir, dass sie nicht bleiben können und schick sie weg.

15.10.2021 14:45 • x 1 #1273


E-Claire
Zitat von Jetti:
Extrem wichtig, da stimme ich Dir zu. Aber wie erlernbar?
Ist es nicht eher eine Frage der Akzeptanz. Lässt diese sich lernen,
oder kommt es auch hier auf eine bewusste Entscheidung an?


Vermutlich beides!

Es fängt sicher mit einer bewussten Entscheidung an. Die kann für jeden anders aussehen. Manche sagen sich, sie wollen etwas ändern; andere sagen sich vielleicht, so kann es nicht weitergehen.

Immer wieder vor sich selbst wegzurennen, kostet ja auch wahnsinnig viel Kraft, die wir eigentlich viel besser für andere Dinge verwenden könnten.

Und dann ist es ein bißchen wie beim Kennenlernen eines anderen Menschen eben auch, mit der Zeit sieht man die guten und vielleicht nicht so guten Seiten von diesem. Weiß, was man besonders schätzt und welche Seiten eben auch ein wenig nervig sein können.
Wichtig für Dich, wäre vielleicht mal herauszufinden, was Dich denn vor Dir selbst wegrennen lässt?

Die Fähigkeit Dinge zu akzeptieren, müssen wir nicht erlernen, sie ist in uns angelegt. Jeder einzelne von uns ist in der Lage zB zu akzeptieren, daß es im Winter kalt ist oder es gerade heute regnet. Ja hin und wieder findet man das ein bißchen doof, aber so wirklich damit hadern? Nein, keiner verwendet Stunden, Tage und Wochen seines Lebens darauf, sich darüber aufzuregen, daß es vor fünf Tagen geregnet hat .

Will sagen, wenn man sich in einer Situation befindet, die man einfach nicht akzeptieren kann, dann nicht, weil man nicht über die grundlegende Fähigkeit etwas zu akzeptieren verfügt.

15.10.2021 15:11 • x 2 #1274


Jetti
Zitat von E-Claire:
Die Fähigkeit Dinge zu akzeptieren, müssen wir nicht erlernen, sie ist in uns angelegt

Das ist natürlich richtig bei Dingen, die nicht selbst in unserer Hand liegen. (Beispiel Regen)
Aber der Gedanke, selbst etwas verschuldet zu haben, und dies dann akzeptieren zu müssen, ist
für mich eben ein riesiges Problem. Ich bin verantwortlich dafür, was und wer ich heute bin,
kann manches aber nicht mehr nachvollziehen und mir verzeihen. Vertane Chancen.
Das führt dazu, dass ich nicht mehr ich selbst sein möchte. Nur weglaufen, obwohl ich weiß,
ich werde mich immer mitnehmen. Genauso, wie ich jetzt bin, manches lässt sich nicht mehr ändern.
Es gibt keine Alternative zur Akzeptanz, und trotzdem gelingt sie mir nicht.

Tut mir leid, wenn ich mich wiederhole. Aber da immer wieder neue Forenmitglieder hier reinschauen,
schreibe ich doch nochmal etwas ausführlicher.

15.10.2021 15:34 • x 1 #1275


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