Die Geliebte – Ein ehrlicher Blick in die Situation der heimlichen Zweitfrau (Teil 1)
November 14, 2012, 1:29 am
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Die Geliebte – Ein ehrlicher Blick in die Situation der heimlichen Zweitfrau (Teil 1) von Thomas Lojek
Es ist offiziell kaum bekannt, dass es unter Frauen eine Art geheime Parallelwelt gibt. Und zwar in einem Umfang, der selbst für Experten überraschend ist. Diese Parallelwelt – oder noch besser ausgedrückt: diese Schattenwelt – wird bevölkert von den Frauen, die eine heimliche Affäre mit einem vergebenen oder verheirateten Mann führen und geradezu verzweifelt darauf hoffen, dass er sich irgendwann für sie entscheidet. Mehr als diese Hoffnung haben diese Frauen in der Regel auch nicht. Und in den meisten Fällen laufen sie damit eher ins Leere, als dass sich diese Hoffnung jemals erfüllt. Entsprechend existiert ein verheimlichter Kosmos stiller Verzweiflung und unerfüllter Liebe – die Parallelwelt der verschwiegenen Zweitfrauen.
Was hat es mit diesen verschwiegenen Zweitfrauen als Geliebte auf sich? Sind es rücksichtslose und egoistische Frauen, die anderen Frauen den Mann wegnehmen wollen und dabei in Kauf nehmen, auch ganze Familien zu zerstören? Sind es hemmungslose Frauen, die nicht genug bekommen und sich deswegen auch noch an den Männern anderer Frauen versuchen wollen? Weder noch. Das System der Geliebten ist komplex.
Der Begriff „System“ ist hier ganz bewusst gewählt – denn hinter der Situation der Geliebten steht ein System. Es ist ein komplexes Zusammenspiel aus verdrängten Bedürfnissen, mangelndem Selbstwertgefühl, wachsender Isolation und falsch interpretierter S.. Der Geliebten kann man in erster Linie nur den Vorwurf machen, dass sie sich selbst betrügt. Denn das System der Geliebten fängt mit falschen Erwartungen an, die sich in falsche Hoffnungen verwandeln und irgendwann einen Kreislauf bilden, in dem sich Mann und Frau zunehmend gegenseitig manipulieren ohne echte Antworten und Auswege aus dieser Situation zu finden.
Der Zustand der Geliebten ist auf beiden Seiten ein manipulativer Prozess: Die Frau manipuliert den Mann mit S. und Emotionen – der Mann die Frau mit Hoffnungen, Heimlichkeit und Versprechungen, die sich nie erfüllen. Und die Hauptfrau des Mannes ist der unsichtbare manipulative Joker in diesem Gefüge, denn sie übersieht ganz offensichtlich bestimmte Bedürfnisse ihres Mannes oder unbequeme Wahrheiten über ihre Beziehung und erzeugt damit ihren persönlichen Beitrag zu dieser Situation.
Männer suchen sich aus zwei Gründen eine Geliebte: Entweder sie sind polygam veranlagt und führen die offizielle Hauptbeziehung nur, weil es ein vorgelebtes gesellschaftliches Ideal ist – man hat eben eine Paarbeziehung oder Ehe, das gehört sich so. Oder sie vermissen Spannung, Herausforderung und Reiz im Leben mit ihrer Hauptfrau. Beide Fälle sind unbequeme Wahrheiten, die auch die Hauptfrau etwas angehen und die für Defizite an emotionaler Vollständigkeit und Ehrlichkeit zwischen ihr und ihrem Mann stehen.
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Geliebte – Zwischen Leidensdruck und Realitätsverweigerung
Geliebte – eine Grauzone aus Leidensdruck und Realitätsverweigerung – Thomas Lojek über psychologisch manipulative Aspekte in der Eigenwahrnehmung einer Frau in der Situation “Geliebte”
Eine Geliebte bewegt sich psychologisch in einer äußerst seltsamen Grauzone: Obwohl sie nicht bewusst leiden will und sich ein Ende ihres Schattendaseins wünscht, leidet sie bereitwillig mehr als jede andere Frau und verweigert sich dadurch einer konstruktiven und bewussten Veränderung ihrer Situation.
Eine Geliebte ist sich sehr wohl bewusst, dass sie keinen offiziellen Status im Leben eines Mannes hat und deswegen auch keinen offiziellen Anspruch auf diesen Mann geltend machen kann – aber sie tut in der Regel auch nichts offen und gezielt dagegen. Das moralische und soziale Dilemma einer Frau in dieser Position – und Frauen sind ausgesprochen gut darin, sich in moralischen und sozialen Widersprüchen zu verrennen – hält sie zurück, Ansprüche und Forderungen geltend zu machen. Lieber verliert sich eine Geliebte in gerade zu absurde Taktiken den Mann immer wieder psychologisch zu verteidigen und sein Zögern eine Entscheidung zu treffen immer wieder neu zu entschuldigen, als dass sie zur nahe liegenden Lösung greift: Eine Entscheidung von ihm einfordern.
Eine Frau, die als Geliebte lebt, baut eine Art Schutzschirm um ihre Wahrnehmung herum auf: Sie verteidigt ihren eigenen Kummer durch die mangelnde Anerkennung in der Position als Geliebte irgendwann als einen geradezu notwendigen Teil der „großen Liebe“ und der „großen Gefühle“ zwischen ihr und dem Mann. Die Illusion, dass dieser Leidensdruck und der Kummer, den eine Geliebte erlebt, ein notwendiger Teil ihrer „Liebe“ ist, wird dadurch irgendwann eine Art Selbstläufer in ihrer Wahrnehmung von sich selbst und der Situation – der Kummer wird ein Teil ihrer Identität.
Deswegen sind Geliebte auch immer auf eine gewisse Art und Weise „bekümmert“ – fühlen sich aber ausgeliefert und passiv dazu gezwungen nichts gegen ihre Situation tun zu können. Also ersetzt eine Geliebte irgendwann den Eindruck „Kummer“ in ihrer inneren Bewertung der Situation durch die Einbildung „große Liebe“ – und schon dreht sich ein Rad, dass eine Geliebte über Jahre, teilweise sogar Jahrzehnte in eine Situation halten kann, unter der sie leidet, aber von der sie auch nicht lassen kann.
Die Existenz „Geliebte“ ist ein einseitiges Arrangement auf einem sozialen Abstellgleis ohne Anerkennung, Status und besonderer Rolle. Umso dringender braucht eine Geliebte die Illusion, für den Mann, der sich nicht für sie entscheidet, etwas Besonderes zu sein. Weil sie es in der Realität nicht ist. Um dieser schmerzlichen Einsicht zu entgehen, malt ihr Inneres ein umso dringlicheres Bild von „besonders“, „große Liebe“, „so intensiv“.
Und selbst wenn die Geliebte diesen Eindruck mit einem fortlaufenden Eindruck von Kummer und Leidensdruck nähren muss – sie tut es. Ab einen gewissen Punkt ist ihr das egal und von da an funktioniert der Kummer und der Stress durch die Position als Geliebte fast wie eine Dro. – je stärker der Leidensdruck, desto fataler will die Geliebte nicht davon ablassen.
Thomas Lojek, Autor von “Wahre Liebe statt Geliebte sein – Auswege aus schwierigen Affären und der Gefahr eine Geliebte auf Dauer zu werden”
11.07.2023 11:20 •
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