251

Es fühlt sich an wie sterben

FrauDrachin
Oh je, Talula, ich drück dich ganz fest.
Kannst du zu deinem Bruder, oder zu einer Freundin?
Ganz akut helfen angeblich auch Schmerzmittel, sozialer schmerz wird im Gehirn angeblich genauso verarbeitet wie körperlicher Schmerz.

17.03.2022 18:02 • #106


T
@FrauDrachin
Ich will meinen Bruder nicht überstrapazieren, ich fahre am Samstag hin und bleibe da auch über Nacht.
Ich habe leider keine Freunde hier in der Stadt.

Ich habe auch gerade das Gefühl, ich kann mich niemandem zumuten. Das ist gar nicht konstruktiv, was das in mir vorgeht. Das fühlt sich so schlimm an, fast schon ein bisschen wahnsinnig. Nichts mehr normal.

Ich nehme mal Ibu. Hab eh Rückenschmerzen.

Danke dir für deine Antwort. Ich habe gerade richtig Angst, dass ich mich selbst verloren habe.

17.03.2022 18:09 • #107


A


Es fühlt sich an wie sterben

x 3


Columbo
@Talula88

Es wird dich kaum beruhigen, aber mir geht es heute genau so. Ich bin heute total im Tief.

UND soeben war ich beim Hautarzt, die zu mir meinte, heute wäre ein eigenartiger Tag, weil heute so viele Patienten depressiv waren und Sie selbst auch keinen guten Tag habe...

Irgendwas liegt wohl in der Luft?!

Hilft dir und mir jetzt nur bedingt, aber vielleicht ein kleines bisschen...

17.03.2022 19:01 • #108


FrauDrachin
Zitat von Talula88:
Ich habe auch gerade das Gefühl, ich kann mich niemandem zumuten. Das ist gar nicht konstruktiv, was das in mir vorgeht. Das fühlt sich so schlimm an, fast schon ein bisschen wahnsinnig. Nichts mehr normal.

Dann mute dich soweit du kannst uns halt zu.

Es gibt auch noch die Telefonseelsorge, und es gibt auch Notfallnummern für psychologische Ausnahmezustände, findest du durch googlen.

Ansonsten finde ich es aber sehr wohl normal, dass man manchmal um die eigenen ungesunden Gedanken kreist, und keinen Weg rausfindet.
Gut finde ich, dass du das quasi von außen beobachten und wahrnehmen kannst, das finde ich gut.

Mir hilft der Gedanke, dass es einen ganz tiefen Wesenskern in mir selber gibt, der nur mir gehört, und wo Ruhe ist, und wo solche Sachen nicht hineinfunken können. Außenrum mag der Sturm toben, aber diesen friedlichen Ort tief in uns drinnen, den gibt es auch.

17.03.2022 19:18 • #109


T
@Columbo Ach so was. Ist ja kurios. Vielleicht dieses düstere Wetter? Keine Ahnung. Tut mir leid, dass es dir heute auch schlecht geht.

@FrauDrachin Diesen Wesenskern spüre ich nicht und ich hätte ihn so gern. Ich fühle mich meinen Schmerzen wirklich absolut ausgeliefert. Wenn es irgendeinen kleinen Ort in mir gäbe, der unangetastet bleibt, das wäre ein Trost. Ich habe tatsächlich schon darüber nachgedacht, die Telefonseelsorge anzurufen.

Ich bin halt auch seit 10 Tagen in Isolation, habe echt niemanden gesehen. Das macht die Situation wahrscheinlich nicht besser.

Ich bin heute so tieftraurig, dass vieles an meiner Persönlichkeit, was ich geschätzt habe, z.B. Humor, Durchhaltevermögen, Blick fürs Schöne so sehr an diese Beziehung geknüpft war. Diese Person, die ich war, gelassen, fest im Leben stehend, wissend, was sie will - die gibt es jetzt einfach nicht mehr. Weil alles auf diesem Luftschloss aufgebaut war und ich ganz genau weiß, dass ich dahin nicht mehr zurück kann. Dass ganz viele Annahmen, Sicherheiten, Grundvoraussetzungen für mein Leben unwiderbringlich weg sind. Und ich auf wenig zurückgreifen kann, was immer noch gilt.
Vielleicht weine ich heute auch um mich selbst.

Bei mir dreht es sich gerade so im Kopf. Es fühlt sich so an, als habe er keine andere Wahl gehabt, als mich zu verlassen, weil ich ja offensichtlich nicht normal bin, so abhängig von ihm zu sein. Als wäre ich ein Gewicht gewesen, dessen er sich jetzt verständlicherweise entledigen musste. Dass er einfach endlich für sich verstanden hat, dass kein gutes Leben mit so einem Menschen möglich ist.
Mein Schmerz fühlt sich gerade an wie der Grund, wieso ich verlassen wurde. Und das macht ihn nur noch größer.

Ich versuche gerade nur auszuformulieren, was mich umtreibt. Mir kommt es gerade so vor, als wäre ich für immer hier gefangen, in meiner Wohnung, in meinem Schmerz. Was ist das bloß für ein schwarzes Loch in mir?

17.03.2022 19:34 • #110


FrauDrachin
Zitat von Talula88:
Ich bin heute so tieftraurig, dass vieles an meiner Persönlichkeit, was ich geschätzt habe, z.B. Humor, Durchhaltevermögen, Blick fürs Schöne so sehr an diese Beziehung geknüpft war. Diese Person, die ich war, gelassen, fest im Leben stehend, wissend, was sie will - die gibt es jetzt einfach nicht mehr. Weil alles auf diesem Luftschloss aufgebaut war und ich ganz genau weiß, dass ich dahin nicht mehr zurück kann. Dass ganz viele Annahmen, Sicherheiten, Grundvoraussetzungen für mein Leben unwiderbringlich weg sind. Und ich auf wenig zurückgreifen kann, was immer noch gilt.
Vielleicht weine ich heute auch um mich selbst.


Oh je du Arme, da hängst du ja wirklich in den Seilen heute...

Ich schätze, das ist tatsächlich eines vom schwersten bei einer Trennung, dass man sich ja ncht nur von dem Kerl trennt, sondern auch von der ganzen Zukunft, wie man sie sich ausgemalt hatte, von den Sicherheiten, mit denen man geplant hatte...

Magst du ein Experiment machen?
Du sagst, deine Persönlichkeit wäre nur gut und liebenswert gewesen, weil ER da war.

Finde 3 Beispiele, wo du humorvoll warst, bevor du ihn kennengelernt hast.
Finde 3 Beispiele, wo du mit Durchhaltevermögen ein Ziel erreicht hast, bevor du ihn kennengelernt hast.
Finde 3 Dinge/Musik was auch immer, die dich bezaubert haben, bevor du ihn kennengelernt hast.

17.03.2022 19:58 • x 2 #111


N
Zitat von FrauDrachin:
sondern auch von der ganzen Zukunft, wie man sie sich ausgemalt hatte, von den Sicherheiten, mit denen man geplant hatte...

Könnte das dar Grund sein, warum die Trennung so schwer fällt?

Wäre es nicht besser, beim nächstenmal, einfach nur zu nehmen was kommt, ohne gross artig in die Zukunft zu planen?

Wir wissen ja alle nicht was kommt und während wir unsere Zukunft planen, vergessen wir den Moment, das was ist, das jetzt.

Ist es aber nicht besser das jetzt, voll und ganz zu genießen, weil nur das jetzt wirklich Bestand hat, die Zukunft aber hat keinen Bestand.

Sry, das schoss mir gerade so durch den Kopf...

17.03.2022 20:07 • x 2 #112


A
Du wirst sehen, heute ist ein ganz, ganz schlimmer Tag. Aber morgen wird es vielleicht schon ein kleines bisschen besser. Leider können wir dir das nicht abnehmen, aber viele hier sind der lebende Beweis, dass auch genau diese Tage überstanden werden.

Und ich glaub ganz fest daran, dass vieles davon, was du glaubst mit ihm verloren zu haben, noch da ist. Du kannst es nur gerade nicht sehen und spüren. Und das ist völlig ok.

Du schaffst diesen Abend! Schreib hier wenn es dir hilft. Und du kannst dich deinem Bruder bestimmt zumuten- leider müssen in diesem Fall auch Angehörige und enge Freunde einiges aushalten.

17.03.2022 20:10 • x 1 #113


FrauDrachin
@Nur-ein-Mensch , jein...

Ich denke, wir machen einen grundsätzlichen Fehler und gehen von falschen Annahmen aus.

Ich denke, es ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen, stabile, lebenslange, enge Bindungen zu haben. Zu wissen, dass der Mensch, der heute da ist morgen immer noch da ist. Zu wissen, dass Menschen, auf die wir uns verlassen und die uns wichtig sind, auch morgen noch da sind. Genauso ist es ein Grundbedürfnis, an der eigenen Zukunft zu basteln, und das geht ganz allein eben nicht.

Der Fehler ist in meinen Augen, dass wir das in unserer Kultur mit der romantischen Liebe verknüpft haben. L'amour est un oisau rebelle...
Die romantische Liebe macht was sie will, fragt nicht danach, ob der Kandidat dauerhaft geeignet ist, kommt und geht wie sie will.

Vielleicht ist das das ganz große Plus von späten Lieben.

17.03.2022 20:18 • x 2 #114


N
@FrauDrachin

Aber was würde passieren, wenn wir umdenken würden, wenn wir lernen würden, das alles Vergänglich ist, das nichts Bestand hat.

Würden wir dann anfangen den Moment auszukosten, weil wir eben nicht wissen was kommt und es morgen schon zu spät sein kann?

Sind wir da in unserm denken nicht beschränkt?

17.03.2022 20:22 • #115


FrauDrachin
@Nur-ein-Mensch

ich kann den Gedankengang sehr gut Nachvollziehen.
Wie gesagt, zumindest in meinem Fall ein großes Plus der zweiten großen Liebe. Ich kann mit einem Kerl zusammensein, der keine Kinder will, nicht zusammenziehen will, null Ehrgeiz hat, und in vielerlei Hinsicht total Lebensunfähig ist. Es reicht, dass ich ihn jetzt liebe, was in 2 Wochen ist, ist egal. Ich hoffe auf nichts, was die Zukunft angeht.
Ich befürchte aber, dass ich trotzdem übelsten Liebeskummer haben würde/werde wenn es zu Ende geht.

Andererseits bin ich froh, mit meinem Exann all das aufgebaut zu haben, was wir aufgebaut haben.

Irgendwie kommt es mir falsch vor, beides gegeneinander auszuspielen.

Es ist doch genauso dumm über dem Heute das Morgen, das ja höchstwahrscheinlich kommen wird, zu vergessen.
Und es ist genauso dumm über dem Morgen, das vielleicht nie, und wenn dann nicht so wie geplant eintreten wird, das Heute zu vernachlässigen.

17.03.2022 20:33 • x 3 #116


N
@FrauDrachin

Was würde denn passieren, wenn wir das morgen vergessen würden, weil wir das Heute auskosten?

Das Morgen vergessen, geht eigentlich nicht, weil wir nicht wissen was morgen ist, machen uns aber unablässig Gedanken darüber.

17.03.2022 20:40 • #117


hai
Zitat von Nur-ein-Mensch:
Was würde denn passieren, wenn wir das morgen vergessen würden, weil wir das Heute auskosten?


Ich glaube es braucht beides. Das heute auskosten und sich auf das morgen freuen. Gemeinsame Pläne für die Zukunft sind ja auch was sehr schönes.

17.03.2022 20:47 • x 3 #118


N
Zitat von hai:
Gemeinsame Pläne für die Zukunft sind ja auch was sehr schönes

Und was passiert, wenn dir dein Partner morgen sagt, er geht?

Dann sind all diese Pläne Schall und Rauch.
Und wir sind wieder traurig, weil wir eben diese Pläne nichz leben können.

Weil wir wieder in der Zukunft gelebt haben, die wir aber nicht kennen.

Und die Energie die wir in diese Pläne gesteckt haben, hätten wir auch anders nutzen können.

Reden, kuscheln, küssen usw.

Wir verbrauchen Energie, wenn wir sie und die Vergangenheit und in die Zukunft stecken.

17.03.2022 20:51 • #119


T
@allesanders
Deine Worte sind für mich wirklich ein ganz besonderer Trost, auch aus deinem letzten Post. Es gibt in diesem Zustand so wenig Hoffnung. Dass du es geschafft hast, da durchzugehen und dich neu aufstellen konntest, zeigt mir, dass es zumindest theoretisch möglich ist. Wenn ich nicht von Leuten wüsste, die auf dem Weg weiter sind als ich und an gute Punkte kommen, wäre ich wirklich komplett hoffnungslos. Das ist eigentlich mein einziger Strohhalm: Menschen in sehr ähnlichen Situationen sind vor mir schon dadurchgekommen.

Diese langen Strecken heute, während derer ich mich gefühlt habe, als würde ich aus nichts bestehen als diesem eigentlich unerträglichen Schmerz, das geht auf eine Art an die Substanz, die beängstigend ist. Und es liegt wohl im Wesen dieser Gefühle, dass man sich einfach nicht vorstellen kann, dass es wieder besser wird. Ich hoffe sehr, dass es morgen etwas leichter wird.

Ja, mir hilft es gerade, hier zu schreiben. Mit meinem Bruder habe ich heute schon anderthalb Stunden telefoniert (auch, wenn es eher um den Krieg ging), der hat heute Abend mal eine Pause verdient. Er ist wirklich ganz bemüht, seine Freundin auch, ich bin sehr dankbar für diese Unterstützung. Mir ist bewusst, dass das nicht jeder hat.

17.03.2022 20:53 • x 2 #120


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag